AKK stimmt in Gao auf längeres Bundeswehr-Engagement in Westafrika ein (plus: Statement zu Syrien)
Zum Abschluss ihrer Afrikareise hat Verteidigungsministerium Annegret Kramp-Karrenbauer das Bundeswehrkontingent im UN-Einsatz in Mali besucht. Beim deutschen Kontingent der MINUSMA in Gao im Norden Malis machte sie dabei deutlich, dass sich Deutschland und die Bundeswehr auf ein längeres Engagement in dem westafrikanischen Land und in der Sahelzone einstellen sollten.
Ich bin der festen Überzeugung, wir müssen uns darauf einrichten, dass wir hier länger bleiben und dass wir hier Strukturen brauchen, die helfen, Sicherheit zu stabilisieren. Denn wie gesagt, für die Entwicklung in Europa ist diese Region eine der entscheidenden, wenn es um die nächsten Jahre geht, sagte Kramp-Karrenbauer.
Aus technischen Gründen erst mal nur das Statement der Ministerin in Gao (ab Minute 05:00 gibt es ein paar Aussagen nicht zu Mali und den Afrika-Einsätzen, sondern zur Lage in Syrien und an der türkisch-syrischen Grenze):
(Wird später ergänzt, auch mit Fotos)
[Kopiert aus Vorgängerfaden, teilergänzt]
@bundeswehrInfo: „Gestern noch in #Koulikoro bei @eutmmali1, heute ist unsere Ministerin @akk bei @UN_MINUSMA in #Gao“.
Dann wird von Gao aus erstmals die neue Richtung angedeutet werden können, sicher aber nach Rückkehr in Vorbereitung der Mandatsverlängerung in ’20. Dazu gilt es bei derzeitiger Koalition dicke Bretter zu bohren, da der SPD eher der Sinn nach Ende der Mission steht.
Aber auch hier wird eingedenk Macrons Einsatz für multilaterales europäisches Auftreten weitgehend alles in Richtung weitermachen laufen.
Dass eine Zusammenfassung der Anstrengungen von EUTM, MINUSMA, G5-SAHEL und BARKHANE zahlreiche Synergieeffekte ergäbe, u.a. bei Logistik, Führung und Kräfteökonomie dürfte unbestritten sein. Animositäten und Rechtliches von Blauhelm/UN über Ausb/EUTM bis hin zu Kampf/BARKHANE sind lösbar.
Wesentlich aber zur Durchsetzung eigener Absicht ist das Mandat und dazu erforderliche Kräfte. Ausb, Maßnahmen der Security Sector Reform und herkömmliche Entwicklungshilfe führen zu nichts, wenn Gegner nicht zerschlagen wird. Es braucht also ein Mandat, dass Kampf mandatiert, denn egal wie erfreulich Erfolge im Süden auch sein mögen, in der Wüstenregion kann alles leicht zunichte gemacht werden.
Dort, in der Zentralregion und im Norden bestimmen Wüstenstämme der Touareg, AQIM (Al-Quaida im Maghreb), MNLA (Mouvement National d’Azawad) und versprengte Daesh-Kämpfer die Richtung.
Wer ernsthaft im Kontext eines militärischen Einsatzes davon spricht, das „Eigenschutz höchste Priorität hat“ ( hat den Sinn militärischer Operationen nicht verstanden.
Höchste Priorität muss das errreichen des Einsatzziels unter auch unter Eingehung von Risiken sein, das ist dich gerade wesensmerkmal militärischer Operationen.
Wenn „Eigenschutz höchste Priorität“ hätte müsste man konsequenterweise zu Hause bleiben.
In meinen Augen in vielerlei Hinsicht ein erschreckendes Bild, dass die Ministerin hier abgibt
Dann kann man nur hoffen, dass man aus Afghanistan gelernt hat und angemessene Einsatzregeln und schwere Waffen nicht erst dann auffährt, wenn rd. 250 junge Leute versehrt oder gar in Zinksärgen nach Hause zurückkehrten. Ich wage es aber zu bezweifeln, und staune über meine Zweifel. Ausgerechnet in militärischen Dingen wird das politische Berlin immer weich, das sich sonst nicht scheut, auch die unbeliebteste Politik hartnäckig zu verfolgen.
