Rückkehr der Wehrpflicht? Bislang keine sicherheitspolitische Debatte
Die Debatte über eine Rückkehr der Wehrpflicht oder gleich eine Einführung einer Dienstpflicht für alle Geschlechter, die die CDU am vergangenen Wochenende angestoßen hat, ist aus einem Grund äußerst merkwürdig: Die Debatte hat nämlich bislang mit Sicherheitspolitik so gut wie nichts zu tun. Da treffen sich die Wehrpflicht-Nostalgiker (Hat mir auch nicht geschadet) mit gesellschaftspolitischen Visionären (Gib deinem Land was zurück) und dumpfen Ordnungsfetischisten (Da lernen die jungen Männer mal Respekt und Disziplin).
Dass die Wehrpflicht, so lange es sie in Deutschland gab, schon einen Grund hatte, und zwar nicht den, junge Männer zum Falten von Hemden auf A4-Größe zu erziehen, wird dabei meist ausgeblendet: Damit wurden Soldaten für eine mögliche heiße Blockkonfrontatation ausgebildet, die im Verteidigungsfall einen raschen Aufwuchs garantieren konnten – die Bundeswehr mit ihrem Friedensumfang von bis rund 500.000 Mann wäre dann auf mehr als das Doppelte angeschwollen.
Nun hat die Bundeswehr in der Tat Rekrutierungsprobleme, und die hat sie vor allem dort, wo ihr die Einführung der Wehrpflicht kein Stück weiter hilft. Nein, Hubschraubermechaniker und Spezialisten für Antriebsturbinen, die sechs Monate auf See sein wollen, bekommt man selbst mit einem 2-Jahres-Wehrdienst nicht. Wer glaubt, die Truppe lechze nur so nach Wehrpflichtigen, der unterstellt ihr auch, dass die inzwischen deutlich verlängerten Verpflichtungszeiten auch für Mannschaftssoldaten reiner Unfug sind.
Aber einen Zeitsoldaten über zwölf Jahre einmal auszubilden und dann ausgebildet einsatzfähig zu haben, ist etwas ganz anderes als durchgeschleuste Kurzdiener. Übrigens fiel bei der Aussetzung vor gut sieben Jahren auch ins Kalkül, wieviel tausend Berufs- und Zeitsoldaten nicht mehr als Ausbilder für Wehrpflichtige gebunden werden. Die wären dann erneut nötig – und fehlten dem Pool der professionellen Truppe.
Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hat das am (heutigen) Montagmorgen im Deutschlandfunk recht nett zusammengefasst: Die Rückkehr der Wehrpflicht würde die Bundeswehr ins Chaos führen. (Transkript des Interviews hier):
Aber Sie können die Wehrpflicht nicht wieder einführen. Ich habe das ja eben klargemacht. Was für eine Armee wollen Sie dann schaffen? Eine völlig neue Armee? Wie wollen Sie das international begründen? Also das, fürchte ich, wird im Nichts enden, diese Diskussion, und dann wird niemand begeistert sein. Lassen Sie uns uns doch auch zwei Dinge konzentrieren, erstens den Dienst in der neuen Bundeswehr attraktiver zu machen durch eine gute Ausrüstung, glaubwürdige finanzielle Bezahlung. Durch mehr Anerkennung für unsere Soldaten, für das, was sie leisten. Da müssen die Politiker einiges tun.
Fairerweise muss man auch dazu sagen: Einer der Verfechter der Wehrpflicht-Rückkehr in der CDU, der Abgeordnete Patrick Sensburg, bemüht sich (als einer der wenigen) schon um einen sicherheitspolitischen Ansatz in der Debatte – aber auch er kommt um die gesellschaftspolitische Dimension, die für seine Partei das wesentliche zu sein scheint, nicht herum:
Ich glaube, ganz wichtig ist, dass wir in vielen Veranstaltungen wahrgenommen haben, dass die Menschen für die Wehrpflicht sind. Dass sie auch für ein gesellschaftliches Jahr sind, einmal etwas für die Gesellschaft getan zu haben und das hat unsere Generalsekretärin in sehr vielen Veranstaltung mitbekommen.
Ich habe ja schon eine Vermutung, was die ganzen Verfechter der Dienst/Wehrpflicht für Männer und Frauen so vor Augen haben: Das Modell Schweden, wo die Wehrpflicht für beide Geschlechter (wieder) eingeführt wurde – und faktisch in eine Auswahlwehrpflicht mündet: Alle werden gemustert, die Streitkräfte suchen sich die Besten aus.
