Angehende Fluglehrerin stirbt bei Absturz von Bundeswehr-Schulungshubschrauber (Zusammenfassung, mehr Einzelheiten)
Beim Absturz eines Schulungshubschraubers der Bundeswehr ist am (heutigen) Montagnachmittag im Süden Niedersachsens eine Soldatin ums Leben gekommen. Die Maschine aus dem Internationalen Ausbildungszentrum in Bückeburg stürzte in der Nähe von Hameln aus bislang ungeklärter Ursache auf ein Feld. Der zweite Pilot überlebte verletzt und ist in medizinischer Behandlung.
Nach Angaben des Heeres waren sowohl die 25-jährige Pilotin als auch der 26-jährige Pilot auf dem verunglückten Helikopter, einem Schulungshubschrauber vom Typ Eurocopter EC135 T1, voll ausgebildet. Beide hätten jeweils rund 450 Stunden Flugerfahrung gehabt und seien dabei gewesen, ihre Ausbildung zum Fluglehrer zu absolvieren, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Besuch an der Unfallstelle.
Der Hubschraubertyp, der von der Bundeswehr seit 2000 für die Ausbildung genutzt wird, sei in der Truppe bislang mehr als 100.000 Stunden geflogen, sagte Heeresinspekteur Jörg Vollmer. Nach seinen Angaben ist es der erste tödliche Unfall, den die Bundeswehr mit diesem Hubschrauber hinnehmen musste.
Darüber hinaus war der Unglücksflug kein normaler Ausbildungsflug: Üblicherweise wird diese Maschine von einem Fluglehrer und einem Flugschüler geflogen. In diesem Fall hatten jedoch beide Besatzungsmitglieder die gleiche Flugerfahrung mit einem Helikopter.
Das Unglück ereignete sich nahe dem Dorf Dehmkerbrock bei Hameln, etwa 20 Kilometer südlich des Ausbildungszentrums Bückeburg.
Zum Nachhören die Statements von der Leyens und des Heeresinspekteurs:
Eine Woche nach dem Absturz zweier Eurofighter über Mecklenburg, bei dem einer der Piloten ums Leben kam, erregt ein solcher erneuter Flugunfall bei der Bundeswehr natürlich besondere Aufmerksamkeit. Allerdings, das muss man offensichtlich dazu sagen, gibt es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen dem Unglück der beiden Jets und dem Absturz eines Hubschraubers – erst recht, wenn die Unfallursache in beiden Fällen noch nicht geklärt ist.
Fürs Archiv die Abschlussmeldung des Deutschen Heeres als pdf-Datei:
20190701_Heer_EC135-Absturz
(Archivbild: Schulungshubschrauber der Bundeswehr, v.l. NH90, Bell 206, Eurocopter EC135T1 im August 2018 in Bückeburg; Karte: OpenStreetmap – Marker gibt den Ort Dehmkerbrock an, nicht die Absturzstelle; Audio: BMVg)
Wirklich kein guter Lauf für die Bundeswehr in den letzten Tagen/Wochen……Gorch Fock, Berater-Ausschuss, Eurofighter-Absturz, jetzt das……
Aber die Ursache wird (für mich als Hubschrauber-Piloten) natürlich interessant sein……
Material-oder Pilotenfehler?
Vogelschlag?
Schulungsflug, Solo-Flug, In-Übung-Halter?
Wartungsflug?
Weiss man schon, ob es noch weitere Personen an Bord gab?
[Ich hab‘ alle derzeit vorliegenden Infos oben reingeschrieben… Aktualisiere das, wenn ich weitere Infos bekomme. T.W.]
@huey: Also bei Unfällen mit Hubschraubern, würde ich das nicht unbedingt in einer Reihe sehen. Nachdem ich auch eine Vielzahl der BFU-Berichte zum Thema kenne (und in groben Ansätzen auch verstehe), war das relativ hohe (technische) Unfallrisiko in Verbindung mit dem Risikofaktor Mensch und tw. extrem kurzen Reaktionszeiten bei kritischen Flugsituationen, bisher für mich der Hauptgrund keine private Fluglizenz – trotz nach wie vor aller Begeisterung) -in diese Richtung anzustreben. Glaube auch in keinem anderem Beruf trifft der oft benutzte Spruch „…es gibt keine erfahrenen (Hubschrauber-)Piloten, sondern nur alte Piloten“ so zu wie für diesen. Trotzdem allen großen Dank, die sich davon nicht abschrecken lassen haben und so u.a. auch mich (mit dem aus grüner Litzensicht ohnehin unverzichtbarsten Gerät) sicher transportiert haben.
