Ausbildungsmission in Mali: Verstreuter und robuster
Die Arbeit der EU-Ausbildungsmission in Mali ruht derzeit: Bedingt durch die Coronavirus-Pandemie gibt es, von Ausnahmen abgesehen, eine Ausbildungspause. Doch auf die Trainer der EUTM Mali kommt absehbar mehr Arbeit zu, sagt der deutsche Kontingentführer, Oberstleutnant Florian Schleiffer.
Der Bundestag hatte, wie zuvor schon die Europäische Union, Ende Mai mit einem neuen Mandat für die Ausbildungsmission auch Aufgaben und Einsatzgebiet ausgeweitet. Künftig sollen Ausbildung und Training für und in allen Staaten der so genannten G5 Sahel (Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad, Mauretanien) möglich sein – faktisch voraussichtlich aber zunächst vor allem außer in Mali im Niger und in Burkina Faso. Und die Ausbilder sollen die Soldaten der malischen Armee, die sie trainieren, auch näher an ihre Einsatzorte begleiten.
Schon bisher hatte EUTM Mali mit mobilen Ausbildungsteams die malischen Soldaten begleitet, sagte Schleiffer im Gespräch mit Augen geradeaus!. Diese Art des Trainings werde aber künftig zunehmen, zumal die in der Kolonialzeit willkürlich gezogenen Landesgrenzen mit der Ausweitung auf andere G5-Sahel-Staaten ihre Bedeutung verlören. Zudem werde die Mission insgesamt robuster werden müssen.
Das betreffe vor allem die Begleitung der Malier in deren Liegenschaften, auch wenn auch künftig die Ausbilder ihre Trainees nicht in Kampfeinsätze begleiten würden, betonte Schleiffer. Im Mandat wird das als einsatznähere militärische Beratung und Ausbildung bezeichnet – mit dem so genannten Mentoring soll dabei einsatzrelevantes Wissen an gesicherten Orten wie Kasernen, Übungsräumen, Einsatzstützpunkten und Führungseinrichtungen vermittelt werden.
Diese Beschränkung auf gesicherte Orte sei eine Voraussetzung, die voraussichtlich für die gesamte Mission gelten werde, sagte Schleiffer. Dass andere EU-Nationen darüber hinausgingen, könne er sich nicht vorstellen, auch wenn jedes Land für diesen Einsatz seine eigenen Regeln und Grenzen in so genannten Caveats festlege.
Zu besonderer Vorsicht mahnte der Kontingentführer bei der im Mandat vorgesehenen Regelung
Zudem sollen die Tätigkeiten der Soldatinnen und Soldaten beobachtet, ihre Leistungen und ihr Verhalten – auch im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts – evaluiert und die Ausbildungsinhalte entsprechend angepasst werden.
Dabei müssten die Ausbilder aber auch berücksichtigen, dass Mali ein souveräner Staat sei und Vertrauen verdiene. Wenn es nach Kontrolle statt Ausbildung aussehe, würde das das Vertrauensverhältnis gefährden. Das internationale Völkerrecht sei aber ein wichtiger Punkt in der Ausbildung und habe auch im Ausbildungsplan einen festen Platz: Ich muss davon ausgehen, dass sich daran gehalten wird.*
Die höhere Obergrenze von künftig für das bei EUTM Mali eingesetzte deutsche Personal wird nach Schleiffers Worten voraussichtlich für eine höhere Zahl von Ausbildern benötigt – aber auch für mehr Sicherungskräfte. Wenn die Ausbildungsmission mit einer Ausweitung in Mali selbst und langfristig auch auf andere Sahel-Staaten auf eine wesentlich größere Fläche verteilt werde, sei auch an mehr Orten Force Protection erforderlich.
Nach einem Bericht der Brüsseler Kollegen von Bruxelles2 (nur für Abonnenten zugänglich) wird nicht nur der deutsche Anteil an EUTM Mali, sondern die ganze Mission deutlich aufgestockt: Sie soll künftig 1.200 statt bisher 700 Soldatinnen und Soldaten umfassen.
