Pentagon bestätigt beschleunigten Abzug aus Afghanistan
Das Pentagon hat die Pläne bestätigt, bis Mitte Januar die US-Truppen in Afghanistan und im Irak deutlich zu reduzieren. In beiden Ländern werde er die Anweisung des noch amtierenden Präsidenten Donald Trump umsetzen, die Zahl der Soldaten bis zum 15. Januar kommenden Jahres auf jeweils 2.500 zu verringern, sagte der amtierende Verteidigungsminister Christopher C. Miller in Washington.
Der Plan Trumps, den ohnehin geplanten Truppenabzug noch innerhalb der ihm verbleibenden Amtszeit bis zum 20. Januar deutlich zu beschleunigen, war bereits am (gestrigen) Montag bekannt geworden. Miller nannte am (heutigen) Dienstag in einem Statement vor Journalisten dazu mehr Einzelheiten:
Good afternoon. I’m Chris Miller, Acting Secretary of Defense, and I am here today to update you on President Trump’s plan to bring the wars in Afghanistan and Iraq to a successful and responsible conclusion, and to bring our brave Service members home. (…)
In light of these tremendous sacrifices, and with great humility and gratitude to those who came before us, I am formally announcing that we will implement President Trump’s orders to continue our repositioning of forces from those two countries.
By January 15, 2021, our force size in Afghanistan will be 2,500 troops. Our force size in Iraq will also be 2,500 by that same date. This is consistent with our established plans and strategic objectives; supported by the American people; and does not equate to a change in U.S. policy or objectives.
Moreover, this decision by the President is based on continuous engagement with his national security Cabinet over the past several months, including ongoing discussions with me and my colleagues across the United States government.
I have also spoken with our military commanders and we will execute this repositioning in a way that protects our fighting men and women, our partners in the Intelligence Community and diplomatic corps, and our superb allies that are critical to rebuilding Afghan and Iraqi security capabilities and civil society for a lasting peace in troubled lands.
And just this morning, I spoke with key leaders in Congress as well as our allies and partners abroad to update them on these plans, in light of our shared approach: we went in together, we adjust together, and when the time is right, we will leave together. One of my calls was to NATO Secretary General Stoltenberg. Another was to Afghanistan’s President Ghani, who expressed his gratitude for every American Service member who has fought for peace and strengthened the longstanding friendship between our countries. (…)
In closing, we set out to accomplish three goals in 2001:
Go abroad and destroy terrorists, their organizations, and their sanctuaries;
Strengthen our defenses against future attacks; and,
Prevent the continued growth of Islamist terrorism, to include by working with allies and local partners to take the lead in the fight.
Today is another critical step in that direction, and a result of President Trump’s bold leadership. With the blessings of Providence in the coming year, we will finish this generational war, and bring our men and women home. We will protect our children from the heavy burden and toll of perpetual war. And we will honor the sacrifices made in service to peace and stability in Afghanistan, Iraq, and around the world, and celebrate all those who helped us secure freedom over oppression.
Nach Angaben von US-Medien ließ Miller nach seiner Erklärung keine Nachfragen zu. Damit bleibt unter anderem offen, wie sich die Ankündigung mit den eigentlich geltenden Plänen verträgt, den Abzug aus Afghanistan mit den Bedingungen des mit den Taliban ausgehandelten Friedensabkommens zu vereinbaren – das im wesentlichen eine Reduzierung der Gewalt im Lande zur Voraussetzung macht.
Der amtierende US-Verteidigungsminister griff allerdings eine Devise des gemeinsamen Afghanistan-Einsatzes der internationalen Truppen auf: We went in together, we adjust together, and when the time is right, we will leave together – auf Deutsch: Gemeinsam rein, gemeinsam raus. Ob er die Verbündeten darunter auch Deutschland, bei den von ihm genannten Gesprächen davon überzeugen konnte, ist im Moment nicht klar.
Nach Millers Worten hatte er auch mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg darüber gesprochen. Der äußerte sich am Montag ebenfalls zu dem Thema, unklar blieb allerdings, ob vor oder nach dem Telefonat mit Miller:
We now face a difficult decision. We have been in Afghanistan for almost 20 years, and no NATO ally wants to stay any longer than necessary. But at the same time, the price for leaving too soon or in an uncoordinated way could be very high. Afghanistan risks becoming once again a platform for international terrorists to plan and organise attacks on our homelands. And ISIS could rebuild in Afghanistan the terror caliphate it lost in Syria and Iraq. (…)
Even with further US reductions, NATO will continue its mission to train, advise and assist the Afghan security forces. We are also committed to funding them through 2024.
We went into Afghanistan together. And when the time is right, we should leave together in a coordinated and orderly way. I count on all NATO allies to live up to this commitment, for our own security.
Mit den bisherigen Plänen, die einen dann allerdings vollständigen Abzug etliche Monate später vorsahen, ist die US-Ankündigung nicht unbedingt kompatibel, auch wenn Miller das so nicht sieht. Weiterhin wird aus deutscher Sicht spannend, was das für die derzeit rund 1.200 deutschen Soldaten am Hindukusch und ihre Abzugsplanung bedeutet.
