Coronavirus-Pandemie & Bundeswehr: Kommunen müssen nichts bezahlen (Update & Nachtrag)
Die Amtshilfe der Bundeswehr für die Kommunen in der Coronavirus-Pandemie dauert an und bindet immer mehr Soldaten – aber wer diese Unterstützung anfordert, soll dafür nicht bezahlen müssen. Das sicherte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zu. Ein Grund dafür ist offensichtlich, dass bislang Soldatinnen und Soldaten für Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen nur zurückhaltend angefragt werden.
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich abgezeichnet, dass die Bundeswehr für den Einsatz tausender Soldaten in der Pandemie keine Rechnung schicken würde. Ein Verzicht auf die Kostenerstattung, die die Haushaltsvorschriften vorsehen, ist zwar nach dem Haushaltsgesetz zulässig:
Nach § 63 Abs. 4 BHO [Bundeshaushaltsordnung] in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 BHO wird zugelassen, dass Leistungen der Bundeswehr aus Anlass und zur Vorbeugung von Katastrophen, größeren Unglücksfällen, Notfällen und internationalen Krisensituationen unter Verzicht auf Kostenerstattung erbracht werden. Der Verzicht kann auch nachträglich erklärt werden.
Das Verteidigungsministerium hatte allerdings im Oktober vergangenen Jahres erklärt, dass formal diese Regelung bislang nicht angewandt werde.
Das ändert sich jetzt. Die Verteidigungsministerium versprach das am (heutigen) Montag am Rande eines Truppenbesuchs bei in Berlin zur Amtshilfe eingesetzten Soldaten via Twitter:
Für die nächste Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch, so berichtet der Spiegel, ist ein entsprechender Beschluss der Bundesregierung geplant: In der Beschlussvorlage argumentiert das Verteidigungsressort, der bundesweite Einsatz der Bundeswehr zum Bespiel bei den Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen oder in den Impfzentren sei im dringenden Interesse des Bundes. Deswegen wolle die Bundeswehr auf „die Erstattung der amtshilfegebundenen Auslagen für die Hilfeleistungen“ verzichten. Die Regel soll für alle Amtshilfe-Aktionen der Truppe seit März 2020 und bis Ende 2021 gelten. Eine Sprecherin des Ministeriums wollte das weder bestätigen noch dementieren.
Die Zusicherung, dass die Kommunen nicht mit zusätzlichen Kosten rechnen müssen, dürfte auch mit der noch zögerlichen Nachfrage nach weiteren Soldaten für Coronavirus-Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen zu tun haben. Zwar hatte Kramp-Karrenbauer bereits am 13. Januar angekündigt, dass dafür bis zu 10.000 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden könnten, zusätzlich zu denen, die bereits in diesen Heimen unterstützen.
Update mit neuen Zahlen: Bislang sind jedoch nur rund 750 Soldaten in 52 Einrichtungen für diese Schnelltests im Einsatz – obwohl das Kanzleramt in einem direkten Schreiben an die Städte und Landkreise diese Unterstützung angeboten hatte. Weitere Amtshilfeanträge dafür werden derzeit bearbeitet. Die Soldatinnen und Soldaten sollen für drei Wochen zur Unterstützung bei den Tests zur Verfügung stehen, bevor über die Bundesagentur für Arbeit angeworbene Freiwillige diese Aufgabe übernehmen.
Der Einsatz als Schnelltester bindet damit bislang nur einen geringen Teil der insgesamt rund 14.000 Soldatinnen und Soldaten, die in der Amtshilfe in der Pandemie eingesetzt sind. Unverändert steht die Unterstützung der Gesundheitsämter an der Spitze; dort helfen fast 5.500 Soldaten vor allem bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. In Impfzentren und mobilen Impfteams sind derzeit rund 1.650 Soldaten im Einsatz, insgesamt 3.000 sind bislang für diese Aufgabe vorgesehen. Gut 1.000 Soldaten helfen bereits in Alten- und Pflegeheimen, eine Aufgabe, die getrennt ist von den Schnelltests in diesen Einrichtungen. Rund 720 Soldatinnen und Soldaten sind in 61 Krankenhäusern im Einsatz.
