Dokumentation: Verteidigungsministerium zur Tornado-Nachfolge (m. Transkript)
Die Meldung über eine angeblich gegenüber den USA erklärte deutsche Kaufabsicht für F/A-18 Kampfjets als Nachfolger des Tornado hat am (gestrigen) Sonntag für ein bisschen Aufsehen gesorgt. Zur Dokumentation die Aussage des Verteidigungsministeriums vom Montag dazu:
Vor der Bundespressekonferenz nahm Oberst Arne Collatz, stellvertretender Ministeriumssprecher, dazu Stellung – und seine etwas gewundenen und feinziselierten Worte muss man eigentlich mehrfach anhören.
Unterm Strich: Ja, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat hat eine entsprechende Absicht ihrem US-Kollegen Mark Esper mitgeteilt; ja, die Absicht ist der Kauf von US-Kampfflugzeugen; nein, es ist keine Bestellung; ja, die SPD war eingebunden, nämlich über ihre Minister im Kabinett, und letztlich: am kommenden Mittwoch werde die Ministerin den Verteidigungsausschuss informieren und damit das parlamentarische Verfahren beginnen. Alles Sachen, die das Ministerium am Sonntag nicht sagen wollte.
Aber hier, zum Reinhören ab Minute 45:01: Die Aussagen des Sprechers.
Die entsprechende Passage als Audio-Datei (an einer Stelle mit dem Nachtrag direkt angefügt; ist akustisch markiert):
Das Transkript dazu:
Frage: Warum hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer darauf verzichtet, die SPD-Bundestagsfraktion über den geplanten Kauf von 45 US-Kampfjets des Herstellers Boeing einzuweisen, die künftig die nukleare Teilhabe Deutschlands innerhalb der Nato sicherstellen sollen?
Wie lange können diese betagten Tornados, die für diese Aufgabe derzeit noch bereitstehen, die nukleare Teilhabe Deutschlands noch sicherstellen?
Der Bundesrechnungshof hat den Tornadoeinsatz wegen der vielen technischen Pannen an den Flugzeugen mittlerweile als riskant kritisiert.
Collatz: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir die Gelegenheit, die Situation noch einmal im Gesamtzusammenhang darzustellen. Auch am Wochenende gab es Medienberichte, wonach eine Kommunikation zwischen dem Ministerium und den US-Behörden stattgefunden hätte und damit über einen Kauf für die Nachfolge des Tornados entschieden worden sei.
Ein kurzes Gespräch mit unseren Beschaffern ließ deutlich werden, dass diese hoffen oder sich wünschten, dass eine solche Entscheidung auf diesem Weg gefällt werden könnte. Aber dem ist natürlich nicht so. Alle, die sich bereits mit diesem etwas länglichen Prozess beschäftigt haben, wissen, dass sehr wohl festgelegt ist, welcher Prozess bewältigt werden muss, damit über die Nachfolge für den Tornado entschieden werden kann. Da spielt auch das Parlament eine ganz eminente Rolle und ist im Fokus. Wir stehen jetzt mit der Empfehlung, die das Ministerium im Moment für die Nachfolgelösung vorbereitet, erst am Anfang eines sicherlich noch Jahre dauernden Prozesses.
Damit sind wir auch bei der Nutzungsdauer. Hier kann ich vielleicht auch einmal Zahlen nennen. Der Tornado ist seit Ende der 70er Jahre sehr erfolgreich im Einsatz. Unsere Rüster sagen: Spätestens im Jahr 2030 wird er in eine Phase geraten, wo man ihn wirtschaftlich nicht mehr nutzen kann. Das heißt für uns, dass wir ab 2025 darangehen müssen, uns konkret um eine Nachfolge zu kümmern. Wenn wir das 2025 in die Wege leiten wollen, müssen wir uns jetzt darum kümmern, den Prozess einzuleiten, weil es ein sehr länglicher Prozess ist. Es geht jetzt darum, dass wir einen abgestimmten Lösungsweg des BMVg aufzeigen. An diesem Punkt sind wir jetzt.
Nur, um einmal die Komplexität aufzuzeigen: Es muss in diesem Lösungsansatz, den wir vorzuschlagen haben, erstens deutlich werden, dass wir mit dieser Lösung einen bruchfreien Fähigkeitserhalt für alle Verpflichtungen, die wir gegenüber unseren Verbündeten eingehen, auch zusichern können. Deswegen gibt es selbstverständlich sehr enge Gespräche mit allen Partnern, die im In- und Ausland eine Rolle spielen, insbesondere natürlich mit den USA, Frankreich und Großbritannien.
Zweitens geht es bei dieser Lösung natürlich darum, dass wir nach Möglichkeit die deutsche, aber auch die europäische wehrtechnische Industrie auslasten und zukunftsfähig halten. Es soll mit der Lösung, die wir vorzuschlagen haben, technisches und industrielles Know-how in Deutschland, aber auch in Europa erhalten und gefördert werden. Deswegen empfehlen wir ja auch eine Mischlösung, welche die europäische Rüstungsindustrie vollständig auslastet und wir darüber hinaus – aber das ist weniger als ein Drittel des Gesamtumfangs, der dort ansteht – vielleicht von außereuropäischen Anbietern beschaffen werden. Wie gesagt, dabei steht weniger als ein Drittel zur Diskussion.
Drittens. Wir sind im Moment auch mit unseren französischen Partnern dabei, darüber nachzudenken, wie es nach dem Eurofighter aussieht. Wir sind also dabei, ein zukünftiges Luftkampfsystem zu entwickeln, das aber auch noch ganz am Anfang steht. Das ist das sogenannte Future Combat Air System im Rahmen des sogenannten Next Generation Weapon Systems. Dieses steht aber auch erst 2040 oder danach zur Verfügung. Wir haben also zwischen 2025 und 2040 eine gewisse Fähigkeitslücke abzudecken, die mit einer Brückenlösung zu versehen ist.
Für die Zeit nach dem Ende der Nutzbarkeit des Tornados geht es um diese Übergangslösung, die jetzt in Rede steht. Die vorbereitenden Gespräche für diese fachliche Lösung begannen vor vielen Wochen. Darüber haben wir auch an dieser Stelle schon öfter gesprochen. Die Gespräche haben natürlich sowohl in Deutschland als auch im europäischen Rahmen stattgefunden, also innerhalb des Kabinetts, aber auch mit unseren internationalen Partnern. Die Ministerin hat mit dem Vizekanzler und auch mit dem mit dem Äußeren befassten Ministerium gesprochen. Sie hat ebenso am Wochenende – sie wird das heute noch einmal tun – mit US-Verteidigungsminister Esper gesprochen, dem sie mitgeteilt hat, dass sie beabsichtigt, eine Lösung vorzuschlagen, die sich mit einem Anteil von weniger als einem Drittel auf US-Produkte abstützt.
Wie geht es jetzt weiter? Die offizielle Entscheidung zum Lösungsvorschlag des Verteidigungsministeriums wird in den kommenden Tagen die Reife erhalten, um sie am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss einzubringen. Dort steht das Thema nach derzeitigem Stand auf der Agenda und damit auch in einem formellen Rahmen des Parlaments. Mit dieser Richtungsentscheidung wird es dem BMVg möglich sein, die entsprechenden Dokumente, die für das Haushaltsverfahren notwendig sind, zu erarbeiten und dem Parlament – allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode; so lange sind die Vorbereitungszeiträume – mit haushaltsbegründenden Unterlagen vorzulegen. Erst danach wird es möglich sein, eine Kauflösung anzustreben. Wir reden wir nach optimistischen Schätzungen von einem Zeitraum von etwa 2022, eher 2023.
Das sind die Rahmenbedingungen, die ich gerne aufzeigen wollte. Es geht also nicht, wie in einigen Überschriften erwähnt, darum, dass die Ministerin eine Entscheidung gefällt hat, sondern sie hat sich darum zu kümmern, dass das Verteidigungsministerium eine fachliche Lösung anbietet. Genau in dieser Phase sind wir jetzt. Diese wird sie am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss mit einbringen.
Frage: Warum wurde die SPD-Bundestagsfraktion nicht informiert?
Collatz: Ich kann mich nur wiederholen: Innerhalb des Kabinetts wurde natürlich auch unter den Kolleginnen und Kollegen der Koalition über diese Fragen – sowohl was Haushalt als auch auswärtige Beziehungen und Verpflichtungen innerhalb des Bündnisses angeht – eng beraten. Darüber hinaus kann ich hier keine Stellung nehmen.
Frage: Ich hätte nur eine Verständnisfrage, Herr Collatz: Sie bestätigen gerade also, weil Sie auch die Mail an Herrn Esper angesprochen haben – – –
Collatz: Ich habe keine Mail angesprochen, ich habe eine Kommunikation angesprochen.
Frage: Die Kommunikation zwischen der Ministerin und Herrn Esper. Es gibt also die Zusage für einen Kauf von US-Kampfjets?
Collatz: Es gibt keine Zusage für einen Kauf, weil die Ministerin diese Zusage überhaupt nicht machen kann. Es ist Parlamentsangelegenheit, einem solchen Kauf zuzustimmen oder nicht, da diese Entscheidung natürlich nur haushaltsbedingt getroffen werden kann.
