Dronewatch-Lesetipp: Das Buch zur Drohnenabwehr
Den Lesetipp schreibe ich einfach mal hier rein, damit er nicht untergeht: Das Joint Air Power Competence Center (JAPCC), ein von 16 NATO-Mitgliedsländern getragenes Kompetenzzentrum, hat ein Buch zum Thema Drohnenabwehr herausgegeben.
Wer das in der vergangenen Woche erschienene Werk mit mehr als 600 Seiten lesen möchte:
A Comprehensive Approach to Countering Unmanned Aircraft Systems
Nachtrag: Ein Leser wies via Twitter ergänzend auf diese Publikation des Peace Research Institute Oslo hin:
Countering the Drone Threat – Implications of C-UAS technology for Norway in an EU and NATO context
Danke! Allein Part I ist Pflichtlektüre für jeden, der sich mit Gefecht bis Strategie beschäftigt.
Mir fällt nur beim ersten Darüberfliegen auf, dass von GPS Spoofing die Rede ist. Grundsätzlich funktioniert das nur bei den zivilen Codes/offenen Service, aber nicht wenn ein militärisches Signal (P(Y)-Code/M-Code) genutzt wird. Das sollte man schon auseinander halten. Jamming geht immer, aber Spoofing nur bei zivilen Systemen.
Vielen Dank für’s Teilen. Jetzt muß ich nur noch die Zeit finden, alles durchzulesen.
P.S. Im Autorenteam sind erstaunlich viele Deutsche zu finden.
Von der zivilen Seite her betrachtet:
https://www.fraunhofer.de/de/forschung/aktuelles-aus-der-forschung/drohnenabwehr-technologien.html
Aufschlussreich, der bewährte Aufklärungsdreiklang von „Entdecken-Erkennen-Identifizieren“ vor dem Ergreifen von Gegenmaßnahmen wird auch bei Fraunhofer bestätigt.
Und wer auf knapp 36 Seiten lesen möchte, wie die US-Streitkräfte das Thema angehen, dem sei die C-UAS Strategy vom 07.01.2021 ans Herz gelegt:
https://media.defense.gov/2021/Jan/07/2002561080/-1/-1/0/DEPARTMENT-OF-DEFENSE-COUNTER-SMALL-UNMANNED-AIRCRAFT-SYSTEMS-STRATEGY.pdf
Frage hierzu (falls nicht zu sehr OT): Was spräche dagegen/dafür; dass sich DEU im Bereich der Drohnenabwehr als führend positioniert? Das dürfte der SPD sehr gelegen kommen, unsere Soldaten wären bestmöglich geschützt und wir würden in einer wichtigen Fähigkeit für zukünftige Kriegsführung die Technologieführerschaft (evtl. sogar als gemeinsames Vorhaben mit den USA?) beanspruchen…nur so ein Gedanke.
Für diejenigen, die lieber Videos schauen … (sockpuppet version)
https://www.youtube.com/watch?v=ahKzbnqaTMg
https://www.youtube.com/watch?v=PY7wddiplOQ
@aor Und der artikel ist öffendlich und alle alle alle in die mal ne technisch taktische e Ausbildung in diversen nicht ganz so demokratischen Staaten hatten werden sich halt denken dass genau dies hinreichend bekannt ist. Siehe MIC Sudan und ähnliche. Dass ist alles nich neu.
Sir Prise sagt: 18.01.2021 um 14:38 Uhr
„Was spräche dagegen/dafür; dass sich DEU im Bereich der Drohnenabwehr als führend positioniert? “
Gute Frage! Was genau soll denn dafür sprechen?
„Was genau soll denn dafür sprechen?“
Mal davon abgesehen dass wir die größte Europäische Wirtsschaftsmacht sind, mit einem riesigen High-Tech Sektor im Bereich Aerospace? Was bedeutet dass wir für den Job besonders geeignet sind UND dadurch diesen Sektor im Rahmen der Industriepolitik weiter unterstützen würden?
