DroneWatch: Niederlande planen Beschaffung von Kamikaze-Drohnen
Die niederländischen Streitkräfte planen für ihre Infanterie die Beschaffung von Kamikaze-Drohnen, die über einem Ziel kreisen und sich auf entsprechenden Befehl darauf stürzen und explodieren. Die unbemanten fliegenden Systeme mit einer Reichweite von mindestens 30 Kilometern werden allerdings nicht als Drohne, sondern als Munition eingestuft – ähnlich wie bei einem System, das die Bundeswehr Anfang des vergangenen Jahrzehnts vorgesehen und dann nicht weiter verfolgt hatte.
Die so genannte Loitering Munition (sinngemäß: herumlungernde Munition) ist zusammen mit neuen Mörsern als Teil eines künftigen Leichten Systems für indirektes Feuer (Licht Indirect Vurend Systeem, LIVS) der Landstreitkräfte vorgesehen, wie das niederländische Verteidigungsministerium im Dezember vergangenen Jahres in einem Schreiben an das Parlament* erläuterte:
Da selbst präzisionsgelenkte Mörsergranaten nicht genügend Reichweite haben (ca. 12 km) und gegen gepanzerte Ziele nicht wirksam sind, benötigt LIVS in Kombination mit den neuen Mörsern ein zusätzliches Mittel, um die notwendige Feuerunterstützung für leichte Kampfeinheiten zu gewährleisten. Loitering Munition ist für diesen Zweck bestens geeignet. Loitering Munition ist eine präzisionsgelenkte Munition in Form von Geschossen, die lange Zeit über dem Boden verbleiben können und erst auf militärischen Befehl hin ein Ziel angreifen. Ein wichtiger Vorteil gegenüber konventioneller Munition ist, dass ein einmal begonnener Angriff immer noch abgebrochen werden kann, z. B. wenn unerwartet unbewaffnete Zivilisten am Ziel auftauchen. In dieser Hinsicht folgt das Verteidigungsministerium der Regierungspolitik zu autonomen Waffensystemen, die immer eine sinnvolle menschliche Kontrolle beinhalten. Die zu beschaffende Loitering Munition muss auf eine Entfernung von mindestens 30 km und mit hoher Präzision wirksam sein. Im Rahmen des LIVS-Projekts werden Abschusseinheiten, Projektile, Bodenkontrollstationen sowie Ausbildungs- und Trainingseinrichtungen für diese Loitering Munition bereitgestellt.
Das LIVS-Projekt wird daher zwei komplementäre Ressourcen bereitstellen: Mörser, möglicherweise mit präzisionsgelenkten Mörsergranaten, und Loitering Munition. Insgesamt werden 20 neue 120mm Mörser angeschafft, ausreichend für vier schießende Einheiten und eine Reserve. Die Anzahl von vier Werfern für Loitering Munition basiert ebenfalls auf vier feuernden Einheiten.
(Übersetzt mithilfe von DeepL.com)
Die Kosten für das Gesamtsystem aus Mörsern und Loitering Munition werden recht breit mit 25 bis 100 Millionen Euro angegeben. Insgesamt soll die Beschaffung bis 2027 abgeschlossen werden, der Zulauf der ersten Systeme wird für 2023 erwartet.
Nun ist es bei solchen Kamikaze-Drohnen, die über einem Ziel kreisen und bei Bedarf eingesetzt werden, eine Frage der Definition: Drohne, weil ferngesteuert, oder Munition, weil nicht wiederverwendbar? Die israelische Harop, das erste System dieser Art, gilt als Mischung aus Drohne und Marschflugkörper. Allerdings werden diese unbemannten Flugkörper in der öffentlichen Wahrnehmung eher mit Drohnen identifiziert – zum Beispiel im vergangenen Jahr im Konflikt zwischen Armenien und Aserbeidschan um die Enklave Berg-Karabach: Da ist durchweg vom Drohnenkrieg die Rede, auch wenn solche Kamikaze-Drohnen daran einen erheblichen Anteil hatten und die veröffentlichten Bilder dieser Angriffe das Kriegsbild bestimmten.
Die Bundeswehr hatte bis vor einigen Jahren Pläne für ein ähnliches System: Das Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen (WaBEP) sollte die bereits eingeführte Drohne Kleinfluggerät Zielortung (KZO) mit einer Harop kombinieren. Dabei hätte das KZO das Ziel auffassen und beobachten sollen, während die Harop als verfügbare Munition im gleichen Luftraum kreiste, bis zu 150 Kilometern von der Kontrollstation entfernt. Bei Rheinmetall wurde daran bereits eifrig gearbeitet.