Tragisch, das Ganze.
Es bleibt nur Beileid auszusprechen und zu hoffen, das es dem zweiten Kameraden/in bald wieder besser gehen kann.
Auffällig bei der Berichterstattung in anderen Medien ist: Man ist zu faul oder hektisch um sich ein Foto von einem BW EC135 zu besorgen. Wahlweise NH90 und CH53, passt schon, Hauptsache Hubschrappschrapp irgendwie mit Grün …
Mein aufrichtiges Beileid an die Angehörigen. Und Genesungswünsche an den verletzen zweiten Piloten.
Eine Frage stellt sich mir schon seit dem Eurofighter Absturz letzte Woche. Werden die verlorenen Flugzeuge/Helikopter eigentlich ersetzt? Sprich neu gekauft?
(Wobei der wahre Verlust natürlich die Menschenleben sind)
Mein herzliches Beileid den Angehörigen und eine hoffentlich vollständige Genesung dem verletzten zweiten Piloten.
Was mir auch bei diesem Vorfall (beim Eurofighter Crash war es genauso) negativ auffällt ist, dass die örtliche Polizei sehr schnell Informationen zu toten Soldaten veröffentlicht – ohne der Bundeswehr die Chance zu geben, die Angehörigen auf angemessene Weise zu verständigen, bevor es diese aus der Presse erfahren. Vielleicht ist das auch den neuen Medien geschuldet – die Meldungen kamen jeweils über Twitter – aber da sollte dringend eine Abstimmung zwischen Ministerium und Länderpolizeien stattfinden.
Nur mal zur Klarstellung:
Bei einem zivilem Lfz-Absturz mit Todesfolge wird ebenso schnell seitens der örtlichen Behörden über die Anzahl an Opfern berichtet.
Nur, dass bei einer Cessna oder einem A320 wegen der schier unübersichtlichen Anzahl der Flüge und Standorten niemand genau weiß , wer da wann wie an Bord war…vielleicht nicht einmal die Angehörigen der Passagiere/Piloten selbst.
Aber BW Piloten und LfZ gibt es eben nicht viele auf einem ganz bestimmten Flugmuster…schon gar nicht Frauen….die Angehörigen wissen das dann sofort, wenn da was gemeldet wird und sind sofort alarmiert und wenn Bruder/Schwester/Sohn/Tochter/Mann/Frau nicht ans Handy geht, ist fast schon klar wer da gestorben ist..lange bevor ein BW Offizieller zu Hause vorbe guckt !….
Da sollten die zivilen Behörden zukünftig mal etwas mehr Fingerspitzengefühl beweisen und 24h volle Nachrichtensperre sollte zur Pflicht werden !….
Meldungen über Tote im Auslandseinsatz werden da zumindest nie so schnell außerhalb der offiziellen und inoffiziellen (Handy von Kamerad meldet sich bei Angehörigen) an BW Kanäle an die Angehörigen gelangen.
Den Genesungswünschen von @Marc K. schließe ich mich an.
@Marc K. Es mag Sie wundern, dass die Polizei so schnell über tote Soldaten berichtet. Aber genau so schnell berichtet sie heute im Allgemeinen bei Ereignissen von großem Interesse über zivile Tote oder Verletzte. Der Druck der Öffentlichkeit, auch über Twitter, zwingt sie geradezu, um nicht den schnell aufkeimenden Spekulationen manch anderer Teilnehmer Tür und Tor zu öffnen.
Bei Twitter wird zwar oft der Eindruck vermittelt, der Absender sei live und vor Ort, aber gerade die Polizei und viele andere öffentlichen Stellen haben diese Kommunikation deshalb schon lange schon professionalisiert und zentralisiert. Im Allgemeinen können Sie also davon ausgehen, dass auch die zuständige Polizeidienststelle diese Twitternachricht autorisiert und professionell grundiert heraus gegeben hat. Und das bedeutet auch, dass vor so einer Veröffentlichung die Angehörigen benachrichtig wurden.
Über den konkreten Einzelfall weiß ich nichts, kenne niemanden dort.