Inzwischen wurden mehr als 3.000 Bundeswehrangehörige geimpft – auf freiwilliger Basis und in der Regel, weil sie als Sanitätspersonal oder Helfer in Impfzentren den Impfstoff erhielten. Eine gesonderte Regelung für die Impfung in den Streitkräften gibt es bislang nicht.
Die Zahlen der Fälle unter den Soldatinnen und Soldaten bleiben unterdessen recht konstant, wie der Sanitätsdienst mitteilte:
22. Januar
Soldatinnen und Soldaten: 464 tagesaktuell bestätigte Fälle
kumuliert: 3837, davon kumuliert genesene Fälle: 3372, Tote kumuliert: 1
25. Januar
Soldatinnen und Soldaten: 493 tagesaktuell bestätigte Fälle
kumuliert: 3886, davon kumuliert genesene Fälle: 3392, Tote kumuliert: 1
Nachtrag: Die Aussagen von Kapitän z.S. David Helmbold als Sprecher für das Verteidigungsministerium vor der Bundespressekonferenz:
Helmbold: Ich kann gern ergänzen. Die aktuellen Zahlen entwickeln sich tatsächlich sehr dynamisch. Im Moment haben wir in Altenheimen 747 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz auf Basis von 52 Anträgen. 70 weitere Anträge sind aber in Planung.
Die Zahl 1400 umfasst diejenigen, die wir jetzt aktuell – in Anführungszeichen – in Planung haben, die sich also jetzt im Laufe des heutigen Tages, von morgen und übermorgen in diesen Bereichen aufbauen werden. Wir merken also, dass dieses Angebot verstärkt angenommen wird. Das ist auch sehr, sehr wesentlich.
Zum Prozess möchte ich verdeutlichen, weil darüber auch viele Missverständnisse in der Öffentlichkeit vorhanden sind: Amtshilfe bedeutet immer, dass wir unterstützen. Wir unterstützen auf Basis eines Antrags. Es geht auch gar nicht anders, weil wir für Amtshilfe eine rechtliche Grundlage brauchen. Das ist in Artikel 35 des Grundgesetzes sehr, sehr deutlich geregelt. Diese Anträge kommen üblicherweise aus den Kreisen und kreisfreien Städten, eben von dort, wo gerade Not herrscht. Das kann auch auf Landesebene oder auf Bezirksebene geschehen. Damit auch jeder vor Ort weiß, welche Angebote die Bundeswehr machen kann und wo die Grenzen liegen, gibt es dafür Kreisverbindungskommandos und Bezirksverbindungskommandos. Das sind durchaus viele. Wir haben 404 Kreisverbindungskommandos und 31 Bezirksverbindungskommandos. Zusätzlich kommen die Aufrufe vonseiten der Regierungen, die dafür sorgen, dass tatsächlich jeder darüber informiert ist, welche Möglichkeit tatsächlich besteht.
Diese Zahlen entwickeln sich sehr dynamisch. Sie haben es gesagt. Insgesamt haben wir etwa vierzehneinhalbtausend Menschen im Einsatz. Weiterhin haben wir allerdings noch das Kontingent von 20 000 Soldaten. Das bedeutet, wir haben im Moment noch eine deutliche Reserve. Wenn sich das Antragsgeschehen dynamisch weiterentwickelt, dann haben wir auch noch Möglichkeiten, diese Reserven aufzustocken.
(Foto: Soldaten des Einsatzführungsbereichs 3 der Luftwaffe aus Holzdorf unterstützen bei der Durchführung von Schnelltests in einem Berliner Pflegeheim am 21. Januar 2021. Nach der Einweisung durch Pflegefachkräfte führen die Soldaten die Tests auch ohne Anleitung durch – Christian Timmig/Bundeswehr)
Das war zu erwarten und reiht sich in die anderen Einsätze der Bundeswehr im Rahmen des Katastrophenschutzes nahtlos ein.
