Verlängerung von Anti-IS-Einsatz? Union bestätigt, SPD zurückhaltend (Update)
Die zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD umstrittene Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes der Bundeswehr ist möglicherweise recht schnell entschieden: Die Unionsfraktion im Bundestag erklärte, dass sich beide Koalitionspartner auf eine begrenzte Verlängerung verständigt hätten. Die SPD-Fraktion erklärte dagegen, sie wolle einen neuen Mandatsentwurf der Bundesregierung abwarten.
Die Bundeswehr ist derzeit an der internationalen Koalition zum Kampf gegen die ISIS-Milizen in Syrien und im Irak mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen, Luftbetankung für die Kampfjets anderer Nationen und einer Ausbildungsmission im Irak beteiligt. Das laufende Bundestagsmandat läuft nicht nur zu Ende Oktober aus, sondern sieht auch ausdrücklich vor, dass der Einsatz der Luftwaffe mit den Aufklärungsjets und dem Tankflugzeug zu diesem Zeitpunkt endgültig eingestellt wird.
Der kommissarische SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hatte zunächst auf dieser Festlegung im Bundestagsmandat beharrt, sich in den vergangenen Tagen aber offen für eine begrenzte Fortsetzung gezeigt. Nach Angaben einer Sprecherin der Unionsfraktion vereinbarten beide Partner in der Berliner Koalition, dass die Luftwaffenmission von der jordanischen Basis al-Azraq aus bis zum 31. März kommenden Jahres fortgeführt werden soll. Die Ausbildungsmission in Taji nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad soll ein ganzes Jahr bis zum Oktober 2020 weiterlaufen. Das gleiche gilt für den Einsatz von AWACS-Luftüberwachungsflugzeugen der NATO, die die Anti-IS-Koalition unterstützen.
Update: Über die Einigung hatten zuvor mehrere Medien berichtet, auch unter Berufung auf SPD-Quellen. Dagegen machte der kommissarische Fraktionsvorsitzende deutlich, dass ein neues Mandat noch bewertet werden müsse und von einer Verständigung, wie von der Union erklärt, offensichtlich keine Rede sein kann.
Mützenich äußerte sich am Samstagabend über den Twitter-Account der Bundestagsfraktion:
Durch die Versäumnisse des Verteidigungsministeriums kann der von der Bundesregierung im Anti-IS-Mandat angegebene und vom Bundestag bestätigte Abzugstermin 31.10. offenkundig nicht mehr eingehalten werden.
Entweder der Bundestag wurde vom Verteidigungsministerium getäuscht und bewusst in ein Dilemma getrieben, oder man hat es sträflich vernachlässigt, ihn darüber zu informieren, dass das Abzugsdatum nicht wie versprochen realisiert werden kann. Beides ist ärgerlich.
Das Verteidigungsministerium muss das klären. Die Bundesregierung muss jetzt unter Federführung des BMVg ein Abzugsmandat für die Aufklärungs- und Tankerflugzeuge erarbeiten. Wir werden anschließend das erarbeitete Mandat prüfen und politisch bewerten.
(Archivbild: Kampflugzeug vom Typ Tornado IDS (45+92) nach der Landung auf der Air Base in Al-Azrak/Jordanien im Rahmen der Mission Counter Daesh am 19.05.2018 – Jürgen Sickmann/Bundeswehr)
„Die Bundesregierung muss jetzt unter Federführung des BMVg ein Abzugsmandat für die Aufklärungs- und Tankerflugzeuge erarbeiten. Wir werden anschließend das erarbeitete Mandat prüfen und politisch bewerten“.
Ja ist denn schon BT-Wahlkampf? Oder wird „bloß“ der GroKo-Ausstieg nach der Halbzeitüberprüfung eingeleitet? Sicherheits- und Außenpolitik stellen denkbar ungeeignete Vehikel hierfür dar.
Wenn bis 31.03.20 keine Ablösung verfügbar sein sollte, d.h. kein Partner von OIR „sich erklärt“, gibt’s nichts zu bewerten.
Die Tankerfrage steht dabei im Hintergrund, das können mehrere andere durchaus, nicht zuletzt BEL/NLD gemeinsam. Hinsichtlich der Aufklärer sieht die Verfügbarkeit an Jets weiterer Coalition Member aber weniger üppig aus.
