Merkposten: SPD stellt begrenzte Fortsetzung von Anti-ISIS-Einsatz in Aussicht
Die SPD scheint nach vorheriger Ablehnung nun doch bereit, einer begrenzten Verlängerung des Anti-ISIS-Einsatzes der Luftwaffe über Syrien und dem Irak zuzustimmen. Ihr kommissarischer Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich forderte von der Regierungskoalition aus Union und SPD die Verständigung über ein Anschlussmandat zum Abzug.
Nach dem gültigen Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in der internationalen Anti-ISIS-Koalition – neben dem Einsatz von Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen eine Ausbildungsmission im Irak – ist der Luftwaffeneinsatz ausdrücklich bis zum 31. Oktober dieses Jahres befristet: Die Bereitstellung von Tornados zur luft- und raumgestützten Aufklärung sowie die Luftbetankung werden zum 31. Oktober 2019 beendet.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte im Juli deutlich gemacht, dass diese deutsche Beteiligung dennoch weitergehen soll: Von Seiten der Bundesregierung ist es ins Auge gefasst, die bisherigen Maßnahmen, die wir zur Anti-IS-Koalition beitragen, möglichst fortzuführen.
Dagegen hatte Mützenich für die SPD-Fraktion umgehend Widerspruch eingelegt: Militärische Maßnahmen in einem ohnehin unübersichtlichen Konfliktgeschehen sind kontraproduktiv. Gleichzeitig legen wir Wert darauf, Verfassung und Völkerrecht umfänglich zu beachten.
Zugleich ist daran zu erinnern, dass die amtierende deutsche Verteidigungsministerin dem Deutschen Bundestag vorgeschlagen hat, das Mandat zur Bekämpfung des IS in der Region am 31.10.2019 zu beenden. Die SPD besteht auf dieser Verabredung und dem entsprechenden Beschluss des Bundestages.
Nach einem Bericht von Spiegel Online am (gestrigen) Donnerstag schwenkte der kommissarische Fraktionsvorsitzende um:
„Innerhalb der wenigen noch verbliebenen Wochen ist ein kompletter Abzug der Flugkomponenten nicht mehr sicherzustellen“, sagte der SPD-Politiker dem SPIEGEL. Deshalb müsse sich die Bundesregierung nun auf „ein Anschlussmandat zum Abzug“ einigen, fordert der Fraktionschef.
Was das konkret bedeutet, bleibt vorerst offen – außer, dass der Luftwaffeneinsatz voraussichtlich nicht, wie bislang offiziell vorgesehen, zum 31. Oktober enden muss. Natürlich wäre ein Ende des Einsatzes auch ohne einen kompletten Abzug denkbar gewesen. Das Entscheidende an der Mission ist ja nicht die Stationierung von Flugzeugen und Personal auf der Luftwaffenbasis Al-Azraq in Jordanien, sondern die Flüge über dem Einsatzgebiet. Die Frage bleibt nun, worauf sich SPD und Union verständigen können und wie das neue Mandat konkret ausgestaltet wird.
(Foto: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit einem Soldaten auf der Luftfahrzeugstellfläche „DELTA TREE“ vor dem Camp Sonic im deutschen Einsatzkontingent Counter-Daesh am 19. August 2019 – Jana Neumann/Bundeswehr)
Unabhängig von der politischen Bewertung des Ganzen hab ich mich bei der Begründung doch gewundert: „Innerhalb der wenigen noch verbliebenen Wochen ist ein kompletter Abzug der Flugkomponenten nicht mehr sicherzustellen“.
Ich hab wirklich keine Ahnung davon, aber was ist denn so kompliziert an einem Abzug, dass man den nicht in knapp 6-7 Wochen organisieren könnte? Würde mich wirklich einmal interessieren, vielleicht kann mir da ja jemand helfen?