Zusatzfrage: Ich habe eine Lernfrage: Ist Deutschland eigentlich verpflichtet, atombombenabwurffähig zu sein?
Collatz: Wie die Bundesregierung zuletzt zum Beispiel auch im Weißbuch mitgeteilt hat, spielt die nukleare Teilhabe im Rahmen der Bündnisverpflichtung eine große Rolle und muss dementsprechend natürlich auch bei der Technik abgebildet werden.
Frage: Noch einmal zur Klarheit: Eine Beschaffungsvorlage im Verteidigungsministerium wurde also noch nicht gezeichnet?
Collatz: Das wird noch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.
Frage: Zum Verständnis: Explizit eine Mail bestätigen Sie nicht, aber Sie bestätigen eine Kommunikation mit ihrem Amtskollegen in den USA?
Collatz: Selbstverständlich.
Zusatzfrage: Deren Inhalt war aber durchaus, zu bestätigen, dass Deutschland diese F18 erwerben will?
Collatz: Wir unterhalten uns ständig mit den Partnern darüber, wie wir unseren Verpflichtungen nachkommen wollen. Bei den vielen Fähigkeiten, die der Tornado insgesamt für uns abbildet, geht es ja eben auch darum, dass wir Möglichkeiten erarbeiten. Dazu gehört auch, sich mit amerikanischen Stellen zu unterhalten, ob die avisierten Möglichkeiten vorhanden sind, bevor wir sie natürlich dem Parlament vorschlagen. Wir können nichts vorschlagen, was jeglicher Grundlage entbehrt; dazu müssen wir uns natürlich mit unseren Stellen und unseren Partnern in den USA unterhalten.
Zusatzfrage: Gibt es denn Überlegungen, diese anscheinend formelle und nicht vertrauliche Mail zu veröffentlichen, um die Sachlage jetzt zu klären?
Collatz: Ich kann nicht bestätigen, dass es eine Mail gibt.
Zusatz: Die Kommunikation dann.
Collatz: Ich habe ja bestätigt, dass es Kommunikation gibt.
Zusatz: Den Inhalt – das ist ja das Spannende.
Frage: Ist der F18 für Atomwaffen beziehungsweise nukleare Teilhabe bereits zertifiziert?
Collatz: Wir haben schon seit Langem kommuniziert, dass wir eine Mischlösung anstreben, die auch amerikanische Produkte – F18 – beinhalten. In welchem Rahmen Zertifizierungen noch möglich sind oder nicht, kann dann entschieden werden, wenn wir letztlich eine Kaufentscheidung über das Parlament vorbereiten.
Frage: Hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über den Parlamentsvorbehalt informiert?
Collatz: Diese Frage habe ich nicht verstanden.
Frage: Es geht um die Kommunikation mit dem US-Ministerium. Wurde dieses über den Parlamentsvorbehalt informiert?
Collatz: Es ist nicht angezeigt, internationale Partner über interne parlamentarische Dinge zu informieren. Es ist Aufgabe des Verteidigungsministeriums, in den Verfahren sicherzustellen, dass unsere Vorschläge den Prozessen des Parlaments genügen.
Wenn ich ohnehin schon beim Dokumentieren der politisch etwas, äh, unübersichtlichen Lage in der Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD bin, hier weitere Erklärungen dazu (in der Reihenfolge des Eingangs in meinem Postfach):
Die Erklärung des SPD-Verteidigungspolitikers Fritz Felgentreu:
Wir sind uns in der Koalition einig, dass es einen Nachfolger für den Tornado geben muss. Die Entscheidung, welches Flugzeug die Tornado-Kampfjets der Bundeswehr beerbt, kann und darf aber nicht ohne eine politische Diskussion getroffen werden.
Wir haben vor über anderthalb Jahren vereinbart, dass das Verteidigungsministerium verschiedene Varianten prüfen und koalitionsintern das Ergebnis seiner Abwägung vorlegen soll, bevor eine gemeinsame Entscheidung getroffen wird. Das ist bis heute nicht erfolgt, zumindest nicht unter Einbeziehung der Fraktionen. Die Ministerin wäre gut beraten, sich an das vereinbarte Verfahren zu halten und das Parlament frühzeitig und umfassend einzubeziehen.
Wir stehen hier vor einer weitreichenden Investitionsentscheidung von mehreren Milliarden Euro Steuergeldern, die neben sicherheitspolitischen auch weitgehende industriepolitische Dimensionen hat. Die besagte E-Mail der Ministerin an den US-Verteidigungsminister kann nicht mehr als eine unverbindliche Absichtserklärung gewesen sein.
Solange wir keine Möglichkeit haben, die Auswahlentscheidung des Ministeriums nachzuvollziehen, kritisch zu würdigen und mit anderen Varianten zu vergleichen, wird die SPD dieses Vorgehen mit Sicherheit nicht mittragen. Für die SPD-Bundestagsfraktion besteht weiterhin erkennbarer Gesprächsbedarf mit der Ministerin.
… und ebenfalls zur Dokumentation die Erklärung des außen- und sicherheitspolitischen Sprechers der CSU im Bundestag, Reinhard Brandl:
Die Diskussion über die Zukunft der nuklearen Teilhabe und die Nachfolge des Tornados läuft seit über einem Jahr. Seither warten wir auf eine einheitliche Aussage der SPD dazu. Das ist schade, denn die Bundeswehr und unsere internationalen Partner in der EU und der NATO würden sich von allen Regierungsparteien ein klares Bekenntnis zur Solidarität im Bündnis und zu einer gut ausgestatteten Truppe wünschen. Für uns als CSU im Bundestag ist klar, die nukleare Teilhabe Deutschlands ist ein wesentlicher Baustein der NATO Sicherheitsarchitektur für Europa. Eine Alternative dazu ist nicht in Sicht. Jedes Abrücken davon hätte unabsehbare Konsequenzen auch für unsere Sicherheit.
Die endgültige Entscheidung über die Nachfolge des Tornados wird erst der nächste Deutsche Bundestag treffen. Dafür müssen aber jetzt die Verhandlungen mit der Industrie beginnen. Bundesministerin Annegret Kramp-Karrenbauer kann nicht länger warten. Jedes Jahr ohne Entscheidung verlängert die Nutzung des alten Tornados und kostet Milliarden. Das wäre unverantwortlich gegenüber unseren Bündnispartnern, unseren Soldaten und dem Steuerzahler.
… und der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul:
Die Entscheidung zur Nachfolge des Kampfflugzeugs Tornado muss jetzt erfolgen. Der Tornado ist das ‚Arbeitspferd‘ der Luftwaffe. Seit seiner Einführung vor fast 40 Jahren hat er sich immer wieder bewährt. Doch jedes Waffensystem kommt irgendwann an seine Nutzungsgrenze, und die ist beim Tornado definitiv erreicht. Schon jetzt ist der Aufwand riesig, und es kostet mehr und mehr Geld, um die Flugzeuge einsatzbereit zu halten. Denn Ersatzteile können nicht mehr normal beschafft, sondern müssen in Einzelstücken nachgebaut werden.
Jedes Jahr, welches der Tornado weiter im Dienst bleibt, bringt stark steigende Kosten und zunehmend auch Gefahren für die Besatzungen. Deswegen muss die Bundeswehr bis 2030 den Tornado ersetzen. Dafür braucht es jetzt eine grundsätzliche Entscheidung zur Beschaffung von Nachfolgemodellen. Jeder weitere Zeitverlust gefährdet die zukünftige Einsatzbereitschaft der Luftwaffe und bringt nicht vertretbare finanzielle Belastungen mit sich. Das weiß auch der Koalitionspartner. Es wäre deswegen völlig unverständlich, wenn er jetzt zögern und versuchen sollte, die Entscheidung auf die lange Bank zu schieben.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns sehr bewusst weiter zur nuklearen Teilhabe bekannt. Angesichts der sicherheitspolitischen Lage hat sich daran nichts verändert. Deswegen muss ein Nachfolgemodell für den Tornado natürlich auch die Voraussetzungen erfüllen, die nukleare Teilhabe zu ermöglichen.
Das beendet vorerst die Dokumentation der heutigen Aussagen aus der Regierungskoalition.
Oberst Collatz sagt, dass die NT für die BReg eine große Rolle spiele und entsprechend in der Technik abgebildet werden müsse. Trotzdem ist mir unklar, ob NT auch anders als nur über Flugzeuge sichergestellt werden kann. Bzw. ob sie unter veränderten Gegebenheiten, US-U-Boote mit Atomwaffen, überhaupt noch gewährleistet ist (s. meine längere Frage vom anderen Thread (https://augengeradeaus.net/2020/04/akk-sagt-usa-angeblich-kauf-von-us-kampfjets-zu-ohne-absprache-in-der-koalition/#comment-340393).
Ich halte diese Frage durchaus für relevant, um die scheinbar festen prinzipiellen Positionen etwas aufzulockern.
@Kevo
Die Wirkmittel werden ja gerade modernisiert, sie sind also doch noch länger im Einsatz – vielleicht nicht so lange wie die Flieger. Zur NT braucht man Wirkmittel und / oder Trägersysteme.
Ein Trägersystem kann natürlich auch eine Rakete oder ein Marschflugkörper oder eine Granate sein.
