Kündigungen von Jet-Piloten der Luftwaffe: Neuer Höchststand im vergangenen Jahr

Die Zahl der Kampfjet-Piloten der Luftwaffe, die von sich aus kündigen, hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Von den insgesamt gut 160 Eurofighter-Piloten kündigten im vergangenen Jahr neun Offiziere. In den Vorjahren waren es 2014 und 2015 je einer, 2016 drei und 2017 keiner gewesen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP hervor, die Augen geradeaus! vorliegt.

(Nachtrag: Am 18. Februar wurde sie auch als BT-Drucksache 19/7662 auf der Bundestags-Webseite veröffentlicht.)

Die Gründe für den Abschied aus dem Cockpit sind nach Darstellung des Verteidigungsministeriums nicht zu ermitteln: Begründungen für Kündigungen dürfen nicht abverlangt werden. Aus der freiwilligen Angabe Einzelner lassen sich keine validen Kündigungsgründe ermitteln. Dementsprechend liegen keine validen Erkenntnisse  zu den Kündigungsgründen vor, heißt es in der Antwort.Die Kündigungswelle gerade bei den so genannten Luftfahrzeugführern, die die Bundeswehr mit großem Aufwand ausbildet, hatte sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet. Im Mai hatte die Pilotin Nicola Baumann, eine der wenigen Frauen und zeitweise als Astronautin vorgesehen, öffentlichkeitswirksam ihren Abschied von der Luftwaffe erklärt und mehr oder weniger eindeutig die Bürokratie der Streitkräfte als Grund genannt.

Bereits damals war klar gewesen, dass mindestens sieben Eurofighter-Piloten gehen würden, zum Jahresende wurden es dann neun. Auch wenn das Ministerium keine validen Erkenntnisse zu den Kündigungsgründen hat: Eine mögliche Erklärung hatte die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf eine Anfrage ebenfalls der FDP schon selbst geliefert. Auf die Frage nach Gründen für das Absolvieren zu weniger Flugstunden oder gar für einen Verlust der Fluglizenz wurde neben Lehrgängen, Krankheit, Elternzeit und ähnlichem ein grundlegendes Problem genannt:

Daneben haben Pilotinnen oder Piloten teilweise die notwendige Anzahl an Flugstunden nicht erreicht, weil aufgrund der materiellen Einsatzbereitschaft der Luftfahrzeuge die operationell erforderlichen Flugstunden nicht bereitgestellt werden konnten.

Die neun Kündigungen bekommen trotz der scheinbar geringen absoluten Zahl noch ein anderes Gewicht, wenn man den planerischen Bedarf der Luftwaffe an neuen Piloten sieht: In diesem Jahr, so heißt es in der Ministeriumsantwort, ist die Einstellung von 23 künftigen Jetpiloten geplant, zunächst noch unabhängig vom Flugmuster. Rein rechnerisch werden für den Eurofighter 14,5 und für den Tornado 8,5 Piloten neu benötigt.

Das Ministerium machte klar, dass an der derzeit gültigen besonderen Altersgrenze von 41 Jahren für Piloten und Waffensystemoffiziere auf Kampfjets festgehalten werde. Allerdings können sie bei dienstlicher Notwendigkeit auch auf eine Verwendung außerhalb des Cockpits versetzt werden, wo dann diese Altersgrenze nicht mehr gilt. Eine Änderung der im Soldatengesetz festgelegten Altersgrenzen, sowohl der allgemeinen als auch der besonderen für die Piloten, werde derzeit nicht angestrebt.

Ebenso hielt das Verteidigungsministerium daran fest, dass die Piloten der Kampfjets auch künftig Berufsoffiziere sein müssen:

Aufgrund der besonderen fliegerischen Befähigung, der medizinischen Tauglichkeit und des zeit- sowie äußerst kostenintensiven Ausbildungsverlaufs werden die Anwärter des Flugdienstes (Jet) mit der Zusage der Übernahme zum Berufsoffizier eingestellt. … Die Qualitätsanforderungen an den Luftfahrzeugführer Jet [entsprechen] denen der Offiziersqualifikation als Einstiegsvoraussetzung. Die Ausbildung zum Jetpiloten für Unteroffiziere m.P. ist daher nicht vorgesehen.

Der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber, der die Anfrage initiiert hatte, reagierte kritisch auf die Antwort:

Wenn ich mir die Planungen – also das Saldo aus Ausbildung und Ruhestand – bei den Jetpiloten ansehe, passt die Bundesregierung bedauerlicherweise die Personalplanungen der Einsatzbereitschaft der Luftwaffe an. Gleichzeitig verlassen aufgrund eben dieser Einsatzbereitschaft zunehmend die Piloten fluchtartig die Luftwaffe. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hätte hier schon längst entgegen wirken müssen.

(Foto: Ein Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 ‚Richthofen‘ rollt am 5. Februar 2019 auf der estnischen Luftwaffenbasis Ämari im Schneetreiben zum Start im Rahmen des Baltic Air Policing)