Mit erscheint dies zum wiederholten male eine Entscheidung, die pazifistische Instinkte im Vorfeld von Wahlen beim Volk bedienen soll und dabei zum einen außenpolitisches Porzellan zerschlägt, zum anderen Politikverdrossenheit befördert. Motto „sollten sich doch andere die Hände nass machen – wir bauen lieber Brunnen“. Und logischerweise könnte der Einsatz sofort beendet werden. Der Abzug hat in diesem Fall mit den Einsatz nur wenig zu tun. Aber wenn man als SPD sagen würde, aus Fairness wäre es gut, wenn mal andere fliegen und bis die können halten wir die Stange, ja dann würde man ja den Einsatzgrund gut heißen….
Die Frage, welchen Mehrwert die Flüge der dt. Jets für die dt. Sicherheit haben, scheint nicht gestellt zu werden. Auch die objektive Notwendigkeit wird nicht infrage gestellt. Das Verursacherprinzip wird nicht herangezogen. Denn wenn man über die möglichen Verursachungsbeiträge nachdenken wöllte und zum Ergebnis käme, die USA hätten im nahen (o. mittleren Osten) gezündelt (vgl. z. B. Fünf Staaten in sieben Jahren, Handelsblatt 13.06.2014, Wesley Clark, Global Research 14.07.2019, Complete Transcript of Program, Democracy Now), aller spätestens dann sehe ich keinen Grund, daß Deutschland die gesunden Knochen auch nur eines einzigen pommerschen Grenadiers oder genauer eines Piloten aus Holstein oder der Pfalz aufs Spiel setzt.
FAZ: Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Bundestags, möchte die Ausbildungsmissionen der Bundeswehr im Irak nicht unbedingt weiterführen. Damit positioniert er sich gegen SPD und CDU/CSU.
„Wenn die Anti-IS-Koalition weiterhin Aufklärung durch Luftwaffen-Tornados braucht, dann bleibt Deutschland in der Pflicht“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. – „Was allerdings die Ausbildungskomponente angeht, sollten wir daraus vielleicht keine Daueraufgabe machen.“
Nun erwartet niemand eine „Daueraufgabe“, obwohl ein „end of tour“-Szenar erforderlich wird. Bei der neuerlichen Lesung im BT wird Erhellendes gehört werden dürfen.
Die Befähigung des IRK Heeres im Rahmen „Capacity Building Iraq“ https://bw2.link/09xCR bei ABCAbw und SanDienst/Lazarett Derbil steht und fällt mit dem deutschen Truppenanteil.
Der (UK) Deputy Cmdr CJTF OIR hat beim Besuch der neuen IBuK nicht nur dies überdeutlich betont, sondern auch die Unverzichtbarkeit der RECCE-Tornados betont. Die nachhaltige Zerschlagung von Daesh steht und fällt mit klaren Aufklärungsergebnissen, eine Binse, Aufklärung zuerst. Exakt darin liegt der Mehrwert für EUropäische und deutsche Sicherheit, die Nachhaltigkeit der nicht nur Zerschlagung, sondern der Vernichtung von Daesh.
Auffällig im Kontext, dass eine „Schiitenmiliz“ mit ideologischer Ausrichtung nach Teheran an Bedeutung gewinnt und Schattenarmee-Qualität erreicht haben soll. (Tagesschau)
https://t.co/nhJkwQTiai?amp=1
@Sven Rothe : Und dann sollte man den IS schalten und walten lassen?
@GermanyOnMENA, „Director Middle East and North Africa“
The fight against ISIS is not over, and German air assets are a valued contribution to the coalition against Daesh in #Syria and #Iraq, says Major General Chance Saltzman, Deputy Commander USAFCENT, in a briefing for State Minister @NielsAnnen @GermanyDiplo in Qatar this week.
Und vorgestern in Bagdad:
https://www.auswaertiges-amt.de/en/newsroom/news/annen-iraq/2243978
Nach den Aussagen, samt Bartels und Mützenich, besteht an der Fortsetzung der DEU mil Unterstützung kein Zweifel; abzuwarten bleibt die exakte Ausformung des – neuen – Mandats samt evtl. Feststellungen zu Bedingungen Einsetzende.