Dabei handele es sich aber nicht um eine Drohne, erläuterte das Verteidigungsministerium 2009 auf eine Anfrage der Grünen:
Das nicht mehrfach verwendbare Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel-und Punktzielen (WABEP) ist kein UAV, sondern ein Wirkmittel (Munition), das dem„Schützen“ ermöglicht, bis kurz vor dem Einschlag das Ziel zu beobachten,nachzurichten und notfalls den Angriff abzubrechen.
Das Programm wurde dann allerdings recht geräuschlos eingestellt. In der von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Januar 2016 vorgelegten neuen Liste für Obergrenzen der strukturrelevanten Hauptwaffensysteme wird es zwar noch erwähnt, aber mit dem Hinweis zunächst keine Beschaffung. Und seitdem war davon auch nichts mehr zu hören.
*Fürs Archiv das Schreiben des niederländischen Verteidigungsministeriums:
20201217_Behoeftestelling_Licht_Indirect_Vurend_Systeem_LIVS
(Danke an die Kollegen von Soldat&Technik für den Hinweis auf das Schreiben)
(Archivbild: U.S. Marine Corps Cpl. Jonathan Altamirano, a fire support Marine with 1st Air Naval Gunfire Liaison Company (ANGLICO), I Marine Expeditionary Force Information Group, launches a Switchblade lethal miniature aerial missile system during an exercise at Marine Corps Base Camp Pendleton, California, Sept. 2, 2020 – U.S. Marine Corps Photo by Cpl. Jennessa Davey)
Gab es denn für die geräuschlose einstellung für die bw auch eine sinnige begründung?
Nach meinem Eindruck haben die Niederlande eine LM in der Kategorie der Switchblade 600 im Fokus:
https://www.edrmagazine.eu/switchblade-600-the-new-medium-range-loitering-munition
Diese wurde zu dem angedachten Nutzer (leichte Infanterie) passen.
[Danke für den Hinweis, das war genau das passende Suchwort für ein besseres Foto… T.W.]
spannend…
und alles natürlich Definitionssache…
bin ich noch eine „böse bewaffnete Drohne“
oder
schon „intelligente Munition die ermöglicht Kollateralschäden zu vermeiden“
moderne Munition hat oft vergleichbare Eigenschaften (man in the loop, loitering Fähigkeiten)…
zu nennen sind hier weitere Wirkmittel wie SPIKE NLOS oder Brimstone/Spear3 (für Eurofighter angedacht) oder diverse Israelische Wirkmittel… die Abgrenzung zur bewaffneten Drohne ist hier manchmal auch fließend…
Folgendes Szenario:
-man Stelle sich vor dass ein durch Überwachungsdrohnen aufgeklärtes Ziel mit Artillerie angegriffen wird…
ein paar Minuten nach Feuerbefehl steuern aber ein paar Fahrzeuge mit Zivilisten in das Gebiet… der Angriff kann nicht mehr abgebrochen werden…
-habe ich eine bewaffnete Drohne stattdessen, vergehen zwischen Feuerbefehl und Wirkung im Ziel bestenfalls nur wenige Sekunden -> das Risiko wird minimiert
-habe ich intelligente Munition kann ich bei bedarf das Angriffsziel noch wenige Sekunden vor Einschlag ändern und ggf aus der Gefahrenzone steuern oder den Wirkkörper deaktivieren -> minimalstes Risiko
wie steht denn die SPD hierzu?
losgelöst von allem…
man benötigt Abwehrmöglichkeiten für alle diese Varianten…
Stichwort Heeresflugabwehr/SHORAD
Gibt es ein paar technische Details, wie die Zielzuweisung, Zielbeobachtung und am Ende Kommunikation mit der „herumlungernden Munition“ erfolgen soll/wird?
Fällt das Ding am Ende auch mit „Bumm“ hinunter, wenn der Sprit alle ist?
@Fussgaenger Fallschirm zur Verfügung https://www.youtube.com/watch?v=YjFvYqJwaFA&feature=emb_logo
Die für Heron TP geplante Bewaffnung ist doch auch eine Loitering Munition.
Soll Heron TP nach diesem Terminus also mit Kamikaze-Drohnen bewaffnet werden?