Aber gehen Sie zunächst mal davon aus, dass auch bei der ÖA der Polizei Profis am Werk sind.
Wie schon beim Eurofighter-Absturz vor einer Woche wird hier sehr schnell eine Debatte über das Verhalten von Medien/Polizeidienststellen in den Mittelpunkt gestellt. Diese Debatte können wir mal führen, aber nicht an dieser Stelle – und ich weise nur mal vorsorglich darauf hin, dass sich die Bundeswehr mit ihrem Verhalten in früheren Fällen, auch und gerade in Auslandseinsätzen, da auch schon unglaubwürdig gemacht hat. Was bisweilen zurückschlägt. Und die im vorangegangenen Kommentar genannten Vergleiche zu zivilen Unfällen: Nach dieser Logik darf nach dem Absturz eines zivilen Airliners nicht genannt werden, welcher Flug verunglückt ist, weil es dann auch die Angehörigen auf diesem Weg erfahren… Aber dennoch: Stellen wir das zurück; in diesem thread ist es OT.
Die Bundesverteidigungsministerin hat berichtet, die beiden Insassen des Hubschraubers würden eine Ausbildung zum Fluglehrer absolvieren.
Gleichzeitig berichtet sie, die beiden hätten rund 450 Flugstunden.
Vielleicht kann ja jemand vom Fach mich als Laien aufklären.
Ist es tatsächlich so, dass man mit einer derart geringen Zahl an Flugstunden bereits zum Fluglehrer ausgebildet wird? Hat man da denn bereits ausreichende Erfahrungen auf verschiedenen Mustern, um Flugschüler ausbilden und anleiten zu können?
Tief berührt möchte ich mein Mitgefühl aussprechen. Mein Beileid auch an Familie und Freude.
Ich frage mich jetzt immer mehr, ob überhaupt noch irgend welche Geräte bei der Bundeswehr einsatzfähig sind. Die Pannen und Abstürze häufen sich. Es gab Zeiten, da wurden die Verteidigungsminister wegen weniger Probleme ausgetauscht. Hier wird es höchste Zeit. Ich kann mich nicht erinnern, dass Frau von der Leyen irgendwelche Beschaffungen vernünftig unter Dach und Fach gebracht hat, oder gar dafür gesorgt hat, dass das, was vorhanden ist, auch funktioniert.
Horst Rosendahl
ehem Stuffz der Panzerjäger in den 60gern
@Akkupruefer: Vom Fach bin ich wie gesagt nicht, aber auf den Seiten vom GdH Dachverband gibt es einige allgemeine Infos zu Ausbildung und Modellen bzw. dort im Downloadbereich in den offiziellen „NACH VORN“ Zeitschriften aus Bückeburg. Eine komplette Übersicht der Ausgaben konnte ich aktuell nicht finden.
Falls Links diesbezüglich erlaubt sind:
http://www.gdh-dachverband.de/index.php/downloads.html?file=files/dachverband/downloads/NACH%20VORN/NACH%20VORN%202017_2018.pdf
@Akkupruefer
Es ist nicht bekannt worauf die Flugstundenzahl bezogen ist. Das können Gesamtstunden sein oder auf dem jeweiligen Muster geflogene. Weiterhin ist nicht bekannt ob es inklusive Simulatorstunden ist.
Ob jemand zum Fluglehrer geeignet ist entscheiden nicht nur Flugstunden. Es gibt Fluglehrer mit vielen Flugstunden, die nicht die Kompetenz von deutlich jüngeren aufweisen. Bei 450 Gesamtflugstunden von erfahrenen Piloten zu sprechen, halte ich für falsch. Aber heutzutage entscheidet nicht mehr nur die Eignung über eine Verwendung (ohne einen Bezug auf den heutigen Unfall).
Ich lese gerade bei SPON von über 400 Flugstunden auf dem Typ. Da ist man zumindest kein Anfänger mehr und sollte das Muster schon ganz gut beherrschen.
@Akkupruefer
Soweit nicht ungewöhnlich – Stichwort „First Assignment Instructor Pilot“ (FAIP)
Hier werden „besonders geeignete Trainingsteilnehmer der HGA [Hubschrauberführergrundausbildung] direkt bist zum FLB IB [Fluglehrberechtigten Instrumentenflugberechgung) weitergebildet“.
