AKK knüpft an ‚Münchner Konsens‘ und Forderung nach Deutschlands Engagement an
In dieser Woche ist Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Rolle als Verteidigungsministerin (und nicht primär als CDU-Vorsitzende) öffentlich präsent wie selten bisher in ihrer Amtszeit. Sie äußerte sich öffentlich nach einem Besuch beim Kommando Cyber-und Informationsraum, bei einer Tagung des Handelsblatts – und vor ihrer für den (morgigen) Donnerstag angekündigten Sicherheitspolitischen Grundsatzrede an der Bundeswehr-Uni München am Mittwoch bei einem Kongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die verschiedenen Elemente wird man vielleicht erst im Nachhinein zu einem Bild zusammensetzen können – aber da dürfte die Rede beim Fraktionskongress unter dem Titel Transatlantisch bleiben – Zusammenarbeit stärken, Gemeinsamkeiten wahren ein wichtiger Baustein sein. Stichwortartig ein paar Punkte aus diesem relativ kurzen Impulsvortrag:
• Der Verweis auf den so genannten Münchner Konsens, die abgestimmten Aussagen des damaligen Bundespräsidenten, des damaligen Außenministers und der damaligen Verteidigungsministerin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014: Deutschland müsse sich, seinem politischen wie wirtschaftlichen Gewicht entsprechend, auch militärisch stärker engagieren. Die Bundesrepublik müsse bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen, sagte Kramp-Karrenbauer. Und die Frage, was Deutschland im Bündnis beisteuern könne, sei nicht vom Verhältnis zum amtierenden US-Präsidenten abhängig.
• Der Vorrang der NATO vor der EU, wenn es um sicherheitspolitische Fragen geht: Die transatlantische Allianz bleibe Ankerstein und Eckstein der Sicherheitsarchitektur, und dafür sei die Beteiligung der USA entscheidend. Wenn Europa über eine stärkere gemeinsame Sicherheitspolitik oder über gemeinsame Rüstungsprojekte rede, sei damit nie eine Struktur [gemeint], die die NATO ersetzt oder gar doppeln soll, sondern immer eine Stärkung des europäischen Arms in der NATO.
• Das erneute Bekenntnis zum in der NATO vereinbarten Ziel, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Made in Germany sei für sie auch immer Ausdruck besonderer Verlässlichkeit gewesen, und auch dafür stehe die Chiffre zwei Prozent.
Die Rede komplett zum Nachhören:
Nachtrag: Zusammen mit dem heutigen Vortrag gibt ein ebenfalls am Mittwoch veröffentlichtes Interview der Süddeutschen Zeitung (hier die Nachrichtenfassung*) eine Vorahnung, worauf die Grundsatzrede hinauslaufen wird:
Bundeswehr soll öfter ins Ausland
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will, dass Deutschland die Bundeswehr stärker im Ausland einsetzt als bisher. Die Ministerin und CDU-Vorsitzende sagte der Süddeutschen Zeitung, Deutschland müsse künftig „offen damit umgehen, dass wir – so wie jedes andere Land dieser Welt – eigene strategische Interessen haben“. (…)
Bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 sei ein Konsens erreicht worden, sagte Kramp-Karrenbauer.
(*Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier i.d.R. nicht statt; in diesem Fall ist eine Ausnahme angebracht)
Wenn man die Aussagen in Mali vor 4 Wochen und nun über Mali, unserer Sicherheitsinteressen, dem Münchner Konsens und „mehr Verantwortung“ zusammen nimmt, dann bin ich mal gespannt zu welchen Antworten die Ministerin und das BMVg (?) dann bald (?) kommen und wie diese dann innerhalb der Koalition besprochen werden. Oder man möchte einfach weiter auf dieser abstrakten Ebene bleiben.
Vielleicht wird es ja in der morgigen Grundsatzrede konkreter.
Ich habe da nur so meine Zweifel.
Na da bin ich ja mal gespannt:
„die Frage, was Deutschland im Bündnis beisteuern könne, sei nicht vom Verhältnis zum amtierenden US-Präsidenten abhängig.“
Das ist richtig, es hängt von den verfügbaren Kräften ab. Diese sind endlich und derzeit nach meiner Beobachtung, mit Masse bei VJTF gebunden.
Mit der Übernahme der NATO Planungsziele als planungsleitend und der derzeitigen Finanzplanung, bin ich gespannt, wie mit dem beschlossenen 53. Finanzplan, der eine Erhöhung um 1,7 MRD € nur für 2020 vorsieht, kann keine sinnvolle Rüstungsplanung in der Mittelfristplanung betrieben werden. Danach flachen die bisher vorgesehenen Haushaltsmittel jährlich weiter ab. Selbst „Ausgabenreste“ oder freiwerderdende Mittel können, ohne Haushaltsermächtigungen für die nächsten Jahre, keine langfristigen Planungen umgesetzt werden. Diese Binse ist leider noch immer nicht angekommen.
Endlich mal eine sicherheitspolitische Grundsatzrede… Hat echt gefehlt *sarc.
Reden schützt vor Handeln oder wie soll man das verstehen?
pi
Ich habe nicht mitgezählt, wie häufig „mehr Verantwortung“ gefallen ist.
Was konkret der Inhalt sein soll, wird morgen an UniBwMünchen hoffentlich klar, im obigen Vortrag der IBuK gelangt mir eine definitive Einordnung nicht.