Zudem wird eine politische Bewertung auch bei Partnern erfolgen, ob NATO uns so einfach vom Haken, einen schlanken Fuß machen lässt.
Die wirkliche erste Bewährungsprobe der neuen IBuK steht ins Haus.
Es wird mit Sicherheit erwartet werden, dass DEU seinen Beitrag zur nachhaltigen Vernichtung von Daesh kontinuierlich einbringt. Dazu wird auch die Frage außenpolitischer Verlässlichkeit nicht mehr im Skat liegen bleiben. Wir haben jeden Grund zu wesentlichen mil/ziv Beiträgen; Daesh (IS, ISIS, ISIL) darf sich nicht rekonstituieren, deren militante Anfänge mit al-Quaida nach 9/11 müssen Lehre genug sein.
Man kann schlecht Infrastruktur abbauen und zurückführen wenn man nicht weiß ob das Mandat verlängert wird.
Den Flugbetrieb kann man (fast) von jetzt auf nachher einstellen, und das ist ja der Kern des Mandates.
Die Rede war bisher nur von Al-Azraq und Taji. Was ist denn mit Erbil geplant?
[Pardon, das war meine Unschärfe – Erbil fällt natürlich auch unter die Ausbildungsmission Irak. Aber die Details sind ja für alles noch unklar und offensichtlich bis zuletzt Verhandlungssache in der Koalition. T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt:07.09.2019 um 19:57 Uhr
„Wenn bis 31.03.20 keine Ablösung verfügbar sein sollte, d.h. kein Partner von OIR „sich erklärt“, gibt’s nichts zu bewerten.“
Warum nicht? Wenn ein Einsatz zeitlich begrenzt ist, dann ist er eben zu diesem Zeitpunkt zu Ende. Und über Sinn oder Unsinn von Aufklärungsflügen über Syrien und Irak diskutieren wir hier schon länger. Diese Frage ist noch ungeklärt und wird momentan anscheinend gar nicht gestellt.
Um Ihrer niederländischen Vorliebe entgegen zu kommen, nichts anderes haben die Niederländer in Mali gemacht. Es waren erhebliche Klimmzüge nötig, um die gerissenen Lücken zu stopfen. Und die Niederländer wären auf gar keinen Fall geblieben.
Fazit: Nur weil man an einem Einsatz teilnimmt heißt das nicht, das dieses bis in alle Ewigkeit so sein muss.
@Pio-Fritz
Es wird Sie kaum verwundern, ich bin anderer Auffassung. Unvorstellbar ist, und wird auch nicht passieren, dass wir uns davon stehlen, wenn sich Ablösung nicht ergeben sollte.
Das Beispiel NLD und MINUSMA/Mali ist keines für vorliegende Frage der Truppengestellung im AOR für CJTF OIR.
Die NLD stellten mit 12 (!) Monaten Vorankündigung ihre Präsenz ein und kümmerten sich um Ablösung. Grund war und ist schlicht und einfach, materielle und personelle Ermüdung insbesondere bei Hubschraubern und Spezialkräften. Ohne ins Detail zu gehen, NLD unterhält rund 49.000 Soldaten in allen TSK, mit Militärpolizei die auch ziv Aufgaben erfüllt und ständiger Marinepräsenz in der Karibik. Die Belastung war und ist im Verhältnis zu DEU Anforderungen deutlich höher.
BTW, Macron hat eine erneute NLD Präsenz eingefordert, diplomatisch verpackt, aber deutlich: SOF Ausb unter FRA Führung.
[So, diesen OT stellen wir jetzt ein, zumal es ein bisschen schräg wird: D hat mit Verabschiedung des gültigen Mandats, also auch mit zwölf Monaten Vorlauf, die Einstellung zum Oktober angekündigt. Aber wir werden jetzt nicht diesen Thread zum Vorwand nehmen, über die Niederlande in Mali zu diskutieren. T.W.]
Die Einstellung der Aufklärungsflüge von Al-Asraq ist das Eine und das Andere ist der deutschen Abzug aus Al-Asraq.