Unter UvdL wurden schon mal größere Beschaffungsvorhaben in Frage gestellt, sofern die entsprechenden HH-Mittel nicht zur Verfügung gestellt / zugesagt werden. Wie sieht es denn eigentlich momentan aus? Werden solche großen Beschaffungsvorhaben nochmals durchgerechnet mit dem Ansatz der voraussichtlich deutlich veränderten Haushalte in den nächsten Jahren? Sollte man große Summen durch große Beschaffungsvorhaben binden, wird das Geld ja an anderer Stelle im EP 14 fehlen?!
[Och nö, den Versuch, das zu einer rüstungspolitischen Grundsatzdebatte umzufunktionieren, stoppe ich jetzt mal. T.W.]
@Kevo
Trägersysteme zur Verbringung nuklearer Einsatzmittel sind luft/see/landgestützt.
– Luftgestützte Mittel sind Jets, der Tornado und andere.
– Seegestützte Mittel sind SLBM.
– Landgestützte Mittel dabei Raketen: ICBM, INF (1), SRBM.
„Der Begriff „Nukleare Teilhabe“ sagt aus, dass NATO-Mitgliedstaaten ohne eigene Nuklearwaffen in die Planung des Einsatzes von Nuklearwaffen und in den Einsatz der Waffen selbst durch die NATO einbezogen sind. Zur nuklearen Teilhabe gehört, dass … Staaten geeignete Flugzeuge oder Raketenträgersysteme – bereithalten und auf ihrem Territorium Nuklearwaffen lagern. …“
Deutschland ist in diesem Dreiklang der „Nukleare Triade“ (Interkontinentalraketen, strategischen U-Booten und Langstreckenbombern) nur über die Tornados beteiligt. Die in Rede stehende Teilhabe ist deutscherseits also AUSSCHLIEßLICH mit entsprechenden Luftfahrzeugen der Luftwaffe gegeben.
Alle anderen genannten Mittel sind U.S. assets, in Teilen FRA – oder GBR -, die sämtlich nicht der NATO zugeordnet sind, d.h. sie sind rein national bewertbar.
(1) Verbot landgestützter nuklearer Mittelstreckenwaffen, der Intermediate Range Nuclear Forces Treaty (INF) wurde am 02.08.19 mit dem Rückzug der USA offiziell beendet.
@all Ich bin 1984 im „osten“ geboren und ich komme der Diskusion nicht mehr hinterher. Erklären sie doch mal einen 25 jährigen Studenten mit seiner ebenfalls studierenden Freundin aus Novosibirsk weshalb wir im jahr 2020 nukleare abschreckung brauchen.
@Dante sagt: 20.04.2020 um 16:34 Uhr
„Ich bin 1984 im „osten“ geboren und ich komme der Diskusion nicht mehr hinterher. Erklären sie doch mal einen 25 jährigen Studenten mit seiner ebenfalls studierenden Freundin aus Novosibirsk weshalb wir im jahr 2020 nukleare abschreckung brauchen.“
Diesen Punkt hatten wir zwar hier im Blog schon mehrfach (!), aber gerne nochmals in Kurzform:
1. Nukleare Abschreckung schützt die NATO als Ganzes. Insbesondere aber die Europäer und hier insbesondere die verwundbaren Randstaaten (Baltikum und Polen).
2. Nukleare Teilhabe ermöglicht den europäischen Partnern Einfluss auf die ansonsten US-geführte nukleare Planung.
3. Auch wenn nukleare Kriegsführung glücklicherweise derzeit unwahrscheinlich ist, gilt es zur eigenen Sicherheit die notwendigen Voraussetzung zu schaffen, damit sowohl eine tatsächlich nukleare Kriegsführung, als auch die darunter liegenden konventionelle Kriegsführung gar nicht erst notwendig wird.
–> Wer den Frieden sucht, bereite den Krieg / si vis pacem para bellum!
@KPK
In der tiefsten Zeit des Kalten Krieges besaß die Bw auch entsprechende Raketensysteme und Artillerie. Grundsätzlich könnte man sich ja auch für nuklear bestückte Flugkörper oder für eine landbasierte cruise missile entscheiden, das wäre ggf. auch preiswerter und weniger verwundbar.
@Dante sagt:
20.04.2020 um 16:34 Uhr
Dann fragen Sie doch bitte auch gleich mal die Freundin aus Novosibirsk, was sie von Russlands Nachrüstungs- und Modernisierungspolitik im Bereich der Nuklearwaffen und deren Stationierung in Kaliningrad hält.
Und dann stellen Sie die Frage nach der Henne und dem Ei.
@Dante:
Um die Dauerdebatte zu verkürzen, hier die prägnante Zusammenfassung der Idee der Abschreckung: https://youtu.be/hJuAjtfLtvU
@all:
Die Argumentation des BMVg mag formal richtig sein, politisch klug ist sie nicht.
AKK macht erneut den Eindruck, dass sie den Berliner Politbetrieb nicht wirklich versteht.
Oder sie will sich ganz bewusst als Aussenseiterin stilisieren – dann ist aber das denkbar schlechteste Thema.
@ Dante
Weil Atomwaffen die „harte Währung“ in der Geo-/Sicherheitspolitik unserer Zeit sind: Wer sie besitzt, bestimmt das Spielfeld bzw. gestaltet zumindest die Regeln mit. Klingt doof, ist aber so. Da wir nun aber leider nicht von heute auf morgen in einer bunten Hello Kitty-Welt aufwachen werden (sprich der Trend sich zu moderneren Atomwaffen in unsicheren Händen, als denn einer nuklearen Abrüstung insgesamt wandelt) ist es ratsam, sich selber welche zuzulegen oder sich einen Freund zu suchen, der seine teilen würde. Und sei es nur, um (wie in unserem Fall) zumindest im berühmten „Bremserhäuschen“ mitfahren zu können…
(So sollte es auch der 25-jährige inkl. seiner russischen Freundin verstehen können (obwohl sie davon wahrschenlich im Vorfeld schon mehr verstand, als er selbst^^).
Hier ein Hinweis auf einen interessanten Beitrag von Ottfried Nassauer in der jüngsten Ausgabe von „Streitkräfte und Strategien“:
https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/streitkraeftesendemanuskript782.pdf
Titel ist „Nukleare Teilhabe – Überflüssiges Konzept ohne Funktion?“. Der Anlass ist zweierlei
a) Die erstmalige Bestückung des Atom-U-Boots (Ohio-Klasse) „USS Tennessee“ zu Ende 2019 mit ein oder zwei Trident-Raketen mit nur einem neuen Gefechtskopf kleiner Sprengkraft (W76-2 Sprengkopf). Das stelle eine Zäsur dar. Die Folge der Stationierung von kleineren Atomsprengköpfen auf US-Atom-U-Booten sei, dass dem Pentagon die Option eines begrenzten Nuklearkrieges beziehungsweise begrenzter Nuklearschläge in Europa zuwachse, ohne Veto-Position der Europäer. Das heble den Sinn der Nuklearen Teilhabe aus.
b) Mit der Schließung des US-U-Boot-Stützpunktes Holy Loch in Schottland seien der NATO keine strategischen US-U-Boote mehr unterstellt. Damit sei der Anspruch oder der Wunsch der europäischen NATO-Mitglieder nach Konsultation vor einem Nukleareinsatz nicht mehr begründbar. Washington brauche jetzt kein europäisches Mittun mehr, wenn es die Schwelle zu einem auf den europäischen Kriegsschauplatz begrenzten Nuklearwaffeneinsatz überschreiten wolle. Das sei die Zäsur.
Würde mich interessieren, wie das althergebrachte Konzept der NT vor diesem neuen Hintergrund auf dieser Seite gesehen wird. Die CSU in ihrer Stellungnahme blendet dies ja offenkundig aus. Die tut so, als ob die NT Selbstzweck sei.
@Voodoo
>Wenn Sie sich die derzeitige Lage von Boeing anschauen (und mit AB vergleichen), dann ist es doch fraglich, ob die USA unbedingt Druck ausüben werden. Ja, der Tornado muss dringend ersetzt werden, aber es ist ja nun nicht unbedingt eine absolute Do or Die-Situation. Daher sehe ich nicht zwangsläufig solche Nebenkriegsschauplätze wie 5G in den Verhandlungen.
Die 30 F-18 sind nur die Low Budget Lösung damit Deutschland seine geopolitische Stellung in Sachen Atomwaffen innerhalb der NATO erneuern kann.
Ich wäre mir nicht wirklich sicher ob die USA es nicht sogar begrüßen würden eine kritische Stimme am Tisch zu haben und die womöglichen 30 Atomwaffenträger für veraltete Fallbomben sind militärisch völlig bedeutungslos.
@Dante: Eine gute historische Einführung zur bundesdeutschen NT gibt m.E. nach wie vor der Vortrag/Aufsatz von Wolfgang Krieger, der beim Deutschen Historischen Institut in Washington D.C. gehalten/veröffentlicht wurde: https://www.ghi-dc.org/fileadmin/user_upload/GHI_Washington/PDFs/Occasional_Papers/The_Germans_and_the_Nuclear_Question.pdf
@Dante, 16:34 Uhr:
Ich führe solche Diskussionen im privaten Umfeld auch gelegentlich. Eine Möglichkeit der Begründung von Abschreckung, nicht nur, aber auch nuklear: Weil wir keine grünen Männchen ohne Abzeichen an der Uniform auf unserem Gebiet haben möchten, die ihre Panzer mit in den privaten Erholungsurlaub gebracht haben. Auch ein 25 jähriger kann das als damals neunzehnjähriger schon mitbekommen haben.