Mehr dazu auch hier ab Seite 54 auch zum Thema Stunden
http://www.gdh-dachverband.de/index.php/downloads.html?file=files/dachverband/downloads/NACH%20VORN/NACH%20VORN%202017_2018.pdf
Natürlich gibt es auch weiter „Alte Hasen“ in der Schulung. Die Bundeswehr hat übrigens erst vor kurzem eine Serie in den sozialen Medien zum Thema FAIP am IHAZ in Bückeburg gefahren – da war auch eine Frau dabei…
Geben tut es das, also die relative frühe Verwendung als Fluglehrer. Bei den Jets teilweise gar als Erstverwendung, um die Leute erstmal zwischenzuparken wenn das Verhältnis Piloten-Maschinen-Klarstand nicht stimmte. Im zivilen US-Markt auch eine Einstiegsposition (als frischer Berufspilot Sportflieger ausbilden).
Grundsätzlich gibt es auch Leute, die das gut hinkriegen. Ob es im militärischen Bereich nun sinnvoll ist, ist eine andere Frage, denn je früher man dort Lehrer hat die das militärische Fliegen mit allen Schikanen gelebt haben, desto besser, auch wenn man selber noch auf der Stufe „heil von A nach B“ ist, die ja im weiteren Verlauf GANZ weit überschritten werden muss. Kommt man hingegen erst spät mit Einsatzpiloten in Kontakt, vergehen eben wesentliche Phasen eines Fliegerlebens ohne einen erweiterten (gerade auch informellen) Wissenstransfer. Und nun mach das mal 3-4 Ausbildungsgenerationen lang und guck was passiert, nämlich überpersönliche Fähigkeitsverluste für die der einzelne gar nicht viel kann.
Ich vermute (andere können das ja bestätigen oder entkräften), dass 450 Stunden eben das sind, wozu es in der McKinsey Armee gerade noch gereicht hat. Und weil die Ideologie dahinter ja nicht fehlbar sein kann, wird der Pilot eben damit auskommen. Oder halt nicht, was dann aber an ihm/ihr liegen muss, nicht wahr?
@Akkuprüfer: Gute Frage! 450 Gesamtflugstunden machen ungefähr 1,5 Jahre Flugbetrieb im Verband nach Erhalt der Lizenz. Wie im gesamten Spektrum der militärischen Fliegerei wird das Thema Erfahrung und Werdegang offensichtlich nicht synchronisiert. Fehlende Luftfahrzeuge und Stunden erschweren den Verbänden die Regeneration. Sollte die Angabe stimmen ist es ein weiteres Indiz dafür, dass die Standards dem Bedarf weiterhin nach unten angepasst werden. Jeder engagierte Sportpilot auf weniger komplexen Flugzeugen fliegt mehr Stunden als hauptberufliche Flugzeugführer in den Streitkräften, einige wenige Dienstposten und Verbände ausgenommen.
Zum Thema FAIP: Danke für den Hinweis. Die Instagram-Serie der Bundeswehr zu diesem Ausbildungsprogramm für angehende Fluglehrer findet sich hier:
https://www.instagram.com/stories/highlights/18037188883153588/
RIP Fliegerkameraden …
Grundsätzlicher Kommentar
Zitat@TW „Allerdings, das muss man offensichtlich dazu sagen, gibt es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen dem Unglück der beiden Jets und dem Absturz eines Hubschraubers“
Veto. Der Zusammenhang liegt in der niedrigen Flugstundenzahl. 400 zu 450.
Weder die Ministerin noch der Heeresinspekteur wissen nur ansatzweise wovon sie reden, wenn Erfahrung mit ca. 400-500 Flugstunden gleichgesetzt wird.
Alle Flieger unter 1000 Stunden sind Greenhorn und schwer mit sich selbst beschäftigt, den routinierten Flow im Flieger zu finden- egal in welcher Position und Muster.
Wir haben seit Jahren eine gefährliche Tendenz nach unten d.h. Wir lassen den Kameraden nicht genug Zeit sich „freizufliegen“
= 1000 Stunden + bevor sie höherwertig ausgebildet werden. Combat Ready, Fluglehrer etc.
Gleiches gilt für das Niveau der Staffelkapitäne und Kommandeure der fliegenden Gruppe.