(Archivbild: Johnny Blackett, a Department of the Army Civilian with the Army Field Support Battalion – Afghanistan, 10th Mountain Division Resolute Support Sustainment Brigade, reviews paperwork with a civilian contractor during the loading of retrograde cargo on Bagram Air Field, Afghanistan July 12, 2020 – Photo by Sgt. 1st Class Corey Vandiver, 1st Theater Sustainment Command)
Rundumschlag? Verbrannte Erde?
@BillKristol
„I’m told DOD has been ordered to plan further troop withdrawals, from Somalia, South Korea and Germany. Trump is doing his best to weaken America, our friends, and allies on his way out the door“.
Zu hoffen ist, dass alle Maßnahmen die eigene Logistik überfordert. Im Fall von Südkorea kann das eine quasi Einladung für Kim bedeuten, beunruhigend.
Beruhigend allein, dass im DOD ihm die Absicht ausgeredet wurde, mit einem Nuklearschlag gegen das iranische Atompotenzial vorzugehen. (HH Abendblatt, RP-online u.a.)
Da kann man nur hoffen, dass nach dem schnellen (Teil) Abzug der US Truppen bis Mitte Januar es nicht zu schlimmeren Aktionen der Taliban kommt. Das hätte nicht nur Folgen für unsere Soldaten, sondern auch für die zivile Bevölkerung.
Was dann passieren könnte, dass nach vielen weiteren Anschlägen die US Soldaten komplett abgezogen werden im Laufe 2021, oder dass die US Truppen dann doch wieder aufgestockt werden. ( Ein „Hin und Her “ der Soldaten wäre auch nicht in deren Sinne )
Es ist abzuwarten. Jedenfalls sollte sich das BMVg Gedanken über die bereits vielfach angesprochenen Fähigkeitslücken seitens der BW machen
Ob bis Januar 21 oder im April 21. Wo liegt der Unterschied für die Kräfte im Norden?! Doch alleinig darin mehr Antonov Flüge schneller zu organisieren und/oder Rückführung pflichtiges Material vor Ort zu vernichten.
Dem Auftrag TAA entgegen macht ein schnellerer Abzug keinen Unterschied, hier stecken die Bemühungen aus DEU Sicht schon lange fest.
Was Kabul angeht sollte sich das Groß der verbleibenden NATO Kräfte weiterhin einigeln können. Die Nachfolge Mission sollte bereits festgelegt sein. Der Schwerpunkt dürfte eine Counter Terror Mission sein mit TAA Ansätzen, natürlich ohne die Beteiligung DEU.
@KPK: Amtsfähigkeit?
Ich vermute, auch Biden wird ein Truppenabzug aus diesen Krisengebieten nicht ganz unrecht sein. Und geht etwas schief, dann kann er auf seinen Vorgänger verweisen.
DEU sollte umgehend beginnen, alle Soldaten, die nicht mehr für Rückbau, Logistik oder Eigenschutz gebraucht werden, sofort zurück zu verlegen. Der Einsatz ist beendet.
@Nur so sagt:18.11.2020 um 6:54 Uhr
„Da kann man nur hoffen, dass nach dem schnellen (Teil) Abzug der US Truppen bis Mitte Januar es nicht zu schlimmeren Aktionen der Taliban kommt.“
Meinen Sie Aktionen gegen die Bevölkerung, die seit 20 Jahren die Taliban unterstützt? Wer ist „die afghanische Bevölkerung“ in diesem Konglomerat von Volksgruppen und Stämmen? Ihre Anmerkung zeigt, das nicht nur Sie, sondern auch viele Politiker und Bürger im Westen die Komplexität des Afghanistan-Problems nicht durchdrungen haben. Da gibt es kein Gut und Böse, nur viele Schattierungen von grau.
Es wird keine großen Massaker geben, zumindest nicht außerhalb von Kabul. Vorausgesetzt, die Taliban setzen sich durch.
Es wird auch Zeit diese Mission endlich zu einem Ende zu bringen. Nachdem man sich aus der Fläche zurück gezogen hatte und die Anweisung raus ging Kämpfe zu vermeiden hat der Einsatz keine Wirkung mehr gehabt. Die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte hat auch nie richtig funktioniert, da vielfach einfach Verständnis oder auch die Motivation auf afghanischer Seite gefehlt hat. Man kann nur hoffen, dass der Einsatz wenigstens nachhaltige fortschrittliche Impulse in die afghanische Bevölkerung gegeben hat und sich das Land auch unter der kommenden Taliban Herrschaft langsam selbst weiter entwickelt und unsere Kameraden nicht völlig umsonst gefallen sind.
