Sammler: Moorbrand in Meppen – Update 5. Oktober

Beim zeitweise außer Kontrolle geratenen Moorbrand auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 91 im Emsland hat die Bundeswehr in den ersten Wochen nach Brandausbruch keine Luftmessungen vorgenommen. Das räumte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, am (heutigen) Freitag vor der Bundespressekonferenz ein. Allerdings seien zu einem späteren Zeitpunkt, als Feuer und Rauchentwicklung deutlich größer gewesen seien, keine Gesundheitsgefährdungen festgestellt worden. Flosdoerffwies zugleich die Befürchtung zurück, es gebe als Folge des Großfeuers eine Belastung mit Uran oder Quecksilber.

Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ, s. unten) hatte zuvor von den fehlenden Messungen in der ersten Zeit des Brandes berichtet. Der Moorbrand auf dem Gelände der WTD91 war am 3. September bei Raketentests ausgebrochen und schwelt weiterhin unterirdisch. Darüber hinaus hatte die NOZ auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung angesichts des Verdachts von verschossener uranhaltiger Munition berichtet.

Zu den fehlenden Messungen äußerte sich der Sprecher des Verteidigungsministeriums etwas gewunden, aber eindeutig:

Sie haben noch eine andere Frage angesprochen – Luftmessungen. Dazu habe ich ja schon, auch wiederholt von dieser Stelle, Stellung genommen. Die Ministerin war vor Ort. Wir sind nicht damit einverstanden, wie das in der ersten Zeit nach Ausbruch des Brandes dort gemanagt worden ist. Da ist sicherlich nicht alles glücklich gelaufen. Trotzdem stellt sich die Frage: Warum hat es dort keine Messungen gegeben? Weil sie dort nicht angefordert waren. Das ist ein 200 Quadratkilometer großes Gelände. Wir wären glücklicher gewesen, man hätte frühzeitiger auch die zivilen Kräfte alarmiert und eingebunden.
Trotzdem, wir haben Luftmessungen. Wir haben Schadstoffmessungen. Wir haben Gasmessungen aus der Zeit rund zwei Wochen nach Ausbruch des Brandes, also ab dem 18. September. Das war die Zeit der größten Belastung, auch der Luftbelastung. Da hatte man den meisten Rauch. Dort sind nach allen Erkenntnissen – das sind nicht nur Bundeswehrmessungen, sondern auch zivile Messungen anderer Behörden anderer Bundesländer – die Grenzwerte nicht überschritten worden. Also dass jetzt in der Zeit davor, als das Ausmaß des Brandes noch kleiner war, eine größere Gesundheitsgefährdung bestanden hat, dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Die Befürchtungen einer erhöhten Uranbelastung wurden sowohl von Flosdorff als auch von der WTD91 selbst zurückgewiesen, die in einer Pressemitteilung erklärte:

Erste aktuelle Messergebnisse zeigen keine Strahlenbelastung.
Es gibt nach wie vor keinerlei Hinweise darauf, dass in der Vergangenheit uranhaltige Munition auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen verschossen wurde. Dass nunmehr Analysen von Boden- und Luftproben auf radioaktive Stoffe durch die Strahlenmessstelle Süd des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr stattfinden, geschieht rein vorsorglich, um Sorgen der Einsatzkräfte wie auch der lokalen Bevölkerung auszuräumen. Erste Ergebnisse dieser Tests zeigen erwartungsgemäß auch nach dem Brand keinerlei Hinweise auf mögliche Strahlenbelastungen durch Uran.

Inzwischen wird der Brand fast ausschließlich von Feuerwehrleuten der Bundeswehr und Soldaten bekämpft; am Freitag waren nach Bundeswehrangaben nur noch drei ehrenamtliche Helfer beteiligt.