Mir völlig unverständlich ist das anpreisen der Soldaten als Schnelltester etc. in Altenheimen wie Sauerbier. Vor allem die Nachdrücklichkeit der Ministerin als auch der Kanzlerin überraschen mich unangenehm. Man kann Hilfe doch nur anbieten – nicht aufzwingen. Das gilt auch, wen der Kanzlerin die Fallzahlen in den Altenheimen nicht schnell genug zurückgehen. Diese Entscheidung wird an anderer Stelle getroffen.
Und gleichzeitig verlangen die Landeskommandos von ihren KVKs noch, dass die Subsidiarität in den Anträgen mit abgeprüft und begründet wird, warum das niemand anderes als die Bundeswehr machen kann. Das ist schon etwas schizophren, wenn man sagt „Hey, wir kommen kostenfrei, aber nur wenn die, die das sonst machen (könnten) und ihr bezahlen müsst, das nicht leisten können.“ Und dann soll man sich als Leiter KVK noch die passende Begründung aus den Fingern lutschen. Welcher Landrat/Bürgermeister springt auf die Aussage der Ministerin nicht an?
Das war zwar klar und ist nachvollziehbar, für mich unverständlich ist allerdings, daß das Ministerium von sich aus auf Auslagenersatz verzichtet.
Der Antrag hätte vom z.B. vom BMI, dem BMG oder vom BR kommen können bzw. das BMVg hätte das Thema neutral auf die Tagesordnung setzen können.
@Pio-Fritz
Eigentlich ist es den KVK auch nicht gestattet, mögliche Leistungen von sich aus anzubieten – diese müssen nachgefragt werden und dann wird abgeprüft. Wobei man natürlich eine Beratungsleistung in Bezug auf mögliche Leistungen erbringt, es gibt ja einen Leistungskatalog, auch mit einem Abschnitt „Tierseuche / Pandemie“. Die Subsidiarität prüft regelmäßig der Antragsteller, das wurde ja bereits diskutiert, eine Begründung ist nicht erforderlich, die Bw kann ja immer noch ablehnen bzw. nicht oder reduziert / in anderer Form bewilligen (die Lageteams, RB KdoTA und Führung KdoTA schauen da ja noch drüber).
In jedem Fall muß bei jedem Antrag die Kostenübernahme zugesichert werden.
Wenn ich es richtig verstehe, dann betrifft der Verzicht auf Kostenerstattung „nur“ die Personalkosten und vergleichbar.
Kosten wie Hotelunterbringung an StO an denen keine dstl. Unterkunft bereit steht müssen vom Antragssteller (natürlich) dennoch getragen werden. Ich meine mich zu erinnern, dass ein Mitkommentator das auch vor einiger Zeit über zusätzlichen Anmietbedarf von handelsüblichen Fahrzeugen berichtet hatte?!
Wenn ich mit dieser Wahrnehmung recht habe, dann ist das auch nur Folgerichtig, weil man dann keine Personalkosten etc. an die Kommunen „auslagert“ (diese sind ja durch den EP 14 so oder so abgedeckt, es entstehen der Bw also keine „Zusatzkosten“), aber tatsächliche „harte“ Zusatzkosten müssen die Kommunen halt dennoch übernehmen.
Mag mich hier einer der Mitkommentatoren (oder der Hausherr) bestätigen oder widerlegen in meiner Annahme?
[Nein, es ist wohl auch geplant, diese Sachkosten nicht weiterzugeben. Endgültig hängt das von der Kabinettsentscheidung ab. T.W.]
Wenn das bis Ende 2021 gilt, ist doch jetzt schon klar wer das dann machen darf. Welches Heim kann sich auf Dauer das leisten von ner privat Firma. Vielen Dank auch! Ich bin Soldat, kein Zivildienstleistender
[Lesen – oben steht: für drei Wochen, nicht bis Ende 2021…)
@TW
Nun ja, es war ja seitens einiger Landesregierungen bereits kurz angedacht – und seinerzeit recht schnell von ihnen verworfen – auch Schüler unter Einsatz der Bw zu testen.