Für die Ausweitung auch auf andere Staaten wird die EU-Mission dann allerdings auch mehr logistische und medizinische Unterstützung, mehr Befehlsmittel, aber auch mehr strategischen oder taktischen Transport benötigen: Das – theoretisch mögliche – künftige Missionsgebiet ist vierzehnmal so groß wie Deutschland.
Nach Informationen von Bruxelles2 sind allerdings auch die rechtlichen Bedingungen für die Ausweitung außerhalb Malis noch offen. So fehlen bei den anderen Ländern überwiegend noch die Vereinbarungen zum Status der eingesetzten EU-Soldaten. Am weitesten seien die Verhandlungen dazu bislang mit Burkina Faso gekommen.
*Der Absatz wurde in Absprache mit dem Interviewten zur Präzisierung geändert.
(Foto: Der Kontingentführer 22. Deutsches Einsatzkontingent EUTM Mali, Oberstleutnant Florian Schleiffer, Mitte, rechts ein österreichischer Hauptmann – Gerrit Hohmann/Bundeswehr)
„… aber auch mehr strategischen oder taktischen Transport benötigen …“
Die Dimensionen des OpRaum erfordern beides. Ich streiche aber „oder“, ergänze dafür um „und“ sowie um „operative Beweglichkeit“, auch außerhalb von sanitätsdienstlichen Notwendigkeiten.
Lufttransportmitteln, Dreh- und Starrflüglern kommt bei operativ/strategisch Bewegungen wesentlich Bedeutung zu. Obiger Hinweis des Kontingentführers zum Bedeutungsverlust nationaler Grenzen deutet die neue Qualität strategischer Ausrichtung an. Ein Auftrag für z.B. malische Kräfte aus dem Raum Timbuktu zum Verstärken, Entsatz oder EvacOp im 3-Ländereck MLI – NER – BFA, Operationsraum der Takuba Task Force, kann unter Zeitdruck nur im Lufttransport gelingen.
Neben der personellen Aufstockung wird zur Erfüllung der oben richtig beschriebenen „einsatznähere(n) militärische Beratung und Ausbildung“ ein mehr an geschütztem Transportraum und von Sicherungsfahrzeugen erforderlich sein.
Zur Bewertung von EUTM (neu) muss die Diszlozierung im Raum sowie die operative Absicht bekannt sein, was aber konkret sicher nicht bekannt werden wird.
Dazu zähle ich bei Ausweitung des Auftrags jedoch auch die Abstimmung mit MINUSMA und TAKUBA, ein nebeneinander operieren, in gleichen Räumen, kann es nicht geben.
„Diese Beschränkung auf gesicherte Orte sei eine Voraussetzung, die voraussichtlich für die gesamte Mission gelten werde, sagte Schleiffer. Dass andere EU-Nationen darüber hinausgingen, könne er sich nicht vorstellen, auch wenn jedes Land für diesen Einsatz seine eigenen Regeln und Grenzen in so genannten Caveats festlege.“
Also ist auch dem Kontingentführer der Auftrag auf europäischer Ebene nicht klar?
Bemerkenswert.
Mit Blick auf die zusätzlichen Sicherungskräfte und der erwähnten Logistik bedarf es zusätzlichem Personal und Material. Fällt beides auch nicht vom Himmel.
Erinnert weiterhin sehr an die Anfangsphase von ISAF.
Operativ betrachtet wird es weitere Standorte geben müssen um eine Begleitung der Indigenen Einheiten sicherzustellen.Die dann mit angepasster SanDstl Einrichtung Role1 mindestens… oder man traut sich an die Golden Hour ran.
Der Einsatz Raum ist stark überdehnt, und die Gegenseite Unterstützung mit Mission Essential Assets (AIR MEDEVAC,FIRES,ISR) der verschiedenen Operationen wird beim OMLT ähnlichen Ansatz eine Herausforderung.
Ob hier eine Alimentierung seitens BW erfolgt? …. wohl eher nicht, nicht über dem was schon da ist…
@KPK u. Fritz
Alldas ist ja schon länger bekannt, aber das Mandat gibt keinen wirklichen personellen Aufwuchs her (Übernahme Führungsnation und Integration des Einsatzes in Niger sind dadurch schon gedeckt).