Fürs Archiv:

Pressemitteilung der WTD91 vom 5. Oktober
(hier als pdf-Datei: 20181005_PM_Info_Moorbrand WTD91)

Info-Flyer vom 5. Oktober
(hier als pdf-Datei: 20181005_Bw-Moorbrand_InfoFlyer_15)

• Pressemitteilung NOZ: Moorbrand im Emsland: Bundeswehr und Landkreis verwiesen auf Messungen, die es nicht gab

Sowohl die Bundeswehr als auch der Landkreis Emsland haben in den Tagen der größten Rauchentwicklung des Moorbrandes bei Meppen gesundheitliche Risiken für die Anlieger ihres Testgeländes und weit über 1000 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk verneint. Dabei verwiesen sie auf Messungen, die es nie gab, wie Recherchen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ belegen. Daten, die eine Entwarnung gerechtfertigt hätten, lagen Bundeswehr und Behörde zum Zeitpunkt ihrer entsprechenden Erklärungen nicht vor.
„Die in den vergangenen Tagen bereits durchgeführten Luftmessungen werden heute fortgesetzt, die Überwachung wird engmaschig durchgeführt“, heißt es etwa in einer Mitteilung der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition (WTD) vom 20. September. Mehrere Messungen hatte es bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht gegeben, engmaschige und umfassende schon gar nicht.
Die Bundeswehr bestätigte in dieser Woche auf Nachfrage der NOZ einen detaillierten Ablaufplan der Messungen. Von Kohlenmonoxid abgesehen hat sie demnach erst ab dem 20. September Luftschadstoffe messen lassen – 17 Tage nach Ausbruch des Brandes, drei Tage nach der maximalen Rauchentwicklung und einen Tag nach einer pauschalen öffentlichen Feststellung der Bundeswehr vom 19. September, wonach, so wörtlich, „keine Gesundheitsgefährdung durch die Rauchentwicklung“ bestehe.
Die zitierte Aussage über die Vortage beziehe sich auf „Messungen des Landkreises Emsland, bei dem das Land NRW entsprechend unterstützt hat“, erklärte ein Sprecher der Bundeswehr gegenüber der NOZ. Das Landesamt für Natur,- Umwelt- und Verbraucherschutz NRW hatte in der Tat Messungen durchgeführt – aber erst ab dem 22. September, also zwei Tage nach der Unbedenklichkeitserklärung der Bundeswehr und fünf Tage, nachdem die Qualmwolke sich bereits zu verziehen begonnen hatte.
Die Konzentration anorganischer Gase, flüchtiger Kohlenwasserstoffe TVOC, polycyclisch aromatischer Kohlenwasserstoffe PAK sowie von Staub, Schwermetallen und sprengstofftypischen Verbindungen wurde durch die Gefahrstoffmessstelle Nord der Bundeswehr erst am 20. September ermittelt, ebenfalls also, als die Rauchentwicklung bereits deutlich abgeklungen war. Bevor der Landkreis Emsland die Messungen am 21. September übernahm, erfolgte nach Angaben der Bundeswehr ansonsten nur noch ein weiteres Mal die Messung von Kohlenstoffdioxid, Schwefeldioxid, Distickstoffmonoxid, Methan, Stickstoffdioxid und Stickstoffmonoxid, und zwar am 20. September durch die WTD selbst.
Treffen die Angaben der Bundeswehr zu, hat sie also einerseits am 19. September vorschnell Entwarnung gegeben, zudem ohne belastbaren Bezug auf die Tage mit der größten Rauchentwicklung. Andererseits wären Gerüchte über vorherige und bisher unveröffentlichte Messungen der Bundeswehr auf dem eigenen Gelände falsch. Beispielsweise hatten die Grünen die Herausgabe entsprechender Daten aus den ersten zwei Wochen des Brandes gefordert. Diese gibt es zumindest den jetzigen Angaben zufolge nicht.
Auch der Landkreis Emsland hat die Bevölkerung und die weit mehr als 1000 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk mit Blick auf etwaige Gesundheitsgefahren durch den Moorbrand falsch informiert, berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ weiter. Am 19. September hatte der Landrat mitgeteilt, dass der Fachbereich Gesundheit „keine Gesundheitsgefährdung durch den Qualm“ erkennen könne und eine solche auch auf Basis von Messungen der Bundeswehr nicht gegeben sei. Belastbare Messungen hatte es zum Zeitpunkt der Entwarnung aber nun einmal nicht gegeben.
Lungenärzte werteten die Aussagen des Landkreises seinerzeit bereits umgehend als „Schutzbehauptung“. Rauchwolken wie die nach dem Großbrand infolge des Munitionstests auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle könnten gar nichts anderes als gesundheitsgefährdend sein.
Pikant: Die mindestens vorschnelle, wenn nicht fehlerhafte Entwarnung des Landkreises, die am 19. September mit dem Untertitel „Keine Gesundheitsgefährdung durch Rauchentwicklung“ veröffentlicht wurde, ist von der Internetseite des Landkreises Emsland inzwischen verschwunden.