Bekanntlich sind die Deutschen den Amerikanern nach Al-Asraq gefolgt und es hat lange und quälende Verhandlungen über ein Stationierungsabkommen für die deutschen Soldaten gegeben.
Die jordanische Basis Al-Asraq wurde von den Amerikanern ausgewählt um im Dreiländerdreieck Syrien, Irak und Jordanien den Nachschub für die iranischen schiietischen Milizen wie Hisbollah usw. über die wenigen Landverbindungen von Irak nach Syrien kontrollieren und notfalls unterbinden zu können. Den Seetransport kann man mit der Marine abfangen. D.h. unabhängig davon wo die Aufklärungssatelliten gerade stehen, kann man zu jeder Tages- und Nachtzeit aus verhältnismäßer geringer Flughöhe kontrollieren was auf der langen Straße durch die Wüste gerade transportiert wird.
In dieser Hinsicht ist der deutsche Aufklärungsposten unweit der Wüstenstraße tatsächlich strategisch wichtig für das Gleichgewicht der Kräfte in der Region. Nachdem das offizielle Staatsziel von Iran die Auslöschung Israels ist und Deutschland Israel eine dauerhafte und uneingeschränkte Unterstützung zugesagt hat, quasi zum deutschen Staatsziel erhoben hat, erwarte ich, dass der deutsche Lw-Aussenposten in Jordanien noch einige Jahre Bestand haben wird.
[Nein, auch diesen OT machen wir nicht auf. Bekanntlich ist die Bundeswehr wegen der Probleme in Incirlik/Türkei nach al-Azraq gegangen. Die Überwachung der Hizbollah steht nicht im Bundeswehr-Mandat, und ein bisschen Rechtsstaat wäre nicht schlecht, oder? T.W.]
Wenn ich die Reaktionen auf meinen Post von gestern lese, scheint es schwierig zu sein, die militärische Sinnhaftigkeit eines weiteren Einsatzes der Recce-Tornados innerhalb der Mandatsvorgaben zu begründen. Wahrscheinlich ist das nur mit vielerlei Verrenkungen möglich. Und Anzahl von Flügen ist kein Qualitätsmerkmal, da müsste man schon auf die Aufklärungsergebnisse schauen.
Politisch kann man das auf verschiedenen Ebenen diskutieren, keine Frage. Aber eines ist sicher, ohne Entzug der politischen Basis wird es keine Auslöschung des IS geben. Und die erreicht man nicht militärisch. Die militärische Arbeit ist getan, der IS besiegt, den Rest muss der Irak schon selber hinbringen. In Syrien ist die Lage komplizierter, aber auch dort ist es möglich.
Btw, bei 12 Monaten Vorankündigung einer Mandatsbeendigung von „davonstehlen“ zu sprechen, ist schon starker Tobak. Da muss man schon von einer Verweigerung der Kenntnisnahme von Tatsachen sprechen.
@Pio-Fritz
Mitnichten ist die militärische Arbeit getan. Daesh ist zwar schwer geschlagen, aber eben nicht vernichtet, andernfalls gäbe es keine Anschläge mehr, was aber der Fall ist.
Dass der Irak vermehrt in der Pflicht steht trifft zu, er muss dazu aber nachhaltig befähigt werden. Capacity Bildung Iraq muss also bleiben.
Bei „davonstehlen“ doch noch einmal zurückblättern! Mützenich denkt an Verlängerung für die Tornados bis schlussendlich 31.03.20. Was danach kommt …? Das nenne ich davonstehlen (7 Monate Zeit), denn eine Ablösung hat der kleine Koalitionspartner nicht im Köcher. Unverantwortlich, weil es in die Herbstwahlen passt und den politischen Selbsfindungsprozess in der Koalition stützt.
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt:09.09.2019 um 13:40 Uhr
Sie lassen komplett außen vor, das die Ausbildungsmission gar nicht in der Diskussion steht und sogar um ein Jahr verlängert werden soll. Das Datum 31.03.2020 betrifft also nur die Aufklärungsflüge und den Tanker. Und dann wären die nach 19 ! Monaten Vorankündigung weg. Dann hat der Führer OIR genügend Zeit gehabt, seinen Ersatz zu besorgen.
