Firmen geben (zweites) Angebot für Taktisches Luftverteidigungssystem ab

Mit jahrelanger Verzögerung haben die Unternehmen MBDA Deutschland und Lockheed Martin ihr Angebot für das künftige Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) der Bundeswehr vorgelegt. Das Angebot umfasse Entwicklung, Erprobung und Lieferung, teilte das TLVS-Konsortium am (heutigen) Montag mit.

Das neue System für die Flugabwehr basiert auf dem einstmals trinationalen Projekt Medium Altitude Air Defense (MEADS). Nach Ausstieg der Partnerländer USA und Italien hatte Deutschland beschlossen, die bereits vorliegenden MEADS-Entwicklungsergebnisse für TLVS zu nutzen. Die Entscheidung für das erste große Rüstungsprojekt in der Amtszeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen war bereits im Juni 2015 gefallen. Allerdings verzögerten sich die weiteren Schritte aus verschiedenen Gründen.

So hatte MBDA bereits 2016 ein erstes Angebot abgegeben. Aus Sicht des Auftraggebers, formal das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) war das allerdings noch nicht ausreichend. In späteren Schritten engagierte sich der US-Konzern Lockheed Martin stärker in dem Projekt.

Die Bewertung des bisherigen Vorgehens im jüngsten Rüstungsbericht von Anfang Juni:

Im Vergabeverfahren TLVS konnten seit dem letzten Rüstungsbericht deutliche Fortschritte erzielt werden. Der öffentliche Auftraggeber (öAG) begleitet den derzeit noch laufenden Prozess der Erstellung des zweiten Angebotes durch die Industrie über das Instrument der Bieterkommunikation. Durch dieses formalisierte Verfahren konnte das gemeinsame Verständnis von Industrie und öAG in Bezug auf die TLVS-Forderungslage in wesentlichen Bereichen (u.a. zur Umsetzung der nationalen Systemhoheit) weiter verbessert werden; der öAG erwartet entsprechend positive Auswirkungen auf die inhaltliche Qualität des zweiten Angebotes.Auch in der Vorbereitung der weiteren, projektbestimmenden Handlungslinien – der Vertragsverhandlung für die Anpassentwicklung IRIS-T SL und der regierungsseitigen Verhandlungen mit USA und Italien über als deutsche Beistellung vorgesehene Rüstungsgüter und -dienstleistungen – sind positive Entwicklungen zu verzeichnen. Allerdings bleibt die zeit- und leistungsgerechte Synchronisierung dieser Handlungslinien, die in einer 25 Mio. Euro-Vorlage an das Parlament konvergieren wird, eine Herausforderung.

Das ist die trockene Sprache der Rüster, die auf konkrete Schwierigkeiten hinweis. Die Umsetzung der nationalen Systemhoheit dürfte unter anderem damit zu tun haben, dass bestimmte Freigaben der USA für das dann rein deutsche TLVS nötig und nicht so einfach zu bekommen sind. Und die zeit- und leistungsgerechte Synchronisierung klingt wie ein Hinweis auf die Kosten, die auch irgendwie gestemmt werden müssen.

Aus der Mitteilung der Unternehmen:

Das TLVS-Bieterkonsortium, ein Joint Venture von MBDA Deutschland und Lockheed Martin, hat dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, BAAINBw, das Angebot über Entwicklung, Erprobung und Lieferung des Taktischen Luftverteidigungssystems TLVS vorgelegt. TLVS ist das künftige integrierte Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsystem der Bundeswehr.
Die Ausschreibung sieht einen vierphasigen Ansatz vor, bei dem das System entwickelt, integriert, erprobt und schließlich als einsatzfähiges Multimissions-System geliefert wird. Das fertige System wird neue Fähigkeiten und deutliche Leistungssteigerungen gegenüber allen bekannten Systemen aufweisen.
TLVS soll die in den späten 1960er Jahren entwickelten Patriot-Systeme ersetzen. Das 2019 vorgelegte TLVS-Angebot bietet Schutz vor einer deutlich größeren Bandbreite von Bedrohungen, unter anderem durch zwei missionsspezifische Abwehrraketen, erweiterte Sensorfähigkeiten, ein neues Kommunikationssystem, hochentwickelte Software-Algorithmen und höhere Cyber-Sicherheit. So wird TLVS beispielsweise das erste integrierte Luftverteidigungssystem sein, das mehrere Bedrohungen – auf kurze und mittlere Distanz – simultan verfolgen und abfangen kann und einen umfassenden 360-Grad-Schutz ermöglicht. (…)
Mit seinem integrierten Plug-and-Fight-Interface ist TLVS weltweit das modernste vernetzte 360-Grad-Luftverteidigungssystem. TLVS wird die Fähigkeit zu Landes- und Bündnisverteidigung deutlich erweitern. Damit wird Deutschland als NATO-Rahmennation auf Jahre hinaus eine führende Rolle im Bereich Luftverteidigung einnehmen.  

(Archivbild: TLVS-Systemkonfiguration – Foto MBDA Deutschland)