[Einfach mal oben nachlesen, ich habe ja auf die Abgrenzungs/Definitionsprobleme hingewiesen. Und dass Heron TP mit Loitering Munition bewaffnet werden soll, habe ich noch nicht gesehen, Sie haben bestimmt ne Quelle/Link? T.W.]
Noch ein Gedanke:
Der Ansatz der Niederlande beide Themen in einem Projekt und vielleicht auch einer Ausschreibung (?) zu beschaffen ist sehr interessant.
Deutschland hat bei den Mörsern ebenfalls dringenden Regenerationsbedarf.
Die notwendigen Dokumente sind schon länger in der Diskussion. Für Loitering Munition fehlt aber vielleicht aktuell der Mut (siehe Drohnendebatte).
Innerhalb der DSK hat man da dann bald sehr unterschiedliche Fähigkeiten im Steilfeuer.
@ Dante soweit ich mal gehört habe, lag das Thema WABEP bei der Artillerie und man war mit dem Gefechtskopf der HAROP nicht zufrieden. Man wollte statt dem Splittergefechtskopf gegen weiche Flächenziele einen für gehärtete Punktziele. Das Angebot von den Israelis war wohl zu schwamig. Es gab noch ein Angebot von Airbus mit dem Gefechtskopf der PARS3, aber das gab es nur auf dem Papier.
@all Aus meiner Sicht ist das was die Niederländer wollen deutlich kleiner, leichter und mit einer kürzeren Reichweite als Harpy/HAROP. Das geht eher in Richtung (Tactical Grenade Extended Range) von MBDA.
@ TW:
Die „Fähigkeitsanforderungen an die Bewaffnung von Drohnen“ wurden im Livestream zur Drohnendebatte am 28.05.2020 dargestellt (Slide 29): https://www.bmvg.de/de/mediathek/livestream-drohnendebatte-praesentation-261026
Darin heißt es unter anderem, dass die Bewaffnung „loiterfähig“ sein und über „eigene hochwertige Sensoren“ verfügen muss.
[Hm. Habe ich so nicht in Erinnerung; das würde ja faktisch auch bedeuten, dass es einen weiteren, separaten Kontrollmechanismus für diese Munition geben muss, über die Steuerung der Heron TP hinaus. Kommt mir sehr merkwürdig vor; müsste ich mir noch mal anhören.
/edit Gerade noch mal nachgehört. Der Begriff „loiterfähig“ fällt, allerdings wird das auf den Einschlagszeitpunkt fokussiert. Die Details bleiben – bewusst – vage, aber es scheint mir schon noch eine andere Kategorie als die in diesem Thread angesproche zu sein. Aber interessanter Punkt, müsste man mal versuchen zu klären… T.W.]
@T.W.:
Hinweis zum Fortgang der Drohnendebatte (hoffe nicht zu OT):
Die Grundwertekommission der SPD hat ein Papier zu bewaffneten Drohnen veröffentlicht:
https://grundwertekommission.spd.de/fileadmin/gwk/Dokumente/GWK_ZWR_Jan2021_Final.pdf
Der erste mir bekannte Debattenbeitrag seit der Diskussion in der Bundestagsfraktion Ende letzten Jahres.
Teilweise werden wesentliche Erkenntnisse der Drohnendebatte2020 schlichtweg ignoriert (Bedrohungslage in aktuellen Einsätzen).
Wer so argumentiert hat sicherlich noch mehr „Bauchschmerzen“ bei Loitering Munition.
Die Beschaffungen in den Niederlanden zeigen sehr plakativ wie sich Deutschland immer stärker von den internationalen Trends bei der Weiterentwicklung von Streitkräften abkoppelt.
Sogar gegenüber den engsten Verbündeten – wie den Niederlanden.
Gleichzeitig will die deutsche Politik mehr Europäisierung und sieht sich als Anlehnungs- bzw. Rahmennation.
[Das Papier ist gezeichnet als „Zwischenruf aus der Grundwertekommission“ und wird namentlich verantwortet von der Bundestagsabgeordneten Nina Scheer, in der Form (halte ich eine Entscheidung…) eine persönliche Äußerung. Scheint also kein abgestimmtes Papier der Grundwertekommission – sage das nur, damit sich nicht eine falsche Zuordnung festsetzt. T.W.]