Ich sehe überhaupt keine Grundlage für Ihre Forderung, man könne den Einsatz nur beenden, wenn man für Ersatzgestellung sorgt. Und Sie bringen nicht ein Argument, warum die Tornados bleiben sollen und wofür sie militärisch sinnvoll noch genutzt werden können. Nur der alte Grundsatz „haben ist besser als brauchen“, den der stellv. Kommandeur gegenüber der IBUK angeführt hat, ist kein Argument.
@ Pio-Fritz
Zitat: “ Und Sie bringen nicht ein Argument, warum die Tornados bleiben sollen und wofür sie militärisch sinnvoll noch genutzt werden können. “
Stimmt, dann wird es aber auch Zeit sich in der politischen Diskussion in Deutschland ehrlich zu machen, oder glaubt jemand ernsthaft, dass die internationale Koalition je auf die deutschen Aufklärungsergebnisse unmittelbar und ausschließlich angewiesen war ?
Wir sind dort aus Solidarität mit den westlichen Allierten dort unten und aus keinen anderen Grund. Man erinnere sich an die Bitte von Frankreich sie zu unterstützen nach den Anschlägen in Paris.
Wie schwer sich die deutsche Politik mit dem IS tut, sieht man auch daran dass IS-Unterstützer, bzw. deren Familienangehörige nicht einfach wie Angehörige, bzw. Unterstützer einer terroristischen Vereinigung (wie ehemals bei den RAF-Angehörigen) abgeurteilt und eingesperrt werden.
Also die innerdeutsche Diskussion hat einen deutlichen Nachholbedarf !
Zitat: „Nur der alte Grundsatz „haben ist besser als brauchen“, den der stellv. Kommandeur gegenüber der IBUK angeführt hat, ist kein Argument.“
Dies ist zwar kein Argument, aber einen militärischen Fussabdruck in einer für den Westen entscheidenden Stelle im Nahen Osten zu haben, müsste eben auch innerdeutsch diskutiert werden !
@Pio-Fritz
„Warum Tornados bleiben sollen und wofür sie militärisch sinnvoll noch genutzt werden können …“ hat der DepCmdr CJTF OIR der neuen IBuK in Anwesenheit von Presse vordekliniert.
Das ist ausreichend.
@Georg
Einen Fußabdruck braucht man nur dann wenn man sich einbringen und aktiv mitgestalten will – politisch und militärisch; schließlich noch finanziell.
Die Aussagen von Mützenich wirken doch sehr darum bemüht die Schuld bei Anderen zu suchen. Wie gut, dass das BMVg ein recht dankbares Opfer ist.
Mir ist die Aussage mit dem Abzugsmandat nicht so richtig klar. Klingt so als ob mir jemand sagt: Das Spiel dauert 90 Minuten! Sich dann aber darüber beschwert, dass nach den 90 Minuten die Spieler noch nicht geduscht im Bus sitzen.
Irgendwie geht er auch überhaupt nicht auf die verteidigungspolitische Notwendigkeit ein.
PS: Mal schauen wie die Luftwaffe den ggf. verlängerten Auftrag erledigt.
Advocat Diaboli:
Kann ein Kamerad von der LuWa erklären,
welchen Nutzen RECCE noch hat, nachdem Deash nicht mehr territorial sondern als Insurgent auftritt?
RECCE könnte wertvolle Bilder von Feindstellungen liefern. De Feind hat aber keine Stellungen mehr…
Oder anders gefragt, ist der DepCmdr CJTF OIR vor der neuen IBuK in Anwesenheit von Presse auf diese Fragestellung eingegangen beim vordeklinieren?
Wo ist Thilo Jung, wenn man ihn mal braucht…. /SCNR
@AoR
„Deputy Commander-Stability Combined Joint Task Force (DepCmdr CJTF OIR) Major General CJ Ghika CBE“ begründete die Notwendigkeit erfolgreicher Luftaufklärung nach der Zerschlagung von Daesh, wenn ich mich richtig erinnere auch auf Nachfrage, etwa wie folgt:
. Während Besuchs der IBuK in Bagdad
Was Sinn macht. Hier tritt das bekannte Dilemma einer überlegenen, symmetrisch organisierten Truppe, gebunden an strikte ROE zutage, die einem asymmetrischen Feind gegenübersteht, der auf Stufe 1 der Guerillakriegführung zu operieren gezwungen ist.