Am Wochenende sind ja 2 Artikel zum Thema Home Office in den Ministerien veröffentlicht worden. Hat es einen Grund, dass das BMVg bewusst ausgespart wurde? Gibt es da etwa was zu verbergen?
Wäre doch mal sehr interessant zu wissen, wie die Quote in Bonn/Berlin so ausschaut.
http://www.heise.de/amp/news/Viel-Homeoffice-in-Bundesministerien-maximale-Praesenzreduzierung-5034009.html
[Hm, der Spiegel hatte doch auch das BMVg drin. Nur weil es bei Heise nicht erwähnt wird, ist das ne komische Aussage. T.W.]
@O.Punkt @TW
Das Problem BMVg ist, daß es ausreichend mobile dienstliche IT geben muß – nicht nur Rechner sondern ggf. auch Drucker, sowie die Netzzugänge.
Davon ab können im privaten Bereich nicht immer die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, z.B. der sichere Verschluß des Geräts sowie der Zugang zu diesem. Man stelle sich den Ärger vor wenn der neugierige Junior während des Betriebs ‚mal seinen USB Stick einsteckt, o.ä.
[Die Debatte hatten wir doch schon vergangenes Jahr im April oder so geführt. Bitte nicht wieder bei Null anfangen. T.W.]
@O.Punkt sagt: 25.01.2021 um 20:41 Uhr
„Wäre doch mal sehr interessant zu wissen, wie die Quote in Bonn/Berlin so ausschaut.“
Im BMVg gilt maximale Präsenzreduzierung. In der Zwischenzeit auch nahezu ohne jegliche Bandbreiten/Zugangsproblem.
@T.W.: Kleiner Fehlerteufel: Statt Verteidigungsministerin haben Sie Verteidigungsministerium geschrieben.
@Pio-Fritz : Ich bin damit auch nicht glücklich. Aber ich vermute, daß Frau Merkel und Frau AKK geschockt sind von der hohen Anzahl an Sterbefällen, und daher so handeln.
@O.Punkt : Die Quote des BMVg liegt bei 70% Homeoffice. Viel mehr geht leider kaum.
Mal abgesehen von der positiven Außenwirkung, der löblichen Unterstützung und der nun eröffneten Kostenfrage, woher kommt eigentlich das ganze Personal?
Wer macht deren Arbeit oder haben die alle nichts zu tun bzw. verzichtet man da auf die Ausführung von Übungen, Pflege und Wartung, Weiterbildung usw.?
[Hm. Eine Frage, die seit Beginn der Amtshilfe im März vergangenen Jahres hier immer wieder diskutiert wurde. Mal nachgelesen? T.W.]
@all:
Danke für die Ergänzungen. Ich kannte den Spiegel Artikel nicht. Nur den von heise und die Pressemitteilung vom dbb. Und da war das BMVg jeweils ausgespart.
@Thomas Melber sagt: 25.01.2021 um 18:06 Uhr
Sie haben das Schlüsselwort erwähnt „eigentlich“. Aber die email, die über die Landeskommandos verteilt wurde (und die der Hausherr in einem Vorgängerthread zitiert hat) impliziert das aktive Anbieten von Hilfe. Gelinde gesagt, völlig untypisch.
Und ich weiß nicht, wie es bei Ihnen läuft, aber in unserem Bundesland muss der Leiter KVK zusätzlich zu dem Antrag nochmal Stellung nehmen, ob das auch wirklich so ist, wie in dem Antrag behauptet. Und nur so nebenbei, welcher Antragsteller füllt diesen ohne Hilfestellung KVK aus?
T.W. vielen dank für ihren Kommentar, nur leider kann man ohne ständig alle Nachrichten zu lesen nicht wissen, welche Artikel sie meinen?
Da ich ihr Engagement hier äußerst löblich und informativ finde würde mich eine Antwort schon brennend interessieren, da ich mich nicht erinnern kann, das die VM oder Kanzlerin oder Generalität hierzu etwas veröffentlicht bzw. Stellung genommen haben?
Augengeradeaus berichtet regelmäßig über den aktuellen personellen Sachstand und zeigt das derzeitige „Fehl“ auf, welches unterschiedliche Auswirkungen in der Truppe bzw. Ämtern usw. hat.