Drohnen sind heutzutage notwendig, um die Herausforderungen des asymmetrischen Konflikts zu bewältigen. Die US-Streitkräfte sind uns diesbezüglich Lichtjahre voraus . Da die Bundeswehr bzw. die Bundesregierung immer noch mit der Anschaffung zögert, hat dies zur Folge, dass die Soldaten „zum Abschuss gegen Insurgenten freigegeben werden“. Gerade die Kriegs-Szenarien im Syrien-Irak-Nexus (IS) oder im AfPak-Nexus (Taliban) fordern gerade zu die militärische Anpassung an diese Art von Gegnern. Dies wird aus pseudo-ethischen Gründen – die de facto an der Realität des asymmetrischen Krieges vorbei gehen – , wie bspw von der SPD, verweigert.
Anstatt das Phänomen des Krieges zu ignorieren bedarf es meiner subjektiven Meinung nach eine adäquaten Fallstudien-Analyse, die den Politikern erklärt, dass die Art von Kriegsgerät essentiell notwendig ist. Die Toten Soldaten in Afghanistan -Stichwort Karfreitagsgefecht – sind nur der Anfang, wenn die konsequente Verweigerung gegenüber Hightech-Kriegsgerät aus politischen Gründen verweigert wird.
Man versündigt sich an den Soldaten und des selbst gesetzt Zielen, wenn man keine bewaffneten Drohnen anschafft.
[Ja, danke, Meinung zur Kenntnis genommen, und mit dem aktuellen Thread hat das nichts zu tun. So bitte nicht. T.W.]
@obibiber sagt:
18.01.2021 um 15:22 Uhr
„Folgendes Szenario:“
Ich bin kein fachmann auf diesem Gebiet, aber für mich sieht das anders aus.
„ein paar Minuten nach Feuerbefehl“
-> wie lange fliegt eine Granate aus einer Haubitze und ist die Zeit nicht auch schon kurz genug um Kollateralschäden auszuschließen?
-> wenn die Zeit von FeuerBEFEHL bis Einschlag Munition zu lange ist, müsste man hier an der Ursache das Problem arbeiten und nicht mit neuer Munition. Kürzere „Wege“ zwischen Schützen und Feuerbefehlgebenden.
„oder den Wirkkörper deaktivieren“
-> könnte man das nicht auch bei herkömmlichen Granaten? Wahrscheinlich werden sie dann pro Stück sehr teuer. Aber das System der Niederländer empfinde ich nun auch nicht gerade günstig.
Ist die Loiteringmunition im Vergleich zu den Abwehrmaßnahmen nicht allgemein sehr teuer?
Eine Granate aus einem Geschütz/Mörser kann ich relativ einfach mit CIWS oder MANTIS abwehren. Eine Loiteringmunition ebenso. Natürlich ist die Reichweite vs. Flughöhe dabei entscheidend, aber irgendwann kommen beide Munitionsarten in meine Abwehreichweite.
Zusätzlich kann ich Loiteringmuntion höchstwahrscheinlich durch Elektronik auch abwehren. Momentan vielleicht noch nicht, aber rein technisch verbirgt sich in der Loiteringmunition abwehrfähige Technologie (Jamming, Spoofing oder andere Störwellenabwehrmaßnahmen).
Bei der Granate habe ich nur die Physik, gegen die ich vorgehen kann. Die Flugbahn verändern durch Geschoss zerstören/beschädigen oder das Geschoss in der Luft gleich zerstören (Splitterhagel einkalkulieren).
Die Loiteringmunition kostet aber bestimmt ein Vielfaches der Granate.
Wenn ich als Angreifer nun versuchen will das Abwehrsystem zu Sättigen, benötige ich dafür doch viel weniger Geld (in Form von Munition) bei der Granatenvariante und habe dann das Abwehrsystem übermannt oder auch ausgeschaltet.
Also 10 Granaten gleichzeitig gegenüber 10 gleichzeitigen Loiteringmunition/-drohnen.
10.000 Euro versus 100.000 Euro (geschätzt)
Wie geschrieben, ich bin da kein Fachmann, aber diese Gedanken fielen mir sofort ein.
@Commander Z
Gerade das Karfreitagsgefecht zeigt doch, dass man nicht neue Technologie (neuartige Waffen) benötigt, sondern nur das im Bestand vorhandene Material (Technologie, Waffen, Fahrzeuge) einsetzen muss oder in ausreichender Stückzahl vor Ort haben muss.