• Die Aussagen Flosdorffs vor der Bundespressekonferenz im Gesamtzusammenhang:

Frage: An Herrn Flosdorff die Frage: Wurde auf dem Moorbrand-Gebiet in Meppen uranhaltige Munition getestet? Welche Untersuchungen laufen gerade, und warum wurden erst zwei Wochen nach Ausbruch des Brandes Geologen hinzugezogen?

Flosdorff: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir Gelegenheit, das hier noch einmal klarzustellen.

Es gibt jetzt keine neuen Erkenntnisse oder Hinweise darauf, dass es dort eine erhöhte Quecksilberbelastung oder eine Uranbelastung gibt. Es gibt auf dem Gelände in Meppen jährlich intensive detaillierte Wasserproben. Es hat dort nie Hinweise auf Belastungen gegeben, wie Sie sie jetzt gerade angesprochen haben. Das ist eine rein vorsorgliche Maßnahme. Wir haben auch keine Hinweise darauf, dass jemals auf dem Gelände Uranmunition getestet worden ist. Das ist die Faktenlage. Also man sollte das einmal ins Verhältnis zu den Überschriften setzen, die dann mit einem Fragezeichen versehen werden. Sie beziehen sich auf rein vorsorgliche Messungen, die jetzt durchgeführt werden. Das ist nicht das erste Mal, dass sie durchgeführt werden. Jedes Jahr werden dort routinemäßig Messungen durchgeführt, und man schaut jetzt, ob sich nach dem Moorbrand – beziehungsweise es brennt ja noch etwas im Kleinen Umfang – dort irgendwelche Veränderungen ergeben haben. Das geschieht rein vorsorglich auf Wunsch des Landes Niedersachsen, um dort Sicherheit für die Bevölkerung zu schaffen und aktuelle Werte und Daten zu haben. Also wir haben keine Erkenntnisse, dass dort jemals Uranmunition verschossen worden ist.

Sie haben noch eine andere Frage angesprochen – Luftmessungen. Dazu habe ich ja schon, auch wiederholt von dieser Stelle, Stellung genommen. Die Ministerin war vor Ort. Wir sind nicht damit einverstanden, wie das in der ersten Zeit nach Ausbruch des Brandes dort gemanagt worden ist. Da ist sicherlich nicht alles glücklich gelaufen. Trotzdem stellt sich die Frage: Warum hat es dort keine Messungen gegeben? Weil sie dort nicht angefordert waren. Das ist ein 200 Quadratkilometer großes Gelände. Wir wären glücklicher gewesen, man hätte frühzeitiger auch die zivilen Kräfte alarmiert und eingebunden.

Trotzdem, wir haben Luftmessungen. Wir haben Schadstoffmessungen. Wir haben Gasmessungen aus der Zeit rund zwei Wochen nach Ausbruch des Brandes, also ab dem 18. September. Das war die Zeit der größten Belastung, auch der Luftbelastung. Da hatte man den meisten Rauch. Dort sind nach allen Erkenntnissen – das sind nicht nur Bundeswehrmessungen, sondern auch zivile Messungen anderer Behörden anderer Bundesländer – die Grenzwerte nicht überschritten worden. Also dass jetzt in der Zeit davor, als das Ausmaß des Brandes noch Kleiner war, eine größere Gesundheitsgefährdung bestanden hat, dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Frage: Sie haben gesagt, Sie hätten keine Hinweise auf uranhaltige Munition, die da getestet worden ist. Gilt das auch für quecksilberhaltige Sprengkörper?

Die andere Frage ist: Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass Sie auch nach Strahlenbelastung messen? Das war ja so der Berichterstattung zu entnehmen.

Flosdorff: Das ist die Berichterstattung darüber. Da hat man gefragt, ob Messungen durchgeführt werden. Ja, dafür werden Messungen durchgeführt.

Zusatzfrage: Also Strahlenbelastungen?

Flosdorff: Das heißt aber nicht, dass wir Hinweise darauf haben, dass es dort eine Strahlenbelastung gibt. Diese Messungen werden jetzt umfassend nach der Hochphase des Brandes durchgeführt, um festzustellen, ob dort irgendetwas freigesetzt worden ist.