Mit Blick auf einen möglichen schwarz-grünen-Regierungswechsel könnte ich auch die Behauptung aufstellen, wenn ich soviel Personal für längere Zeit ohne irgendwelche Nachteile für die Truppe/Aufgabenerfüllung der Streitkräfte abstellen kann, dann kann ich auch auf das zusätzlich geforderte Personal verzichten und die Streitkräfte verkleinern!
@Mal so gefragt sagt: 26.01.2021 um 12:04 Uhr
„Mit Blick auf einen möglichen schwarz-grünen-Regierungswechsel könnte ich auch die Behauptung aufstellen, wenn ich soviel Personal für längere Zeit ohne irgendwelche Nachteile für die Truppe/Aufgabenerfüllung der Streitkräfte abstellen kann, dann kann ich auch auf das zusätzlich geforderte Personal verzichten und die Streitkräfte verkleinern!“
Niemand hat jemals gesagt, dass die aktuelle Krise ohne jegliche Nachteile für die Truppe und die Aufgabenerfüllung der Bundeswehr bewältigt werden kann.
Es ist vielmehr eine Abwägung was akut gerade die höhere Priorität hat.
Gerade das ist übrigens eine Begründung, warum man Streitkräfte generell nicht zu klein dimensionieren darf. Man benötigt für zahlreiche Formen von Krisen/Aufgaben (in Frieden, wie im Einsatz wie im Krieg) personelle Reserven!
„dann kann ich auch auf das zusätzlich geforderte Personal verzichten und die Streitkräfte verkleinern!“
Wenn man die Bundeswehr nur für den normalen Dienstbetrieb vorhalten würde und nicht für möglicherweiße größere Lagen (Verteidigung, Unwetterkatastrophen, Erdbeben oder ähnliche Großschadenseregnisse), DANN hätten Sie Recht.
Ist aber nicht der Fall.
Die Armee eines jeden Staates (!) ist auch für unvorhersehbare und vorhersehbare (bekannte) Notfälle als jederzeit einsetzbare Kraft oder als notwendige Reserve vorhanden.
Wenn jetzt zum Beispiel diesen Winter zusätzlich eine Winterkatastrophe kommen würde (gekommen wäre), DANN brauchen wir zusätzlich zu den Corona-Amtshilfesoldaten noch Schneeräum-Amtshilfesoldaten.
Irgendwo sind die Kräfte aber auch begrenzt und jede Verkleinerung begrenzt die Kräfte schon im Vorfeld.
Nach dem heutigen Interview der Ministerin im Morgenmagazin frage ich mich: Warum hat man diese Dinge nicht zuerst geklärt und erst dann in die Welt getragen? Kommt jetzt ein bisschen rüber wie ein „Hilferuf“ von AKK: Bitte, bitte nutzt unsere Soldaten; die stehen bereit und keiner will sie.
Einige sind bei uns im Landkreis schon im Einsatz: Nach meiner persönlichen Erfahrung machen auch alle einen sehr guten Job und werden gebraucht. Die zwei großen Fragen bleiben aber bestehen: Wer löst sie nach drei Wochen ab? Freiwillige über die Arbeitsagentur – das wird höchst wahrscheinlich ein Rohrkrepierer.
Und die zweite Frage: Gibt es Firmen, die hier in die Bresche springen könnten? Ich persönlich kenne keine. Und bitte nicht gleich nach DRK und Co. schreien: die brauchen wir für akute Katastrophenfälle. Dauereinsätze bis evtl. Pfingsten können die nicht leisten.
@MrDiversity
Ich teile ihre Bedenken nicht, das sich nicht genug Freiwillige binnen 3 Wochen finden lassen, zumindest nicht wenn die vom Kanzleramtsminister vorgeschlage Bezahlung so kommt (25€pStd).
Bei der Bezahlung könnte es höchstens passieren, das etliche Pflegekräfte vom aktiven Pflegen zum Abstriche nehmen wechseln, da dieses deutlich besser bezahlt wird.
