Paar Jahre später als geplant: Marine stellt erste Fregatte F125 in Dienst

Nach jahrelanger Verzögerung hat die Marine ihre erste Fregatte des Typs F125 in Dienst gestellt. In Anwesenheit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gab der Kommandant der Besatzung Alpha, Fregattenkapitän Markus Venker, am (heutigen) Montag in Wilhelmshaven das Kommando Heiß‘ Flagge und Wimpel und nahm damit das Typschiff Baden-Württemberg für die Streitkräfte in Betrieb.

Die Indienststellung markiert den vorläufigen Endpunkt technischer Probleme, die sich über Jahre hinzogen. Schon im Januar 2017 hatte die Marine das Schiff, das damals formal dem Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) gehörte, stolz in der Deutschen Bucht vorgeführt. Doch bei den anschließenden Testfahrten zeigten sich so gravierende Mängel, dass das BAAINBw die Baden-Württemberg erst mal zum Nachbessern an die Werft zurück gab.

Dabei hatte es schon vorher massive Schwierigkeiten gegeben. Besondere Aufmerksamkeit erregte eine fehlerhafte Brandschutzbeschichtung in den Innenräumen, die abblätterte*. Meldungen über eine Schieflage (Krängung) des Schiffes oder Probleme mit dem Führungs- und Waffeneinsatzsystem kamen hinzu. Im jüngsten Rüstungsbericht (S.118) von Anfang Juni listete das Verteidigungsministerium für die erwartete Initial Operating Capability (IOC) im kommenden Jahr eine Verzögerung von fast sechs Jahren  auf – gemessen an den Plänen bei der ersten Beschlussfassung im Bundestag 2007.

Und es waren ja nicht allein die technischen Probleme, die das Typschiff der F125 und ihre drei künftigen Schwesterschiffe plagten. Auch beim Konzept, das vor mehr als zehn Jahren entwickelt wurde, gab und gibt es viele Fragezeichen. Eine gemessen an üblichen Fregatten vergleichsweise geringe Bewaffnung und ein hoher Automationsgrad mit geringer Besatzungsstärke waren für Einsätze ausgelegt, wie sie lange vor der Ukraine-Krise und der Rückkehr der Bündnisverteidigung am wahrscheinlichsten schienen: Missionen wie den seit 2006 laufende UNIFIL-Einsatz vor dem Libanon und Israel oder  die Mission am Horn vor Afrika (damals noch als Antiterror-Einsatz in der Operation Enduring Freedom nach 9/11).

In diese Einsätze – und in folgende ähnliche, zum Beispiel die Anti-Piraterie-Mission Atalanta ebenfalls am Horn von Afrika – schickte die Bundeswehr Kriegsschiffe, die für ganz andere Operationsarten und Kriegssituationen entwickelt und gebaut wurden. Zum Beispiel eine Luftverteidigungsfregatte der F124-Klasse, die dann als Kampfstern mit High-Tech vor Somalia nach kleinen Booten mit Piraten suchte und auf der ein Stab, ein Boardingteam und eine Hubschraubermannschaft nur mit Mühe eine Koje fanden.

Vor diesem Hintergrund sind die F125 auf ganz andere Dinge als Flugabwehr oder U-Boot-Jagd optimiert: Auf einen wartungsarmen Antrieb für dauerhafte auch langsame Fahrt, auf Waffen – und Beobachtungssysteme – für asymmetrische Bedrohungen, für die Einschiffung zusätzlichen Personals. Und mit vier Festrumpf-Speedbooten, die auch autonom mit einer Reichweite von 130 Seemeilen operieren können, auf Boarding-Einsätze ebenso wie auf Missionen von Spezialkräften eingestellt. In der Mitteilung der Marine zur Indienststellung klingt das so:

Mit den Fregatten der Klasse 125 gewinnt die Marine die Fähigkeiten zur weitreichenden taktischen Feuerunterstützung von Heereskräften an Land sowie zur Abwehr asymmetrischer Bedrohungen. Mit den vier sogenannten BUSTER-Booten und den Bordhubschraubern verfügt jede Fregatte neben einer erweiterten Aufklärungs- und Waffenreichweite über umfassende Verbringungsmittel, um eigene Spezial- bzw. spezialisierte Kräfte zur Rettung und Evakuierung, zur bewaffneten Rückführung sowie zu Operationen gegen gegnerische Kräfte einsetzen zu können. Mit den eingeschifften Marinehubschraubern sind sie zudem in der Lage, in einen modernen U-Jagd-Verbund eingebunden zu werden. Durch ihre großzügigen Einschiffungskapazitäten eignen sich die Schiffe auch gut zur Verbandsführung.

Die Baden-Württemberg und die weiteren Fregatten des Typs 125 sind damit offensichtlich nicht das, was die Marine heute bestellen würde. Andererseits ist die kleinste Marine in der Geschichte der Bundeswehr froh über jede neue seegehende Einheit, die sie in Dienst stellen kann. Und auch wenn die F125 nicht das Kampfschiff ist, das in den inzwischen (wieder) aktuellen Szenaren gefordert wird: Einsätze wie der bei UNIFIL oder am Horn von Afrika sind ja nicht spurlos verschwunden.

Mit der Indienststellung hat die Marine ziemlich aufs Tempo gedrückt – nach der Nachbesserung in der Werft war die Baden-Württemberg erst vor gut sechs Wochen von der Industrie abgenommen worden. Dabei sollen, so heißt es, auch noch einige Probleme und Mängel in Kauf genommen worden sein. Mit denen sich jetzt die Marine bei den Probefahrten gründlich befassen kann.

(Bilder von der Testfahrt im Januar 2017 hier)

*Nach Leserhinweis fehlerhafte Darstellung des Fehlers korrigiert

(Foto: Indienststellung mit Heißen der Flagge – Kim Brakensiek/Bundeswehr)