Stimme @wacaffe voll zu!
Wie soll eine ehemalige Ministerpräsidentin des Saarlandes denn auch wirklich Ahnung vom Zweck von STREITkräften haben?
Sie hat, wie der Rest der Regierung und des Parlamentes, zudem keine echte Rechtfertigung für den m.E. grundgesetzwidrigen Einsatz der Bw in Mali und macht es sich mit einem „weiter so“ ohne Benennung realistischer Missionsziele mal wieder sehr einfach.
Als IBUK disqualifiziert sie sich damit selbst, als künftige Kanzlerin kann nicht nur ich sie mir absolut nicht vorstellen!
[Hm, jetzt wird’s ein bisschen merkwürdig, AKKs frühere Funktion als Begründung heranzuziehen; auch mal eben vom „m.E. grundgesetzwidrigen Einsatz“ zu sprechen und damit, sagen wir Ablehnung gegenüber den Vereinten Nationen zum Ausdruck zu bringen, ist ein bisschen dünn. Auf diesem Niveau hier bitte nicht. T.W.]
@wacaffe sagt: 08.10.2019 um 22:15 Uhr
„Höchste Priorität muss das erreichen des Einsatzziels unter auch unter Eingehung von Risiken sein, …“
Sie haben vollkommen recht, aber:
a. Müsste man dazu ein Einsatzziel definieren und auch eine entsprechende Exit-Strategie bei Erreichung bzw. Nichterreichung dieses Zieles.
b. Erfordert das entsprechende Kräfte vor Ort, die so robust vorgehen, das man das Ziel erreichen kann.
Dazu fehlt der entsprechende politische Wille und die Fähigkeit, das umzusetzen. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU.
@ KPK
Zitat:
„Wesentlich aber zur Durchsetzung eigener Absicht ist das Mandat und dazu erforderliche Kräfte. Ausb, Maßnahmen der Security Sector Reform und herkömmliche Entwicklungshilfe führen zu nichts, wenn Gegner nicht zerschlagen wird. Es braucht also ein Mandat, dass Kampf mandatiert, denn egal wie erfreulich Erfolge im Süden auch sein mögen, in der Wüstenregion kann alles leicht zunichte gemacht werden.
Dort, in der Zentralregion und im Norden bestimmen Wüstenstämme der Touareg, AQIM (Al-Quaida im Maghreb), MNLA (Mouvement National d’Azawad) und versprengte Daesh-Kämpfer die Richtung.“
Ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen, dass die Politik der Zentralregierung in Bamako einen erheblichen Anteil an Schuld an der Misere im Norden von Mali hat ?
Sie werden die Aufständischen nicht „zerschlagen“ können, wie Sie es formulieren. Die leben dort schon seit Generationen. Es ist ihre Heimat. Sie wollen aber von den Resourcen des Landes ihren Teil abhaben und politisch in Bamako mitreden.
Wir können genauso wie in AFG noch 19 Jahre in Mali bleiben, am Ende werden die Stämme des Nordens in Bamako mitregieren. Je eher die Europäer dies der an die Macht geputschten Zentralregierung in Bamako klarmachen, desto friedlicher und einfacher wird dies für alle Beteiligten werden.
@wacaffe @Pio-Fritz
Zutreffend.
Das (geänderte) Einsatzziel, kurz und knapp, kann nur auf Vernichtung sämtlicher Terror- und Partisanengruppierungen lauten. Ohne innere Sicherheit im malischen Staat bleiben sämtliche Förder- und Hilfsmaßnahmen im Süden wirkungslos.
Den erforderlichen Willen vermute ich in Paris zwar schon, hierzulande jedoch ganz und gar nicht.
