Coronavirus-Pandemie & Bundeswehr: Hilfsteam fliegt nach Portugal, über 3.000 Schnelltester (Neufassung)

Die Bundeswehr schickt ein Team von Ärzten, Pflegern und Hygieneexperten nach Portugal, um das von der Coronavirus-Pandemie schwer getroffene Land zu unterstützen. In Deutschland sind inzwischen mehr als 3.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, um die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen auf das Virus zu testen. Der (aktualisierte) Überblick:

Ein 26 Personen umfassendes Hilfsteam des Sanitätsdienstes der Bundeswehr soll am kommenden Mittwoch mit einem Airbus A400M der Luftwaffe von Wunstorf aus zum Flughafen Humberto Delgado bei Lissabon starten. An Bord sind neben acht Ärzten der Bundeswehr, Pflegern und einem Hygieneteam auch medizinische Geräte, wie das Verteidigungsministerium am (heutigen) Montag mitteilte. Zusammen mit dem deutschen Bundesgesundheitsministerium seien unter anderem 40 mobile und zehn stationäre Beatmungsgeräte, 150 Infusionsgeräte und 150 Krankenbetten für Portugal zur Verfügung gestellt worden. Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner, wird die schnelle Eingreiftruppe nach Portugal begleiten.

Die portugiesische Gesundheitsministerin Marta Temido hatte im Januar direkt bei der deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer um Hilfe gebeten, um die rasant steigenden Infektionszahlen im Land in den Griff zu bekommen. Die Regierung in Lissabon hatte sowohl um personelle als auch um materielle Unterstützung gebeten; den Wunsch nach einem Feldlazarett der Bundeswehr lehnte Deutschland allerdings angesichts des dafür nötigen Personals ab. Nach Angaben von Kramp-Karrenbauer vereinbarte die deutsche Ministerin mit ihrem portugiesischen Kollegen João Cravinho die vor allem personelle Unterstützung.

Die Ärzte, Pfleger und Hygieneexperten, die zu diesem Team gehören, haben bereits zumindest die erste Impfung gegen das Virus erhalten: Sie arbeiten überwiegend in Bundeswehrkrankenhäusern und wurden deshalb in erster Priorität geimpft. Bei der Zusammenstellung greift die Bundeswehr nach Informationen von Augen geradeaus! auf eine nationale Notfallreserve zurück: Die Offiziere, Feldwebel und Unteroffiziere des Sanitätsdienstes gehören überwiegend zum so genannten Kräftedispositiv Nationale Krisenvorsorge. Die insgesamt rund 2.900 Soldatinnen und Soldaten werden für mögliche Aktionen zum Schutz deutscher Staatsbürger in Krisensituationen im Ausland in Bereitschaft gehalten, zum Beispiel für eine militärische Evakuierungsoperation. Bereits am vergangenen Wochenende wurde das Team in Leer beim Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst zusammengezogen.

Die Ärzte und Pfleger sollen zur Unterstützung in einem Krankenhaus in Lissabon eingesetzt werden, die Fachleute für Hygiene darüber hinaus auch in anderen Krankenhäusern. Der Hilfseinsatz ist zunächst für drei Wochen geplant.

(Nachtrag dazu: Ein Bundeswehr-Interview mit einer Anästhesistin, die im Erkundungsteam für diese Mission war:
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/sanitaetsdienst/aktuelles-im-sanitaetsdienst/corona-hilfe-fuer-portugal–5024820)

Sanitätsinspekteur Baumgärtner hatte am Wochenende in einem Interview mit dem Bundeswehrverband darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr bislang bei der Impfung von Soldaten auf die zivile Impfstoffvergabe nach zivilen Kriterien angewiesen sei und auch für Auslandseinsätze nicht impfen könne. Dabei seien gerade diese Soldaten auf eine schnelle Impfung angewiesen:

Ich halte es für dringend erforderlich, dass wir die Möglichkeit erhalten, die Soldatinnen und Soldaten, die in den nächsten Wochen und Monaten in die Auslandseinsätze gehen, vorher zu impfen. Wir haben zwar bisher keine Infektionen in die Einsätze eingeschleppt, es zeigt sich aber, dass in den besonderen Lebens- und Arbeitsumständen im Einsatz der Schutz vor einer Infektion nicht so strikt umgesetzt werden kann, wie dies in Deutschland möglich wäre. Gleichzeitig ist die medizinische Versorgungsmöglichkeit in den Einsatzgebieten deutlich eingeschränkt. Das Infektionsgeschehen wäre umso schwieriger zu kontrollieren, wenn auch in den Einsatzgebieten zunehmend mutierte Viren auftreten sollten. Deshalb sollte für die Kontingentsoldaten der Einsatzkontingente eine höhere Priorisierung festgelegt werden.

Unterdessen steigt die Zahl der Soldatinnen und Soldaten, die in Alten- und Pflegeheimen für Schnelltests auf das Virus eingesetzt werden, stetig leicht an. Am (heutigen) Montag waren es 3.149, nachdem Ende vergangener Woche diese Zahl noch um 1.000 niedriger gelegen hatte.

Weiterhin sind allerdings die meisten Soldaten, die in der Pandemie zivile Behörden unterstützen, in den kommunalen Gesundheitsämtern eingesetzt: Gut 5.300 sind dort aktiv. Hinzu kommen knapp 2.400 Soldatinnen und Soldaten, die bei Impfungen unterstützen, und gut 1.000, die in Alten und Pflegeheimen helfen (ohne Schnelltests).

Insgesamt sind derzeit deutlich mehr als 17.000 Soldatinnen und Soldaten in der Amtshilfe in der Pandemie gebunden; in dieser Zahl sind auch diejenigen eingerechnet, die als so genanntes Schichtwechselpersonal bereitstehen oder die Amtshilfe in den Führungsstäben organisieren. Damit rückt die Bundeswehr näher an die Ausschöpfung des Pandemie-Kontingentes von 20.000 Soldatinnen und Soldaten heran – deshalb wird inzwischen auch geplant, das Kontingent (erneut) um 5.000 Soldaten auf dann 25.000 aufzustocken.

Für die Truppe wird es derweil schwieriger, die Vorgaben des Haar- und Barterlasses einzuhalten: Seit dem (heutigen) Montag sind die Frisiersalons in den Kasernen geschlossen, bislang hatten sie, ausschließlich für Soldaten, geöffnet bleiben dürfen. Die Schließung gilt zunächst für die kommenden Wochen.

(Aktuelle Zahlen zu Infektionsfällen unter Soldatinnen und Soldaten liegen heute nicht vor)

(Archivbild 16. Januar: Aufnahmezentrum der portugiesischen Marine für Covid-Fälle in Lissabon – Portugiesische Streitkräfte)