Mit der Freundin aus Russland kann ich mir in dem Zusammenhang einen interessanten Austausch über eventuell unterschiedliche Wahrnehmung derselben Fakten (oder alternativer Fakten…) abhängig von den benutzten (bzw. zugänglichen) Quellen vorstellen. Ich habe da vor sechs Jahren haarsträubende Diskussionen mit deutschen Jugendlichen geführt, die Putins Propaganda selbst dann noch geglaubt und verteidigt haben, als er selbst schon grinsend im Fernsehen zugegeben hatte, dass die grünen Männchen russische Soldaten waren. Man darf die Macht von Propaganda nicht unterschätzen – letzten Endes auch nicht auf Rüstungsdiskussionen hier und heute.
@all: bitte nicht!
[Hm? Was genau? T.W.]
@Dante
Gute Frage!
Wenn hier mal gleich nicht ein Shitstorm startet.
Vielen Dank an den Hausherrn für das „durchlassen“ dieser OT-Frage.
Die gleiche Frage kam während meiner Grundausbildung, etwas vor ihrem Geburtsjahr, im Rahmen der „Politischen Bildung“ auf.
Nach heftiger Diskussion, verwies der junge Offizier auf seinen Dienstgrad und meinte „Ich habe Recht.“ Hat dann den Unterricht
abgebrochen und verließ unter Gelächter mit hochrotem Kopf den Unterrichtsraum.
Genauso könnte man auch fragen: Wieso verhungern Menschen, wenn wir 50% unserer Lebensmittel wegwerfen.
Oder wieso verbietet man keine Plastiktüten?
Tipp: Macht und/oder Geld.
Zum Thema
Es ist völlig uneheblich mit welchem Waffensystem wir die NT realisieren. Und wenn es der Fieseler Storch ist.
Daher muss ich dem CSU Sprecher Recht geben „Das IST unverantwortlich gegenüber unseren Bündnispartnern, unseren Soldaten und dem Steuerzahler.“
Dieses Hinauszögern, täuschen und taktieren, Buhlen um Wählerstimmen, zerren um Deutungshoheiten ist im Endeffekt wieder nur Machtgebahren!
@Dante viel Erfolg beim Studium
[Wenn ich „ne OT-Frage durchlasse“, bedeutet das noch lange nicht, dass ich dann zur grundlegenden Debatte über die Welt als solche aufrufe… Ich denke, der von Ihnen beabsichtigte Strang ist damit erschöpfend behandelt. T.W.]
@Memoria sagt: 20.04.2020 um 16:56 Uhr
„Die Argumentation des BMVg mag formal richtig sein, politisch klug ist sie nicht.
AKK macht erneut den Eindruck, dass sie den Berliner Politbetrieb nicht wirklich versteht.“
Ich kann Ihrer Einschätzung in diesem Fall nicht folgen.
Die SPD Fraktion hat schon seit langem erkennen lassen, dass sie (namentlich der Fraktionsvorsitzende) an einem Kompromiss nicht interessiert ist.
Zu glauben, dass die erneuten und erneuten und erneuten Informationen zu einer Änderung dieser Position führt ist nicht realistisch.
Die öffentlich geäußerte Entrüstung ob der Nichteinbindung erscheint mir deswegen als unglaubwürdiges Schauspielern. Wenn man kompromissbereit wäre, hätte man den Kompromiss schon seit Jahren haben können.
AKK macht jetzt genau das was richtig ist. Sie treibt den Vorgang exekutiv voran und überlässt dann dem neu gewählten Bundestag (und einer neu zu finden Koalition im Rahmen der dann anstehenden Koalitionsverhandlungen) die Entscheidung.
Wenn AKK jetzt nicht handeln würde, würde sich das ganze durch den Vorwahlkampf auch im Bereich der noch notwendigen exekutiven Vorarbeiten in die neue Legislatur verschieben, was dann wieder eine abschließende Finanzierungsentscheidung durch den BT noch weiter verzögern würde.
Es gibt nur ein Szenario in dem AKK jetzt unklug gehandelt hat: Wenn die Kanzlerin sie in den nächsten Tagen zurückpfeift…
Bei allen anderen Vorgehensweisen „gewinnt“ AKK.
@Ökonom
Hierzu auch in der ES&T 03/2020 der Artikel zur „Rückkehr des begrenzten Atomkrieges“, in dem auf die neue amerikanische JP 3-72 – Nuclear Operations verwiesen wird und deren Bedeutung besprochen wird. Nukleare taktische / Gefechtsfeldwaffen sind wieder im Gespräch. Das mag zu weniger oder auch zu mehr Sicherheit führen.
https://info.publicintelligence.net/JCS-NuclearOperations.pdf
@all Ihr habt meine Frage nicht verstanden. Warum 30 Atombomber und nur 15 Growler. Sie sind alle schlau genug zu wissen dass es mit allem vorbei ist sobald die Bombe fällt. Mir geht es nur um die Frage der Verteilung der 45 stk. Warum ist ECR unwichtiger als NT und wer legt dass fest?
@Dante
Sie schrieben: „Erklären sie doch mal einen 25 jährigen Studenten mit seiner ebenfalls studierenden Freundin aus Novosibirsk weshalb wir im jahr 2020 nukleare abschreckung brauchen.“
— Vielleicht sollten Sie Ihrer russischen Freundin dieselbe Frage stellen; dies ist kein Sarkasmus meinerseits, sondern ein ernst gemeinter Rat; die Antwort könnte Sie überraschen. Die Gesellschaften der nuklear bewaffneten Staaten haben eine weitaus pragmatischere Einstellung zu dieser Angelegenheit, und mit gutem Grund. Der einseitige Verzicht auf nukleare Abschreckung würde die jetzigen Nuklearmächte und ihre Alliierten unvorhersehbaren geopolitischen Konsequenzen aussetzen.
Umso mehr heute, da Russland und China brandgefährliche neue Gefechtsköpfe und Trägersysteme in Dienst nehmen. So hat Russland mit der angeblich nicht abzufangenden Unterwasserdrohne 2M39 unlängst die mit Abstand verheerendste Nuklearwaffe der Welt (100 MT Sprengkraft) in sein Arsenal aufgenommen.
Solange es Nuklearwaffen auf der Welt gibt, muss man damit umgehen und die Gefahr ihres Einsatzes herabsetzen. Was das anlangt, kann man das Konzept der nuklearen Abschreckung für unverhältnismäßig gefährlich halten; es gibt jedoch keine haltbaren Argumente, um seine Effektivität anzuzweifeln. Dabei ist nicht nur an den Kalten Krieg zu denken, sondern bspw. auch an den Konflikt zwischen Indien und Pakistan oder zwischen Israel und seinen Nachbarn.
So kam es ja vor nicht allzu langer Zeit zwischen Indien und Pakistan zu Grenzgefechten. Noch vor einem guten halben Jahrhundert hätte sich dergleichen zu einem großen Krieg auswachsen können; aufpeitschte Demagogen beider Seiten hätten etwas von einer nationalen Schmach geschwafelt und Blut gefordert. Und heute? Bemühen sich beide Staaten um Deeskalation, selbst die Hardliner halten die Klappe.
Denn der Bedrohung durch einen nuklearen Gegenschlag ausgesetzt zu sein, mindert nicht nur die Bereitschaft zum Einsatz eigener Nuklearwaffen, sondern auch die Bereitschaft zum Eintritt in konventionelle Kriege, die immerhin zum Atomkrieg eskalieren könnten.
Wer im Übrigen glaubt, die Zeit der großen Kriege sei vorüber, irrt leider gewaltig. Die wirtschaftlichen Verflechtungen durch die Globalisierung haben Weltkriege zwar weniger wahrscheinlich gemacht; doch sie völlig auszuschließen vermögen sie nicht.
Selbst ein Krieg zwischen der NATO und Russland ist nach wie vor prinzipiell möglich. Und diese Behauptung fußt nicht auf Verschwörungstheorien, sondern auf der Bewertung der diversen Eroberungszüge des Kremls in den letzten zwanzig Jahren, sowie auf dem Programm des russischen Staatsfernsehens, wo regierungsnahe Kommentatoren unverhohlen die Rückeroberung der ehemaligen Sovietrepubliken oder gar die Wiederauferstehung des Zarenreiches fordern.
Da Autokratien jedoch ohne eine charismatische Führungsfigur á la Wladimir Putin inhärent instabil sind, geht von ihnen die latente Gefahr einer Aggression aus; Regimes, die nicht fest im Sattel sitzen, pflegen zur Konsolidierung ihrer Macht gerne auf ausländische Feindbilder zurückzugreifen. So ist es nicht auszuschließen, dass eines Tages, wenn Herr Putin den Weg alles Irdischen gegangen ist, sein Nachfolger versuchen könnte, die baltischen Staaten zu erobern, in dem Glauben, dass die NATO wegen ein paar Millionen Menschen keinen Weltkrieg riskieren wird.
Um derlei Vabanquespielen einen Riegel vorzuschieben, braucht es die unmissverständliche Drohung mit Konsequenzen, die auch der waghalsigste Diktator nicht auf sich zu nehmen gewillt sein kann.