Hinsichtlich einer Verbesserung der Lage wird demnach nichts Positives aus Berlin vernommen werden können. Mali wird ebenso eine never-ending-story wie AFG auch.
@wacaffe
Wenn sie aber sagen würde, das Eigenschutz sekundär nach Erreichen des Missionszieles ist, würde sie politischen Jigai(weibliche Form des Seppuku) begehen.
Diese Wahrheit, die sie hier benennen, hat die BW wohl mittlerweile verinnerlicht, aber bis jetzt nicht unbedingt die anderen Bürger Deutschlands
Herr Wiegold, als Ministerpräsident/in eines Bundeslandes kann man einfach keine Erfahrungen machen, die eine/n für die Führung von Streitkräften befähigen. Das gilt nicht nur für AKK. Aber sie hat sich bisher nirgendwo sonst im Bereich Sicherheitspolitik hervorgetan und ist aus rein parteitaktischen Erwägungen zum jetzigen Amt gekommen bzw. gedrängt worden. Das wissen doch auch Sie!
Was die Vereinten Nationen angeht, achte ich diese Institution sehr wohl (anders als bedeutende Staatsoberhäupter!). Dennoch bin ich der Meinung, dass die Bw in Mali (und in AFG) nichts mehr zu suchen hat, wenn unsere politische Führung nicht klar definieren kann, welche Missionsziele bis wann erreicht werden sollen, um damit unmittelbar auch die Sicherheit Deutschlands zu garantieren.
Die Vorgaben unseres Grundgesetzes an den Einsatz der Bundeswehr werden schon längst nicht mehr beachtet. In Mali machen wir doch nur den Franzosen zuliebe mit und in AFG noch solange, bis die USA erkennen, dass jeder weitere Einsatz dort wirkungslos bleibt. Und ich weiß mich mit meiner Auffassung in guter Gesellschaft einer deutlichen (leider schweigenden) Mehrheit in Deutschland!
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung – und natürlich kann man über die Sinnhaftigkeit eines Einsatzes streiten. Warum aber ein Einsatz der Bundeswehr in einer Blauhelmmission der Vereinten Nationen verfassungswidrig sein soll, haben Sie, außer mit einem Hinweis auf die berühmte „schweigende Mehrheit“, nicht beantwortet. Das ist ein bisschen arg populistisch. T.W.]
@Lucky.Sailor
Die Vorgaben unseres Grundgesetzes an den Einsatz der Bundeswehr werden 100% eingehalten, sogar übererfüllt, denn wir dürften mehr nach Karlsruher Rechtsprechung. Und, btw. Sie unterstellten sicher nicht, dass der BT GG-widrig abstimmt.
Was Mali konkret angeht, kam das Unterstützungsersuchen natürlich aus Paris, da die FRA Kräfte allein unzureichend sind, zur Gewährleistung letztlich auch DEU Sicherheit. Der DEU Beitrag stellt allerdings auch keine unmittelbare Unterstützung für BARKHANE dar. Was wir und andere EUR leisten läuft unter U.N. /EU Mandat mit Zustimmung der malischen Regierung. Wenn Sie die Verfassung ernsthaft bemühen wollen, dann Fragen Sie nach KSK/Marine in NIGER.
Hinsichtlich Vorbereitung einer MP auf Führung von SK stelle ich fest, rein NIEMAND im Bundestag ist per se dazu qualifiziert, oder hat jemand die GenstAusb durchlaufen? Wesentlich, und normales politisches Verfahren ist, der/die Min trifft politische Entscheidung nach (!) Beratung, dies ist die wesentliche Leistung (gem Führungsprozess). Getrost darf davon ausgegangen werden, dass die neue IBuK zur Verwendung DEU SK in Krisengebieten so gut wie nichts allein entscheidet, das Sicherheitskabinett wird gehört und die BKin gibt die Marsch-Richtung an.
Die schweigende Mehrheit stellt einen wohlfeilen Ratgeber dar. Der Teutsche Michel kümmert sich um seinen gefüllten Wohlstandsbauch etc., alles was dabei stört ist nicht gelitten.