Auftrag, Kräfte und Mittel passen nicht zusammen. Entweder gab es keinen entsprechenden militärischen Ratschlag oder er wurde negiert. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte legt nahe, dass es wohl ersteres war.
Ebenso hat Deutschland sich bei der Weiterentwicklung von MINUSMA und neuen Fähigkeiten beim Luftrtransport etc verweigert (https://augengeradeaus.net/2020/05/neue-mali-mandate-deutsches-militaerisches-engagement-im-sahel-wird-ausgeweitet/#comment-342566).
Zu Takuba ist eigentlich alles gesagt, nur noch nicht deutlich genug warum Deutschland nicht mitmacht. Meine These: Man darf und kann vielleicht, aber man will nicht.
Noch wichtiger:
Strategisch ist der Einsatz bereits in der Sackgasse. Dies zeigen die anhaltenden Demonstrationen in Bamako (https://www.france24.com/en/20200619-thousands-of-malians-takes-to-streets-in-call-for-president-keita-s-resignation).
Als Nachtrag noch ein Überblick zu den Fähigkeitslücken bei MINUSMA:
https://www.justsecurity.org/71019/as-un-renews-peacekeeping-in-mali-civilian-protection-requires-ongoing-push-for-air-assets/
Insbesondere in Gao und Mopti fehlen Hubschrauber für Transport und MedEvac.
Dies ist sowohl für MINUSMA als auch für EUTM von Bedeutung. Mopti wäre auch für die Bundeswehr sehr wichtig, da im nahe gelegenen Sevaré das neue Ausbildungszentrum unter deutscher Führung entstehen soll.
Aber ab 2021 sollen NH90 und H145M in Afghanistan eingesetzt werden, während gleichzeitig der Rückzug aus MeS vorbereitet wird.
Planlos. Ziellos. Sinnlos.
@Memoria
Danke für den Link „Fähigkeitslücken“, der zwar MINUSMA betrachtet, bei EUTM wird es aber aufgrund der Überdimensionierung im Verhältnis zu Auftrag und Mitteln noch schlimmer werden.
Lufttransport – Lufttransport – Lufttransport lautet der fast schon inständige Hilferuf der UN. Ansonsten werden die fehlenden Standard-Mittel von Operationsführung eingeklagt, die da sind:
Intelligence, Aufklärung, Luftaufklärung/Drohnen, Auswertekapazitäten.
Eine Ausbildungsoperation, vorsichtig aufgebohrt Richtung „Mentoring“, in einem Raum von 14-facher Größe Deutschlands mit 1200 Soldaten (abzüglich ca 30% für Stab/Log/San/Fm) ist eine haarsträubende Zumutung. Rechnet Force Protection etwa auch noch auf 1200 an, landen wir bei vermutlich max 700 in Ausbilderfunktion.
Der operative Führungs-Grundatz, der da lautet Auftrag, Kräfte, Mittel müssen in ausgewogenem Verhältnis zur Sicherstellung der Ausführung stehen, ist flagrant verletzt. Ich gehöre wahrlich zu jenen, die stets unsere Einsatzverpflichtungen stützen. Diese Ausbildungsmission aber ist zum Scheitern verurteilt.
Die EU wird ihrer Aufgabe nicht gerecht. Europäische politische Führung handelt in schlimmster Weise den Soldaten gegenüber verantwortungslos.
Eine mögliche Einbeziehung der Truppen aus den G5-Sahel Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad, Mauretanien unter „Kräfte“ greift deswegen nur wenig, weil es sich um Auszubildende handelt, die der Anleitung und Führung bedürfen. Mit 1200 europäischen Soldaten: ein Unding. Im Titel steht „verstreuter“ – stimmt – und „robuster“ Einsatz – wo, welche Mittel, welche ROE -? Wenn dies u.U. durch ein „näher an ihre Einsatzorte begleiten“ abgedeckt werden soll, haben Politik und gesunder Menschenverstand unterschiedliche Auffassungen zu „robust“.