Was die Gründe für Deutschlands Teilnahme an der nuklearen Abschreckung durch unseren wichtigsten Verbündeten, die USA, angeht, so hat sich das Gewicht letzthin in den politischen Bereich verschoben. Doch auch wenn wir nicht mehr an der Peripherie des NATO-Territoriums leben, bestehen die militärischen Gründe fort – und zwar sowohl was die nukleare Teilhabe an sich angeht, als auch die Teilhabe in der gegenwärtigen Form (d.h. mit Freifallbomben).
Während Interkontinentalraketen und nuklear bestückte Unterseebote vor allem Hochwertziele bedrohen (z.B. die gegnerischen Nuklearwaffen oder die Führungseinrichtungen der gegnerischen Streitkräfte), dienen nukleare Freifallbomben der Bekämpfung von Truppenverbänden im Felde. Die USA werden zu diesem Zweck auch in Zukunft Freifallbomben vorhalten.
Dabei ist zu bedenken, dass der Einsatz dieser Waffen prinzipiell auch auf eigenem Territorium stattfinden könnte; im Kalten Krieg war ebendies sogar geplant. Die nukleare Teilhabe bildet in dieser Hinsicht nunmehr ein wichtiges Korrektiv. Das Two Keys-Abkommen garantiert, dass die Bomben nicht gegen Deutschlands Willen eingesetzt werden können.
Übrigens… (@Alle) …ergibt es durchaus Sinn, sich weiterhin auf diese Form der nuklearen Teilhabe festzulegen. Sie ist nicht nur mit dem geringsten technischen und v.a. finanziellen Aufwand realisierbar, und sie berücksichtigt nicht nur, wie bereits angedeutet, unsere Interessen; es könnte auch sein, dass das taktische Einsatzregime in Zukunft wieder an Bedeutung gewinnt.
Denn in den letzten drei Jahrzehnten haben sich alle Investitionen und alle technischen Fortschritte auf Interkontinentalraketen bzw. deren Abwehr konzentriert, während die grundlegenden Gegebenheiten auf dem Gefechtsfeld sich nicht sonderlich gewandelt haben. Teilweise ist sogar ein Verlust von Fähigkeiten aufgetreten. Mangels Investitionsvolumens sind z.B. weder die USA noch Russland mehr dazu in der Lage, ohne massiven Einsatz der eigenen Luftwaffe ihre Großverbände auf dem Marsch gegen Angriffe aus der Luft zu schützen.
Das F18 ist bereits vor 25 Jahre in Produktion gegangen. So manche behaupten das F16 ist sogar noch besser aber die wird nun gerade in viele Länder bereits ersetz. Warum wird nicht echt modernisiert?
[Ok, gerne noch ein letztes Mal: Diese Debatte hatten wir in den zurückliegenden zwölf Monaten gleich mehrfach, und wieder bei Null anzufangen hier, das machen wir nicht. T.W.]
@Dante sagt: 20.04.2020 um 18:50 Uhr
„Warum 30 Atombomber und nur 15 Growler. Sie sind alle schlau genug zu wissen dass es mit allem vorbei ist sobald die Bombe fällt. Mir geht es nur um die Frage der Verteilung der 45 stk. Warum ist ECR unwichtiger als NT und wer legt dass fest?“
Die 30 Jagdbomber sind natürlich nicht nur für die NT geeignet, sondern auch in ihrer originären (konventionellen) Rolle einsetzbar und hier in der Einsatzwahrscheinlichkeit natürlich wesentlich höher.
Die Frage warum 30 stellt sich also nicht.
Eher stellt sich die Frage „warum nur 15 ECR“.
Das wiederum dürfte Teil des Kompromisses mit Airbus, den Industriepolitikern von CDU/CSU (Bayern!) und auch SPD sein. Denn wenn man es z.B. 30/30 gemacht hätte, dann wäre das natürlich zu lasen der weiteren EF Tranche gegangen.
@ koffer Das ändert an der logik aber nicht alzuviel. Dann habe ich 45 Ef als jabo zusätzlich und 30 F18 als jabo zusätzlich die ausserdem noch NT können. Dadurch ergeben sich aber keine zusätzlichen ECR Fähigeiten. Dass bleibt bei 15 stk. Wiviele ECR Tornados hat die BW momentan? Sicher mehr als 15.
@Dante
Ihr Schluss, dass man aus den Zahlenverhältnissen die „Wichtigkeit“ ableiten könne, ist nicht zwingend. Aus meiner Allgemein-Halbbildung heraus erkläre ich mir das eher so, dass Kampfflugzeuge gewöhnlich paarweise fliegen. Um so einem Paar den Weg freizumachen, reicht ein einziger Growler aus, macht 2:1.
Auch beim Tornado war von der ECR-Variante nur eine relativ kleine Anzahl vorhanden.
@ Dante
Je nach Quelle wurden 35 ECR-Tornado für die Luftwaffe gebaut. Davon dürften nun ca. die Hälfte noch einsatzbereit sein, wenn ich das so ketzerisch formulieren darf.
@Dante sagt: 20.04.2020 um 20:06 Uhr
„Dadurch ergeben sich aber keine zusätzlichen ECR Fähigeiten. Dass bleibt bei 15 stk. Wiviele ECR Tornados hat die BW momentan? Sicher mehr als 15.“
Ich wiederhole meine Aussage: „Eher stellt sich die Frage „warum nur 15 ECR“. Das wiederum dürfte Teil des Kompromisses mit Airbus, den Industriepolitikern von CDU/CSU (Bayern!) und auch SPD sein.“
Mehr Growler wäre sicherlich wünschenswert, aber man kann halt nicht alles haben ;)
Ich wage zu behaupten, dass wir die folgende Aufteilung sehen werden:
15 SH in der Marinerolle
15 SH nukleare Teilhabe
15 Growler
@Koffer sagt: 20.04.2020 um 16:52 Uhr
„2. Nukleare Teilhabe ermöglicht den europäischen Partnern Einfluss auf die ansonsten US-geführte nukleare Planung.“
Genau das ist ja mein Punkt und Link, den Ökonom (https://augengeradeaus.net/2020/04/dokumentation-verteidigungsministerium-zur-tornado-nachfolge/#comment-340509) nochmal länger zitiert hat. Wir werden keinen Einfluss mehr auf mögliche nukleare Einsätze/Planungen haben, wollen dafür aber trotzdem noch viel Geld ausgeben.
@KPK und Thomas Melber: Nach meinem Verständnis gehören zur NT zwei Bereiche: erstens, die politische Teilhabe durch die Teilnahme an der nuklearen Planungsgruppe der NATO, wo Einsatzplanung, Strategie und Stationierung von Atomwaffen diskutiert werden; zweitens, die technische Teilhabe, bei der NATO-Staaten Stützpunkte, Flugzeuge und Personal zur Verfügung stellen und Piloten den Einsatz von Atomwaffen üben. (für den Hausherrn: zitiert aus ICAN-Briefing März 2018, https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2018/04/60_Jahre_nukleare_teilhabe_A4_web.pdf)
Der zweite Punkt fiele großenteils weg, der erste aber bliebe. Was wäre der Verlust?
Das TLwG 51 in Jagel hat derzeit 21 Tornado ECR, Dazu kommen ca. 15 IDS und IDS-T.
@Kevo
So wie ich es verstehe bedeutet wenn kein 2., dann kein 1.
@Kevo sagt: 20.04.2020 um 21:53 Uhr
„Genau das ist ja mein Punkt und Link, den Ökonom (https://augengeradeaus.net/2020/04/dokumentation-verteidigungsministerium-zur-tornado-nachfolge/#comment-340509) nochmal länger zitiert hat. Wir werden keinen Einfluss mehr auf mögliche nukleare Einsätze/Planungen haben, wollen dafür aber trotzdem noch viel Geld ausgeben.“
Die Mitbestimmung bei nuklearen Einsätzen/Planungen war immer eine politische Frage. In wieweit sich die USA im Rahmen eines möglichen großen Krieges in Europa tatsächlich „Einhegen“ lassen ist von zahlreichen Faktoren abhängig und nicht mit Sicherheit zu sagen.
Um es einmal negativ zu formulieren: Der SACEUR mit Sitz in Mons ist zwar hinsichtlich des Nuklearwaffeneinsatzes im Rahmen einer NATO Operation an die Vorgaben aus Brüssel gebunden, aber der Commander US EUCOM mit Sitz in Stuttgart untersteht hinsichtlich des Nuklearwaffeneinsatzes im Rahmen rein nationaler Operationsführung nur dem Weißen Haus. Das beides ein und die selbe Person ist (aber eben mit zwei Hüten) dürfte klar sein ;)
Oder um es anders zu sagen: Wir Europäer haben genauso so viel Einfluss wie wir uns als glaubwürdige und starke (!) Alliierte durch unser eigenes Handeln selbst sicher.
Und genau DESWEGEN benötigen wir die NT.
Gibt es eigentlich Stellungnahmen von Seiten des Außenministers oder des Finanzminsters (bzw. deren Sprecher) zum Thema?
Die wurden ja informiert und könnten doch auch eigene Standpunkte haben, die sie in der Bundespressekonferenz darlegen können…
OT: @Realist + Schnallendorf:
Ihre Vermutungen bezüglich der Stückzahlen und Verteilungen in Ehren.