Begrüßenswert, „keine Äquidistanz“ zu Moskau/Washington und Festhalten an den USA als strategischer Partner; zwar begann die Phase steigender militärischer Erwartungen an Europa und sich abzeichnender Abstinenz von der Rolle des Weltpolizist bereits unter Obama, so richtig greifbar aber erst mit Trump. Nur, Trump ist nicht Amerika!
Es gilt, die 2% bzw 1,5% in 2024 dienen nicht dem Schutz Nordamerikas, sondern europäischem und deutschem Schutz.
Wurde nicht im Podcast erklärt dass für die aussenpolitische Richtung in erster Linie das AA zuständig ist und nicht das Verteidigungsministerium? Ist diesmal abgestimmt was wir wollen können und sollen müssen?
Argh, ich kann diesen *pardon* Dünnpfiff vom sogenannten „Münchener Konsens“ nicht mehr hören (sorry Herr Wiegold, nicht gegen Sie gerichtet). Den gab es nie und gibt ihn bis heute nicht. Schon damals meinte Steinmeier (und damit die SPD als Partei) etwas anderes als Gauck und vdL – nämlich die übliche „Diplomatie“ (so ganz ohne Militär). Und gesamtgesellschaftlich hats da auch nie einen Konsens gegeben, Umfragen zufolge verweigert bis heute die Mehrzahl der Deutschen jenen Ansinnen nach „mehr“ klar die Gefolgschaft. Und wie General a.D. Vad im August so richtig sagte, fehlt uns der gesamtgesellschaftliche Konsens darüber wozu wir die BW überhaupt haben. Jenseits von Sandsäcke schleppen und „Brunnenbohren“, versteht sich. Solange man in Berlin zu feige ist dieses dicke Brett zu bohren, können sich AKK und Kollegen sämtliche Rhetorik eigentlich verkneifen.
@all
Ein Nachtrag oben… mit paar interessanten Details.
Die Analyse ist ja nicht falsch, aber es scheint ja wieder ein medialer Alleingang zu sein.
Wenn nun von Optionen die Rede ist, dann wird die Ministerin derlei ja sicherlich sehr bald genauer ausführen können – zumal es ja, nach ihrer Aussage, um unsere Sicherheit geht.
Was ist also nun damit nun verteidigungspolitisch (!) gemeint?
Wie ist das Ressort übergreifend abgestimmt?
Was wäre dabei der gewünschte und der realistische Beitrag Bundeswehr (kurz-, mittel-und langfristig)?
In der aktuellen politischen Konstellation wird das wohl der nächste Rohkrepierer nach der Sicherheitszone.
Was ist also der Plan dahinter?
Oder gibt es gar keinen?
Die seit Jahren immer wieder gleichen Ankündigungen einzelner Mitglieder der BR und das, was im Haushaltsplan und im realen Handeln heraus kommt, liegt Welten auseinander. Darüber besteht in weiten Teilen der Bevölkerung und in der Beurteilung z.B. durch die Medien Konsens.
Sobald Herr Scholz sagt, die schwarze Null muss stehen, wird jede Ankündigung der IBUK zu Makulatur.
Diese Sprechblasen sind mittlerweile unerträglich.
Nicht nur im Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Dazu kommt das Prinzip des Aussitzens durch die Kanzlerin, Führen und Politik gestalten muss anders aussehen.
Die Wahlergebnisse in letzter Zeit sprechen Bände.
“Wir erreichen die Bürger nicht mehr…“, richtig erkannt immerhin.
“Wir haben die falschen Schwerpunkte gesetzt …“. Ja, auch richtig.
“Wir müssen bessere Arbeit abliefern!“
Ja, in fast allen Politikfeldern.
Dann fangt mal an.
Hoffnung auf Besserung nach der nächsten Bundestagswahl habe ich jedoch wenig, vielmehr graust es mir schon jetzt vor künftigen möglichen Konstellationen / Koalitionen.
„Bundeswehr soll öfter ins Ausland“ – keine Arme, keine Kekse.
Nachtrag (aus ZEIT Online):
„Auf den Einwand, dass deutsche Soldaten dann häufiger in Zinksärgen aus dem Einsatz zurückkämen, sagte die Verteidigungsministerin, jeder Einsatz sei gefährlich.“
Das ist ja ‚mal eine Ansage. Aber im Grundsatz hat die IBUK natürlich recht. Wenn man das nicht möchte dann darf man Soldaten (und Polizisten) nicht in Einsätze entsenden.
@ Thomas Melber
hier könnte man sogar direkt schreiben „keine Armee, keine Kekse“
Zu Ihrem zweiten Punkt: Könnte das ein Grund sein, weshalb manche Parteien generell gegen Auslandseinsätze sind?
Aber ich sterbe gern für billige/s Öl/Bier/Gags!
@Bundesbürger
I get your point. Allerdings ist unser Wohlstand (i.ü.S. unser sozialer Friede i.w.S.) auch auf den Zugang zu preiswerten Ressourcen, die wir nicht haben, aufgebaut. Dazu gehört z.B. auch „freedom of navigation“ (FON).
Zum Nachtrag – AKK Interview in der Süddeutschen Zeitung.
Wegen einer vergleichbaren Forderung ist bekanntermaßen Horst Köhler im Mai 2010 zurückgetreten. In einem Hörfunk-Interview sprach er sich damals dafür aus, im Notfall eigene Interessen zu wahren und freie Handelswege zu sichern. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, wurde ihm vorgeworfen „Bundeswehreinsätze in Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen gebracht zu haben… „