Wer glaubt, das sei in Deutschland mit seiner ganz anderen Haltung nicht nur zu Streitkräften, sondern auch zu gesellschaftlichem Umgang denkbar – dem wünsche ich viel Spaß in Karlsruhe.
Unterm Strich: Wenn wir eine wirklich sicherheitspolitische Debatte darüber führen, ob eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sinnvoll ist, dann können wir hier ja mal drüber reden. Bis dahin ist diese Sommerlochdebatte eher was für die gesellschaftspolitischen Blogs.
Nachtrag: Die Aussagen der Sprecherinnen und Sprecher der verschiedenen betroffenen Bundesministerien in der Bundespressekonferenz hier zum Nachlesen.
(Foto: Rekruten in der Grundausbildung auf der Hindernisbahn beim Panzergrenadierbataillon 401 in Hagenow im Juli 2018)
@TW: Ich begrüße sehr, dass Sie hier (nur) der sicherheitspolitischen Debatte Raum geben wollen – eben weil es in keinem anderen Medium geschieht… Gleichwohl lässt sich die sicherheitspolitische Debatte nicht von einer verfassungsrechtlichen Betrachtung lösen, denn die Möglichkeiten sind eben nur im Rahmen von Art. 87a (Zielbestimmung Bundeswehr) und 12 Abs. 2, 12a GG gegeben. Die unqualifizierten Einwürfe (eines ansonsten zustimmungswürdigen Beitrags) à la „Sklave im Bergwerk“ und „Parkgebühr im Grundgesetz“ lasse ich einmal außen vor, der Verfasser scheint nicht zwischen Grundrechten und sonstigen Grundgesetznormen unterscheiden zu wollen/können…
Wenn also über die sicherheitspolitische Notwendigkeit der Wehrpflicht zur Erfüllung des Verfassungsauftrags aus Art. 87a Abs. 1, 2 GG nachgedacht werden soll, dann doch auf Grundlage eines aktuellen Verteidigungsbegriffs, der eben nicht nur das klassische Bild („Abwehr MotSchützen-Angriff aus allg. ostwärtiger Richtung im Zuge Elbe-Seitenkanal bis Fulda Gap“) erfasst. Ich denke da auch an Cyber-Fähigkeiten (offensiv wie defensiv), zu denen ein junger Schulabgänger als digital native („Wehrpflichtiger 2.0“) sicherlich nicht weniger beitragen kann als ein HFw SaZ 12 oder OTL (BS) in der gegenwärtigen Freiwilligenarmee…
Will sagen: Die Debatte darf nicht nur verengt werden auf die einfache Losung „Wehrpflichtiger = lediglich zur Erhöhung der Absitzstärke geeignet = kein qualitativer Mehrwert“. Für moderne Szenarien sehe ich durchaus einen Mehrwert durch Wehrpflichtige!
@Zorro:
Guter Gedanke mit dem 10-Jahreszeitraum für den Aufwuchs. Wer und wie definiert den Punkt. In zehn Jahren kann sich in Europa politisch viel verändern. Die derzeitigen Regierungen sind ja nicht in Stein gemeißelt. Das politische Pendel kann ganz schnell wieder nach rechts ausschlagen. Nicht im Sinne des Nationalsozialismus des Deutschland von 33-45 sondern nationalkonservativ wie zur Zeit in Österreich.
Gewissermaßen in Abwandlung: Austria (whatever) first.
Welche Strukturen könnte man sich in diesem Zusammenhang vorstellen?
Die Wehrpflicht früherer Prägung in Deutschland oder eine Organisation neben den Streitkräften, die in der bisherigen Form für die BV zuständig ist und nebenher eine wie auch immer geartete „Nationalgarde“, um mal einen Begriff in den Raum zu werfen.
@Wa-Ge
Eine solche GG Änderung würde mMn gegen die ErMRK verstoßen.
Und ansonsten da gibt es dieses Folgeproblem der Erdnüsse…
@Eugen
Die wurden wohl abgeschafft, mit dem entsprechenden Berufshintergrund können mKn bei der BW als Unteroffizier anfangen.
Ich bin generell für die Einführung einer Dienstpflicht. Aber meiner persönlichen Meinung nach sollten bestimmte Dinge beachtet werden:
– Man kann wählen, ob Wehrdienst, oder Ersatzdienst, ohne dies begründen zu müssen
– Es betrifft beide Geschlechter
– Es sollte eine einheitliche Lösung innerhalb der EU sein
– Außer bei schwerer Krankheit sollte jede/r diese Dienstpflicht haben
– Dauer nicht länger als 9 Monate
Es gibt neben der Bundeswehr eine Menge soziale oder ökologische Bereiche, die sich über eine Unterstützung freuen würden.
