Berater-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf – Bühler-Amtsantritt offiziell verschoben (Nachtrag)

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den umstrittenen Beraterverträgen in Verteidigungsministerium und Behörden der Bundeswehr hat am (heutigen) Donnerstag offiziell seine Arbeit begonnen. Das vom Verteidigungsausschuss eingesetzte Gremium konstiutierte sich als Unterausschuss mit neun Mitgliedern und beschloss Aktenanforderungen an das Wehrressort sowie zahlreiche Zeugenvernehmungen. Unterdessen teilte das Ministerium offiziell mit, dass der für ein NATO-Kommando vorgesehene Generalleutnant Erhard Bühler wegen der Ausschussuntersuchungen sein neues Amt später antreten werde.

Der Ausschuss soll sich mit Rechts- und Regelverstößen beim Umgang mit externer Beratungs- und Unterstützungsleistung in Ministerium und Behörden wie dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAInBw) befassen. Grundlage sind unter anderem Berichte des Bundesrechnungshofes über regelwidrig vergebene oder überteuerte Beraterverträge. Davon seien nicht nur einzelne Projekte, sondern strukturelle Fragen sowie die Führungsstrukturen im BMVg betroffen, heißt es im Untersuchungsauftrag.

Die Einsetzung eines kleineren Untersuchungsgremiums soll verhindern, dass der gesamte Verteidigungsausschuss nur mit diesem Thema befasst ist.

Dem Untersuchungsausschuss gehören als Mitglieder drei Abgeordnete der Union, zwei der SPD sowie je einer aus den Oppositionsfraktionen FDP, Linke und Grüne (die den Ausschuss beantragt hatten) und der AfD an:

CDU/CSU
Ordentliche Mitglieder:
Reinhard Brandl
Henning Otte (Sprecher)
Oswin Veith
Stellvertretende Mitglieder:
Michael Kuffer
Karl A. Lamers
Bettina Wiesmann

SPD
Ordentliche Mitglieder:
Wolfgang Hellmich (Vorsitzender des Verteidigungsausschusses und des Untersuchungsausschusses)
Dennis Rohde (Sprecher)
Stellvertretende Mitglieder:
Siemtje Möller
Marja-Liisa Völlers

AfD
Ordentliches Mitglied: Rüdiger Lucassen
Stellvertretendes Mitglied: Gerold Otten

FDP
Ordentliches Mitglied: Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Stellvertretendes Mitglied: Alexander Müller

Linke
Ordentliches Mitglied: Maatthias Höhn
Stellvertretendes Mitglied: Alexander Neu

Grüne:
Ordentliches Mitglied: Tobias Lindner
Stellvertretendes Mitglied: Katja Keul

Auf den Beweisbeschlüssen, die in der ersten Sitzung gefasst wurden, steht die umfangreiche Beiziehung von Akten aus Ministerium, BAAINBw, Bundesrechnungshof und weiteren Behörden. Interessanter ist natürlich die Zeugenliste, auf der bislang 15 Personen stehen. Prominenteste Zeugin ist die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Für den Untersuchungsgegenstand wichtiger dürfte allerdings die Vernehmung der früheren Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder und ihres Nachfolgers Benedikt Zimmer, von Staatssekretär Gerd Hoofe, von Generalleutnant Bühler als früherem Abteilungsleiter Planung im Ministerium sowie der aktuellen und ehemaligen Führung des BAAINBw, Gabriele Korb und Harald Stein, sein.

Neben den Zeugen aus dem öffentlichen Bereich will der Ausschuss zwei Berater laden: Gundbert Scherf, der allerdings als früherer Beauftragter für Rüstungsprojekte eher zum Kreis der Ministeriumsangehörigen zu rechnen ist, sowie Timo Nötzel von der Beratungsfirma Accenture.

Vor allem die Verbindung von Nötzel, der vor seiner Beratertätigkeit auch in Ministerium und Bundeswehr tätig war, und dem früheren Abteilungsleiter Bühler steht für die Opposition mit im Fokus der Untersuchungen. Da sich beide seit langer Zeit kennen und zudem der Generalleutnant Pate von Nötzels Kindern ist, wurde  von einigen Parlamentariern die Beauftragung von Nötzel und seiner Firma als Teil eines Kenn-Verhältnisses und Buddy-Systems eingeordnet. Bühler verwies allerdings, auch bei Anhörungen im Verteidigungsausschuss, solche Vorwürfe zurück, zumal er die fraglichen Aufträge selbst als Abteilungsleiter nie eigenständig habe vergeben können.

Für den Generalleutnant hat die bevorstehende Vernehmung im Ausschuss allerdings bereits jetzt Konsequenzen: In diesen Tagen hatte er das NATO Joint Force Command in Brunssum übernehmen sollen und wäre damit auch zum Vier-Sterne-General befördert worden. Die Amtsübergabe wurde allerdings verschoben, vorerst bleibt der italienische General Riccardo Marchio auf diesem Posten. Das war inoffiziell schon länger bekannt, inzwischen bestätigte es der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn in der Fragestunde des Bundestags:

Grundlage für die noch nicht erfolgte Rotation auf dem Dienstposten „Commander Joint Force Command Brunssum“ ist die erforderliche Unterstützung des Untersuchungsausschusses (Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode), an der auch Generalleutnant Erhard Bühler beteiligt ist.
Die spätere Rotation ist mit Italien konsentiert.
Einzelheiten zur Kompensation mit dem Ziel eines längeren Verbleibs des derzeitigen italienischen Commander Joint Force Command Brunssum werden derzeit abgestimmt.

Nachtrag: Da sich in den Kommentaren einige, nicht ganz überraschend, vor allem mit Bühler befassen: Nein, es wird eben nicht, wie es ein Kommentator formulierte, wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ermittelt. Es gab im vergangenen Jahr ein Verwaltungsermittlungsverfahren, und nach meiner Kenntnis war als Ergebnis Bühler nichts vorzuwerfen. Es wäre gut, wenn es bei diesem Punkt hier sachlich bliebe.

(Foto: Bühler am 16. Januar 2019 beim Besuch der NATO-Battlegroup in Rukla/Litauen – NATO eFP Battlegroup Lithuania)