Bundeswehreinsatz im Kosovo soll über 20 Jahre hinaus verlängert werden (Nachtrag: BPK)

Der Einsatz im Kosovo, die längste Auslandsmission der Bundeswehr, soll über die bisherige Dauer von bereits fast 20 Jahren hinaus verlängert werden. Das Bundeskabinett beschloss am (heutigen) Mittwoch die weitere deutsche Beteiligung an der NATO-geführten KFOR-Mission in der ehemaligen serbischen Provinz. Die Personalobergrenze wird im neuen Mandat, das dem Bundestag zur Billigung zugeht, weiter verringert und von möglichen 800 auf maximal 400 Soldatinnen und Soldaten gesenkt.

Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte die Bundeswehr ihren wichtigsten und größen Standort im Kosovo, das Feldlager in Prizren, endgültig aufgegeben. Seitdem sind noch rund 70 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Stab der KFOR-Mission in der Hauptstadt Pristina präsent. Schon im Sommer 2018 war die Einsatzbereitschaft des gemischten deutsch-österreichischen Operational Reserve Forces-Bataillons eingestellt worden.

Im Vergleich zum bisherigen Mandat (Bundestagsdrucksache 19/2348), das Mitte Juni vergangenen Jahres vom Parlament gebilligt wurde, bleibt das neue Mandat (Bundestagsdrucksache 19/10421) – mit Ausnahme der niedrigeren Personalobergrenze – praktisch unverändert. Auch zwei Jahrzehnte nach dem NATO-Einmarsch in die damalige serbische Unruheprovinz im Sommer 1999 und auch nach Unabhängigkeit des Kosovo bleibe die Mission der Allianz von Bedeutung, heißt es in der Begründung:

Der NATO-Einsatz KFOR hat sich von einer friedensschaffenden Mission mit über 50.000 Soldatinnen und Soldaten zu einer friedensbewahrenden Mission mit derzeit rund 3.500 Soldatinnen und Soldaten entwickelt. Seine Bedeutung zeigt sich unter anderem darin, dass es gelungen ist, ein sicheres Umfeld für die Menschen in Kosovo zu bewahren und lokale Sicherheitsstrukturen aufzubauen. Dies ist eine Grundlage für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Republik Kosovo. (…)
Die Sicherheitslage in Kosovo ist weiterhin überwiegend ruhig und stabil. Allerdings verbleibt nach wie vor ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, insbesondere im Norden Kosovos. Die weiterhin angespannten Beziehungen zwischen der Republik Kosovo und der Republik Serbien können sich mittelbar auch auf die Sicherheitslage in der Republik Kosovo auswirken.

Aus diesem Grund bleibt die Zahl der bei Bedarf einzusetzenden Soldaten auch deutlich über der derzeitigen Stabsbeteiligung von 70 Soldatinnen und Soldaten:

Gleichzeitig wird gewährleistet, dass die Bundeswehr bei einer unerwarteten Verschlechterung der Sicherheitslage gemäß den international gegenüber der NATO eingegangenen Verpflichtungen schnell und flexibel reagieren könnte.

Nachtrag: Zur Ergänzung dazu aus der Bundespressekonferenz; mit Aussagen von Regierungssprecher Steffen Seibert und für das Auswärtige Amt Rainer Breul:

Seibert: Dann könnte ich jetzt kurz die Themen der Kabinettssitzung anreißen. Das Kabinett hatte heute einen reichhaltigen Arbeitsplan.

Es geht mit einem Beschluss über die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo los. Das ist die Nato-geführte internationale Sicherheitspräsenz, kurz KFOR. Vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung also wie gesagt heute die Fortsetzung beschlossen.

Bisher gilt eine Obergrenze von 800 Soldatinnen und Soldaten. Die wird in dem neuen Mandat künftig auf bis zu 400 Soldatinnen und Soldaten halbiert, wobei man sagen muss, dass die Zahl der jetzt in diesem Einsatz im Kosovo befindlichen deutschen Soldaten und Soldatinnen deutlich niedriger, nämlich zweistellig ist. Die Sicherheitslage im Kosovo ist überwiegend ruhig und stabil, aber es gibt ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, vor allem im Norden des Landes. Diese abgesenkte Obergrenze gewährleistet aber doch unverändert, dass die Bundeswehr im Falle einer unerwarteten Verschlechterung schnell und flexibel reagieren könnte. (…)

Zusatzfrage : Herr Seibert, die Bundeswehr engagiert sich jetzt seit 20 Jahren im Kosovo. Gibt es mittlerweile ein Szenario dafür, wann dort Ruhe im Sinne dessen herrschen wird, dass die Nato und damit die Bundeswehr abzieht?

StS Seibert: Als die internationale Präsenz im Kosovo begonnen hat, waren dort bis zu 50 000 Soldatinnen und Soldaten. Heute ist die Gesamtzahl, wenn ich mich recht erinnere – der Kollege möge mich korrigieren -, auf 3500 gesunken. Wir haben unser Kontingent noch ein weiteres Mal auf bis zu 400 Soldaten und Soldatinnen reduziert. Das allein zeigt Ihnen doch schon, dass auch durch die Anwesenheit der KFOR-Truppen eine erhebliche Stabilisierung möglich geworden ist. Trotzdem lautet die Analyse, dass es noch ein Eskalationspotenzial gibt und dass es noch ein Konfliktpotenzial gibt. Deswegen ist diese reduzierte Präsenz, und zwar insgesamt reduziert – sowohl international als auch, was den deutschen Anteil betrifft -, das Richtige.

Zusatzfrage : Herr Breul, gibt es intern eine Aufarbeitung der Kosovopolitik der letzten 20 Jahre, also dessen, was man vielleicht falsch gemacht hat, sodass es heute immer noch, wie Herr Seibert sagt, zu Konflikten kommen kann und kommt?

Breul: Sie können sicher sein, dass wir unsere Politik grundsätzlich immer hinterfragen, überprüfen und an den Gegebenheiten ausrichten. Sie werden auch dafür Verständnis haben, dass man natürlich mit den Gegebenheiten vor Ort arbeiten muss. Es kommt vor allem auf die Akteure vor Ort an. Die müssen Frieden wollen. Die müssen vor allem eine Normalisierung der Verhältnisse haben wollen. Das ist nämlich genau das Schlüsselwort im Normalisierungsdialog zwischen dem Kosovo und Serbien. Darauf, diesen weiter voranzutreiben, kommt es an. Es kommt darauf an, dass am Ende ein Abkommen zwischen beiden steht, das umfassend ist und in beiden Ländern politisch tragfähig ist. Darauf arbeiten wir hin. Das ist unser Ziel. Daran richten wir unsere Instrumente aus, wie Herr Seibert richtig gesagt hat. Bis dahin und aktuell sind wir der Meinung, dass die deutsche Truppenpräsenz nach wie vor einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung leistet.

(Archivbild: Patrouillenfahrt im Dezember 2014 in der Nähe des Camps Cabra – Jana Neumann/Bundeswehr)