@MrDiversity sagt: 27.01.2021 um 9:34 Uhr
„Nach dem heutigen Interview der Ministerin im Morgenmagazin frage ich mich: Warum hat man diese Dinge nicht zuerst geklärt und erst dann in die Welt getragen?“
Da gab es einen Bericht in der faz vor einigen Tagen. Weil dem BKAmt schlicht der Geduldsfaden über das hin und her zwischen den Ländern, den Bundesorganisationen und anderen gerissen ist und man zum Ergebnis kam, besser jetzt irgendetwas, als in Wochen eine perfekte Lösung.
Ich habe Bauchschmerzen mit der Entscheidung da die eingesetzten Kameraden im Gegensatz zu den dort arbeitenden Mitarbeitern des Hauses keine Impfpriorität haben. Das bedeutet doch im Umkehrschluß: Die vulnerable Gruppe der Kranken-/Altenpfleger(innen) wird geimpft und als Unterstützung schicken wir nun die Bw welche später im Jahr geimpft wird. Eine Planung der Impfung innerhalb der Bw hierzu ist mir noch nicht bekannt.
Hier verweise ich gerne auf die steigende Anzahl der Kameraden welche sich in bzw. während der Amtshilfe anstecken, wenngleich ich vermute das diese Zahlen nicht offiziell bekannt gegeben werden.
Kameraden die sich bei derartiegen Amtshilfen anstecken, haben aus meiner Sicht das Recht diese Ungleichbehandlung zu hinterfragen.
Persönlich finde ich es gut, dass die Bundeswehr nun tatsächlich tausende Soldaten für Amtshilfe in einer nationalen Krisensituation bereit hält und nicht nur immer davon redet aber nicht bereit ist zu liefern. Weiterhin find es gut, dass man endlich den Grundsatz der Subsidiarität bei diesen Anträgen nur noch pro forma prüft.
Problematisch finde ich jedoch die Konsequenzen auf kommunaler Ebene.
Hier dienen die Soldaten tatsächlich oft als Lückenbüßer, ermöglichen teilweise Überstundenabbau in Ämtern und sind eine bequeme Alternative für dringend notwendige Personalmaßnahmen in den jeweiligen Ämtern.
Aus meiner Sicht drücken sich viele Kommunen mit Hilfe der Bundeswehr darum selbst Personal zu gewinnen. Wenn ein Panzerschütze Kontaktnachverfolgung in einem Gesundheitsamt betreiben kann, dann kann dies nahezu jeder, der aktuell ohne Job oder unterbeschäftigt ist. Studenten die normal Nebenjobs in der Gastronomie ausüben stehen massenhaft zur Verfügung, ebenso wie die Damen aus dem Reisebüro usw. Zur Not lässt sich so auch ein Betrieb von 7:0 bis 21:00 aufrecht erhalten um endlich wieder vor die Welle zu kommen. Dass daraus i.d.r keine dauerhaften Arbeitsverhältnisse werden ist klar, aber der Bedarf besteht zumindestens in diesem Jahr bei jeder Kommune.
@Mediator
Zumindest für Stuttgart kann ich „Entwarnung“ geben:
„Die Landeshauptstadt Stuttgart hatte … einen öffentlichen Aufruf gestartet. Bislang haben sich 179 Interessentinnen und Interessenten gemeldet. Damit lässt sich der gemeldete Bedarf laut Jobcenter aktuell gut abdecken.“
https://www.stuttgart.de/service/aktuelle-meldungen/januar-2021/bundeswehr-unterstuetzt-alten-und-pflegeheime-bei-umsetzung-der-testpflicht.php?fbclid=IwAR0TnrBw4xO3wbbTWmNNPpBFJRvMwcbST6iKCe8xNfsUifsK4LFkpqPsgGo
@Funker sagt: 27.01.2021 um 17:10 Uhr
„Kameraden die sich bei derartiegen Amtshilfen anstecken, haben aus meiner Sicht das Recht diese Ungleichbehandlung zu hinterfragen.“
Es gibt keine Ungleichbehandlung. Wenn Soldaten als Pflegekräfte eingesetzt werden (z.B. im Krankenhaus), dann haben sie die entsprechende Priorität. Wenn sie testen sind sie keine Pflegekräfte und werden genauso eingestuft wie andere Hilfskräfte auch welche testen aber nicht pflegen.