Guerilla, oder Insurgenten (1), wie Sie schrieben, kämpfen aus dem Versteck, sind hoch mobil und unorthodox. Um sie zu fassen, ist nachrichtendienstliche aber eben gerade auch Luftaufklärung das A&O.
(1) Für mich sind das Terroristen der übelsten Sorte. Insurgent, womöglich noch für eine gute Sache, der Ehre zu viel.
@ AoR
Lesen Sie einfach in meinen obigen Beitrag nach ( der, der als OT deklariert wurde), was sich in dem Grenzgebiet von Syrien, Irak militärisch zu beobachten lohnt. Dann haben Sie die Antwort auf ihre Frage. Und nochmal der Hinweis, die USAF ist nicht aus Verlegenheit nach Al-Azraq gegangen sonder aus strategischen Überlegungen mit Infrastrukturprojekten am Flugplatz und den Unterkünften für ihre Soldaten.
Da ist leider gestern 09.09.2019 um 21:13 Uhr etwas verlogen gegangen.
In etwa vor „Während Besuchs der IBuK in Bagdad“
Gerade weil Daesh zu offenen Operationen nicht mehr befähigt ist, greifen sie zur Guerillakriegführung der ersten Stufe. Deren Natur ist, dass verdeckt operiert wird, Angreifer aus Verstecken rasch zuschlagen und sich sich ebenso zügig wieder zurückziehen, bzw in der Bevölkerung untertauchen.
Besonders in solchen Lagen ist nachrichtendienstliche und Luftaufklärung wesentlich zur Entdeckung und Identifizierung von Feind, die deutschen Tornados somit unverzichtbar. (Sinngemäß aus dem Gedächtnis formuliert).
Kann mir ein LW-Aufklärungsexperte mal verraten, wie ich terroristische Guerillagruppen in Ortschaften aus der Luft aufklären kann? Die keine Stellungen oder Uniformen haben und in der Zivilbevölkerung aufgehen? Ich stelle mir das nahezu unmöglich vor und habe von daher Zweifel an einem weiteren sinnvollen Einsatz der Tornados. Das das ganze eine politische Komponente hat, unbenommen, die Frage ist, was man sich das kosten lassen möchte.
Auch den Vorschlag von @Georg, die Hizbollah-Versorgungswege zu beobachten sehe ich nicht. Das ist durch das bisherige Mandat nicht abgedeckt, hier käme es zu einer Neufassung, die so gar nicht in die bisherige Argumentationskette der GroKo passt.
Ich muss gestehen, dass ich ebenfalls keine zwingende Notwendigkeit mehr für die Präsenz der dt. Aufklärer in Syrien sehe. Es sei denn, es ginge gar nicht um die Aufklärung gegen IS/Daesh, sondern um die von Assad und die Gewinnung wertvoller SIGINT von den in der Region vorhandenen russischen Radarstellungen. Das ist ja auch von Incirlik aus schon so praktiziert worden. Die EloKa-Fähigkeiten von Daesh gegen Luftziele stufe ich jetzt einfach mal als vernachlässigbar ein, einen wirklichen Grund für den ECR-Einsatz kann ich in Daesh somit nicht erkennen.
Dem hiesigen Artikel von 2017 zur erfolgten Verlegung nach Jordanien (https://augengeradeaus.net/2017/10/deutsche-tornados-auf-dem-weg-nach-jordanien/) ist zu entnehmen, dass auch in Al-Azraq von vier Maschinen nur drei vom TaktLwG 33 in Büchel stammen (vermutlich also Tornados mit RECCE-LITE) und nur einer vom TaktLwG 51 aus Jagel, wo auch ECR geflogen wird. Auch wenn also das Verhältnis deutlich in Richtung Luftbildaufklärung verschoben ist, bleibt die Gewinnung von Daten mittels ECR offenbar auch ein Thema.