Weil es hier zum Thema passt, der Economist hatte in der letzten Ausgabe eine graphische Aufarbeitung der Situation in der Sahel die sehr Informativ und generell sehr gelungen ist:
https://www.economist.com/graphic-detail/2020/06/20/fighting-in-the-sahel-has-forced-17m-people-from-their-homes
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 25.06.2020 um 23:22 Uhr
Herr Kaikowsky,
ich hatte Ihnen ja versprochen, Sie unter dem Stichwort „Unredlichkeit“ daran zu erinnern, wenn Sie selbst in einem Ihrer „Rundumschläge“ von „Teilen aufs Ganze schließen“.
Würden Sie bitte Ihre folgenden vier Aussagen durch Rückgriff auf Ihr Insiderwissen etwas genauer ausführen und belegen? Was müssen wir uns genau darunter vorstellen?
„Der operative Führungs-Grundsatz […] ist flagrant verletzt. […]“
„Diese Ausbildungsmission aber ist zum Scheitern verurteilt.“
„Die EU wird ihrer Aufgabe nicht gerecht.“
„Europäische politische Führung handelt in schlimmster Weise den Soldaten gegenüber verantwortungslos.“
Ich bedanke mich.
[Nachfragen gerne – aber wenn das Gefahr läuft, in einen persönlichen Schlagabtausch abzudriften, schreite ich genau so gerne ein. T.W.]
@hape
Studieren Sie die Lage soweit bekannt geworden und stellen ff eine BdL an, dann sollten Sie drauf kommen.
Das war es für mich, an dieser Stelle.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 25.06.2020 um 23:22 Uhr:
ihr late-night-Kommentar nähert sich langsam einer unaufgeregten nüchternen BdL. Grosso modo einverstanden.
Zusatz:
– Barkhane ist durch best-of-Verbände(2°REP,2°REI, 1°REC alles légion étrangère) verstärkt worden, die in der AoR Gourma-Liptako operieren.
– Barkhane hat (seit Pau) Zusammenarbeit mit Einheiten der betr. Armeen verstärkt und mit VerbOrganen angebunden; die einzelnen groupement tactique
désert(GTD) bilden mittlerweile malische/nigrische Einheiten aus und gliedern diese in ihre Operationen ein
– Barkhane ist auf die 3 Chinook der RAF mehr als angewiesen; ohne diese hätte sie keine operative Mobilität, da eigene STH (auch auf längere Zeit) nicht vorhanden
– mit TAKOUBA nimmt die Armée de Terre das Monitoring von Sahel-G5-Kräften in die Hand
Fazit: EUTM muß asapst sich im Hinblick auf ein Gesamtkonzept mit der frz Armee abstimmen, damit alle Maßnahmen effektiv gebündelt werden und ineinandergreifen. Gespannt, ob und wie das sich entwickelt mit welchem Ergebnis.
Um Anzufangen
„Un coup de chapeau“ an den Oberstleutnant der sagte
„Dabei müssten die Ausbilder aber auch berücksichtigen, dass Mali ein souveräner Staat sei und Vertrauen verdiene. Wenn es nach Kontrolle statt Ausbildung aussehe, würde das das Vertrauensverhältnis gefährden.“
Wir ( alle Operationen) sind Gäste, es gibt keine Kolonialmächte mehr die nach Belieben eingreifen können!!!
Was die Lage angeht:
die politische ist wie sehr oft (auch in Europa) kompliziert. Da fûr haben wir aber in unseren Ländern Wahlen um die Politiker auszuwählen, die sich darum kÜMMERN sollen.
Seit den politischen BeschLüssen des Januar Gipfels in Pau, und den darauffolgenden Anpassungen der militärischen Strategie sehe ich :
– Barkhane : Die Neudefinition der Einsatzzone (Konzentration) hat Resultate gebracht. Einzelheiten https://www.defense.gouv.fr/actualites/operations/
– Ausbildung: Wie üblich die Frage ist das Glas halb leer oder halb voll. Meiner Meinung nach geht es vorwärts, die malischen Truppen wollen wieder aufgegebene Positionen erneut besetzen. Und Barkhane hilft bei der der Vorbereitung
https://www.defense.gouv.fr/operations/barkhane/breves/barkhane-les-fama-se-reimplantent-a-labbezanga-avec-l-appui-de-la-force-barkhane
https://www.defense.gouv.fr/english/actualites/operations/barkhane-le-chef-de-bataillon-sebastien-portrait-d-un-batisseur
– Takuba: soll im Juli erste Einsätze starten.