Allerdings schadet es – meiner bescheidenen Meinung nach – der Qualität der Diskussion eher, wenn ohne fundiertes Wissen (z.B. aus aktivem Dienst) oder zuverlässige Quellen einfach mal so Meinungen oder Spekulationen in den Raum gestellt werden.
@TW: ‚bitte nicht’…natürlich kann man „für“ oder „gegen“ Atomwaffen sein. Man kann auch gegen den Sonnenaufgang oder die Erderwärmung sein. Dann muss man nur konsequenterweise auch gegen die Realität sein.
Die Nachfolge des Tornados ohne die Fähigkeit NT zu denken, fällt imho in diese Kategorie. Ergo: wir suchen ein Flugzeug, das a) „demnächst“ auch wirklich fliegt und b) US Atomsprengköpfe verbringen kann…. Das kann man jetzt im BT natürlich noch 100x diskutieren. Aber besser wird die Entscheidung dadurch nicht. Wenn die Chefin jetzt tatsächlich Fakten schaffen sollte, sage ich als Heeresmann: 80% zur rechten Zeit sind besser, als 100% zu spät.
Die Zahlen sind aus meiner Sicht tatsächlich noch ein interessantes Thema, vor allem im Bezug auf eine Aussage:
„Deswegen empfehlen wir ja auch eine Mischlösung, … – aber das ist weniger als ein Drittel des Gesamtumfangs, der dort ansteht – vielleicht von außereuropäischen Anbietern beschaffen werden. Wie gesagt, dabei steht weniger als ein Drittel zur Diskussion.“
Nun kann man natürlich erst mal darüber streiten, was als Gesamtumfang definiert ist.
Insbesondere „weniger als ein Drittel“, dies wurde ja sehr nachdrücklich wiederholt.
Der finanzielle Umfang oder die Anzahl der zu beschaffenden Lfz?
Gehen wir mal von der Anzahl zu beschaffender Lfz aus, hier sind ja bereits konkrete Zahlen genannt worden (https://augengeradeaus.net/2020/03/tornado-nachfolge-wohl-split-eurofighter-und-us-modell/).
Zu jenem Zeitpunkt vor vier Wochen erfolgte auch, soweit mir bekannt, das erste Mal eine Erwähnung der Anzahl zu beschaffender Lfz – 45 F-18 und „mindestens 78 – womöglich aber auch über 90“ EF.
Laut Aussage im selbigen Artikel vom 26.03.20, sollen 93 Tornado und die EF der Tranche 1 ersetzt werden, was ja 33 sind und somit 126 zu ersetzende Lfz ergibt.
Nun scheint die Anzahl der zu beschaffenden F-18 mit 45 auch bereits relativ fix zu sein und wurde hier auch wieder erwähnt – mit dem Split in 30 SuperHornet und 15 Growler.
Damit diese Anzahl der 45 F-18 tatsächlich „weniger als ein Drittel“ darstellt, ist eine Anzahl von „über 90“ EF notwendig.
Es würden also 126 Lfz durch 135+ ersetzt werden, was seit langem wieder eine leichte Erhöhung der Anzahl an Lfz darstellen würden.
Meine persönliche Vermutung zu diesen Zahlen geht tatsächlich auch Richtung eines Kompromisses mit Airbus.
Insbesondere nach dem von Airbus Ende 2019 so kräftig die Werbetrommel, auch in Form bunter Präsentationen, für den ECR EF gerührt wurde.
Die Zahl der „nur“ 15 Growler erscheint mir auch etwas gering.
Das klingt leicht nach einer Stopgap Lösung, um die NATO Zusagen betreffend ECR ab 2025 halten zu können.
Auch wenn nach den letzten Zahlen im Wiki von den bestellten 35 ECR Tornado nur noch 21 aktiv sein sollen.
@Koffer
Sie schrieben: „Eher stellt sich die Frage „warum nur 15 ECR“. Das wiederum dürfte Teil des Kompromisses mit Airbus, den Industriepolitikern von CDU/CSU (Bayern!) und auch SPD sein. Denn wenn man es z.B. 30/30 gemacht hätte, dann wäre das natürlich zu lasen der weiteren EF Tranche gegangen.“
— Vielleicht, aber so sicher bin ich mir nicht. Die politischen Widerstände gegen eine Beschaffung der Growler sind wahrscheinlich geringer gewesen, da es sich um das weniger heikle Aufgabenfeld handelt und die Argumente gegen den Eurofighter schwieriger von der Hand zu weisen sind.
Eher glaube ich, dass man sich 1.) an den bestehenden Kräfteverhältnissen in der Tornado-Flotte orientiert hat, um der Behauptung, man betreibe Aufrüstung, einen Riegel vorzuschieben, und man 2.) auf die Einsatzerfahrungen aus dem Kosovo-Krieg zurückgegriffen hat. Während dieses Krieges verhielt es sich meines Wissens nach so, dass jeweils 1 oder 2 Rotten unserer und der italienischen SEAD-Tornados die NATO-Angriffswellen begleiteten.
Dabei wurden selbst mit der damals schon veralteten B-Variante des HARM-Flugkörpers gute Erfolge gegen eine gegnerische Flugabwehr erzielt, die zwar selbst nicht auf dem Stand der Technik ausgestattet war, aber ihre Systeme gut genug beherrschte, um deren Fähigkeiten über die Auslegungskapazität hinaus zu dehnen. Dennoch genügte schon der relativ geringe Kräfteansatz, um die eigenen Flugzeuge zu schützen. Vor diesem Hintergrund sind 15 Flugzeuge schon eine Hausnummer.
Mehr als eine Staffel ‚Growler‘ bräuchte man, um Kapazitäten für längerdauernde Einsätze zu schaffen; solche Einsätze sind aber nicht sehr wahrscheinlich. Und hier darf man durchaus mit Wahrscheinlichkeiten argumentieren, da es sich bei dem angedachten Kauf der Boeings um eine Zwischenlösung zum Mindesterhalt einer Fähigkeit handelt, also die nähere Zukunft in Blick genommen werden muss.
@Koffer & @Memoria
Ich stimme Koffer zu. Derartige Interna werden nur aus zwei Gründen an die Presse durchgestochen: Entweder hat irgendjemand dem Urheber schaden wollen (was jetzt, da Kramp-Karrenbauer innerhalb der Union kaltgestellt ist, weniger wahrscheinlich ist), oder der Urheber beabsichtigt eine bestimmte Person oder Zielgruppe in Zugzwang zu versetzen. Letzteres wird vorliegend der Fall sein.
Die Rahmenbedingungen für eine solche Taktik könnten besser sein, aber schlecht sind sie nicht.
Denn zwar ist die Mehrzahl der Deutschen der Bundeswehr gegenüber absolut apathisch eingestellt, aber Umfragen zufolge wird der Zustand der Streitkräfte dennoch als peinlich empfunden, als Manko, als Handlungsbedarf anmeldend. Ich glaube nicht, dass selbst das heikle Thema der nuklearen Teilhabe diesen Effekt völlig zunichte machen wird – umso weniger, wenn die Union öffentlichkeitswirksam das Bremsen des Koalitionspartners mit den eigenen steigenden Umfragewerten in Verbindung bringt.
Auch besteht hierzulande noch kein solcher Druck wie anderswo, wegen der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie als unnötig empfundene Ausgaben aufzuschieben oder gar zu verwerfen.
@Koffer:
Ihre beiden Aussagen
„Die SPD Fraktion hat schon seit langem erkennen lassen, dass sie (namentlich der Fraktionsvorsitzende) an einem Kompromiss nicht interessiert ist.“
und
„Das wiederum dürfte Teil des Kompromisses mit Airbus, den Industriepolitikern von CDU/CSU (Bayern!) und auch SPD sein.“
passen für mich nicht wirklich zusammen.
Vorallem Wenn man davon ausgeht, daß AA und BMF nicht „die SPD“ in der Koalition sind.
Nach einem Bericht des SPIEGEL hat sich auch die Kanzlerin gegen das Vorgehen der Ministerin geäußert.
Natürlich kann man Dinge exekutiv vorantreiben, aber man kann dabei auch politischen „Flurschaden“ vermeiden indem man mit allen wichtigen „Playern“ spricht.
So wurde vorallem eines mit Sicherheit produziert Aufregung bei der SPD und damit mediale Aufmerksamkeit. Oder ging es vielleicht darum? Die Diskussion um die Schutzzone lässt grüßen.
Der Sprecher hat oben ja dargestellt um was es geht: interne Schritte im CPM (in dem Fall die Auswahlentscheidung eines Lösungsvorschlages).
Sowas muss man dann auch nicht mit dem amerikanischen Kollegen kommunizieren, bevor es mit dem Bundestag besprochen ist.
Viel Aufregung um ziemlich wenig.
Mit der Aufregung könnte sich das Vorgehen jedoch noch zum Bumerang verwandeln.
AKK braucht den Bundestag nicht erst bei der 25 Mio Vorlage, sondern bei den Verpflichtungsermächtigung und die müssten dieses Jahr eingeplant werden.
@ Dante
„Warum nur 15 Growler ?“
Die Einsatzkontingente in der Lw werden in Staffelaquivalente gerechnet. Normalerweise ergeben zwei Staffeln ein Geschwader, also 2 x 15-20 Lfz ergeben ein Geschwader.