Bei heftigen Winden helfen Loiteringmunition oder Kleinstdrohnen nicht – Schützenpanzer mit 30 mm Kannone und TOW auf dem Dach schon eher und ein Zug Panzerhaubitzen in Schussreichweite kann auch nicht schaden.
@Luftikuss:
die zeit von Feuerbefehl bis Einschlag auf eine Entfernung von 40km sind ca. 2-3 min…
da kann sehr viel passieren…
standard Munition ist rein ballistisch und schlägt dann halt ein mit voller Wirkung…
als Alternative hat man bald lenkbare Munition wie Vulcano…
da muss dann aber meine Aufklärungsdrohne auch wieder erst die andere Lage vor Ort erkennen und an den Gefechtsstand melden und die müssen dann rechtzeitig eingreifen und die Geschosse aus dem Zielbreich lenken… das dauert auch ein bisschen und ist nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich…
bei man in the loop bin ich ständig online und habe jederzeit diese Möglichkeit…
die Kosten sind natürlich ein Argument… letztendlich braucht man einfach beides….
bzgl SHORAD… wenn man schon bei der Wirkung nicht vorne mit dabei sein will… dann sollte man wenigstens beim Eigenschutz „Weltklasse“ sein… und hier den Fokus drauflegen…
dann bräuchte aber letztendlich jeder kleine Zug die Möglichkeit Mörser/Artillerie/Drohnen und FK abzuwehren… mit unterschiedlichen Basisfahrzeugen (EAGLE, Boxer, PUMA) und Effektoren (Iris-T, 35mm, usw.)
das wird aber auch ziemlich teuer
@ obibiber sagt: 19.01.2021 um 10:02 Uhr
„bzgl SHORAD… wenn man schon bei der Wirkung nicht vorne mit dabei sein will… dann sollte man wenigstens beim Eigenschutz „Weltklasse“ sein… und hier den Fokus drauflegen…
dann bräuchte aber letztendlich jeder kleine Zug die Möglichkeit Mörser/Artillerie/Drohnen und FK abzuwehren…“
Das ist viel zu kurz gegriffen, alle möglichen Abwehrmaßnahmen sind sehr einfach zu überwinden. Selbst Mantis, bei all den Kosten die das System hat, ist recht einfach zu übersättigen. Die Sensorik und Effektoren müssen eine Bedrohung nach der anderen Bekämpfen. Das ist einfach wenn nur eine einzige Mörserpatrone auf Lager zufliegt. Es wird aber unmöglich wenn auf der anderen Seite nicht nur ein Mörserrohr sondern eine Feuereinheit, egal ob Mörser oder Artillerie steht, die Salven schießt. Dann muss das System mehrere hintereinader ankommende Salven gleichzeitig bekämpfen.
Was für Mantis, was wohl eines der leistungsfähigsten Systeme auf dem Markt ist, unmöglich ist, ist für Artillerie und Mörser-Einheiten aber ihr täglich Brot.
Das gleiche kann auf Drohnen oder Raketen etc. projiziert werden. Nicht das eine anfliegende Objekt ist die Gefahr, sondern die schiere Maße.
Dagegen gibt es derzeit kein Kraut was in der Fläche wirksam und effizient schützen kann.
Bis zum Beginn der 90er Jahre hatten die Mitgliedsländer der Nato doch ziemlich vergleichbare Bausteine in das Bündnis einbegracht. Heute habe ich den Eindruck, dass zunehmend jeder macht, was er will, und frage mich auch, wie das eingentlich noch führbar sein soll. Weder wird doch diese Beschaffung von NLD ja die NLD-Fähgkeiten in LV/BV merklich verbessern, noch irgendwie einen nachhaltigen Effekt in hypothetischen zukünftigen Einsätzen bringen. Das sind zwei Züge und ein Reservetrupp…Einen Haufen Geld kann man so sicher super ausgeben, aber was das bringt, wenn an einem Einsatz beteiligte Nationen ein Sammelsurium von unterschiedlichsten Fähigkeiten und Gerät in Kleinstmengen mitbringt, erschließt sich mir nicht.
@ Commander Z sagt:
18.01.2021 um 22:52 Uhr
„Drohnen sind heutzutage notwendig, um die Herausforderungen des asymmetrischen Konflikts zu bewältigen.“
Jede Nation, die die Dinger bewaffnet im asymetrischen Konflikt merklich eingesetzt hat, hat diesen bislang verloren. Und jetzt?