Die französische Armee ist seit … daran gewöhnt, Probleme mit den vorhandenen Mitteln vor Ort zu lösen, und es gibt jetzt positive Zeichen, die englischen Hubschrauber bleiben, andere Nation werden noch kommen. Es geht vorwärts.
Vollkommen OT aber ..
Der A400 M und die deutsche Luftwaffe im Einsatz
https://www.defense.gouv.fr/operations/chammal/breves/chammal-destruction-d-un-sanctuaire-de-daech-en-irak
[Schon ein bisschen arg merkwürdig, einen französischen Bericht aus der Anti-IS-Koalition jetzt nonchalant mit „vollkommen OT, aber…“ hier reinzukleben. Warum nicht was über die Marine in der Ostsee? So bitte nicht. T.W.]
@briscard
Sie sprechen mir aus dem Herzen.
Das – offizielle – Ignorieren seitens MINUSMA / EUTM der FRA Operationen (Barkhane/Takouba) be- ggf. verhindert Erfolg der EU Op gegen islamistische Guerilla in der Südsahara und im Sahel.
Auch hier sehe ich Brüsseler politische Vorgaben als ausschlaggebend, m.E. unter wesentlichem Antrieb aus Berlin.
AKK, also die BR, zeigte Macron inzwischen dreimal deutlich die kalte Schulter bei erbetener Unterstützung im kritischen Dreiländereck.
Wer natürlich mit dem Status Quo zufrieden ist, muss sich allerdings in der Tat nicht „robust“ engagieren. Derzeitige EU/UN (für MINUSMA) Verantwortung im AoR G5-Sahel reicht aus, … dass es nicht schlimmer wird.
@KPK
„… verhindert Erfolg der EU Op gegen islamistische Guerilla …“
Ist das überhaupt der Auftrag? Zumindest nicht der von EUTM MALI.
Viel Glück und Erfolg dem OTL Schleiffer! Zu-Gleich!
Zum Thema Luftunterstützung hinsichtlich Transport von Personal und Material sowie CASEVAC/AIRMEDEVAC. Der Einsatz Afghanistan kann hier Beispielgebend sein, ohne die weiße Flotte der MI-8 / MI-17 wäre der Einsatz nicht leistbar.
Die Piloten (meist Ukrainer) verstehen ihr Handwerk und ich durfte das auch schon abseits von Transport Flügen erleben. Auch gibt es hier keine überzogenen Auflagen die den Einsatz abseits befestigter Landeplätze unmöglich machen… siehe CH53.
Die Leistungsfähigkeit des Contracters verbunden mit dem Maschinen Typ könnte im Einsatzgebiet EUTM / MINUSMA sehr hilfreich sein.
[Der Einsatz solcher Contractors, und ja überwiegend Ukrainer, ist für die UN in allen ihren Missionen schon seit Jahrzehnten üblich, ich bin bereits 1993 mit Ukrainern in ’ner An-24 nach Mogadischu reingeflogen. Insofern auch für Mali kein neues Thema – und hier führt das geradewegs in den OT und wir verfolgen das bitte nicht weiter. T.W.]
Es geht … wie immer… um Geopolitik der Großmächte.
Hier vorne weg diesmal Frankreich und folgend
die USA und China…
Und daran hat sich die letzten 5 Jahre nichts geändert.
Die Welt war so … und bleibt so.
https://youtu.be/C9PIXOA7EBM
@Thomas Melber
Da liegen Sie richtig. „… überhaupt der Auftrag?“
Das ist natürlich das weder EUTM noch MINUSMA-Auftrag. Allerdings, unterstelle ich zumindest, ein solcher der Malier. Und da neuerdings „robust“ durch „einsatznähere militärische Beratung und Ausbildung“ mehr Unterstützung nach vorn (!) kommen soll, sind beteiligte DEU Tr zwangsläufig mit im Boot.