Wir hatten ein ECR-Geschwader in Lechfeld. Dies wurde 2013 aufgelöst und als eine Staffel nach Jagel überführt. Die zweite Staffel in Jagel bilden die Aufklärungstornados und die dritte Staffel sollten oder sind die Aufklärungsdrohnen geworden.
Die Anzahl von 15 ECR-Lfz Growler ergibt sich also aus der Mindeststärke von einer Staffel. Eine Staffel mit ECR-Fähigkeit wurde von der Bundesregierung der Nato ab 2025 als Fähigkeit zugesagt. Dadurch ergibt sich die die minimale Anzahl an Growler Lfz.
Etwas anders schaut es bei den Tornados in Büchel aus. Büchel ist ein ganzes Geschwader IDS-Tornados, also zwei Staffeln. Die haben , wie schon erwähnt, nicht nur den Auftrag der Nuklearen Teilhabe sondern sind auch als massive Jagdbomber vorgesehen. U.a. hat Deutschland an die 600 Taurus im Depot, eine der modernsten deutschen Abstandswaffen gegen verbunkerte Punktziele. Jeder dieser Marschflugkörper ist mit einem Lfz-ähnlichen Strahltriebwerk versehen und kann viele hundert km weit im Tiefflug autonom ein Punktziel angreifen. Diese hochwertige Ressource gilt es zu erhalten und in einem Nachfolgemuster, Lfz auch zur Verfügung zu haben. Dazu ist die F-18 ideal, denn für Spanien ist die Taurus bereits in die Mission Avionik integriert. Also für beide Aufgaben, NT und Jabo-Einsatz braucht man 2 Staffeln F-18 und für die der Nato zugesagte ECR-Fähigkeit reicht eine Staffel EA-18 Growler.
@Schnallendorf
„Um so einem Paar den Weg freizumachen, reicht ein einziger Growler aus, macht 2:1.“
Sie haben ein bisschen recht, aber im Detail ist es dann wieder etwas zu einfach gedacht. eine Growler kann sicher mehr Jagdbombern „den Weg frei machen“ als nur 2. Aber Fakt ist natürlich, dass SEAD ja keinen Selbstzweck hat, und man somit weniger SEAD-assets benötigt, als Jagbomber.
Mehr davon als 15 wäre trotzdem gut.
Persönlich glaube ich noch nicht, dass es wirklich zu dieser Beschaffung kommt.
@Kevo
Die Frage des „was wäre wenn“ stellt sich – mir – nicht. Spekulieren ist überflüssig, alle bisherigen Bundesregierungen, selbst Schröder/Fischer blieben bei NT.
Die politisch begründete Absicht der Teilhabe, also Mitsprache, bedingt materielle Fähigkeiten. Das sind derzeit Tornados, künftig eben ein anderes System. (1)
Stellt sich Deutschland dieser Zusage nicht mehr, werden wir absehbar in der nuklearen Planungsgruppe nicht vertreten sein, blieben ohne Einfluss.
Politisch lautet die Befürchtung nämlich, man spiele Mikado: Wer zuerst am Sinn der atomaren Waffen in Europa zweifelt, sich wegbewegt, der hat verloren, weil er die transatlantische Nuklearsolidarität in Frage stellt und sofort andere NATO-Europäer nachzieht.
(1)
Im Kalten Krieg nutzte Bw alternativ
– SRBM, zuletzt Lance mit nuklearem Gefechtskopf
– Divisionsartillerie 203 mm, nuklear
– Brigadeartillerie 155 mm, nuklear
– bis Ende1980er Jahre im „Sonderwaffen (SW) – Lager Liebenau“ auch Atomminen für die in Minden stationierte “SpezSperrKP 100” der Bundeswehr. Die dafür zuständige US-Einheit war die “4th Plt/567th Engr Co (ADM)” in Nienburg-Langendamm.
@Koffer und Thomas Melber:
Oh, mir geht’s weniger um grundsätzlich ja/nein zu NT. Sondern um 1. welche Art der NT ist ausreichend/sinnvoll/notwendig, und 2. ließen sich die finanziellen Mittel unter den (für mich) neuen Gegebenheiten (also egal was Europa technisch drauf hat, die USA machen ihr Ding, auch in Europa selbst) nicht in anderen, konventionellen Bereichen (Lufttransport, Aufklärung,…) effektiver einsetzen und darüber die NATO stärken und die Partner an den Rändern besser rückversichern.
Diese Debatte fehlt mir im politischen Raum. Dagegen wird es in einer Debatte um die Frage, ob NT, wie sie wohl weitergeführt werden wird (politisch wie technisch) mit genereller Abrüstungspolitik zusammenpasst, keinen Gewinner und keinen Kompromiss geben können. Da beide Seiten die Argumente der anderen diskreditieren, statt sich zusammenzusetzen.
Aus dem Vorgängerthread:
Klaus-Peter KAIKOWSKY (KPK) sagt:
„Stealth kann nun einmal derzeit nur diese Maschine und sicheres Interdiction in der Tiefe damit auch.“
Die ganz große Frage ist doch eher:
Kann die F-35 überhaupt Stealth gegenüber Russland (auch noch in 5-10 Jahren). Hier darf man Zweifel haben. Siehe auch Hensoldt Passivradar und ILA 2018.
Dann haben sie zwar ein Stealth gegenüber Mitteltechnologiestaaten, aber kein Stealth gegenüber Hochtechnologiestaaten.
Können also keinen Vorteil ausspielen.
@all
Witzig:
Mal glaubt man der russischen Propaganda (Unterwasserdrohne 2M39 mit 100 MT Sprengkraft), mal glaubt man der russischen Propaganda nicht (Ortung und möglicher Abschuss von Stealthflugzeugen).
Was denn jetzt? :-)
@muck
Nukleare Waffen schützen nicht vor einem konventionellen Krieg, gerade das Beispiel Pakistan und Indien ist ein Negativbeispiel.
Denn beide Seiten haben Angst vor nuklearen Waffen, also werden sie nicht eingesetzt. Man lebt immer in der Verunsicherung, dass der Gegner nach meinem Einsetzen auch seine einsetzt. Trotzdem kann man konventionelle Waffen einsetzen. Passiert ja leider auch immer wieder.
„in dem Glauben, dass die NATO wegen ein paar Millionen Menschen keinen Weltkrieg riskieren wird.“
Was ändert die nukleare Abschreckung in diesem Fall? Nichts. Niemand wäre bereit Atomwaffen einzusetzen. Nicht einmal auf eine russische Militärbasis auf Kamtschatka.
@all @muck
Nukleare Abschreckung ist ungleich Nukleare Teilhabe !
Gerade in unserem Fall der NT ist man auf die USA angewiesen, die eben nicht in Europa liegen und wieso sollten diese einen Atomkrieg riskieren wollen?
Wegen einem europäischen Krieg? Ich glaube jeder US-Politiker würde dann doch ganz rational handeln und einen konventionellen Krieg in Europa bestreiten mit Materialunterstützung und auch vielleicht Soldaten, aber ganz sicher keine US-Atomwaffen freigeben. Wenn diese dann erfolgreich gegnerische Soldaten töten, kann man sich ja ausmalen was dann der nächste Gegenschlag wäre. (Ramstein)
Vorschlag:
Deutschland vertieft seine militärischen Beziehungen zu Frankreich noch mehr.
Deutschland leistet 200 Millionen pro Jahr finanzielle Hilfe, damit Frankreich seine U-Boote mit Atomraketen einsatzfähig halten kann.
Deutschland verzichtet dafür auf F-18 zur nuklearen Teilhabe und beschafft nur Growlers und EF für Jagdbomberaufgaben.
Nukleare Abschreckung ist gegeben.
Nachtrag: Folge 7 von Sicherheitshalber, ab Min 27:20 bis etwa Min 38:00. Zwar ebenfalls keine Unterscheidung zwischen politischer und technischer NT und welche weiteren Alternativen es für die Rückversicherung gäbe, was unter der damaligen Situation Ende 2018 verständlich ist, trotzdem gut zum Weiterdenken.
Herr Wiegold, wird das Thema der nächsten Folge?
Aus dem Text, nachdem ich ihn mehrmals gelesen habe:
Man möchte 2022/2023 den Kaufvertrag unterschreiben und ab 2025 Lieferungen bekommen, damit man ab 2030 einen bruchfreien Übergang hat.
DAS wird aber nur funktionieren, wenn die Super Hornet auch Aufträge aus der Schweiz oder Finnland in Aussicht hat. Denn ansonsten wird sie 2025 nicht mehr in Produktion stehen.
Auch würde ich zu gerne sehen, wie eine finale Entscheidung in der nächsten Legislaturperiode aussehen wird, wenn es eine Regierung inklusive der Grünen wird. Und davon können wir bei allen möglichen Szenarien ausgehen. NT mit den Grünen? Glaube ich nicht.
Es spricht natürlich nichts gegen die F-18 als Jagdbomber oder als Growler-Variante, aber wenn die Entscheidung nicht mehr von dieser Regierung getroffen wird, sehe ich für die NT schwarz.
