Gauck: Zum Einsatz der Bundeswehr nicht aus Prinzip Nein, nicht reflexhaft Ja

MSC_Gauck

Bundespräsident Joachim Gauck hat als erster Redner die 50. Münchner Sicherheitskonferenz eröffnet – und wenig überraschend hat er sich auf ein Thema konzentriert, dass in den vergangenen Wochen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier wie von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unter verschiedenen Perspektiven öffentlich erörtert wurde: Die Rolle Deutschlands in der Welt, oder, anders formuliert: Muss sich dieses Land, in welcher Form auch immer, bei Krisen mehr engagieren?

Der Bundespräsident verwies auf die internationale Einbindung Deutschlands, politisch wie vor allem wirtschaftlich, und kam zu dem Schluss, dass sich dieses Land mehr einmischen müsse – und unter Umständen auch militärisch. Aus seiner Rede die – aus meiner Sicht – zentralen Passagen dazu, wie Gauck sie gehalten hat:

Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert und profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung – einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden. Aus all dem leitet sich Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.
(…)
Auch wer nicht handelt, übernimmt doch Verantwortung. Es ist trügerisch sich vorzustellen, Deutschland sei geschützt vor den Verwerfungen unserer Zeit – wie eine Insel. Denn Deutschland ist so tief verwoben mit der Welt wie wenige andere Staaten. Somit profitiert Deutschland besonders von der offenen Ordnung der Welt. Und es ist anfällig für Störungen im System.
Eben deshalb können die Folgen des Unterlassens ebenso gravierend wie die Folgen des Eingreifens sein – manchmal sogar gravierender.
So möchte ich erinnern an das, was ich an unserem Nationalfeiertag am 3. Oktober gesagt habe: Wir können nicht hoffen, verschont zu bleiben von den Konflikten dieser Welt. Aber wenn wir uns an deren Lösung beteiligen, können wir die Zukunft zumindest mitgestalten. Deshalb lohnt es sich für die Bundesrepublik, in die europäische Zusammenarbeit und die internationale Ordnung angemessen zu investieren.
Es ist schon richtig: Probleme zu lösen, kann Geld kosten, manchmal viel Geld. Aber nicht nur in der europäischen Krise haben wir bewiesen, dass wir bereit sind, weit zu gehen, Bündnisverpflichtungen einzuhalten und Unterstützung zu leisten, weil dies letztlich in unserem eigenen Interesse liegt.
Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein. Eines haben wir gerade in Afghanistan gelernt: Der Einsatz der Bundeswehr war notwendig, konnte aber nur ein Element der Gesamtstrategie sein. Deutschland wird nie rein militärische Lösungen unterstützen, es wird politisch besonnen vorgehen und alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen. Aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird – Einsatz der Bundeswehr –, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip „nein” noch reflexhaft „ja” sagen.

(Die Rede in voller Länge auf der Seite des Präsidialamtes.)

(Foto: MSC/Mueller)