Danke für diese Erheiterung! Für die Führung von Streitkräften braucht es weder Dreck im Gesicht, noch Stallgeruch – zumindest seit wir die heimischen Wälder als primären Kiegschausplatz verlassen haben.
Verteidigungsministerin ist ein politisch-administrative Tätigkeit, wie in den anderen Ministerien auch. Es wird sich entlang von Parteilinien belegt, wobei auf Bundesebene zu dem innenpolitischen Ringen nun auch die außenpolitische Dimension hinzukommt.
Die eigentliche Kunst besteht darin, der Truppe ihre Missionen in einem diplomatisch angemessenen Ton zu vermitteln. Sicherheitspolitische Erfahrungen oder charakterliche Eigenschaften, die Militärs imponieren, mögen dabei hilfreich sein und zur Beliebtheit beitragen – aber solche Kriterien spielen bei Kabinettsentscheidungen die kleinste Rolle.
Insofern sollte immer im Hinterkopf bleiben, daß auch AKK nicht im luftleeren Raum agiert und ihr eigener Spielraum maßgeblich von der politischen Großwetterlage und entsprechenden Prioritäten abhängt.
Interessant wäre das strategische Ziel der Bundesregierung zu erfahren. Was haben wir, was hat die EU, für ein Interesse in Mali? Danach stellt sich die Frage, welche Massnahmen erforderlich sind, was nicht Deutschland alleine stemmen kann. Dann sind die erforderlichen Kräfte zu Verfügung zu stellen, wiederum in Koordination mit den Verbündeten.
Ist die Kommunikation noch nicht so adressatengerecht, dass hier Fragen unbeantwortet scheinen? Oder fehlt es möglicherweise an den genannten Punkten an Substanz?
@Christian Bühring u.a.
Die Angaben zu politischer Absicht, mil Ziel und Zweck sind hier im blog bei veschiedenen Anlässen der letzten Jahre mehrfach genannt worden, ansonsten im Netz abrufbar auf Seiten UN/EU/BMVg.
Glauben muss dies jeweils niemand, ist in unserem Staat Gott sei Dank frei gestellt. Nur, die wiederholte Behauptung, DEU hätte keine formulierten strategischen Ziele, ist einfach falsch. Diskutieren lässt sich freilich über den Realismus sowie wie üblich, ob Auftrag und Mittel passen. Jedoch, nicht zuletzt anlässlich der BT Debatten zur Mandatsverlängerung wird gebetsmühlenartig wiederholt: wer, was, wann, wie und warum?
@Pham Nuwen
Gut so.
Hier und anderswo ( im Netzt vielfach) wird nicht erkannt und umgesetzt, IBuK ist ein rein politisches Amt. Sie/er ist kein Truppenführer.
Salve,
@KPK
„Vernichtung sämtlicher Terror- und Partisanengruppierungen“
Das hört sich an wie der Kommissarbefehl, oder wie die Leichenzählungen der US Army in Vietnam. (Natürlich weiß ich, daß sie es anders meinten.)
Man kann militärisch, als außenstehende Macht, keinen Bürgerkrieg beenden. Das zeigt der fast 20jährige Krieg in Afghanistan, und das zeigt auch der 30jährige Krieg (1618-1648). Der Schrecken für die Zivilbevölkerung ist ungeheuerlich, nur damit sich ein paar Politiker wichtig machen (Frau Dr. Merkel läßt sich sich mit afghanischen Warlords ablichten).
Wenn man tatsächlich etwas verbessern will, konfisziert man die veruntreuten Gelder der Machthaber in Kabul, Bamako und wo auch immer. Und auch die illegalen Geldtransaktionen können nachvollzogen werden. Und nur wenn das nicht mehr geht, wie bei der IS, dann kann man mit einem Plan losschlagen.
Krieg muß immer die letzte Option sein, und wenn man die Karte zieht MUß man einen Plan haben und den auch durchsetzen. Ein Plan kann scheitern, aber ohne Plan ist es verantwortungslos.