Nun gut. Aber dass alles erklärt doch immernoch nicht die diese ewigen Beschaffungszeiträume. Die Growler dürfte doch direkt in der Produktion stehen (bei den anderen weiß ich es nicht). Ist es so schwer die Pflichten und Lastehefte zu erstellen und sich einig zu werden wass man genau haben möchte und es zu Bestellen? Bei den c130j ging es gefühlt auch schneller.
@Kevo und Ökonom
Die aufgeworfenen Fragen sind völlig unabhängig von der nuklearen Teilhabe.
Es wäre Wahnsinn Interkontinentalraketen zur Auslieferung nuklearer Denkzettel zu nutzen. Es war über 60 Jahre lang Konsens, auf beiden Seiten nicht nur innerhalb einer Seite, das Interkontinentalraketen nur bei einem Vernichtungskrieg zum Einsatz kommen. Das ist nämlich das Strategische an diesen Waffen.
Taktische Nuklearwaffen sind für den militärischen Konflikt vorgesehen, die Strategischen zur Auslöschung der gegnerischen Bevölkerung. Die Grenze ist aber nicht so klar, vor allem da selbst mittlere taktische Sprengköpfe erheblich stärker sind als die 2 Bomben die auf Japan fielen.
Strategische siedeln bei 300 kt und mehr. Da wurde zwar auch erheblich abgerüstet, bei der Sprengkraft, vor allem da man präzisere Waffen hat. Dennoch ist eigentlich allen bisher klar gewesen:
Ob nun ICBM von Land aus oder SLBM von U-Booten, diese Raketen waren immer mit strategischen Gefechtsköpfen ausgerüstet. Im Gegensatz zu taktischen fungieren diese nur noch als Vernichtungswaffen und sollen die „gegnerische Bevölkerung“ auslöschen.
Es gab mal in den 80ern einen Fehlalarm beim sowjetischen Frühwarnsystem. Dabei wurde eine Reflektion in der Atmosphäre als eine einzige anfliegende Interkontinentalrakete gemeldet. Der Soldat auf der Station hat den Alarm nicht nach oben gemeldet, weil in seinen Augen eine anfliegende Interkontinentalrakete keinen Sinn ergab. Bei einer Weiterleitung wäre diese Info, das nur ein Ziel gemeldet wird, vielleicht auf der Strecke geblieben und ein Gegenschlag eingeleitet worden.
Wenn man jetzt aber, wie die USA gerade, sich das Recht vorbehält Interkontinentalraketen für nukleare Denkzettel einzusetzen oder auch als Teil einer abgestuften nuklearen Auseinandersetzung, dann ändert das auch die Reaktion auf der Gegenseite. Was tut ein Soldat in Russland oder China wenn eine einzige Interkontinentalrakete auf dem Frühwarnsystem auftaucht? Dank Trump und seiner Horrorshow macht das auf einmal Sinn und viel Zeit zu reagieren bleibt da ja nicht.
Die Idee gab es vor 10 Jahren schon mal ähnlich dümmlich. Durch die START Abkommen mussten die USA die Anzahl der Strategischen U-Boote bzw. deren Magazingröße verringern. Die super schlaue Idee: Man wollte Interkontinentalraketen mit einem konventionellen Sprengkopf in Dienst stellen.
Schon damals wiesen etliche Experten und Militärs darauf hin, das eine solche Waffe auf einem Frühwarnsystem aussieht wie jede normale Interkontinentalrakete und das Wiedereintrittsvehikel wie jedes normale mit einem strategischen Nuklearsprengkopf. Man gab sich dann damit zufrieden die U-Boote mit speziellen Modulen umzurüsten und für Interkontinentalraketen unbrauchbar zu machen. Diese Module füllen die Senkrechtstartanlage der Interkontinentalraketen mit Tomahawk Magazinen. Damit kann man zwar nicht ein Drittel des Planeten erreichen aber um die 1500 – 2000 Km Reichweite sind wohl drin.
Die Tomahawk gab es auch schon einmal nuklear bestückt, das ginge also wieder aber eben ohne andere Nuklearmächte direkt zum Gegenschlag anzustacheln.
Trump und seine Regierung sind wie Kinder im Sandkasten. Der blöde Russe hat angeblich all die coolen kleinen Spielzeuge, die man selbst nicht haben darf, dass ist ja so unfair!
Taktische Nuklearwaffen werden vom START Abkommen nicht abgedeckt. Es war aber die Entscheidung der USA diese größtenteils auszumustern und das passierte schon kurz nach dem Fall der Mauer. Übrig ist nur noch die B61 Freifallbombe. Das deren Sprengköpfe nicht einfach in einem verfügbaren Marschflugkörper eingerüstet werden versteht keiner so recht. Die Sprengköpfe wechseln damit vielleicht zwar schon irgendwie das Lager von taktisch zu strategisch (wegen der Reichweite) aber da muss man ja nicht unbedingt ein Modell mit enorm hoher Reichweite wählen.
Es wurde allerdings, zu Recht, davor gewarnt eine solch präzise Waffe einzuführen, weil sie Begehrlichkeiten wecken könnte. Die B61-12 wurde als nukleares Skalpell bezeichnet. Und den gleichen Effekt möchte man nun mit interkontinentaler Reichweite haben.
Das ist Wahnsinn.
Trump hat schon mehrfach den Wunsch geäußert, Feinde Amerikas mit Nuklearwaffen zu bekämpfen. Die Airforce gab ihm die nächst beste Bombe, eine MOAB, die man über Afghanistan abwarf. Darüber hinaus hat er mehrfach in Frage gestellt ob die USA Europa helfen werden, weil Europa zu wenig in die Nato einzahlen würde… Das solche Leute über den Einsatz von Nuklearwaffen in Europa entscheiden oder strategische Raketen für taktische Sprengköpfe einsetzen geht gar nicht.
Ob wir nun die B61 ausbringen oder nicht ändert daran aber gar nichts.
Warum muss eigentlich keine Nationale / europäische Ausschreibung stattfinden. Greift hier bei den Flugzeugen nicht die Vergabe-Verordnung. Flugzeugbau ist ja keine Schlüsseltechnologie und sonst wir doch alles ausgeschrieben, von Dixi-Klos bis zum MKS180. Hat sich etwas geändert? Wer kennt sich hierbei im CPM und im Vergaberecht entsprechend aus. Gibt es schon eine FFF und eine AWE, dass man sich hier auf F18 und EF2000 als Mischlösung beschränkt hat?
@KPK
Mir scheint Ihr Argument festgefahren. Meine Frage zielt ja gerade darauf – vor dem skizzierten Hintergrund, dass wir eh keinen Einfluss auf den konkreten Einsatz haben (Dank an TheRealDonald für eine Klarstellung) – was wir verlieren würden, wenn wir technisch (aka mit Waffenträgern) nicht mehr unterstützen, sondern nur noch politisch (im Sinne der politischen NT) und als Ausgleich auf einem anderen Gebiet.
Das ist keine „was-wäre-wenn“-Frage, sondern bei der Diskussion um die Tornado-Nachfolge doch der Kern der Sache. Ich denke nicht, dass es der SPD darum geht, „heimlich“ die NT zu verlassen, sondern dass sie eine F18 als A-Waffenträger aktuell und absehbar als weniger intelligent betrachtet (meine Interpretation…). Dass der Tornado abgelöst werden sollte, ist glaube ich allen klar, auch den weniger Euphorischen.
Nun ja, Ihre Position ist ja eindeutig; ich kann dem noch nicht so einfach zustimmen.
@TheRealDonald
„… F-35 überhaupt Stealth gegenüber Russland (auch noch in 5-10 Jahren). Hier darf man Zweifel haben.
Darf man, ist aber überflüssig, sie kann es. In 5-10 Jahren sehen wir dann. Die airforce ruht sich nicht auf ihren Lorbeeren aus, ist nicht dafür bekannt, wird also ständig upgraden.
„Deutschland vertieft seine militärischen Beziehungen zu Frankreich noch mehr“
Der ist gut, – das „noch mehr“. (So wie bei Tacouma/BARKHANE durch politische Unterstützung mit geschwellter Brust?)
Zum Thema: Macron hat mehr als einmal betont, Frankreich KANN und WILL den atomaren Schutzschirm über Mittel/Mittelost-Europa nicht stellen.
Mit 200 Mio Finanzhilfe hat das nichts zu tun.
Paris besitzt
– nicht den nötigen nuklearen Waffenmix, keine INF, ICBM/SLBM auf dem europäischen Gefechtsfeld sind politisch unglaubwürdig, da sie sofort einen Zweitschlag provozieren.
– keine nachhaltige Zweitschlagfähigkeit mit nur 4 Booten der Triomphant-Klasse der französischen Nuklearstreitkräfte
– keine strategische Tiefe auf eigenem Territorium!
Und glauben Sie im Ernst, Paris ließe sich auf ausgerechnet deutsche NT ein, bei allseits offensichtler SiPo-Trittbrettfahrerei. Wobei ich unterstelle, dass Berlin Mitsprache als Teil einer Finanzierungsleistung sich ausbedingen wollen würde. Und dabei sollte ein französischer Präsident zustimmen? Da stoppt die l’amitié franco-allemande aber toute suite!
@ Elmar, seit wann verfolgen Sie das Thema?
Neue Meldung zum Thema bei Spiegel Online, die alles etwas gerade rückt
[Hier auf Augen geradeaus! natürlich auch, bitte die Debatte dort fortsetzen… T.W.]