Es sei denn vor erwartetem TIC mit islamistischer Guerilla beginnt geordnetes Ausweichen der Mentoren!
@Thomas Melber:
Der direkte Kampf ist natürlich nicht der Auftrag von EUTM Mali, jedoch führen die malischen Sicherheitskräfte Krieg und EUTM rückt immer weiter an die Kampfgebiete heran. Die künstliche Trennung im Mandat zur Begleitung in einsatznahen Liegenschaften etc ist in einem solchen Krieg auch künstlich.
Umso „robuster“ der Einsatz wird umso mehr stellen sich erneut deutlich drängender die Grundfragen solcher Einsätze (https://augengeradeaus.net/2020/05/bundestag-billigt-weiteren-einsatz-in-mali-mit-ausweitung-der-ausbildungsmission/#comment-345133). Ähnliches gilt für MINUSMA.
Jedoch gab es hierüber erneut keine echte politische oder öffentliche Debatte rundum die Mandatsänderung.
Es fehlt weiterhin an einem Grundverständnis der Wechselwirkungen in einem solchen Konflikt auf strategischer, operativer und taktischer Ebene.
Kurz gesagt: The enemy has a vote.
Aber wir kämpfen ja nicht, weil es kein Kampfeinsatz ist.
Schon mental ein Problem und in der Folge auch materiell.
Wie genau die Robustheit sich auswirken soll, ist mir auch noch nicht klar.
Beim Blick auf das Foto frage ich mich da exemplarisch:
Vielleicht mal mit ner Waffenstation auf dem Fahrzeug und einem nachtkampffähigen G36?
Beides Dauerthemen schon bei ISAF vor 15 Jahren.
@KPK und @Memoria
Bei einer engeren – auch räumlich engeren – Begleitung der Einsätze stellt sich natürlich verstärkt die Frage, wie die Bw mit möglichen Verbrechen der FAMa umgeht. Zudem entwickelt sie die Lage dort hin zu einem Stammes- bzw. Bürgerkrieg, eine trennscharfe Unterscheidung in „Gute“ und „Böse“ wird zunehmend schwieriger.
Memoria sagt:
27.06.2020 um 13:10 Uhr
„Jedoch gab es hierüber erneut keine echte politische oder öffentliche Debatte rundum die Mandatsänderung.
Es fehlt weiterhin an einem Grundverständnis der Wechselwirkungen in einem solchen Konflikt auf strategischer, operativer und taktischer Ebene.“
Dann müsste die Politik ja auch dem Volk erklären, dass es hier nicht um Frieden
und Freiheit für die Menschen in Afrika geht…
… sondern um die Sicherung des Zugriffs auf Rohstoffe… für Europa.
Siehe den obigen Link zu YouTube…
( … ARTE ist kein linker Verschwörungssender… ;-) )
Das ist schlichte Realpolitik.
Und deshalb macht auch Deutschland da mit:
„Gefährdung der Informations-, Kommunikations-, Versorgungs-, Transport- und Handelslinien und der Sicherheit der Rohstoff- und Energieversorgung
Prosperität unseres Landes und Wohlstand unserer Bürgerinnen und Bürger hängen auch künftig wesentlich von der ungehinderten Nutzung globaler Informations-, Kommunikations-, Versorgungs-, Transport- und Handelslinien sowie von einer gesicherten Rohstoff- und Energiezufuhr ab. Eine Unterbrechung des Zugangs zu diesen globalen öffentlichen Gütern zu Lande, zur See, in der Luft sowie im Cyber-, Informations- und Weltraum birgt erhebliche Risiken für die Funktionsfähigkeit unseres Staates und den Wohlstand unserer Bevölkerung. Neben terroristischen Anschlägen kommen dabei Piraterie, politische, wirtschaftliche oder militärische Zwangsmaßnahmen ebenso als mögliche Ursachen in Betracht wie Staatszerfall und regionale Krisen.
Die wachsenden Investitionen verschiedener Staaten in Fähigkeiten, die Dritten den Zugang zu bestimmten Regionen verwehren sollen („Anti Access/Area Denial“), sind dabei von besonderer Relevanz.
