Coronavirus-Pandemie & Bundeswehr: Kommunen müssen nichts bezahlen (Update & Nachtrag)

Die Amtshilfe der Bundeswehr für die Kommunen in der Coronavirus-Pandemie dauert an und bindet immer mehr Soldaten – aber wer diese Unterstützung anfordert, soll dafür nicht bezahlen müssen. Das sicherte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zu. Ein Grund dafür ist offensichtlich, dass bislang Soldatinnen und Soldaten für Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen nur zurückhaltend angefragt werden.

Bereits im vergangenen Jahr hatte sich abgezeichnet, dass die Bundeswehr für den Einsatz tausender Soldaten in der Pandemie keine Rechnung schicken würde. Ein Verzicht auf die Kostenerstattung, die die Haushaltsvorschriften vorsehen, ist zwar nach dem Haushaltsgesetz zulässig:

Nach § 63 Abs. 4 BHO [Bundeshaushaltsordnung] in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 BHO wird zugelassen, dass Leistungen der Bundeswehr aus Anlass und zur Vorbeugung von Katastrophen, größeren Unglücksfällen, Notfällen und internationalen Krisensituationen unter Verzicht auf Kostenerstattung erbracht werden. Der Verzicht kann auch nachträglich erklärt werden.

Das Verteidigungsministerium hatte allerdings im Oktober vergangenen Jahres erklärt, dass formal diese Regelung bislang nicht angewandt werde.

Das ändert sich jetzt. Die Verteidigungsministerium versprach das am (heutigen) Montag am Rande eines Truppenbesuchs bei in Berlin zur Amtshilfe eingesetzten Soldaten via Twitter:

Für die nächste Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch, so berichtet der Spiegel, ist ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung geplant: In der Beschlussvorlage argumentiert das Verteidigungsressort, der bundesweite Einsatz der Bundeswehr zum Bespiel bei den Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen oder in den Impfzentren sei im dringenden Interesse des Bundes. Deswegen wolle die Bundeswehr auf „die Erstattung der amtshilfegebundenen Auslagen für die Hilfeleistungen“ verzichten. Die Regel soll für alle Amtshilfe-Aktionen der Truppe seit März 2020 und bis Ende 2021 gelten. Eine Sprecherin des Ministeriums wollte das weder bestätigen noch dementieren.

Die Zusicherung, dass die Kommunen nicht mit zusätzlichen Kosten rechnen müssen, dürfte auch mit der noch zögerlichen Nachfrage nach weiteren Soldaten für Coronavirus-Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen zu tun haben. Zwar hatte Kramp-Karrenbauer bereits am 13. Januar angekündigt, dass dafür bis zu 10.000 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden könnten, zusätzlich zu denen, die bereits in diesen Heimen unterstützen.

Update mit neuen Zahlen: Bislang sind jedoch nur rund 750 Soldaten in 52 Einrichtungen für diese Schnelltests im Einsatz – obwohl das Kanzleramt in einem direkten Schreiben an die Städte und Landkreise diese Unterstützung angeboten hatte. Weitere Amtshilfeanträge dafür werden derzeit bearbeitet. Die Soldatinnen und Soldaten sollen für drei Wochen zur Unterstützung bei den Tests zur Verfügung stehen, bevor über die Bundesagentur für Arbeit angeworbene Freiwillige diese Aufgabe übernehmen.

Der Einsatz als Schnelltester bindet damit bislang nur einen geringen Teil der insgesamt rund 14.000 Soldatinnen und Soldaten, die in der Amtshilfe in der Pandemie eingesetzt sind. Unverändert steht die Unterstützung der Gesundheitsämter an der Spitze; dort helfen fast 5.500 Soldaten vor allem bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. In Impfzentren und mobilen Impfteams sind derzeit rund 1.650 Soldaten im Einsatz, insgesamt 3.000 sind bislang für diese Aufgabe vorgesehen.  Gut 1.000 Soldaten helfen bereits in Alten- und Pflegeheimen, eine Aufgabe, die getrennt ist von den Schnelltests in diesen Einrichtungen. Rund 720 Soldatinnen und Soldaten sind in 61 Krankenhäusern im Einsatz.