Gleichbehandlung für alle. Und an dieser Stelle ja auch gut begründen, denn beim testen kann man die notwendigen Hygienebestimmungen ja viel leichter einhalten, als beim Pflegen.
@Koffer
„…und man zum Ergebnis kam, besser jetzt irgendetwas, als in Wochen eine perfekte Lösung…“
Mit der Methode „besser jetzt irgendetwas“ hat die Bundeswehr viel Erfahrung gesammelt. Das Ergebnis von „besser jetzt irgendetwas“ endet meist als Rohrkrepierer. Von einer professionellen ministeriellen Führung erwarte ich mehr als „irgendetwas“. Aber ich bin auch etwas altmodisch, Twittermeldungen begeistern mich nicht wirklich, selbst nicht von Ministerinnen. Ich schaue auf die Ergebnisse. „Irgendetwas“ kann man eigentlich nicht als Operationsziel ausgeben wenn man konkrete Ziele anstrebt. Aber das ist vermutlich ewig gestriges Denken. Im „Twitterzeitalter“ ändern sich die Operationsziele offensichtlich im Stundentakt. Hauptsache „irgendetwas“, zumindest für die nächste Stunde.
@IstEgal
Der Vorschlag von Herrn Braun war €20. Ob die Heime das dann zahlen kann noch keiner sagen. Und ich glaube nicht, dass es genug Freiwillige geben wird, trotz der Aufrufe an Pflegeschulen, Verbände, usw.
@Koffer
Ok, da kann ich das Kanzleramt verstehen ;-)
@Mediator
Bisschen pauschal, ihr Aussagen über die „faulen“ Kommunen und die Jobs, die jeder machen kann. Wenn Mitarbeiter eines Gesundheitsamtes seit März quasi im Dauereinsatz sind, dann zeigt dass zwar, dass man dort personell nicht vernünftig aufgestellt ist. Aber dort braucht man auch qualifiziertes Personal, nicht jeden „Deppen von der Straße“.
Die Soldaten im Gesundheitsamt tun ihren Job freiwillig, soweit mir bekannt. Die Führer vor Ort achten auch darauf, dass ihr Personal geeignet ist und tauschen aus, wenn angebracht. Ein junger Heißsporn hat sicher seine Berechtigung in einer Kompanie der Panzertruppe, ist aber eher nicht geeignet einer Familie zu erklären, dass sie ab sofort in Quarantäne leben muss und wie sie das hinkriegen soll.
@Funker
Die Kameraden sollten in diesen Einsätzen geimpft werden, definitiv. Nur leider reicht bei uns der Impfstoff nicht einmal um alle Bewohner und Mitarbeiter zu impfen. Wer bei der Erstmeldung auf die Landesliste kam wird noch geimpft. Mitarbeiter, die erst mit der Impfung gezögert hatten, und Soldaten, die ja erst vor kurzem den Einsatz begonnen haben, haben hier das Nachsehen.
Andererseits: Die Kameraden in Mali und Afghanistan habe auch keinen 100% Schutz gegen IED und Heckenschützen. Life is dangerous.
…und das schlimme ist, dass die Soldaten wie Sauerbier angeboten und in die Pflegeheime geschickt werden, aber nicht gezielt nach Prio 1 geimpft werden können, weil die Ministerin sich nicht mal für ein begrenztes Impfstoffkontingent für dieses Kräfte stark macht.
@Pete sagt: 28.01.2021 um 0:55 Uhr
„„…und man zum Ergebnis kam, besser jetzt irgendetwas, als in Wochen eine perfekte Lösung…“
Mit der Methode „besser jetzt irgendetwas“ hat die Bundeswehr viel Erfahrung gesammelt. Das Ergebnis von „besser jetzt irgendetwas“ endet meist als Rohrkrepierer.“
Da haben wir offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen, wie man in Krisensituationen handeln sollte.