Man kann ja auch die politischen Anführer über DenHaag in Absentia rechtskräftig verurteilen, dann muß man sie nicht mehr plötzlich ermorden lassen.
Man sollte auch in die Rechtsprechung eine Wiedergutmachung einführen, dann fließt das veruntreute Geld nicht zurück in die Familie, sondern an die zuvor beraubten Bürger.
@Couthon
Verständlich Ihre Lesart, besonders Thema Geldfluss, ff ökonomische Lage der zu spät Gekommenenen.
Ich halte das, was in Mali abläuft nur nicht für einen Bürgerkrieg.
Krieg, bzw. mehr oder minder vereinzelte Attacken auf kriminalistischem Niveau betreiben [weiße] Stämme im Norden. Ethnische Spannungen, mit Ausnahme der Touareg und ihrem volatilen Streben nach staatlicher Eigenständigkeit (l’Azawad), kennt Mali kaum. Insofern trifft Bürgerkrieg nicht zu.
Die schwarzafrikanischen Bevölkerungen im Süden, Niger-Fluss und noch südlicher, sind anders gestrickt. Die politischen und ökonomischen Eliten des Landes stammen aus dem Süden, sprechen afrikanische Dialekte, sind Händler und Bauern. (Gibt es in der Bamako-Regierung irgendein „weißes“ Gesicht, nein).
Kurz, im Norden „scharmützelt“ man gegeneinander in nomadischer Kriegermanier, leider durch Al-Quaida Ableger u.a. verstärkt, der Süden will seine Ruhe. Diese Ruhe wird allerdings zunehmend von al Shabab aus dem Tschad und Niger operierend gestört.
Tja, und Syrien und das Schicksal der Kurden wird zur sicherheitspolitischen Randnotiz … Sehr bezeichnend.
[Hm, sie wurde während einer Reise in Afrika dazu befragt… insofern würde ich diese Einschätzung aus diesem Grund für ein bisschen überzogen halten. T.W.]
@Lucky.Sailor
Nichts für ungut, aber ich wundere mich über die Hartnäckigkeit, mit der sich das Gerücht hält, die Bundeswehr würde in grundgesetzwidrige Einsätze geschickt.
Das Bundesverfassungsgericht als Inhaberin der Auslegungshoheit über das Grundgesetz hat festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland durchaus bewaffnete Streitkräfte weltweit einsetzen darf, solange der Deutsche Bundestag dem zustimmt und der Einsatzzweck den Bestimmungen des Völkerrechts nicht zuwiderläuft.
Dies wäre allein in einem Angriffskrieg der Fall, und bevor jemand durch diese Begrifflichkeit auf eine falsche Fährte geführt wird: Nach herrschender Meinung (Herdegen) definiert sich der ‚Angriffskrieg‘ im engeren Sinne nach der Zielsetzung (und nicht etwa danach, wer den ersten Schuss abgibt), wobei insb. die Aneignung von Territorien, Geldwerten und Gütern, die Aufhebung einer verfassungsmäßigen, v.a. demokratisch legitimierten Ordnung oder die schiere Vernichtung der gegnerischen Bevölkerung den Tatbestand erfüllten.
Die Mali-Mission berührt den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen nicht einmal ansatzweise.
Dies ist umso mehr wahr, als die ausländischen Truppen in Mali – ebenso wie beispielsweise im Falle Afghanistans – auf ausdrücklichen Wunsch der rechtmäßigen lokalen Regierung im Lande sind. Kein Passus des Völkerrechts verbietet es Mali, ausländischen Regierungen zu erlauben, Truppen ins Land zu verlegen oder sie mit der Sicherung und Erzwingung des inneren Friedens zu betrauen; noch verbietet das Grundgesetz der Bundesregierung, einer solchen Bitte zu entsprechen.