Auch wenn es denkbar früh ist, und der Spekulatius noch nicht in den Regalen der Supermärkte liegt, kann man anhand der militärischen Lage wohl mutmaßen, dass die Aufklärungsergebnisse der ECR-Tornados für die Bündnispartner derzeit erheblich wertvoller sein dürften, als ggf. Erkenntnisse aus der abbildenden Luftaufklärung. Ich habe leider auf die Schnelle keine Quelle gefunden, aus der hervorginge, welche Maschinen aktuell dort stationiert sind, angesichts der Kritik der Verbündeten an der Beschränkung deutscher Tornados auf die reine Aufklärungsrolle (man hätte dort gern wohl auch JaBo-Aufträge gern an die Deutschen erteilt) liegt aber nahe, dass weiterhin die meisten LFz dort IDS-Tornados mit Aufklärungsbehälter sind.
Absolut nutzlos ist abbildende Luftaufklärung allerdings auch beim Einsatz gegen Insurgenten nicht. In Afghanistan wurde die Möglichkeit, schnell und über Datenlink Gebiete immer wieder auf Veränderungen überprüfen zu können, einigermaßen erfolgreich beim Aufspüren von IEDs verwendet. Das kann auch in Syrien durchaus notwendig werden, wenn befreundete Bodentruppen dort zum Einsatz kommen. Freilich sind das im Augenblick nur wenige, m.W. hauptsächlich amerikanische. Aber auch die Russen sind ja inzwischen mit eigenen Bodentruppen (bzw. Söldnern) im Einsatz, um Assad im Kampf am Boden zu unterstützen. Das ist allerdings eine gänzliche andere Rolle, als ursprünglich mandatiert, meine ich.
@Klaus Peter-Kaikowsky: Ein Insurrogat, Versachlichung, emotionale Distanz. DAESH und die Rote Khmer, pitch Black.
Mein Gedanke ist einfach, Drohnen übertragen Daten in time. Die RECCE Pods müssen erst aufwendig ausgewertet werden.
Durch die verdeckte Operationsweise (Nachrichtendienst im Auftrag) Daeshs und der schieren Geschwindigkeit (Schnelle Übertragung Aufklärung) ist meines Erachtens die Balance Drohne vs. RECCE nun in Richtung Drohne verschoben.
@Georg: wie kriegt man mit ihrer Argumentation ein rechtmäßiges Mandat durch?
@ AoR
„Wie kriegt man ein rechtmäßiges Mandat durch “
Antwort: Gar nicht. Ist meiner Meinung nach auch so explizit nicht notwendig.
Wo verlaufen die Nachschubwege des IS, DAESH ? Auf den zwei oder drei Straßen zwischen dem West-Irak und Ost-Syrien. Wo verlaufen die Nachschubwege (an Land) der schiietischen Milizen und der Hisbollah in Syrien / Libanon ? Auf den zwei Straßen zwsichen dem West-Irak und Ost-Syrien !
Woher soll der Aufklärer so genau wissen, wessen Nachschub (mandatstechnisch) da gerade durch die Wüste transportiert wird ?
Es wird in Echtzeit mit den Recce-Lite Pods aufgeklärt und an die US-amerikanische Einsatzzentrale in Bahrein gemeldet. Welche Ergebnisse interessieren die Amerikaner in Bahrein ? Wie wollen Sie unterscheiden, welche Fotos und Videos die Amerikaner auswerten ? Der deutsche Stabsoffizier in Bahrein der die ROE kontrolliert, soll was unterbinden ? Aufklärungsergebnisse für die USA / Israel über die Nachschubbewegungen des IS und der Hisbollah oder Bilder der Stellungen von den Kurden (YPG) an die Türken ?
Sie sehen, wenn man ins Detail geht ist es nicht mehr so einfach und nochmals der Hinweis die Amerikaner haben sich in Al-Azraq auf Dauer, zumindestens für einen längeren Zeitraum eingerichtet. Einfach den Aktionsradius und die Möglichkeiten rund um die Basis in sagen wir mal 200 Nm Umkreis betrachten. Wie lange braucht ein Jet für 200 Nm Strecke ? Geschätzt 20 Min Flugzeit – das eröffnet doch Möglichkeiten !