Vielleicht dass wir uns schon für die Luftabwehr im Bündnis freiwillig gemeldet haben und die Dronenabwehr da eine sinnvolle Ergänzung unserer Rolle im Rahmen des Bündnisses wäre?
(oder D macht alles selber, dann sollte man da erst recht forschen)
@Trevor Faith
Dafür sprechen meiner Meinung nach 3 zentrale Punkte (neben dem, was user Positroll schon anführte):
1. Der Zug „bewaffnete Drohnen“ erscheint mir sowohl technologisch (https://www.army-technology.com/uncategorised/top-combat-drones/) , als auch rein quantitativ (https://www.statista.com/chart/20005/total-forecast-purchases-of-weaponized-military-drones/) bereits abgefahren. Das aufzuholen kostet unwahrscheinlich viel Geld. In der Drohnenabwehr scheint mir allerdings (bis auf die USA) die Vormachtstellung rein technologisch noch nicht ganz so klar zu sein. Daher könnte man das Geld dort imho sinnvoller investieren und einen komparativen Vorteil nutzen.
2. Es ist aus meiner Sicht politisch viel leichter durchsetzbar, die Drohnenabwehr zu stärken als „Killerdrohnen“ (ich benutze bewusst diese irrfeführende, überspitzte Formulierung) anzuschaffen. Der Schutz der Soldaten steht unzweifelhaft im Fokus, man kommt dem aktuellen (und evtl. sogar einem zukünftigen grünen…?) Koalitionspartner entgegen und kann ein Zeichen der Bündnissolidarität mit den USA setzen (sofern man hier im Team agieren will). Dabei ist die Fähigkeit an sich extrem zukunftsrelevant und keine reine Symbolpolitik.
3. Nicht nur unser hight-tech Sektor ließe sich mit dem Fokus auf Drohnenabwehr sinnvoll stützen. Das (relativ) neue Directorate-General Defence Industries & Space der EU Kommission legt bewusst den Schwerpunkt auf small&medium defense enterprises. In einem Sektor, der m.E. noch nicht durch Monopolisierung gekennzeichnet ist, ließe sich diese Strategie viel leichter umsetzen als bei Drohnen, wo die großen Hersteller bereits mit der Marktaufteilung beginnen.
Wo würden Sie denn mögliche Herausforderungen sehen?
„Der Zug „bewaffnete Drohnen“ erscheint mir sowohl technologisch (https://www.army-technology.com/uncategorised/top-combat-drones/) , als auch rein quantitativ (https://www.statista.com/chart/20005/total-forecast-purchases-of-weaponized-military-drones/) bereits abgefahren. Das aufzuholen kostet unwahrscheinlich viel Geld.“
Ähm … Die Deutsche Industrie (dh Airbus DS) ist für den Bereich Dronen im Rahmen des FCAS Programms federführend.
https://www.heise.de/tp/features/Airbus-arbeitet-an-toedlichem-Drohnenschwarm-4167056.html?seite=all
https://www.airbus.com/newsroom/press-releases/de/2017/07/successful-first-flight-for-uav-demonstrator-sagitta.html
https://de.wikipedia.org/wiki/SAGITTA_(Drohne)
Hatten sogar ein 10-Jahre Geheimprogramm, finanziert vom Bund …
https://www.aerosociety.com/news/lout-of-the-black/
Da sind wir also voll dabei – es sei denn, die SPD wäre so wahnsinnig, das FCAS Programm erst zu befürworten, und dann zu torpedieren …
Deutschland hätte in dem Bereich Drohnenabwehr durchaus technologisch einiges zu bieten (Sensorik, Führung, Effektoren, Fahrzeuge, Systemfähigkeit, etc). Jedoch fehlt es an der Entschlossenheit das Thema als Fähigkeit für die Bundeswehr voranzutreiben. Zumal es in Deutschland (noch) militärische Expertise zum System „Flugabwehr“ gibt.