Ich denke ja auch, dass die BW Heron TP bewaffnet beschaffen sollte. Ich glaube nicht, dass der Aufbau von neuen Nischenfähigkeiten mit Loitering Munitions für Mörserzüge der BW in absehbarer Zeit weiter helfen wird.
Ich bekomme machmal das Gefühl, dass statt dieser „Drohnendebatte“ die Überlegung, welche bewaffneten Konflikte man führen soll und will, wie diese geführt und statt verloren gewonnen werden könnten und was man dafür tun müsste, viel wichtiger wäre.
@Lamdmatrose3000:
„Ich bekomme machmal das Gefühl, dass statt dieser „Drohnendebatte“ die Überlegung, welche bewaffneten Konflikte man führen soll und will, wie diese geführt und statt verloren gewonnen werden könnten und was man dafür tun müsste, viel wichtiger wäre.“
Zustimmung.
Aber das ist halt nicht so plakativ und erfordert mehr intellektuelle Anstrengung und Mut zu unbequemen Wahrheiten.
Neben den bewaffneten Konflikten, die man führen soll und will, gibt es dann noch all jene die man notfalls führen muss.
Dazu bräuchte es Klarheit und Ehrlichkeit in der Politik und eine sachgerechte Beratung durch die militärische Führung.
Aber solange Kriegsbilder ein Nischenthema bleiben, ist da weiterhin nichts zu holen.
Siehe auch die kürzliche Diskussion hierzu:
https://augengeradeaus.net/2021/01/sicherheitshalber-der-podcast-folge-38-kriegsbild-der-zukunft-frieden-durch-resilienz-brexit-nur-sicherheitspolitisch-kein-fail/
@Wa-Ge und obibiber:
Ich finde es interessant wie hier über Drohnenabwehr diskutiert wird, obwohl es dazu eine benachbarte Diskussion gibt, dort wiederum wird über Drohnen diskutiert:
https://augengeradeaus.net/2021/01/dronewatch-lesetipp-das-buch-zur-drohnenabwehr/comment-page-1/#comment-356579
Übersättigung ist übrigens bei jedem System möglich.
Es hilft halt nichts immer nur einzelne Systeme zu betrachten.
Nur leider ist das immer öfter der Fall – auch in Politik und Medien.
Man muss immer anschauen was im Kontext passiert. Da ist dann auch im obigen Fall die Haubitze keine sinnvolle Ergänzung, da die Mörser und LM für die AMB 11 und Korps Mariners vorgesehen sind, also ohne Feuerunterstützung durch Panzerartillerie.
Die Sinnhaftigkeit von LM zu hinterfragen erinnert an sehr ähnliche Debatten vor 10 Jahren. Beides ist kein Allheilmittel, kann aber richtig eingeordnet ein entscheidender Mehrwert sein.
Während andere Länder praktische Erfahrungen sammeln und sich eine Industrie entsprechend entwickelt, drehen wir uns weiter neunmalklug im Kreis.
Man könnte sich auch mal fragen wie sehr mittlerweile die beiden wesentlichen Standbeine der DSK (AMB 11 und LLBrig 1) auseinanderstiften.
Die Niederlande investieren hier gezielt in Fallschirme, Funk, Nachtsicht, Fahrzeuge, Bewaffnung. Also genau die Themen die bei uns Dauerprobleme sind.
Gerade beim Steilfeuer ist die LLBrig auf sich selbst angewiesen. Daher macht genau hier eine LM durchaus Sinn.
Öffentlich bekannt ist mir keine ähnliche Initiative der Bundeswehr für diesen Einsatzzweck.
Nachtrag zu
@ Landmatrose3000 sagt:
19.01.2021 um 15:47 Uhr
Betr. „Ich glaube nicht, dass der Aufbau von neuen Nischenfähigkeiten mit Loitering Munitions für Mörserzüge der BW in absehbarer Zeit weiter helfen wird“:
Für die Vereinheitlichung der Fähigkeiten innerhalb der DSK bzw. zw. DEU und NL LL-Trp würde ich es allerdings nachvollziehen können (auch wenn das in Priorität hinter den von @Memoria angerpochenen Themen Fallschirme/Funk/Nachtsicht sehe). Aber auch hier: Wo ist bisher die Koordination bei solchen Dingen?