@NielsAnnen
Der Krieg in Syrien ist nicht vorbei. Die Arbeit der Weißhelme verdient großen Respekt – sie retten Leben, bergen Tote & setzen dabei ihre eigene Sicherheit aufs Spiel. Im @AuswaertigesAmt habe ich heute @RaedAlSaleh3 empfangen und mich für den Einsatz der @SyriaCivilDef bedankt.
Wenn der Staatsminister im AA diese Feststellung öffentlich trifft, darf es doch wohl an der Einsatzverlängerung der Tornados keinen Zweifel geben.
[Fett durch mich]
@Georg: Inhaltlich zu Ihrer Analyse kein Einwand. Da träumen auch sicherlich einige davon.
P. S: John Bolton got kicked by Trump 🎺👍
@Klaus-Peter Kaikowsky:
„[…]dass verdeckt operiert wird, Angreifer aus Verstecken rasch zuschlagen und sich sich ebenso zügig wieder zurückziehen, bzw in der Bevölkerung untertauchen.“
Und unsere Tornados klären dann auf, wo sich die Bevölkerung aufhält? Was ist denn konkret damit gewonnen?
Nachrichtendienstlich/polizeilich müssen diese Leute nun gefunden werden. Ein Luftbild hilft da überhaupt nichts.
@Ingo Heinscher
Beschäftigen Sie sich mit den Eigenarten der Guerillakriegführung, dann können wir uns neu unterhalten.
Tipp: Viet Minh, Viet Cong.
@KPK
Die Kontroverse um die Weißhelme ist Ihnen sicher bekannt? Der BReg vielleicht nicht. Aber „das neue Syrien“ kommt ja auch aus Wilmersdorf …
https://www.zeit.de/2012/31/Syrien-Bundesregierung
Ein weiterer Aspekt für die Aufklärer ist natürlich auch die Überwachung des Bodenkriegs der syrischen Armee gegen die diversen Rebellengruppen. Über die Luftaufklärung lassen sich natürlich auch Erkenntnisse darüber gewinnen, ob Berichte über Kriegsverbrechen und Übergriffe gegen die zivile Bevölkerung möglicherweise auf Tatsachen beruhen oder nicht.
Da gilt der alte Grundsatz: „You can never have too much information.“
Die Frage ist natürlich nur, sollten wir zwingend diejenigen sein, die sie sammeln? Deckt sich dies mit unseren Interessen? Was haben wir konkret als Nutzen davon?
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 10.09.2019 um 18:48 Uhr
„@NielsAnnen Der Krieg in Syrien ist nicht vorbei. “
Ja, da hat er recht. Nur was hat das bitte mit dieser Mandatsverlängerung zu tun? Das Mandat bezieht sich ganz eindeutig auf den Kampf gegen den IS, nicht gegen andere Kriegsparteien. Es empfiehlt sich, den gesteckten Rahmen des Mandats zu beachten, ansonsten bräuchte man eine neue Mission, die über OIR weit hinausgeht.
Sorry, Leute, aber darf ich noch mal an das Mandat erinnern? Das ist für den Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen ISIS – und eben nicht für „die Überwachung des Bodenkriegs der syrischen Armee gegen die diversen Rebellengruppen“. Bitte diesen OT nicht weiter auswalzen.
@T. Wiegold:
Kein Disput. Mir ist bewusst, dass das nicht vom Mandat gedeckt ist. Daher schrieb ich ja auch: „Die Frage ist natürlich nur, sollten wir zwingend diejenigen sein, die sie sammeln? Deckt sich dies mit unseren Interessen? Was haben wir konkret als Nutzen davon?“ Und zuvor: „Das ist allerdings eine gänzliche andere Rolle, als ursprünglich mandatiert, meine ich.“
Die Entscheidung über eine Verlängerung und die politische Argumentation zur Begründung einer solchen wird daher vorrangig am ursprünglichen Mandat zu messen sein. Eine schleichende Erweiterung des Mandats fände auch ich politisch sehr problematisch. Genau deshalb ist es aber wichtig, solche möglichen Forderungen, die ja von den übrigen Akteuren möglicherweise an die Entscheider herangetragen werden, zu antizipieren, um eben trennscharf argumentieren zu können.