In meiner „Greenhornzeit“ war es undenkbar einen Staffelkapitän oder Kommandeur zu haben, der nicht CR = Combat Ready war.
Selbst der Kommodore hatte einen LCR Limited Combat Ready Status auf 2 Muster .
Heute liegt die Priorität bei der Besetzung dieses wichtigen Posten auf dem bestandenen ASTO/ Generalstabslehrgang.
Wie kann also jemand einen Ausbildungsbefehl unterschreiben der niemals selbst einen entsprechenden Status hätte ??
Hier ist das eigentliche Problem in Kombination mit Personalmangel und der verdoppelten Ausbildungszeit aufgrund sinkender Belastungsgrenze der Flugschüler. Wer früher mit Pauken und Trompeten durch die fliegerischen Ausbildung durchgefallen ist, kriegt heute mindestens eine neue Chance,
oder klagt sich wieder in die Ausbildung ein, weil der Instruktor so “ böse“ war.
Diese Tendenz muss umgekehrt werden. In der Ruhe und der Zeit liegt die Kraft und das erwünschte Ergebniss.
FWK
@ Horst Rosendahl
Bitte mal nach den Beileidsbekundungen die Luft anhalten. Wie Thomas Wiegold oben auch schreibt, ist erst einmal kein Zusammenhang zwischen beiden Unfällen festzustellen, vergangene Woche lag wohl auch kein Problem mit der Technik vor.
Zudem ist vor allem die Lfz Technik dafür verantwortlich, dass die Lfz funktionieren – das BMVg liefert dafür die Rahmenbedingungen.
P. S. Die Pannen und Abstürze häuften sich in den 60er Jahren. Aber das wissen sie vermutlich.
@Seaking
„Veto. Der Zusammenhang liegt in der niedrigen Flugstundenzahl. 400 zu 450.“ Diese Aussage träfe nur zu, wenn die Flugstundenanzahl ursächlich für beide Unglücke wäre. Wissen sie da mehr als GenFluSi?
Cheers
Flip
Ex-Kutscher
@SEAKING
Grundsätzliche Zustimmung,
allerdings muss berücksichtigt werden, dass heute die (nicht zu unterschätzende) Schulung am Simulator hinzukommt. Zu unserer Zeit war das nicht der Fall.
Mein aufrichtiges Beileid für die verunglückte Soldatin und die besten Wünsche für den verletzten Soldaten und die Trauerbewältigung für alle Angehörigen und Freunde. Ebenso wünsche ich dem verletzten Soldaten eine gute psychische Bewältigung der Situation. Und einen herzlichen Dank an alle Helfer!
@Akkuprüfer @trapo @T.Wiegold: Fachlich sollte man hier sehr stark und emotionslos differenzieren. 450h auf einem LFZ Muster sind die ersten Schritte + Simulator Stunden bei denen insbesondere Abläufe und Notverfahren trainiert werden. Erfahrung definiert sich hier stark durch die Qualität der geflogenen Flugstunde. Bsp: Fliegt ein 300h Mann/Frau mit einem erfahrenen Fluglehrer >2000h (Einsatzerfahren, Lebenserfahren, Talent, etc.) in einer Weiterbildung/Ausbildung ist die Qualität der Flugstunde/Ausbildung/Weiterbildung eine völlig andere. Dies ist äquivalent ebenso für die Grundausbildung auf einem LFZ zu sehen. 450h ist für mich in der heutigen Zeit eindeutig „unerfahren“, denn um diese Zahl an Realflugstunden zu erreichen benötigt man heute beim deutschen Militär um die 4-5 Jahre wenn alles nach Plan läuft. Auch ist wichtig in welchem zeitlichen Abstand resp. Zusammenhang geflogen wird. Noch vor 7 Jahren war man mit 450h gerade mal CR (Combat Ready) und in der Lage einfachere Mission durchzuführen. Ein Tiefstflug mit einer MFH von 10ft/GND war immer balanced bei der Aus-/Weiterbildung mit einem jungen P um die 400h und einem erfahrenen AC um die 800h. An eine Fluglehrberechtigung (FLB) war unter 800h nicht zu denken. Zeiten ändern sich. Nachwuchs ändert sich. Das die Situation so dramatisch ist bei den Heeresfliegern wie sie ist, ist ohne wenn und aber auf bewusste Fehlentscheidungen derer Führungskräfte zurückzuführen. Vor wenigen Jahren wurden zu Hauf erfahrene Luftfahrzeugführer und Fluglehrer unwürdig entpflichtet und heute wird dafür der Preis gezahlt. Der gezahlte Preis ist allerdings faktisch gesehen lediglich eine Anpassung auf zivile Maßstäbe einer schlechteren Flugschule in der Grundschulung. Das Pendent dazu ist ein zivile FI resp. TR-I (ATPL-H). FI resp. TR-I (CPL-H) nicht mehr ausreichend, da für eine Nachtflugausbildung heute ein ATPL-H credit benötigt wird. 400h davon 200h als PIC sind hier entscheidend für eine Erstzuteilung. Allerdings ist mir kein einziges ziviles Unternehmen bekannt (man möge mich bitte korrigieren falls ich mich irre), dass einen 400-500h Mann/Frau mit einer FI/TR-I (Fluglehrberechtigung) in einen MCC/Twin Engine Helicopter der Klasse einer EC-135 T1/T2 setzt. Das Risk Assessment wäre unverhältnismäßig und die Qualität der Ausbildung maximal befriedigend.