2% vom BIP ohne Ziele zu formulieren, Ruf nach der dt. Bombe, Wiedereinführung der Wehrpflicht… die Bedrohung durch die Sowjetunion muss wieder stark gewachsen sein, sonst würde man sich mit solchem Blödsinn ja total lächerlich machen.
Erstmal zum Rechtlichen.
Frauen dürfen nicht zum Dienst an der Waffe herangezogen werden.
Grundgesetz Artikel 12a spricht von „Männer“ und erwähnt „Frauen“ erst in Absatz 4.
„Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.“
Das Grundgesetz kann mit 2/3 Mehrheit im Bundestag geändert werden. In Artikel 79 Absatz 3 (Ewigkeitsklausel) steht nur das die Grundsätze von Artikel 1 UND 20 unveränderlich sind. Da steht nicht „1 bis 20“ auch wenn das gerne behauptet wird.
Nach jetzigen Recht wäre es unzulässig den Wehrdienst für Frauen einzuführen. Zulässig wäre es Frauen den Wehrdienst statt dem Zivildienst zu ermöglichen, eben auf freiwilliger Basis.
Von wegen Zwangsarbeit.
Grundgesetz Artikel 12 Absatz 2:
„Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“
Europäische Menschenrechtskonvention Art. 4 Absatz 3:
„Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
…
b) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
…
d) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.“
Eine allgemeine Dienst- oder Wehrpflicht verstößt dagegen nicht.
Es gibt nur wieder das Problem das alle eingezogen werden müssten, was vor Ende der Wehrpflicht schon nicht gemacht wurde, womit man gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen hat.
Ein Verstoß dagegen liegt bei vielen Jobcenter vor, die Arbeitslose zu unbezahlten Praktika, z.B. im Weihnachtsgeschäft bei Amazon zwingen und bei Weigerung diese ‚Arbeit‘ anzunehmen Sanktionen in Höhe von 30% verhängen. In Karlsruhe hat man, was die Rechte von Arbeitslosen angeht, eine sehr lange Leitung.
–
Da mir die Debatte sehr philosophisch vorkommt, hätte ich an die Befürworter mal einige Fragen:
1. Gibt es bei Ihnen noch ein Kreiswehrersatzamt? Bei mir nicht.
2. Gibt es die Kaserne noch, in der Sie gemustert worden sind? Das kann ich ebenfalls nur verneinen.
3. Gibt es denn noch genug Kasernen um eine 5 stellige Anzahl von Wehrdienstleistenden unterzubringen? Ich wage es zu verneinen.
4. Gibt es denn noch irgendwo das Personal für die Musterungen? Ich habe da Zweifel…
5. Gibt es noch genug Ausbilder für all die Wehrdienstleistenden? Nicht wirklich, oder?
6. Gibt es genug Besenstiele und Nudelsiebe für die persönliche Ausstattung der Soldaten? Selbst da dürfte es eng werden.
7. Ohne Besenstiele und Nudelsiebe, welche Tätigkeiten sollen die Wehrdienstleistenden denn übernehmen?
8. Das Reservistenkonzept ist ein Witz, nicht materiell hinterfüttert und Mobilisierungsstützpunkte stehen auf der Standortschließungsliste. Wie sollen hier ehemalige WDL helfen Strukturen zu unterfüttern, die es nicht gibt?
9. Was macht das Bundesamt für den Zivildienst so? Heute heißt es „Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ und wird nicht so schnell wieder umschalten können.
10. Was machen die anderen Ersatzdienststellen heute so?
11. Wer organisiert das Ganze im Militärischen wie zivilen Sektor?
12. Wo kommt das Personal dafür her? (vergreisende Gesellschaft, Fachkräftemangel in einigen Berufen und Regionen)
13. Wer bezahlt das?
14. Und was bringt es der Bundeswehr? – Der Bundeswehr die sich nicht mal um ihr jetziges Personal und Material kümmern kann, mit der Wehrpflicht aber von beidem wesentlich mehr verwalten müsste.
Man darf sich auch daran erinnern, dass gerne Unwillige eingezogen wurden oder man versucht hat sie einzuziehen und Willige verächtlich als untauglich ausgemustert wurden.
Der stupide Ansatz, dass bestimmte Personen geformt werden müssten bestand schon zu Zeiten der Wehrpflicht. Damit hat man sich personaltechnisch wohl ins Knie geschossen.