Angesichts der Vielzahl potenzieller Ursachen und Angriffsziele muss Deutschland mit seinen Verbündeten und Partnern flexibel Elemente seines außen- und sicherheitspolitischen Instrumentariums einsetzen, um Störungen oder Blockaden vorzubeugen oder diese zu beseitigen.“
Auszug: Weissbuch der Bundeswehr
@Thomas Melber:
Auch das ist eine – oft negierte – Parallele zu Afghanistan. In all diesen Stabilisierungseinsätzen denken und handeln wir aufgrund eines westlichen Staatsverständnisses. Dies passt aber nie in solche bürgerkriegsähnlichen Situationen mit einer kleptokratischen Grundhaltung einzelner Bevölkerungsgruppen.
Einfaches Beispiel:
Bei der Ausweitung von ISAF in den Süden sah sich die britische Armee – ganz im Sinne des Auftrages – als Unterstützer der afghanischen Polizei und Armee zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung („die Guten“).
Die örtliche Bevölkerung sah in der Polizei die mächtigste kriminelle Bande und in der Armee die Fortsetzung des Bürgerkriegs durch Nichtpaschtunen („die Bösen“).
Ähnliches lässt sich in Zentralmali aktuell beobachten.
Daher bin ich aus sehr grundlegenden Überlegungen sehr skeptisch was den gesamten Einsatz in der Sahelzone angeht.
Es fehlt erneut ein echtes politisches Gesamtkonzept, stattdessen versuchen verschiedene Organisationen (UN, EU) ihre Bedeutung in solchen Einsätzen zu rechtfertigen. Ohne dabei aus den Fehlern der letzten 60 Jahre zu lernen.
Deutschland wiederum bringt trotz des eigenen Anspruches auf keinem Gebiet wirklich überzeugende Ansätze hervor, sieht sich aber selbst weiterhin als glänzendes Beispiel für „vernetzte Sicherheit“.
Die Reden von Kramp-Karrenbauer könnten teilweise wörtlich von Jung stammen.
Im Ergebnis rutschen wir erneut schlecht vorbereitet immer mehr in einen eskalierenden Konflikt hinein – ohne über Zweck, Ziel und Mittel auch nur ansatzweise ernsthaft nachzudenken.
Wir machen halt wieder ein bisschen mit, aber bitte mit minimalem Risiko.
Dabei wird übersehen, dass in einem solchen Konflikt die vermeintliche Risikominimierung eine der größten Risiken ist. Denn so glauben Politik und Öffentlichkeit weiterhin an das Märchen vom Nichtkampfeinsatz und militärische Planer folgen der Logik.
Wenn es dann aber „knallt“ (es reicht ja bereits ein komplexer Hinterhalt auf dem Weg zu einer Ausbildungseinrichtung), dann ist die Verwunderung groß und die Debatte über einen Abzug wird hitzig geführt.
Man hätte es dieses Mal besser wissen können.
@Felix2:
Frankreich hat zweifellos geostrategische und wirtschaftliche Interessen in der Region – und sagt dies ja auch.
Trotz der Auszüge aus dem Weissbuch sehe ich darin nicht die wirkliche Motivation für den deutschen Einsatz. Der Blick auf die Entwicklung des deutschen Engagements in Mali zeigt, dass es lediglich um Solidarität mit Frankreich geht. Dabei aber immer mit möglichst wenig Risiko. MINUSMA war ja Ersatz für einen Kampfeinsatz gegen den IS.
Vergleichbar mit Kunduz, statt Beteiligung am Irakkrieg mit den USA.
Wir haben erneut keine echten Ziele, sondern sind halt ein bißchen dabei. Mehr wollen wir nicht, aber behaupten gerne wir dürften verfassungsrechtlich nicht. Im Ergebnis wurde die „gute“ Mission EUTM ausgeweitet, aber mit unzweckmässigen Auflagen (kein Mentoring, weil fast Kampfeinsatz). Bei MINUSMA sind wir auch zurückhaltend, über Barkhane und Takuba brauchen wir nicht reden.