Inzwischen wurden mehr als 3.000 Bundeswehrangehörige geimpft – auf freiwilliger Basis und in der Regel, weil sie als Sanitätspersonal oder Helfer in Impfzentren den Impfstoff erhielten. Eine gesonderte Regelung für die Impfung in den Streitkräften gibt es bislang nicht.

Die Zahlen der Fälle unter den Soldatinnen und Soldaten bleiben unterdessen recht konstant, wie der Sanitätsdienst mitteilte:

22. Januar
Soldatinnen und Soldaten: 464  tagesaktuell bestätigte Fälle
kumuliert: 3837, davon kumuliert genesene Fälle: 3372, Tote kumuliert: 1

25. Januar
Soldatinnen und Soldaten: 493  tagesaktuell bestätigte Fälle
kumuliert: 3886, davon kumuliert genesene Fälle: 3392, Tote kumuliert: 1

Nachtrag: Die Aussagen von Kapitän z.S. David Helmbold als Sprecher für das Verteidigungsministerium vor der Bundespressekonferenz:

Helmbold: Ich kann gern ergänzen. Die aktuellen Zahlen entwickeln sich tatsächlich sehr dynamisch. Im Moment haben wir in Altenheimen 747 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz auf Basis von 52 Anträgen. 70 weitere Anträge sind aber in Planung.
Die Zahl 1400 umfasst diejenigen, die wir jetzt aktuell – in Anführungszeichen – in Planung haben, die sich also jetzt im Laufe des heutigen Tages, von morgen und übermorgen in diesen Bereichen aufbauen werden. Wir merken also, dass dieses Angebot verstärkt angenommen wird. Das ist auch sehr, sehr wesentlich.
Zum Prozess möchte ich verdeutlichen, weil darüber auch viele Missverständnisse in der Öffentlichkeit vorhanden sind: Amtshilfe bedeutet immer, dass wir unterstützen. Wir unterstützen auf Basis eines Antrags. Es geht auch gar nicht anders, weil wir für Amtshilfe eine rechtliche Grundlage brauchen. Das ist in Artikel 35 des Grundgesetzes sehr, sehr deutlich geregelt. Diese Anträge kommen üblicherweise aus den Kreisen und kreisfreien Städten, eben von dort, wo gerade Not herrscht. Das kann auch auf Landesebene oder auf Bezirksebene geschehen. Damit auch jeder vor Ort weiß, welche Angebote die Bundeswehr machen kann und wo die Grenzen liegen, gibt es dafür Kreisverbindungskommandos und Bezirksverbindungskommandos. Das sind durchaus viele. Wir haben 404 Kreisverbindungskommandos und 31 Bezirksverbindungskommandos. Zusätzlich kommen die Aufrufe vonseiten der Regierungen, die dafür sorgen, dass tatsächlich jeder darüber informiert ist, welche Möglichkeit tatsächlich besteht.
Diese Zahlen entwickeln sich sehr dynamisch. Sie haben es gesagt. Insgesamt haben wir etwa vierzehneinhalbtausend Menschen im Einsatz. Weiterhin haben wir allerdings noch das Kontingent von 20 000 Soldaten. Das bedeutet, wir haben im Moment noch eine deutliche Reserve. Wenn sich das Antragsgeschehen dynamisch weiterentwickelt, dann haben wir auch noch Möglichkeiten, diese Reserven aufzustocken.

(Foto: Soldaten des Einsatzführungsbereichs 3 der Luftwaffe aus Holzdorf unterstützen bei der Durchführung von Schnelltests in einem Berliner Pflegeheim am 21. Januar 2021. Nach der Einweisung durch Pflegefachkräfte führen die Soldaten die Tests auch ohne Anleitung durch – Christian Timmig/Bundeswehr)