Das ist mehr als nur Sommerloch Blödsinn, es ist Bierzeltpolitik, Stammtisch auf Steroiden.
Ich halte die Debatte für gut und richtig.
Der gesellschaftspolitische Ansatz ist derzeit zwar im Vordergrund, aber auch sicherheitspolitisch lohnt sich m.E. diese Diskussion.
Ja, die Reaktivierung der Wehrpflicht geht nicht von heute auf morgen. Die Umsetzung der Strukturen braucht Zeit und Mittel. Aber es würde sich wieder die Chance bieten, junge Leute, die einen guten Eindruck machen und geeignet erscheinen, gezielt auf eine Weiterverpflichtung anzusprechen. Das bedeutet natürlich auch, dass wieder Strukturen für eine solche Truppenwerbung geschaffen werden müssen.
Also: ran an die Diskussion – und zwar mit Optimismus und bitte NICHT gleich Verweigerungshaltungen nach dem Motto: „das klappt doch sowieso nicht“ einnehmen.
Danke ThoDan,
Wo kriegen Strassenbaufirmen ihre Baumaschinenschlosser her, wo Landmaschinenzentren ihre Landmaschinenschlosser? Sie bilden aus und sagen nicht: ihr koennt bei mir erst als (Alt)-geselle anfangen.
Sie hätten sonst auch Personalprobleme, oder etwa nicht?
Nutzer Marcus Mohr schrieb es ironisch (…oder?), ich halte es aber durchaus für einen Faktor: wie weit würde eine Wiederaufnahme der allgemeinen Wehrpflicht (mit allen Kosten von Musterung über Ausbildung bis Unterbringung und ggf BFD) denn unsere berücksichtigungsfähigen (!) Ausgaben in Richtung 2% BIP drücken? Wäre das nicht am Ende tatsächlich eine innenpolitisch verhältnismässig günstige Variante um uns „die Amis“ „vom Rücken“ zu halten ohne dabei die Gegner neuer Großrüstungsprojekte („Killer-Drohnen“, auf die Barrikaden zu treiben?
Insbesondere vor dem Hintergrund einer sicherheitspolitischen Emanzipierung von den USA (scheint ja gerade geboten wie auch innenpolitisch opportun) kann dieser Faktor doch durchaus auch mitdiskutiert werden.
Darüber hinaus ist doch diese Diskussion genau das, was jahrelang subjektiv gefehlt hat: Ein Beitrag zu einem breiter angelegten sicherheitspolitischen Diskurs. Wie qualifiziert dieser Beitrag ist, ist sicherlich diskutabel.
1.
Wie wäre es denn mit einer 6-monatigen straffen Infanterieausbildung in Anlehnung an ein aktives Kampftruppenbataillon des Heeres mit anschließender Verfügungsbereitschaft von 6 Monaten? Dann hätte man auch genügend Sandsackträger an der Elbe, wenn die „Mörder in Uniform“ mal wieder gebraucht werden.
2.
Wie wäre es denn anderseits mit einer guten Besoldung der vorhandenen Zeit- und Berufssoldaten? A 2 BBesG für den Panzerschützen ist doch lächerlich, also eine eigene Besoldungsordnung – ohne Einflüsse des BMI – und vor allem eine sinnvolle Zulagenordnung z.B. für seefahrende Marinesoldaten, Angehörige von Kampfeinheiten wie z.B. Panzerbesatzungen usw.
3.
Es wird nie wieder die Wehrpflicht in der Bundesrepublik Deutschland geben.
Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags hat vor zwei Jahren die Frage, ob eine allgemeine Dienstpflicht, ggf sogar nach einer Verfassungsänderung, zulässig wäre, in einem Gutachten geklärt.
Fazit: Eine allgemeine Dienstpflicht verstieße ganz klar gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Sommertheater pur also …
https://www.bundestag.de/blob/435758/a480927ce006d1454b4e076f65d881d6/wd-2-083-16-pdf-data.pdf
Die Befürworter einer Wehrpflicht müssen allerdings auch erklären, wie ca. 500.000 Buben und Mädel für ca. 9-12 Monate sinnvolle beschäftigt werden sollen, da sicherlich von diesen nur ca. 150.000 als Soldaten untergebracht werden können.
Schweden könnte hier durchaus als Vorbild dienen.
Dort wird die Wehrpflicht gerade wieder eingeführt.
[Wollten oder konnten Sie den Text oben nicht lesen? T.W.]