Das ist aber Systembedingt und nicht nur die Bundeswehr ist davon betroffen. Adäquater Nachwuchs fehlt überall. Techniker wie Luftfahrzeugbesatzungen. Ein anderes Thema. Der technische Klarstand der Luftfahrzeuge unbefriedigend; ganz oft Faktor Personal weil zu wenig. Die Einsatzmuster sind identisch zu betrachten. Eine intelligente Besatzungszusammenstellung kann Risiko minimieren. Ein 400h Mann/Frau ist nicht schlechter/besser, lediglich ist die Bandbreite an Erfahrung: Voraussicht, Sensibilität, Antizipation von Gefahrenmomenten u. Aerodynamik, Lebenserfahrung, etc. noch nicht derart ausgeprägt wie bei einem sehr erfahrenen Einsatzpiloten/Fluglehrer >2000h der im Saft steht. Das die Bundeswehr dazu gezwungen ist, FLB (FI/TR-I) mit ~500h auf einem MCC/Twin Engine Helikopter einzusetzen spricht für sich selbst und ich halte das für fahrlässig, wenngleich dies keinesfalls die Schuld der eingesetzten Personen ist. Diese sind Leidtragend und tun mir wirklich leid; die Rolle in die sie systembedingt gedränt werden erfüllen sie eigentlich wirklich ganz gut, doch ist das Risk Assessment der verantwortlichen Vorgesetzen bewusst in Kauf genommen, deutlich höher.
An möglichen Unfallursachen beteilige ich mich nicht, da jene rein spekulativ wären und auch noch immer ein technischer Defekt ursächlich sein könnte insofern nicht ausgeschlossen.
[Ich freue mich wie alle Leser über Erläuterungen – aber bitte daran denken, dass hier nicht jeder einen fliegerischen Background mitbringt. Angaben wie „Dass die Bundeswehr dazu gezwungen ist, FLB (FI/TR-I) mit ~500h auf einem MCC/Twin Engine Helikopter einzusetzen spricht für sich selbst“, ist für die meisten hier und auch mich Flieger-Kauderwelsch, dem wir kaum folgen können… Das in allgemeinverständlichen Begriffen zu erläutern, wäre sehr hilfreich. T.W.]
@T.Wiegold: Sie haben selbstverständlich Recht und bitte dies zu entschuldigen:
*LFZ = Luftfahrzeug
*FLB = Fluglehrberechtigung (gängiges Akronym für Fluglehrer in der Bundeswehr)
*FI = Flight Instructor (Erstausbildung)
*TR-I = Type Rating Instructor (Musterausbildung)
*ATPL-H = Airline Transport Pilot Licence – Helicopter
*CPL-H = Commercial Pilot Licence – Helicopter
*PIC = Pilot in command
*MCC = Multi Crew Cockpit
*Twin Engine = Helikopter mit mehr als einem Triebwerk
@ Horst Rosendahl: Militärische Luftfahrt ist immer mit tödlichem Risiko für Besatzungen und Bevölkerung verbunden und genau deswegen wird es auch immer wieder zu Unglücken kommen. Das ist systemimmanent und Soldaten der Bundeswehr dürfen eigentlich dafür Anerkennung erwarte, dass sie dieses Risiko für die Bevölkerung eingehen. Andererseits muss die Bevölkerung damit leben, dass auch sie ein gewisses Risiko zu tragen hat – Sicherheit gibt es nunmal nicht zum Nulltarif.