@BG
Diejenigen, die das Chaos angerichtet haben, welches den IS ermöglichte, mögen bitte auch für das Aufräumen sorgen. Damit meine ich die USA. Und ich bin auch nicht bereit zu glauben, daß die Fähigkeiten, welche wir beizusteuern haben, nicht in deren Repertoire vorhanden sind.
@Sven Rothe
Dem Islamismus als alleinige Folge von US-Interventionen darzustellen, greift sehr sehr kurz.
@Sakrileg: Das ist unglücklich formuliert, das Organisieren ist tatsächlich in einem solchem Zeitraum kein Problem. Man darf das aber nicht mit dem tatsächlich benötigtem Zeitraum für den Rückbau, Container stauen, Landtransport bis zu einem Seehafen (ergo Verlassen des Landes) verwechseln. Das ist auf Grund der Abhängigkeiten der Systeme vor Ort (Die Gretchenfrage, was ist bis zum Schluss notwendig?) nicht in diesem Zeitraum möglich. Dazu ist der Materialumfang vor Ort einfach zu umfangreich.
In der Argumentation des „wir müssen uns nicht einmischen“ greift DEU auf allseits beliebte Narrative der angeblichen Ursachen von al- Qaida im Irakkrieg oder dritten Golfkrieg von März bis Mai 2003 zurück.
Dass die mil Ausschaltung des Sunniten (sic) Saddam Hussein al-Tikriti ohne Aktivierung einer gesamtgesellschaftlichen Nachkriegsordnung im Stil „Deutschland nach 1945“ das Wachsen von al-Qaida ff von Daesh forcierte, bleibt unbestritten. Die organisatorischen Anfänge sind im Sommer/Herbst 2003 erkennbar, seine religiös- (besser konfessionell) ideologischen Ursprünge reichen aber weiter zurück.
„Golf III“ steht daher keinesfalls ursächlich für Wachsen des „Kalifats“ und der westlichen Anstrengungen zu dessen Zerschlagung. Wesentlich und ausschlaggebend für das Zuschlagen der U.S./Verbündeten-SK ( Coalition of the Willing) liegt in 9/11.
15 der 19 Attentäter, dabei auch Osama bin Laden, entstammen der wahhabitischen Richtung des sunnitischen Islams saudischer Herkunft, al-Quaida fand hier seine ideologischen Quellen. Die kulturelle Entwurzelung in der Verwestlichung der U.S. gestützten saudischen Oberschicht bei paralleler Unterdrückung der Sunniten im mehrheitlich schiitischen Irak bildeten die religös-ideologische Basis zum militanten Erwachen von al-Qaida bis Taliban und schließlich Daesh. Al-Qaida sucht bis heute den reinen sunnitischen Gottesstaat und glaubte seine Chance nach Ausschaltung der Schiiten des Irak gekommen.
Wenn die klerikale und weltanschauliche Grundlage des sunnitischen Terrors in 2001 liegt, kann ein zwei Jahre später stattgefundener Waffengang allerdings nicht ursächlich sein.
Wir haben daher jeden Grund zu wesentlichen mil/ziv Beiträgen, Daesh (IS, ISIS, ISIL) darf sich nicht rekonstituieren.
@EFW152
Natürlich hängt alles mit allem und jeden zusammen. Auch sind die Konflikte unter den verschiedenen muslimischen Richtungen sehr viel älter. Aber die Strukturveränderungen durch Beseitigung der Diktatoren in Irak und Libyen sowie den Versuch, selbiges in Syrien zu bewerkstelligen, hat Freiräume geschaffen, in die u. a. der IS hingestoßen ist. Der zweite Golfkrieg, die Besetzung des Irak etc. waren aber nicht das Werk des Michels.