Die Projekte der Bundeswehr (insbes. NNbS, qFlgAbw) leiden erheblich an Rivalitäten zwischen Luftwaffe und Heer.
Die Ministerin (bzw. ihre Berater) hat das Problem erkannt. Die für Februar 2021 angekündigte Entscheidungsmatrix wird hoffentlich aufzeigen wie es im Bereich Luftverteidigung weitergehen soll.
Das beinhaltet dann (hoffentlich) die gesamte Bandbreite von C-UAS (Class I) bis zu Ballistic Missile Defence.
Dabei kommt die untere Abfangschicht hoffentlich nicht unter die Räder.
NNbS (basierend auf LFK) allein ist sicherlich nicht die Lösung. Dies kann man auch dem obigen Papier entnehmen.
@Dante: „MIC Sudan“? Könnten Sie näher ausführen? Bei mir klingelt nix…
@Positroll: Das war mir nicht bekannt, vielen Dank für die aufschlussreichen Links!
@Positroll sagt: 18.01.2021 um 20:22 Uhr
„Ähm … Die Deutsche Industrie (dh Airbus DS) ist für den Bereich Dronen im Rahmen des FCAS Programms federführend.“
Entspricht das nicht eher der guten, alten Tradition, dass Arbeitspakete nicht nach technologischer Kompetenz verteilt werden, sondern nach größtem technologischem Nachholbedarf?
Bei aller Ehre für SAGITTA, LOUT oder auch Barracuda: Mit Blick auf Taranis oder Neuron scheint Airbus Deutschland da nicht an der Spitze der technologischen Entwicklung zu stehen. Lasse mich da aber gerne von kundiger Seite korrigieren.
@Sir Prise sagt: 18.01.2021 um 17:21 Uhr
„Wo würden Sie denn mögliche Herausforderungen sehen?“
Dass das BAAIN nicht ansatzweise die IT-Dienstposten besetzen kann, die ein solches Projekt benötigen würde – ohne andere Bereiche zu vernachlässigen.
@Positroll sagt: 18.01.2021 um 20:22 Uhr
„Ähm … Die Deutsche Industrie (dh Airbus DS) ist für den Bereich Dronen im Rahmen des FCAS Programms federführend.“
Genau, aber andere Größenklasse von UAS. Bei FCAS geht es eher um Technologie, die dann in der nächsten Generation von zivilen Airlinern verbaut wird. Wenn FCAS nicht kommt, gerät Airbus dann ggü. Boeing auf dem Zivilmarkt ins Hintertreffen. Und nach dem 737-Max Desaster sollte man das nicht zulassen.
Geld wird knapper. An anderer Stelle wurde angemerkt, das man nun entscheiden muss, ob man einige wichtige Großprojekte (wie FCAS) oder viele kleine priorisiert.
Bei kleineren UAS gibt es schnell verfügbare Kauflösungen. Die können auch beschafft werden wenn es mal wieder Geld gibt oder der Schuh besonders drückt.
In der Ostukraine werden OSZE-Drohnen übrigens mit Regelmäßigkeit elektronisch gestört und bisweilen vom Himmel geholt. Der Nutzen solcher (kleinerer, nicht elektronisch gehärteter) UAS in einem LV/BV Szenario erscheint mir daher zweifelhaft.
Den Schwerpunkt auf Drohnenabwehr zu legen klingt dagegen sehr folgerichtig, Einen Schritt weitergedacht und nicht den Konflikt von gestern (Armenien-Aserbaidschan) wiederholend.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass im Drohnenabwehr-Thread über Drohnen und im Drohnen-Thread über Drohnenabwehr diskutiert wird:
https://augengeradeaus.net/2021/01/dronewatch-niederlande-planen-beschaffung-von-kamikaze-drohnen/
Ein schönes Symbol für die gesamte Debatte.
@Memoria: 👍
Hallo EmptySpace (18.01.2021 um 10:33 Uhr)
Einfach gesagt, wenn man den Verschlüsselungsprozess kennt, kann jedes Signal gestört oder imitiert werden.