Es ist – angesichts von Toten – völlig unangemessen einen – medial fälschlich kolportierten – angeblichen „Zustand“ von Luftfahrzeugen der Bundeswehr mit einem solchen Ereignis auch nur in Verbindung zu bringen.
By the way: Luftfahrzeuge der Bundeswehr sind besser gewartet und beaufsichtigt als zivile Luftfahrzeuge. Luftfahrzeuge der Bundeswehr starten bereits dann nicht mehr, wenn zivile Maschinen noch fliegen. Ich steige lieber in eine 40 Jahre alte „Tanta Trall“ der Bundeswehr, als in einen fünf Jahre alten Airbus 310 von Turkish Airlines.
@Leo:
Ob abgestürzte/nicht mehr einsatzbereite Luftfahrzeuge ersetzt werden ist eine reine Haushaltsfrage und Einzelfallentscheidung – Im regelfall werden Sie nicht ersetzt. Und EC 135 hatten wir m.E. mal 16, jetzt 14 – da lügt m.E. Wikipedia.
Da der erste im Februar 2005 bei einer Ausbildung durch „White-out“ verlustig gegangene EC 135 (damals nur leicht Verletzte, keine Toten) nicht ersetzt wurde kann zunächst einmal damit gerechnet werden, dass auch der jetzt abgestürzte EC 135 nicht ersetzt wird. Ist ja nicht so, dass hier eine Versichrung den Schaden ersetzen würde – das sind alles nicht geplante Aufwendungen im EP 14.
Ich bin erschüttert, in so kurzer Zeit, 2 Kameraden zu verlieren. Ich habe mich lange mit dem Gedanken getragen, ob ich hier zum ersten mal etwas posten sollte.
Doch nun muss einiges raus.
Für den Überlebenden wünsche ich mir, daß er das erlebte irgendwann verkraften kann. Was das psychisch anrichtet, kann ich nur zu Gut nachvollziehen.
Aussteigen oder Notwasserung ist ein Ding, aber auf dem Sitz zu verbrennen etwas ganz anderes. Gott, gib allen Kraft, das zu verarbeiten.
In mir macht sich Wut breit. Wut auf das System, welchem die Lfz-Führer ausgeliefert sind. Wut auf die Medien und auf die Berichterstattung unterster Kajüte. Was muss das für die Angehörigen bedeuten , diesen verkohlten Klumpen auf dem Feld zu sehen?.
450 stunden sind nicht viel. Und dann noch in einem nicht Autorotationsfähigem Teil. Menschen in so einem Gerät fliegen zu lassen, gerade bei einem Militärischem Einsatzspektrum finde ich persönlich unverantwortlich. Auch im Hinblick darauf, daß in Celle , auf dem einzigem fliegendem Waffensystem der Bw, BO 105 (RIP), keine Autorotation mehr geflogen wird.
Instrumentierung auf dem neustem Stand , schön und Gut, ich finde es nur schrecklich, daß gerade ein so wichtiges Manöver mit der EC 135 nicht geflogen werden sollte, weil die Rotorwelle/ Mast bei den auftretenden Kräften Materialschäden bekommt und die Rotorblätter Beifall klatschen. Und wenn das in einer gefährlichen Situation nicht gemacht wird /werden kann, ( siehe Glasgow), na….da bleibt ja nicht mehr viel.
Seit 25 Jahren bin ich in der Drehflügler Technik und habe dabei etwas gelernt: Neu ist nicht immer besser.
Wenn ich mir die Getriebe der BO ansehe ( On Condition, aber geprüft durch das AZI Programm) oder von der BK 117….12.000 Flugstunden ohne einen Mangel und ich mir dann das EC 135 / FS 108 Getriebe ansehe….Was vorher Massiv war, auf Haltbarkeit ausgelegt,auf mehrfache Überschreitung der Belastungsobergrenze ausgelegt…Herrjee…da möchte man nicht mit dem Uhrmachergetriebe fliegen.