Noch einmal: Wir machen jährlich detaillierte Wasser- und Bodenanalysen in Meppen. Da wird auf alle möglichen Schadstoffe getestet. Es hat keine Hinweise darauf gegeben, dass wir dort zu normalen Zeiten eine erhöhte Belastung haben. Es wird ja auch das Wasser ausgewaschen. Da müsste man in den Wasserproben eigentlich etwas finden.

Jetzt schauen wir noch einmal nach dem Brand, ob sich da irgendetwas geändert hat. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt irgendeinen akuten Hinweis darauf haben, dass dort eine bestimmte Munition verschossen worden ist und sich dort Werte erhöht haben könnten.

Wir wollen aber trotzdem, dass man das macht. Wenn es zur Aufklärung und zur Transparenz beiträgt, dann ist es gut, dass man diese Messungen jetzt durchführt. Ich bitte einfach, den Umstand – da appelliere ich auch ein bisschen an Ihre Verantwortung -, dass Messungen durchgeführt werden, jetzt nicht mit einem Fragezeichen zu versehen und zu fragen: Gibt es da jetzt eine erhöhte Strahlenbelastung? Ist da jetzt plötzlich Uran verschossen worden?

Wir haben auch vorher schon wiederholt gegenüber Medien vor Ort geäußert, dass wir keine Hinweise darauf haben, dass dort jemals während der vielen Jahrzehnte der über 100 Jahre alten Geschichte dieses Testgeländes Uran-Munition verschossen worden ist. Ich appelliere an Sie, jetzt sorgfältig mit diesen Informationen umzugehen, das zu gewichten und die Berichterstattung danach zu gestalten.

Zusatzfrage: Wann werden denn die Ergebnisse dieser Messungen vorliegen?

Flosdorff: Diese Ergebnisse werden veröffentlicht, wenn sie vorliegen. Sie werden konsolidiert. Auch vorher können Sie sich auf den Seiten des Landkreises informieren. Wir tauschen diese Informationen aus. Sie werden gesichert, und dann werden sie veröffentlicht.

Noch einmal: Diese Messungen, die jetzt hier eingestellt werden – das sage ich noch einmal ganz deutlich -, sind nicht auf akute Hinweise zurückzuführen, sondern darauf, dass wir vorsorglich wissen wollen, ob sich die Messergebnisse mit dem decken, was wir in den ganzen Jahren zuvor auf diesem Platz gemessen haben.

Zusatzfrage: Was war mit den quecksilberhaltigen Sprengkörpern? Können Sie das auch ausschließen?

Flosdorff: Dazu kann ich Ihnen jetzt keine Details sagen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Bei Messungen von Wasserproben in den vergangenen Jahren, die immer wieder detailliert durchgeführt worden sind, hat es keine Auffälligkeiten gegeben. Wir schauen jetzt, ob sich nach dem Brand an diesen Werten irgendetwas ändert. Die Messergebnisse werden zur Verfügung gestellt, wenn es dort Hinweise gibt.

Wir gehen sehenden Auges kein Risiko ein – das dürfen Sie uns glauben -, weder für die eigenen Kräfte noch für die Unterstützungskräfte der Feuerwehren oder der Anwohner dort in der Gegend.

Frage: Trotzdem noch einmal die Nachfrage: Wie muss man sich das vorstellen? Dauert das einen Tag? Da geht jemand hin, misst und wertet das dann aus? Oder dauert das eine Woche, bis man alle Proben genommen hat? Es geht mir darum, dass man ein Kleines bisschen den Zeithorizont einschätzen kann.

Flosdorff: Sehen Sie es mir nach. Ich bin kein Experte für solche Prüfungen. Das werden sorgfältige Prüfungen sein. Das sind Experten, die dort am Werk sind. Wir berichten jeden Tag mit einem technischen Bulletin darüber, wie der Stand in Meppen ist. Da können Sie sich gern eintragen. Dann bekommen Sie täglich brandaktuell die Ergebnisse und neuen Erkenntnisse, die man dort hat.

(Archivbild 29. September: Ein Spezialpionier schaltet die Ansaugpumpe zur Bekämpfung des Moorbrandes an – Bundeswehr/Michael Schmidt)