@Klaus-Peter Kaikowsky
Ich bin nicht sicher, ob es zwingend oder auch nur zielführend wäre, vom Vorliegen einer kohärenten deutschen sicherheitspolitischen Strategie auszugehen, nur weil Papiere existieren, die eine solche zu enthalten vorgeben. Eine noch so detailliert ausformulierte politische Strategie ist wertlos, wenn sich niemand daran erhält, niemand sie mit Leben füllt.
Allein die Regierung Schröder zeigte einst ein gewisses Maß an proaktivem Handeln. Seine Vorgänger und auch seine Nachfolgerin jedoch beschränken sich meines Erachtens nach darauf, auf internationalen Forderungen nach deutschem Engagement zu reagieren, stets mit einem Auge auf die Innenpolitik bedacht, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, und sich im Übrigen als Vermittler anzubieten.
Allein der Umstand, dass ein Bundespräsident zurücktreten musste, weil er die in jedem anderen Land als naturgegebene Wahrheit betrachtete Tatsache aussprach, dass Deutschland ein Interesse daran habe, seine Handelswege notfalls militärisch zu sichern, besagt alles, was man über den sicherheitspolitischen Diskurs in Deutschland wissen muss. Und ich wage zu behaupten, dass sich ebendiese Haltung (oder besser gesagt, ihr Fehlen) im außenpolitischen Handeln Deutschlands deutlich niederschlägt. Wer sich über die außenpolitischen Volten des Orangenmanns im Weißen Haus empört, dem sei gesagt, dass Deutschland seine Partner oft genug verprellt hat, etwa hinsichtlich der Libyen-Intervention.
@ KPK
Zitat: „Kurz, im Norden „scharmützelt“ man gegeneinander in nomadischer Kriegermanier, leider durch Al-Quaida Ableger u.a. verstärkt, der Süden will seine Ruhe. Diese Ruhe wird allerdings zunehmend von al Shabab aus dem Tschad und Niger operierend gestört.“
Dann neben Sie doch mal Stellung zu dem Verhalten und den Absichten der Völker und Kriegsteilnehmer im Norden von Mali und warum wollen die Machthaber im Süden ihre „Ruhe“ ?
Um die reichhaltigen Goldvorkommen im Süden alleine auszubeuten und deren Ertrag ausschließlich auf die eigene Volksgruppe zu verteilen und die Bevölkerung im Norden leer ausgehen zu lassen ?
Und um auch die möglichen Einkommensquellen der Bevölkerungsgruppen im Norden abzuklären. Was schlagen Sie den als Ersatzeinkommen für die Tuoareg vor, die jahrhundertelang im Karawanenhandel Salz gehandelt, geschmuggelt und Flüchtlinge durch die Wüste nach Norden transportiert haben ?
Des weiteren würde ich gerne wissen, wie Sie die Zukunft der ca. 1500 malischen Söldner von Gadaffi sehen, die am Ende des Krieges in Libyen mit ca. 1000 Fahrzeugen nach Nordmali zurückgekehrt sind. Bekanntlich ernährt der Krieg die Krieger und die malischen Söldner in Libyen waren professionelle Krieger.
Insofern eine Parallele zum IS, bei dem die entmachtete sunnitische militärische Oberschicht der irakischen Armee nach dem Irakkrieg 2003 – 2005 unterkam.
Ein letzter Punkt zum Schluss, beide Kriege der Irakkrieg 2003 und der Libyenkrieg von 2011 wurde entweder vom Westen geführt oder maßgeblich militärisch beeinflusst und für die Folgen will keiner verantwortlich sein (siehe aktueller Rückzug der Amerikaner aus Nordsyrien oder wo sind GB oder Italien als Kriegsteilnehmer gegen Gadaffi heute in Mali ?)
