Coronavirus: Bundeswehr sucht Reservisten für ihre Krankenhäuser (Nachträge)
Das klingt in diesen Tagen erst einmal alarmierend: Auf seiner Webseite und via Twitter (s. oben) sucht der Sanitätsdienst der Bundeswehr nach Reservisten, die zum Dienst in den Bundeswehrkrankenhäusern bereit sind. Allerdings: Damit sollen vor allem Personalausfälle ausgeglichen werden, die durch die anstehende Schließung von Schulen und Kindertagesstätten wegen des neuartigen Coronavirus in (fast?) allen Bundesländern entstehen dürften.
Der Sanitätsdienst veröffentlichte am (heutigen) Freitag folgenden Aufruf auf der Webseite:
Das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr sucht ab sofort Reservistinnen und Reservisten aus dem Sanitätsdienst für die personelle Verstärkung der fünf Bundeswehrkrankenhäuser Koblenz, Hamburg, Berlin, Ulm und Westerstede.
Sie sind Reservistin oder Reservist des Sanitätsdienstes, sind kurzfristig verfügbar und haben eine Ausbildung in folgenden Bereichen:
Pflegefachkraft Intensivpflege,
Krankenpflege,
Notfallsanitäter/Notfallsanitäterin,
Medizinisch-technische/r Laboratoriumsassistent/in,
Pharmazeutisch-technische Assistent und Assistentin,
dann wenden Sie sich bitte, unter Angabe Ihres gewünschten Einsatzortes und des möglichen Zeitraumes an den Fachbereich IX.4 Reservistenangelegenheiten
Auf Nachfrage von Augen geradeaus! erläuterte ein Sprecher des Zentralen Sanitätsdienstes, die Bundeswehrkrankenhäuser müssten sich darauf einstellen, dass ein Teil ihres Personals in den nächsten Wochen keine Betreuung von Kindern mehr habe, weil Kindertagesstätten und Schulen geschlossen würden. Damit stünde das Personal dann auch nicht mehr im vollem Umfang zur Verfügung. Um diese absehbaren Personalausfälle auszugleichen, sollten geplant und gezielt Reservisten einberufen werden, die eine entsprechende Ausbildung haben und zu einer solchen Reservistendienstleistung einberufen werden können.
Derzeit ist der Einsatz von Reservisten, im Sanitätsdienst wie in der ganzen Bundeswehr, außerhalb eines Spannungs- und Verteidigungsfalles freiwillig. Im Zusammenhang mit der neuen Strategie der Reserve ist zwar auch die Einführung des so genannten Bereitschaftsfalls geplant, bei dem Reservisten auf Anordnung der Bundesregierung auch ohne einen entsprechenden Beschluss des Bundestages verpflichtet werden können. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind allerdings bislang nicht vorhanden.
Nachtrag: Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn stellte den Aufruf in einem Tweet allerdings etwas anders dar als der Sanitätsdienst:
Nachtrag 2: Der Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner, reagierte auf meine Frage, ob das nicht ein Widerspruch sei, ebenfalls via Twitter:
Corona – ein Blick in’s Ausland
Dem zivilen Gesundheitswesen werden mit der Mobilisierung aller Sanitäts- und Spitalsoldaten laut Korpskommandant Thomas Süssli, dem Chef der Armee (CdA), keine signifikanten Kräfte entzogen
Das Schwergewicht liegt klar auf Leistungen zugunsten des Gesundheitswesens:
„…Dafür setzt der Bundesrat sämtliche dafür zur Verfügung stehenden Kräfte der Schweizer Armee ein:
alle vier Spitalbataillone,
fünf Sanitätskompanien,
dazu die Rekruten- und Offiziersschulen aus Airolo.
«All in» mit rund 3000 Angehörigen der Armee für die sanitätsdienstliche Unterstützung.
Das Spitalbataillon 5 ist bereits heute in den ordentlichen Wiederholungskurs (WK) eingerückt. Sein Dienst könnte über die drei WK-Wochen hinaus verlängert werden. Die Auslösung der übrigen Verbände erfolgte am Montag per SMS….“
https://www.nzz.ch/schweiz/coronavirus-armee-mit-groesstem-aufgebot-seit-dem-2-weltkrieg-ld.1546715?mktcid=nled&mktcval=167_2020-03-17&kid=_2020-3-17&trco=
„Noch könnten die Spitäler die neuen Corona-Fälle bewältigen, sagte Viola Amherd, Vorsteherin des Verteidigungsdepartements (VBS), am Montag an der Pressekonferenz des Bundesrats. Das Gesundheitswesen sei nicht zusammengebrochen: «Wenn wir aber erst dann aufbieten, sind wir zu spät», lautete die Botschaft der Bundesrätin.“…- Was meinen Sie? Wie spät ist es in Deutschland?
Gibt es da nicht noch mehr Bereiche wo man die BW als Zivilist Unterstützen / Helfen könnte ?
Ich schließe mich an die Frage von Falk an. Kann man die BW auch als Zivilist bei dieser Krise unterstützen?
[Äh, warum wollen Sie als Zivilistin nicht dann lieber erst mal die zivilen Hilfsorganisationen fragen, ob und wo sie Unterstützung brauchen können? T.W.]
Ist eine Reaktivierung normaler Wehrpflichtiger für organisatorische / logistische Tätigkeiten denkbar?
@Falk/Katrin/Jens W.
Zum 1. Juli 2011 wurde die Wehrpflicht ausgesetz, per Beschluss Bundeskabinett/Änderung zur Wehrpflicht vom 15. Dezember 2010.
Es bedürfte also eines neuen Beschlusses zur Wiedereinsetzung der WPfl. Das wird nicht kommen, da zunächst nicht erforderlich, auch kaum mehrheitsfähig. Zudem besteht keine organisatorische Aufnahmeorganisation mehr. Allein dies zu reorganisieren dauerte Monate und bindet derzeit Ressourcen, die im Krisenmodus andernorts, bei Log/SanUstg, dringend gebraucht sind.
Also, nicht denkbar, weil nicht erforderlich.
Wer als Zivil ist helfen will, vllt sogar mit medizinischen Vorkenntnissen, Malteser, DRK, THW, Johanniter, Feuerwehren, dürften dankbar zugreifen.
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 21.03.2020 um 10:23 Uhr
„Also, nicht denkbar, weil nicht erforderlich.“
Schließe mich Ihrer Bewertung an. Bevor wir die Ausbildung neuer Wehrpflichtiger wieder aktivieren müssen, hätten wir ja auch zudem noch die Möglichkeit der Wiedereinberufung von gedienten der letzten Jahre. (natürlich auch das nur nach Beschluss BT/BR).
„Wer als Zivil ist helfen will, vllt sogar mit medizinischen Vorkenntnissen, Malteser, DRK, THW, Johanniter, Feuerwehren, dürften dankbar zugreifen.“
Und an diesen Stellen auch derzeit mit viel größerem Bedarf.
Bis wir die Streitkräfte in größerem Umfang einschalten müssen, muss noch VIEL VIEL schief gehen.