Ich halte es da mit dem GI: Einfach mal machen!
Besser jetzt eine 65%-Lösung als in zwei Monaten 100%.
@Tigger sagt: 30.01.2021 um 15:35 Uhr
„…und das schlimme ist, dass die Soldaten wie Sauerbier angeboten und in die Pflegeheime geschickt werden, aber nicht gezielt nach Prio 1 geimpft werden können, weil die Ministerin sich nicht mal für ein begrenztes Impfstoffkontingent für dieses Kräfte stark macht.“
Nur um das nochmal klar zu machen. Sie fordern also eine Besserstellung von Soldaten ohne medizinische Begründung (denn für das was Soldaten derzeit tun, reicht ja ein solides Hygienekonzept grundsätzlich aus) zu Lasten von Risikopersonal.
Ich plädiere ja immer für die „sui generis“ These des Soldatentums, aber ich habe noch nie gehört, dass aufgrund des Soldatenstatus jemand besser gestellt werden sollte als andere, die es dringender brauchen…
Nein, ich fordere keine Besserstellung von Soldaten. Aber ich fordere, dass sie auch nach Prio 1 geimpft werden, wenn sie wie Prio 1 eingesetzt werden – nämlich in den Alten- und Pflegeheimen. Vielleicht sollten sie mal einen Blick in die Impf-Verordnung werfen.
@Tigger sagt: 31.01.2021 um 9:12 Uhr
„Nein, ich fordere keine Besserstellung von Soldaten. Aber ich fordere, dass sie auch nach Prio 1 geimpft werden, wenn sie wie Prio 1 eingesetzt werden – nämlich in den Alten- und Pflegeheimen. Vielleicht sollten sie mal einen Blick in die Impf-Verordnung werfen.“
Sorry, aber das ist falsch!
Nicht jeder, der im Alten- und Pflegeheim eingesetzt ist, ist Prio 1. Gerade deswegen sind ja die Soldaten die dort tätig sind nicht Prio 1!! Lediglich das in der Pflege eingesetzte Personal ist Prio 1.
D.h. Sie fordern eine über die Regelungen der Impf-Verordnung hinausgehende Bevorzugung von Soldaten ggü. anderen die einen höheren Anspruch haben.
Das ist nicht mein Verständnis von Soldatentum.
@MrDiversity sagt: 28.01.2021 um 7:55 Uhr
„Bisschen pauschal, ihr Aussagen über die „faulen“ Kommunen und die Jobs, die jeder machen kann. Wenn Mitarbeiter eines Gesundheitsamtes seit März quasi im Dauereinsatz sind, dann zeigt dass zwar, dass man dort personell nicht vernünftig aufgestellt ist. Aber dort braucht man auch qualifiziertes Personal, nicht jeden „Deppen von der Straße“.
Den Begriff „Deppen“ haben sie ins Spiel gebracht. Richtiger ist wohl zu sagen, dass es sich bei den Soldaten die aktuell zu hunderten in Gesundheitsämtern Kontaktnachverfolgung betreiben um im Amt ANGELERNTE Kräfte handelt. Dementsprechend könnte diese Aufgabe sicherlich auch von einem zivilen Personenkreis übernommen werden, der z.B. aktuell durch die Krise ohne Beschäftigung ist und das zusätzliche Geld sicherlich gebrauchen könnte. So mancher Zivilist ist dank Lebenserfahrung und beruflichem Werdegang mindestens genauso gut qualifiziert ein telefonisches Beratungsgespräch zu führen, wie ein junger Hauptgefreiter.
Mein ursprünglicher Beitrag zielte darauf ab, dass viele Kommunen sich zieren auch nur befristete Arbeitsverträge für solche Aufgaben zu finanzieren und statt dessen lieber die Amtshilfe der Bundeswehr beanspruchen. Eine langanhaltende pandemische Lage kriegt man in der Kontaktnachverfolgung jedoch nicht durch zu spät eingesetzte Lückenbüser, sondern durch rechtzeitig vor der Welle aktiv werdende „Profis“ in den Griff.