Ich hatte ein Gespräch mit dem damaligen Lehrgruppenkommandeur in Bückeburg:
Aussage gemäß Gedächtnis:“ Für was die EC 135 gebaut wurde, ist sie gut: Hoch…Strecke…Landen.“ Punkt.
„Natürlich kein Vergleich zur BO“
Mir stellt sich immer die Frage: Wer hat die Verantwortung? Derjenige Minister, der die Anschaffung gebilligt hat? Die Industrie?
Der Kommodore, der seine Leute damit fliegen lässt?
Wie gesagt…mich macht das irrsinnig wütend. So eng bemessene Leistungsgrenzen, ohne großzügige Reserven.
Vielleicht bin ich einfach nur zu „Technisch Oldschool“
Ich bin unendlich traurig über den Verlust…2 Menschen in so jungen Jahren zu verlieren.
ich bin jetzt „leergeschrieben“ bis bald und allen viel Glück
Vielen Dank an alle Teilnehmer, die meine Fragen vollumfänglich aufgeklärt haben. Insbesondere an @maximus für den tiefen Einblick ins Geschehen.
Vor fast 30 Jahren war ich mal Brandschutzunteroffizier bei den Heeresfliegern. Daher waren die Links zu der Publikation „NACH VORN“ sehr willkommen.
Mich irritiert das schon ein wenig, dass trotz immer komplexerer Fluggeräte die realen Flugstunden beständig stagnieren und zu allem Überfluss nun wohl auch noch Simulatorstunden mitgezählt werden.
@Goya: jeder Hubschrauber ist autorotationsfähig.
[Ich ahne schon die emotionale Debatte… Also: Im Prinzip ja. Manche aber nur einmal. T.W.]
@ Goya sagt:
02.07.2019 um 16:01 Uhr
Ob Autorotation real geübt wird ist doch nebensächlich so lange man nicht weiss, ob das Triebwerk überhaupt das Problem war. Wenn das Muster es mechanisch nicht aushält so etwas zu üben, wird man das sicher wenigstens im Simulator üben.
@A.W.
Ich finde es vollkommen daneben, an dieser Stelle den Vergleich mit Turkish Airlines zu bringen! Mir ist nicht ein Unfall der Airline mit A321 bekannt, der auf technische Mängel zurückzuführen ist!
@Placebo
jeder Hubschrauber ist autorotationsfähig
Dies habe ich nie bezweifelt, die Praxis besagt jedoch , daß massive Schäden nach der AR auftreten. Deshalb führt die Bw diese nicht auf der EC 135 durch.
Dies ist aber schon seit 2010 bekannt.
ich verweise auf: (Zugegeben , etwas Älter, aber an der Materiallage hat sich nichts geändert)
https://www.flightglobal.com/news/articles/auto-rotation-training-drives-german-army-light-twin-400749/
oder gleich hier
:Germany is to acquire a fleet of five light-twin rotorcraft to make up for a problem discovered with its 14 Airbus Helicopters EC135 basic trainers that leaves them unsuitable to perform certain crucial training manoeuvres.
Speaking at an event at the German army’s aviation training school in Bückeburg near Hannover, Lt Col Guido Krahl said the requirement had been created specifically to fulfil a need for auto-rotation training.
The EC135s, he says, are unable to be used for the task as the service requires auto-rotations to be carried out to the ground, in order to adequately prepare pilots for combat scenarios.
@T.W
keine Panik, ich kenne das Problem mit dem “ Hochschaukeln“, wird aber meinerseits nicht stattfinden.
Ich bin hier raus.
[Das Problem mit der Länge von Zitaten gibt’s aber auch… Da der Link oben steht, habe ich das urheberrechtlich problematisch lange Zitat gekürzt. Und BTW: Autorotation soll ja auf der Bell Jet Ranger trainiert werden. T.W.]
Dann hast du wohl den Vergleich nicht verstanden – aber der Empfänger macht ja die Botschaft, von daher muss ich wohl meine „Botschaft“ erklären:
Ich steige lieber in einen beliebigen Vogel der Bundeswehr, als in ein beliebiges ziviles Flugzeug, weil ich weiß, dass meine Kameraden ihren Beruf nicht nur sehr ernst nehmen, sondern auch können.
Was dir an dem Vergleich nicht passt ist mir zugegebener Maßen nicht ersichtlich – sollte aber wohl nicht zu einer sinbefreiten und unangemessenen Nebendiskussion führen.