In seiner aktuellen Form macht die Mission auf deutscher Seite sowieso keinen Sinn mehr. Um einen gerade aus Kunduz zurück gekommenen Kameraden zu zitieren: „Wir sitzen im Feldlager und dürfen nicht raus, während die Afghanen draußen sterben wie die Fliegen, mit resolute support hat das gar nichts zu tun“. Dort sitzt man schon seit Monaten auf gepackten Koffern und wartet nur darauf, dass die Anweisung kommt Kunduz aufzugeben. Ein Abzug von dort sollte also sehr zügig gehen, da schon vorbereitet.
Kann mir das mal einer erklären ?
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/heer/aktuelles/heeresflieger-mit-nh-90-nach-afghanistan-verabschiedet-4207356
[Es läuft gemäß Plan, so lange nichts Gegenteiliges entschieden wird. T.W.]
@Flight11 der Bericht ist 12 Tage alt. Man wird sehen was geschieht.
@starsandstripes
Acting Defense Secretary Christopher C. Miller orders top special ops civilian overseeing SOF to report directly to him.
Die Handlungsfreiheit CENTCOM wird weiter eingeschränkt. Denn logischerweise wird in BdL bewertet werden, was im Theatre bleiben muss, wozu sicher Spezialkräfte gehören sollten.
@AoR
Was ist die Frage?
Wenn die Luftwaffe jetzt noch den Stützpunkt in Termez hätte, könnte sie dort evtl. selbst kurzfristig Rettungshubschrauber und Luftunterstützung stationieren, um den Rückzug zu sichern. Wenn schon zu befürchten ist, dass uns unsere Amerikanischen verbündeten in der Hinsicht im Stich lassen.
Wäre ja zu begrüßen wenn auch wir dann jetzt schnell aus Afghanistan rausgehen. Eigentlich ist der Abzug ja sowieso seit Jahren überfällig. Man wird kaum behaupten können, dass dort unten noch irgendwas zu erreichen wäre.
@KPK: War im absoluten Affekt gefragt unter dem Schock ein westlicher Führer könnte so etwas anfragen.
Klar, wer glaubt der Iran wolle die Bombe nicht, zu mindest Teile der Führung spielen sicher mit dem Gedanken, irrt in meinen Augen.
Aber dennoch ist das Atomprogramm ziviler Natur und als solches eingebettet.
Isfahan, Fodor, Teheran das sind Millionen-Metropolen und dem Typ muss man „ausreden“, dass er da keinen Atombombe drauf wirft?
Also US Militärs beeindrucken immer wieder durch Selbstdisziplinund Haltung in Uniform, dass da noch „geredet“ wurde…
In wie fern ist ein Mensch noch befähigt, sein Amt als US Präsident auszuführen, wenn er das schlimmste Kriegsverbrechen seit WW2 befiehlt?
Also wird sich das afghanische Sprichwort schlussendlich doch bewahrheiten.
“You have the watches but we have the time,”
Aus meinen Einsätzen vor vielen Jahren, hatte ich die Hoffnung mitgenommen, dass eine Generation die in Teilen einigermaßen friedlich aufwächst, Schulbildung und westlichem Konsum ausgesetzt ist, sich nicht mehr kriegerisch betätigt, sondern das Leben bevorzugt. Ganz unberechtigt war meine Hoffnung offensichtlich nicht, nur das sich die jungen Herren dann aus ihrem Land absetzten, daran hatte ich nicht gedacht.
Alleine die USA haben mehr finanzielle Mittel in AFG eingesetzt, als nach dem II.WK für den Marshall-Plan investiert wurden. Dazu kommen noch die Mittel der internationalen Gemeinschaft. Unterm Strich eine absolute Fehlinvestition. Ich hoffe, man lernt draus, bevor man sich in weitere „Generationeneinsätze“ begibt. Aber wahrscheinlich geht es in Mali genauso.
WASHINGTON — The coming period of U.S. troop withdrawals from Afghanistan and Iraq is “fraught with risk,” but the military will not hesitate to strike back if extremists attempt to undermine the transition to a smaller U.S. force in those countries, the newly installed acting secretary of defense said Wednesday.
Nun ja, ad-hoc Operationen, in dem Umfang dann auch obendrein zeitlich eng terminiert, da öffnet die Army alle Möglichkeiten für Handstreiche und Hinterhalte.
„… will not hesitate to strike back if …“ zeigt denn auch, dass die Schwäche der eigenen Lage erkannt wird.
https://www.militarytimes.com/news/your-military/2020/11/18/acting-pentagon-chief-cites-risks-during-troop-reductions-in-afghanistan-and-iraq/?utm_source=Sailthru&utm_medium=email&utm_campaign=Army DNR 11.18.20&utm_term=Editorial – Army – Daily News Roundup
Das klassische „Absetzen vom Feind“ bedingt überraschende Entscheidung und kampfkräftige Gegenstoß-Kräfte.
Sind diese in der Fläche verfügbar?
Laut Spon ist die Bundeswehr auf drei verschiedene Varianten eingestellt, und reduziert bereits die Ausrüstung :
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afghanistan-bundeswehr-investiert-trotz-moeglichen-abzugs-massiv-in-feldlager-a-00000000-0002-0001-0000-000174103612