Salve,
@KPK
Wenn Bürger aus Mali gegeneinander kämpfen, nennt man das doch Bürgerkrieg. Das Mali kein Staat mit einer homogenen Bevölkerung ist, ist eine Altlast des Kolonialismus. Wenn die südliche Bevölkerungsgruppe nur ihre Ruhe will, warum treten sie die „bösen“ Nordgebiete nicht ab? Ach, weil die Gebiete mit Bodenschätzen gesegnet sind. Dann wollen die südlichen Gruppen also keine Ruhe, sondern nur Reichtum…
@Couthon
Meine Wenigkeit begreift das, was dort abläuft, eben nicht als Bürgerkrieg, weil mit Ausnahme der Touareg mit ihrem erträumten Wüstenterritorium l’Azawad unterschiedliche Warlords kriminell zur Vermögensanhäufung unterwegs sind, ohne gesamtstaatlichen politischen Machtanspruch. Damit kämpfen nicht „Bürger“ sondern Kriminelle gegeneinander.
Die Bodenschätze lagern übrigens durchaus verteilt. Uran im Westen, Bauxit im Nordosten, im Süden (!) Gold; Mali liegt mitten im afrikanischen „Goldgürtel“, der quer durch Westafrika verläuft.
Die ewige Litanei der Kolonialschuld trifft insbesondere auf den westafrikanischen Sahel nicht zu. Schon 1895 gründeten die Franzosen mit der Föderation „Afrique Occidentale Francaise“ eine erste territoriale Verwaltungsstruktur unter lokaler Bevölkerungs-Einbindung . Nach WWII begann De Gaulle über die „Communauté Francaise“ mit der Einführung einer nachkolonialen Ordnung, die Mali zu einem afrikanischen Vorzeigeprojekt werden ließ. Das Drama begann mit Gaddaffis Ende, der anschließenden Touareg-Rebellion und dem islamistischen Aufstand. Der Rest ist bekannt.
@Georg
Karawanen sind tot, außer für erste Touristen. Wovon die Touareg leben werden, kann ich Ihnen sagen. Wie eh und je vom Schmuggel von Waffen, Flüchtlingen, Drogen, Entführungen, Wegelagerei zur Kontrolle der Verkehrswege quer durch die praktisch grenzenlose Sahara. Über 1.500 libysche Söldner (es waren keine Malier) machen Sie sich acht Jahre nach Gaddafi noch sorgen? Wie viele der Pick-up fahren noch, haben einige Söldner überlebt oder sind im Djihad des Kalifats von Daesh verreckt?
@KPK
Es waren 1500 malische Söldner, die nach dem Ende von Gadaffi wieder nach Mali zurück gekehrt sind und dort ihrem Gewebe nach gehen.
Die Goldvorkommen liegen im Süden und die wollen ihren Reichtum nicht teilen. Zu guter Letzt ist die amtierende Regierung in Bamako durch einen Militärputsch an die Macht gekommen. Das reicht in anderen Ländern aus um einer Regierung die Hilfe zu verweigern.
Also ganz klar die Einführung von föderalen Strukturen ist in Mali gefragt und keine Förderung einer illegalen Regierung !
@Georg
Die letzte malische Putschregierung war im März zurückgetreten, Präsident Ibrahim Boubacar Keïta, beauftragte eine Allparteien-Regierung.
Im weiteren widerspreche ich Ihrer Darstellung 1.500 malischer Söldner in Gaddafis Diensten.
Zur Hochzeit der Kämpfe gegen sein Regime, Frühjahr/Sommer 2011, rekrutierte er zwar alles was er bekommen konnte, da Fremde nun mal „besser“ auf Einheimische losgelassen werden können als eigene Bürger, zumal bei passendem Sold.
Diese Hilfstruppen waren jedoch in erster Linie Schwarzafrikaner aus aus dem Tschad ( hatten schon in vorrevolutionärer Zeit für G. gefochten), Niger und Sudan, hierbei meist aus Darfur.
