Maas und AKK werben um Verlängerung des Afghanistan-Mandats bis Januar 2022

Außenminister Heiko Maas und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer haben bei den Bundestagsfraktionen um Zustimmung zu einer Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr bis Januar kommenden Jahres geworben. Einen entsprechenden Vorschlag, über den das Parlament dann abstimmen muss, will das Bundeskabinett am (morgigen) Mittwoch beschließen.

Das derzeitige Bundestagsmandat für die Beteiligung der deutschen Streitkräfte an der NATO-geführten Resolute Support Mission (RSM) läuft Ende März aus. Die USA haben zwar mit den Taliban einen Abzug aller internationalen Truppen aus Afhganistan bis Ende April vereinbart, sie wollen allerdings noch überprüfen, ob die damit verbundenen Bedingungen tatsächlich erfüllt sind. Unabhängig von dem tatsächlichen Abzugsdatum braucht die Bundeswehr jedoch auch für die Organisation ihres Abzugs einen längeren Zeitraum.

Abweichend vom üblichen Verfahren soll das deutsche Mandat nicht für ein Jahr verlängert werden, sondern nur für zehn Monate. Grund dafür ist die Bundestagswahl im September und die anschließende Regierungsbildung: Ein neuer Bundestag und auch eine neue Bundesregierung soll nicht zu lange durch eine zuvor getroffene Festlegung gebunden werden.

Einen Tag vor dem Kabinettsbeschluss wandten sich Außenminister und Verteidigungsministerin am (heutigen) Dienstag in einem gemeinsamen Brief an die Vorsitzenden aller Bundestagsfraktionen – in Auszügen:

Die Bundesregierung beabsichtigt, am 24. Februar 2021 die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Afghanistan zu beschließen und hierzu einen Antrag in den Deutschen Bundestag einzubringen.
Mit dem Beginn von Friedensverhandungen zwischen der Afghanischen Republik und den Taliban wurde im September 2020 ein wichtiger Schritt in Richtung einer tragfähigen Konflitktlösung in Afghanistan genommen. Der Verhandlungsprozess begann im September 2020, sechs Monate später als im Abkommen zwischen den USA und den Taliban vom 29. Februar 2020 vorgesehen. Er bleibt sehr fragil und wird von einem anhaltend hohen Gewaltniveau überschattet. Aus Sicht der Bundesregierung sind vor diesem Hintergrund die Voraussetzungen für einen vollständigen, verantwortungsvollen Abzug der NATO Streitkräfte zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben. Zudem unterzieht die neue US-Administration aktuell das USA-Taliban Abkommen einer Überprüfung, insbesondere ob das von den Taliban ausgehende Gewaltniveau in Afghanistan inakzeptabel hoch ist und die Beziehungen der Taliban zu Al-Qaida nicht glaubhaft abgebrochen wurden. (…)
Ein Abzug unter den derzeitigen Bedingungen birgt nicht nur Gefahren für die unmittelbare Stabilität Afghanistans und der Region, sondern auch für die hart errungenen Fortschritte der letzten Jahrzehnte insgesamt. Die Bundesregierung setzt sich daher in der NATO für die Fortsetzung eines lageabhängigen Politikansatzes ein, der weitere Truppenreduktionen mit der Lage vor Ort und Entwicklungen im politischen Prozess verknüpft. Die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten vor Ort hat dabei in jedem Fall eine besondere Priorität. (…)
Um bei einem Verbleib über den 30. April hinaus ein mögliches Wiederaufflammen der Taliban-Gewalt gegen die internationalen Truppen abzuwenden, setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die US-Seite dies zu einem integralen Gegenstand ihrer Gespräche mit den Taliban macht. Die Bundesregierung geht jedoch – im Einklang mit der NATO – für den Fall des möglichen Verbleibs in Afghanistan über den 30. April 2021 hinaus von einer deutlich erhöhten Gefährdungslage für die deutschen Soldatinnen und Soldaten aus. Daher hält die Bundeswehr – gemeinsam mit ihren Partnern – entsprechende Fähigkeiten im Rahmen der nationalen Rückfallpositionen und des nationalen Risiko- und Krisenmanagements vor. Im Rahmen der NATO wurden zudem, in Ergänzung zu den Vorbereitungen der Bundeswehr, gemeinsam militärische Schutzmaßnahmen bei einem Verbleib über den 30. April 2021 hinaus identifiziert. (…)
Basierend auf den bisherigen völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlagen beabsichtigt die Bundesregierung daher dem Bundestag einen Antrag zur Fortsetzung des bisheirgen deutschen militärischen Engagements mit einer unveränderten Obergrenze von 1.300 Soldatinnen und Soldaten vorzulegen. Um nach den diesjährigen Bundestagswahlen einer künftigen Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag zeitnah die Möglichkeit einer Neubewertung zu geben, beabsichtigt die Bundesregierung, die Laufzeit des Mandats auf zehn Monate (bis 31. Januar 2022) zu begrenzen.

(Archivbild: ISAF-Einsatz Januar 2012 – Alexander Linden/Bundeswehr)