Untersuchungsausschuss Berater: Compliance-Beauftragter und Leiter Revisionsstab als Zeugen (Nachträge)

Nach mehreren Wochen Pause (vor allem durch Ostern bedingt) setzt der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den umstrittenen Beraterverträgen im Verteidigungsministerium seine öffentlichen Zeugenanhörungen fort. Für den (heutigen) Donnerstag sind ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), der Compliance-Beauftragte des Ministeriums und der Leiter des Stabs Organisation und Revision im BMVg geladen.

Die Abgeordneten dürften sich dabei insbesondere für die Arbeit von Brigadegeneral Friedhelm Tränapp interessieren: Der war 2017 mit der Aufgabe angetreten, ein umfassendes Compliance Management System zunächst für das Verteidigungsministerium, später für den gesamten Geschäftsbereich zu implementieren und beständig fortzuentwickeln. Dabei sollte er Handlungsempfehlungen entwickeln, um auch unbeabsichtigten Regelverstößen vorzubeugen – und um Regelverstöße, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, dreht sich ja dieser Untersuchungsausschuss.

Ebenfalls auf besonderes Interesse wird wohl die Arbeit von Konteradmiral Michael Nelte stoßen, dem Leiter des Stabs Organisation und Revision – mit Schwerpunkt auf der Revision.

Der Ausschuss muss heute – erneut – mit dem praktischen Problem umgehen, dass die Ausschussmitglieder während der geplanten Anhörungszeit auch als Abgeordnete in Debatten und Abstimmungen über Auslandseinsätze der Bundeswehr gefordert sind: Gleich drei Mandate – MINUSMA und EUTM Mali sowie die Pirateriebekämpfung am Horn von Afrika – stehen am Nachmittag auf der Tagesordnung. Die Anhörungen von Tränapp und Nelte dürften deshalb voraussichtlich erst am frühen Abend beginnen.

Zum Nachlesen, weil’s ja doch eine Weile her ist: Der Untersuchungsauftrag hier und die Meldung zum Beginn der Ausschussarbeit hier.

Nachtrag: Zu Beginn der (zunächst nichtöffentlichen) Ausschusssitzung teilte das Ministerium den Abgeordneten mit, dass inzwischen der Vorwurf von Scheinselbständigkeit gegen externe Berater vom Tisch sei. Andreas Conradi, Leiter der Rechtsabteilung und Beauftragter des Ministeriums für den Untersuchungsausschuss, habe das Gremium entsprechend informiert. Die Mitteilung des BMVg:

Der Beauftragte des BMVg für den Untersuchungsausschuss hat heute im Untersuchungsausschuss den Bundestag darüber informiert, dass nach der Staatsanwaltschaft Berlin nun auch die Deutsche Rentenversicheung das Prüfverfahren gegen das BMVg (Scheinselbständigeit) eingestellt hat, weil bereits der objektive Tatbestand in Bezug auf einen Verstoß nicht erfüllt war.
Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte im Zusammenhang mit der Beauftragung Externer gegen das BMVg ein Verfahren wegen des Verdachts der Strafbarkeit aus § 266a StGB, also Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, bereits im Oktober 2018 nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt.
Wie Sie wissen, hat das BMVg in diesem Zusammenhang bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ein sogenanntes Verfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status – oder kurz: Statusfeststellungsverfahren – eingeleitet.
Dieses Verfahren wurde nun auch durch die Deutsche Rentenversicherung eingestellt (eingegangen bei BMVg vergangene Woche, 30.4.). Nach Feststellung der Clearingstelle bestand zwischen dem BMVg und den einzelnen Externen keine sozialversicherungsrechtlich relevante Konstellation.

Nachtrag 2: Nach einem Bericht von Spiegel Online musste Conradi den Ausschussmitgliedern aber auch von Versuchen der Vertuschung im Ministerium berichten:

Nach SPIEGEL-Informationen hat ein leitender Beamter jetzt den Versuch eingeräumt, Belastungsmaterial gegen ihn zu vernichten. Dabei geht es um falsche und absichtlich frisierte Abrechnungen mit mehreren Beratungsunternehmen, die der Regierungsdirektor für seine damalige Abteilung als sachlich richtig abgesegnet hatte. (…)
Demnach ist gegen den Regierungsdirektor, der früher in der Abteilung Cyber- und Informationstechnik (CIT) eingesetzt war, ein formales Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Es bestehe der Verdacht, dass er im Februar 2019 die Akten vernichten wollte, um Unregelmäßigkeiten bei mehreren Abrechnungen mit großen Beratungskonzernen zu vertuschen. Nach SPIEGEL-Informationen zeichnete der Beamte Detlef S. über die Jahre immer wieder Rechnungen für Leistungen ab, die bereits vor dem Vertragsschluss zwischen der IT-Abteilung des Ministeriums und drei großen Beratungsunternehmen geleistet wurden.

Update zur der SpOn-Meldung: Dabei handelt es sich nach Informationen von Augen geradeaus! um den bereits Anfang April bekannt gewordenen Fall.

(Weiter dann ggf. nach Entwicklung)

(Archivbild: Der Bundestags-Untersuchungsausschusses zu Beraterverträgen im Verteidigungsministerium vor seiner ersten öffentlichen Anhörung am 21.3.2019 – Felix Zahn/photothek.net )