Das NLD Kabinett „Rutte III“ ist an einem Finanzskandal, der seit drei Jahren untersucht wurde, am 15. Januar 2021 gescheitert.
Die nächste, ohnehin festgesetzte Parlamentswahl findet in den Niederlanden planmäßig am 17. März 2021.
Da eine Koalitionsfindung gewöhnlich in Den Haag viele Monate benötigt, sind (weitere) bedeutsame Entscheidungen von finanzieller Relevanz bis in den Frühsommer hinein nicht wahrscheinlich.
Mittlerweile gibt es ja bereits „loitering swarming“:
https://www.forbes.com/sites/davidhambling/2020/10/14/china-releases-video-of-new-barrage-swarm-drone-launcher/?sh=641ad1452ad7
https://www.forbes.com/sites/davidhambling/2020/06/17/turkish-military-to-receive-500-swarming-kamikaze-drones/?sh=2fae622251af
Die Abwehr bleibt spannend.
@Landmatrose3000
„Jede Nation, die die Dinger bewaffnet im asymetrischen Konflikt merklich eingesetzt hat, hat diesen bislang verloren. Und jetzt?“
Es geht in den asymmetrischen Konflikten schon lange nicht mehr ums Gewinnnen.
Es geht darum, sich an die Gegebenheiten des asymmetrischen Konflikts adäquat anzupassen.
Das heisst präzise, dass die USA, Deutschland, GB, Frankreich und andere Parteien nicht in der Lage sind gegen Insurgenten politisch, strategisch oder taktisch vorzugehen bzw. politische Vorgaben zu implementieren. Daher kann festgehalten werden, dass der Westen nicht stark genug ist um zu gewinnen; folgerichtig muss man sich auf die Verteidigung konzentrieren. Die Verteidigung muss folgenden Vorgaben untergeordnet sein. Man muss verhindern, dass Insurgenten zu Quasi-staatlichen Akteuren werden- wie geschehen vor 2001 in Afghanistan (Taliban-Regime) und im Irak bzw. in Syrien (IS-Kalifat). Dies passiert zuallererst auf der taktischen Ebene – sprich Drohnen taktisch einzusetzen ist essentiell wichtig. Dadurch kann den Insurgenten wie dem IS oder den Taliban deren Vision – präzise die Errichtung eines Kalifats – dauerhaft verwehrt werden. Im Prinzip geht es darum, eine Langzeit und Containment-Strategie umzusetzen. Wenn man diese Gedanken mal in die strategische Langzeitplanung einbeziehen würde,wären wir alle einen großen Schritt weiter.
Fazit:
1) Wir müssen den asymmetrischen Krieg verstehen.
2) Dann eine adäquate Verteidigung gegen Insurgenten aufbauen.
3) Irgendwann mal gewinnen – aber erst, wenn wir Punkt 1 und 2 verstanden und umgesetzt haben.
P.S. Das Karfreitags-Gefecht wäre mit bewaffneten Drohnen bzw. Loitering-Munition anders
ausgegangen.
Was sich viele Militärs wünschen, also das schnelle Gewinnen im asymmetrischen Konflikt, wird so schnell nicht passieren. Aber wie zu Anfang gesagt; darum geht es auch nicht. Es geht mir um das Erkennen der langfristigen strategischen Vorgaben. Und dafür sind Drohnen zweckdienlich und essentiell wichtig.
Die Drohnendebatte in Deutschland könnte wegen der Eurodrohne (wie hier schonmal diskutiert) nochmal Schwung aufnehmen:
https://mobile.twitter.com/rikefranke/status/1353656773819953152
Dabei ist das Thema Loitering Munition und Heron TP noch nichtmal betrachtet.
Die Meinungsfindung der SPD scheint sich -wenig überraschend – nicht wirklich weiterzuentwickeln (Vorwand: Corona).
Die Eurodrohne ist halt ne europäische „Kampfdrohne“ und die Entscheidung dazu steht noch vor der Wahl an und ist ziemlich kostpielig. Egal was die SPD macht, es wird politisch ein Verliererthema.
@ Alle
Das ist unsere Zukunft, Start ? https://www.airforce-technology.com/news/iai-heron-mk-ii-uav-central-asian-country/ In MÖNCH PUBLISHING GROUP- “tens of millions of dollars,”… („Die Verträge umfassen Drohnen, bodengestützte Steuerungssysteme und Aufklärungsnutzlasten“. google tr.)
Grüße…