Untersuchungsausschuss Berater: Erste Zeugen aus dem Ministerium (Nachtrag: gelöschte Akten)
Der Bundestags-Untersuchungsausschuss zu den umstrittenen Beraterverträgen im Verteidigungsministerium setzt am (heutigen) Donnerstagnachmittag seine öffentlichen Zeugenvernehmungen fort und hat dafür erstmals Beamte aus dem Ministerium geladen. Nach einem weiteren Prüfer des Bundesrechnungshofes (BRH) sollen der Abteilungsleiter Haushalt und Controlling (HC), Karl-Henning Bald, und der Referatsleiter HC II 2 (Bundesrechnungshof und Rechnungsprüfungsausschussangelegenheiten; Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Geschäftsbereich BMVg; Ansprechstelle Compliance Abteilung HC), Ministerialrat Martin Flachmeier, gehört werden.
Bei der ersten öffentlichen Zeugenvernehmung am 21. März hatten zwei Prüfer des Bundesrechnungshofes, deren Berichte über die Vergabepraxis für Beratungsaufträge im Wehrressort zu diesem Untersuchungsausschuss geführt hatten, Verstöße gegen das Vergaberecht und weitere Unregelmäßigkeiten moniert. Vor allem die Nutzung eines Rahmenvertrages, der ausschließlich für Softwarepflege vorgesehen war, für andere Dienstleistungen sei rechtswidrig gewesen.
Während der BRH-Mitarbeiter Hans-Joachim Waller voraussichtlich die Aussagen seiner Kollegen Thea Dilgers und Helmut Peters ergänzen wird, dürfte bei der Befragung der Ministeriumsbeamten die Frage im Vordergrund stehen, wie die Mängelrügen des Rechnungshofes im Ministerium aufgenommen wurden und ob sie zu Folgerungen führten.
Referatsleiter Flachmeier war ausweislich einer vom Verteidigungsministerium im Juli 2012 veröffentlichten Broschüre (Das Bundesministerium der Verteidigung stellt sich vor) zuvor in der Rechtsabteilung tätig und dort im Referat R I 4 für Internationales Vertragsrecht zuständig. Der Ministerialrat war bereits vor seiner Vernehmung bemüht, möglichst nicht öffentlich in Erscheinung zu treten. Der Bundestag teilte in der Ankündigung der Zeugenvernehmung mit:
Der Zeuge Flachmeier besteht darauf, dass eine Bildberichterstattung über ihn nicht stattfindet, weil nach seinen Angaben daran kein öffentliches Interesse bestünde. Aus diesem Grunde wird seitens des Zeugen gebeten, dass ggf. Verpixelung erfolgt.
Nachtrag: Am Nachmittag wurde durch einen Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) bekannt, dass zeitweise – Akten gelöscht wurden, die für den Ausschuss von Interesse waren. Die Unterlagen hätten aber wieder hergestellt werden können, teilte das Verteidigungsministerium mit. Die Stellungnahme im Wortlaut:
Um die Arbeit des Untersuchungsausschuss bestmöglich zu unterstützen, hat das BMVg im folgenden einen Beauftragten für den Untersuchungsausschuss benannt. Der Beauftragte hat direkt nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses durch einen schriftlichen Hinweis an alle Beschäftigten des Geschäftsbereiches BMVg darauf hingewiesen, dass Akten und Daten, die unter den Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses fallen könnten, nicht gelöscht oder entfernt werden dürfen.
Am 27. März 2019 wurde der Beauftragte davon in Kenntnis gesetzt, dass in der Abteilung Cyber- und Informationstechnik des BMVg Daten, die den Untersuchungsauftrag des Ausschusses betreffen, aus der Datenablage abhandengekommen sind. Umgehend nach dem Vorfall wurde der dafür zuständige IT- Sicherheitsbeauftragte eingeschaltet. Dieser hat sofort den elektronischen Zugang zu dem betroffenen Bereich in der Abteilung CIT dahingehend beschränkt, dass keine Löschungen aus dem Datenbestand mehr möglich sind. Die vorübergehend vom Speicherort entfernten Daten konnten im Nachgang vollständig wieder hergestellt werden.
Zudem wurde aus diesem Anlass nochmals ausdrücklich auf das Vernichtungsverbot von Akten und das Löschverbot von Daten, die unter den Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses fallen könnten, hingewiesen.
Wir gehen dem Vorgang weiter nach und führen dazu weiter interne Ermittlungen durch.
Es soll sich nach Informationen von Augen geradeaus! um einen Aktenordner mit Unterlagen zu einer bestimmten Person handeln; warum diese gelöscht werden sollten, ist noch nicht geklärt.
(Foto: Der Bundestags-Untersuchungsausschusses zu Beraterverträgen im Verteidigungsministerium vor seiner ersten öffentlichen Anhörung am 21.3.2019 – Felix Zahn/photothek.net )
Von Thorsten Jungholt [@AutorToto]
„Zentrale Erkenntnis heute im #Untersuchungsausschuss #Berateraffäre #Bundeswehr:
Dateien mit Beweismitteln können im #BMVg einfach mal so gelöscht werden. Sind wieder hergestellt – aber keiner weiß, wer es war. Was für ein Laden“!
Unverständnis, berechtigtermaßen.
[Zu dem Punkt siehe den Nachtrag oben. T.W.]
Wenn man sich dann noch daran erinnert, dass die Zeugen aus dem BMVg durch Berater auf ihre Aussagen vorbereitet werden.
Nicht einmal dafür reicht der Sachverstand im BMVg-trotz Rechtsabteilung?
Ja mei, Speicherplatz kostet halt viel. Da muss man auch mal was löschen :-)
Den Laden schließen und abwickeln, wenn nur die Hälfte von dem stimmt was die letzten Jahre so an die Öffentlichkeit gedrungen ist.
@escrimador: Der Staat ist so verschlankt worden, daß niemand mehr da ist, der Arbeit erledigen kann und deswegen muss teuer extern eingekauft werden. Bei eben jenen Beratern, die zum schlanken Staat geraten hatten.