Die Kernfrage bleibt aber:
Gibt es dort – abseits der französischen Interessen – Gründe für einen europäischen und deutschen Einsatz von Streitkräften?
Welche Gefahr bzw. Risiko oder Bedrohung sind die dschihadistischen Gruppierungen in der Sahelzone?
Darauf gibt es weiter keine echte Antwort.
Auch eine Parallele zu Afghanistan.
@Memoria sagt: 28.06.2020 um 21:16 Uhr
Grundsätzlich sind wir uns einig, das die jetzige Konstellation der Einsätze und die erteilten Mandate für eine Erreichung sinnvoller Ziele nicht ausreichen. Aber immerhin ist MINUSMA eine UN-Mission, wo die Ziele ganz woanders festgelegt werden als in Berlin. Und ja, DEU ist eben beteiligt, mehr aber nicht. Und EUTM Mali? Trainingsmission ist erstmal Trainingsmission, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Wenn man mehr gewollt hätte, hätte man die Mission anders aufgestellt und entsprechende Mandate erteilt. Das ist von allen beteiligten Nationen anscheinend nicht erwünscht. Dann muß man das so akzeptieren.
Ich sehe z.Zt. keinen politischen Willen innerhalb der EU, daran etwas zu ändern. Einen deutschen Sonderweg schon gar nicht.
Einige Fragen werden von Ihnen gar nicht gesehen oder nicht beantwortet. Wo genau liegen die deutschen Interessen im Sahel? Rechtfertigen diese, das Leben deutscher Soldaten zu riskieren? Ist es notwendig, das DEU dazu einen Sonderweg geht?
@Pio-Fritz:
„Einige Fragen werden von Ihnen gar nicht gesehen oder nicht beantwortet. Wo genau liegen die deutschen Interessen im Sahel?“
Genau diese Fragen stelle ich ja auch, die mein Kommentar unmittelbar vor ihrem.
Bezüglich der Mandatierung der EU bei EUTM.
So einheitlich ist das Bild da nicht. Es war vorallem Deutschland, das ein umfassendes Mentoring bei EUTM in Brüssel abgelehnt hat.
Bei MINUSMA wurde Deutschland mehrfach gebeten sich stärker zu engagieren (Mobile Task Force) hat dies jedoch abgelehnt.
Also auch hier versteckt sich Deutschland recht häufig. Wir mogeln uns weiter durch, wirklich sinnvoll ist es somit nicht.
Am 28.01.2016 billigt der Deutsche Bundestag den deutschen Blauhelm-Einsatz zur Aufklärung im Norden Malis, Fortsetzung in jeweiliger jährlicher Mandatsverlängerung/~erweiterung mit großkoalitionärer Darstellung deutscher Interessen und Zustimmung zum Einsatzpaket der Koalition plus Ablehnung der Opposition. (Eintrag auch hier bei AG).
„Wo genau liegen die deutschen Interessen im Sahel“?
Seit nunmehr viereinhalb Jahren also beglückt @Pio-Fritz die Leserschaft in vielen Fäden hier im blog mit dieser immer gleichen Frage.
Irgendwann ist es gut.
Man(n) lese!
Zustimmung ist nicht Bedingung.
Kenntnisnahme wird jedoch erbeten!
Man muss eben in die Analyse gehen, was im politischen Raum als konsensfähig gilt. Worüber herrscht gemeinsam Einigkeit? Wer mal im multinationalen Umfeld gearbeitet hat, weiss, dass das oft ein gemeinsamer Minimalkonsens darüber ist, was man zusammen nicht will. Und der ist unabhängig davon, was die unterschiedlichen „Akteure“ jeweils für sich erreichen wollen.
Dieser Minimalkonsens bildet die Grundlage dafür, überhaupt ein Gefühl davon zu bekommen, was als Erfolg (einer Mission) gelten kann. Wer über diese Informationen nicht verfügt oder sie ignoriert, beurteilt die Lage aus der eigenen Mikroperspektive und wird bei der „Erfolgskontrolle“ respektive Lageabgleich immer wieder bitter enttäuscht werden.