Zwar wird in der Literatur von mehreren Tausend Touareg gesprochen, diese waren aber entweder Algerier oder von südlibyschen Stämmen herrührend. Einzig m.E. verlässliche Zahl zu Libyern sind 600 Kämpfer in Bengasi gewesen ( Gem. Adam Thiam, mli Analyst). Allerdings hatte Libyen mangels Masse auch malische Touareg in die ordinäre libysche Armee mit libyscher Staatszugehörigkeit aufgenommen. Bei den Touareg kann allerdings nicht von irgendeiner klassischen staatlichen Identifikation ausgegangen werden. Sie begreifen sich als Touareg mit jeweils aufgezwungener Staatlichkeit.
@ KPK
Da ist wohl ein Ereignis am Ende des Libyenkrieges ihrer Aufmerksamkeit entgangen:
https://www.zeit.de/2012/14/Mali
(@ TW: Der Link ist 7 Jahre alt. Ich denke dies ist in Ordnung, oder ?)
@ Couthon: Wenn die Idee von der dauerhaften Abspaltung des von den radikalen Touareg gewollten Azawads Wirklichkeit werfen würde, hätten Sie wohl den Super-Destabilisierungsherd für ganz Afrika. Die Tuareg haben sich doch primär radikalisiert, weil sie sich herabgestiegen von den stolzen Kriegern, die Schwarzafrikaner reihenweise versklavten (das gibt es da leider sogar heute immer noch, wenn auch offiziell nicht mehr legal, mit dem Hintergrund hatten die eher dunkelhäutigen Bevölkerungsteile Mails auch wohl nicht so wirklich die Minderheitenbedürfnisse der Touareg auf der Agenda….), als Minderheit wiederfanden, deren Lebensweise gesellschaftlichen Aufsteig in der auch in Afrika moderner werdenden Welt behindert. Die Wahl der Tätigkeit zwischen Arbeitslos und auf Almosen (=Entwicklungshilfe odee staatliche Unterstüzung) angewiesen oder Söldner fällt da leicht.
Wenn in so ein Azawad-Staatengebilde dann ein die Wahhabiten ein paar Milliarden reinpumpen würden, tja, dann würde wohl sehr schnell es unlustig für alle drumherum werden können.
@ KPK: Ich bin da recht nah bei Ihnen.
@Georg
Bekannter Sachverhalt. Mit 1.500 Söldnern sammt 1.000 Pickups, die JETZT nach acht Jahren dort noch unterwegs sein sollen, hat das nichts zu tun.
Das Thema ist durch.
@Landmatrose3000
Aufrichtung Azawad wäre der GAU im Sahel.
@ KPK
Es ist natürlich ihre Sache auf welche Argumente meiner Kommentare Sie eingehen wollen und welche Sie einfach links liegen lassen.
Eine Diskussion in der Sache wird dadurch allerdings schwieriger bis unmöglich. Zum Beispiel wäre es für mich immer noch interessant, welche Anteile der Bevölkerungsgruppen in Nordmali Sie durch einen umfassenden Militäreinsatz „vernichten“ wollen.
Bisweilen wirkt ihre Diskussionsführung wie ein Rückzug nach amerikanischen Vorbild „declare victory and withdraw“ !
@Georg
Bin auf jedes Argument eingegangen, ggf nicht Ihrer Erwartung folgend.
Wo hab ich gesagt, dass Bevölkerung vernichtet werden soll? Weder im Norden noch sonst irgendwo. Zutreffend ist das aber für die Guerilla, gleich welcher Provenienz.
@T.W: Ihr Wort in Gottes Ohr. Zur Zeit exekutieren mit der Türkei allierte islamistische Milizen öffentlich Politiker und Zivilisten. Und das unter türkischem Feuerschutz. Vgl. Tagesschau
Also ich kann eine Allianz (NATO) mit der Türkei nun schwer mit meinem Gewissen vereinbaren.
[Hm, das kommt jetzt etwas unvermittelt, weil es in diesem Thread im Wesentlichen um Afrika geht… und ist deshalb bisschen missverständlich. Meine Bitte wäre, das Thema Syrien in diesem Thread nicht aufzugreifen; ich muss mal schauen, ob das gesondert geht. T.W.]
@T.W:
Verstanden, danke.