Bei dem zivilen C / A Code und dem militärische P (Y) Code wird ein relativ einfaches Verschlüsselungsschema verwendet, das die heutigen Anforderungen an die Cybersicherheit nicht mehr erfüllt.
Eine bekannte Schwachstelle ist das die zivile und militärische Signal Frequenz dicht beieinander liegt, so hatte der Iran in der Vergangenheit schon eine RQ-170 Drohne gekapert.
Die Drohne, die mittels verschlüsselter militärischer GPS-Kommunikation unterwegs war, wurde danach durch eine Art DDOS-Angriff auf dieses Signal gezwungen, auf die einfachere unverschlüsselte Kommunikation umzuschalten, welche wiederum vom Iran erfolgreich kontrolliert wurde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lockheed_Martin_RQ-170
Mit den GPS Block-III-Satelliten wird der störungsresistente M-Code auf einer andern Signal Frequenz angestrahlt, der außerdem über eine modernere und flexiblere Verschlüsselungsmethoden verfügt.
Wenn ich richtig Informiert bin, wird aber eine Hardware und Software Aktualisierung benötigt, um diese Empfängertechnologie zu nutzen.
Hallo Memoria (18.01.2021 um 20:58 Uhr)
Wir haben in Deutschland noch nicht mal einen Hersteller für Smartphones, das wir dann in Bereich Drohnen / Drohnenabwehr was zu bieten haben ist reines Wunschdenken. Um eine bestimmte Technologie „zu sabotieren“ muss man dies zuerst einmal beherrschen.
Es gibt noch nicht mal eine deutsche Hobby-Drohne zukaufen. (Die Revell Modelle kommen von Chinaman !)
Sony hat vor kurzen im Bereich der KI-Robotik das Drohnen Projekt Airpeak gestartet.
Diese Drohne stellt alles was die Bundeswehr an Spielzeugdrohnen wie Aladin oder Mikado hat in den Schatten und das zu einem Bruchteil der Kosten.
Die verfügbare Auflösung übersteigt alles was die Bundeswehr überhaupt in Einsatz hat, um ein vielfaches.
@Milliway:
Man muss keine Drohnen bauen, um technologisch Drohnenabwehr zu beherrschen.
Wer Panzerfäuste baut, muss auch keine Panzer bauen. Es bedarf lediglich eines guten Verständnisses des Zielspektrums.
Alles andere ist sehr viel Physik und noch „etwas“ Technik. Ebenso bei Drohnen.
Über die Vermischung der Themen habe ich ja weiter oben schon etwas gesagt.
Drohnenabwehr wäre ein für Deutschland passendes Thema, aber dafür müsste man Mal wissen was man will. Kommt vielleicht ja bald von BMVg.
@Miliway:
Will jetzt hier nicht off-topic laufen, aber die militärischen Codes P(Y) und zukünftig M-Code sind genauso wie Galileo PRS sicher vor Täuschung/Spoofing. Es gibt keinen Hinweis, dass dem nicht so wäre. Ich rede nicht über Jamming oder andere Methoden. Wie die RQ-170 im Iran „runtergebracht“ wurde ist m.W. nicht (offiziell) bekannt.
Und ja, M-Code benötigt neues Equipment.
@PP
„Der Nutzen solcher (kleinerer, nicht elektronisch gehärteter) UAS in einem LV/BV Szenario erscheint mir daher zweifelhaft.“
Sagen Sie das mal den Chinesen …
https://www.youtube.com/watch?v=FBkvtPOHLqU
Man gut das es Firmen wie DroneShield (Australien) gibt. Die sind jetzt schon gut dabei.
https://www.youtube.com/watch?v=sbW3ZeoMJio
[Na ja, so einzelne Handheld-Geräte hat die Bundeswehr ja auch schon im Einsatz.
https://augengeradeaus.net/2020/11/dronewatch-das-anti-drohnen-gewehr-der-bundeswehr-in-gao/
T.W.]