Organwalter:“Zu letzterer hatte der (in der vdL-Armee weitgehend geschmähte) geniale Militärvordenker Scharnhorst nach Jena und Auerstedt 1806 ein enorm zukunftsweisendes Konzept ausgearbeitet, das sog. Krümpersystem. Mit der schlichten Formel „Alle Bürger des Staates sind geborene Verteidiger desselben“ ist zur sicherheitspolitischen Notwendigkeit dieses Systems – heute besser bekannt als Allg. Wehrpflicht – im Grunde alles gesagt…“
1) Viele Konzepte wurden eben nicht von Scharnhorst ausgearbeitet, sondern von Wilhelm von Schaumburg-Lippe, das war Scharnhorsts Mentor und militärischer „Lehrherr“.
2) Die Konzepte wurden in einem besonderen Kontext – Preussen war besetzt und bitterarm und in seiner Existenz bedroht – von Scharnhorst implementiert. Unkritische Übernahme in einem anderen Kontext bringen nichts. BTW: Wehrpflicht war damals hochgradig ungerecht.
3) Wir haben in Bezug auf Truppenstärke vertragliche Verpflichtungen, die einen interessanten Rahmen liefern. Diesen zu ignorieren, wie es gerade von den meisten Befürworter praktiziert wird, zeigt nur, dass dei Vorschläge nicht durchdacht worden sind.
@ Gezi 3./SanBtl 6:
1. Der Gedanke mit dem 10-Jaherszeitraum stammt wie beschrieben aus einem konzeptionellen (offiziellen!) Grundlagendokument der Bw (KdB oder VPR) zu Beginn dieser Dekade. Da es sich um ein konzeptionelles (!) Dokument handelt, sind natürlich detaillierte Planungsparameter eines „Grundwehrdienstes“ (Umfang, Dauer, Zuordnung (z.B. Feld-/Territorialheer)) bewusst nicht betrachtet. Eben weil zum damaligen Zeitpunkt die (sicherheits- und verteidigungs-) politische Situation der Zukunft nicht vorhersehbar war (und ist). Konzeptionelle Grundlagen geben die (strategische) Richtung vor, ohne dabei ein zu enges (und damit unflexibles) taktisches Korsett zu bilden.
2. Ob die derzeitige Situation (Kohäsion im Bündnis, Rückkehr Russlands auf die „Weltbühne“ als (derzeit noch) regionale Macht mit ggf. weiterführenden Ambitionen , …) hinreichend ist, um seitens der Politik die sicherheits- und verteidigungspolitische Notwendigkeit der (Wieder-) Einführung einer „Dienstpflicht“ zu erkennen und justiziabel zu implementieren bleibt abzuwarten. Das Stopfen von (personellen) Löchern in der Bw und den Gesundheits-/Sozialdiensten ist vllt. pragmatisch zu begrüßen, kann und darf aber, genau wie die „hat mir auch nicht geschadet“ Argumentation, nicht der Motivator sein.
3. Es muss m.E. sicherheitspolitisch immer um die Gefährdung der Souveränität und Handlungsfähigkeit Deutschlands gehen, um eine „Dienstpflicht“ zu (re-)etablieren. Dazu muss man aber heute und in Zukunft immer wieder die Frage stellen (dürfen!): Fangen heute die 10 Jahre an? Dies i.R. einer „öffentlichen Debatte“ zu tun trägt m.E. auch zum verfassungsgemäßen Auftrag unseres Parlaments bei, sich „aktiv an der Willensbildung des deutschen Volkes zu beteiligen“.
4. Mal sehen ob diese Debatte das Sommerloch übersteht.
Die Erfahrung mit der Wehrpflicht über einen Zeitraum von 50 Jahren ist für die Bundesrepublik Deutschland positiv. Die Wehrpflicht hat sich bewährt. Ein besonders heute noch wichtiger Grund für die Einführung der Wehrpflicht den Scharnhorst seinerzeit erkannte, war Volk oder Nation zu einen und dem Einzelnen zuzumuten für die Sicherung des Fortbestandes seines Vaterlandes eine Pflicht zu übernehmen. Eine Gesellschaft, die nicht bereit ist von ihren Mitgliedern derartiges zu verlangen, macht sich wehrlos und liefert sich aus. Damit stellt sie ihre eigene Existenzberechtigung in Frage. Die Wehrpflicht fördert den Gemeinsinn und erhört die demokratische Legitimation militärischen Handelns, denn es betrifft praktisch jeden. Ganz abgesehen davon, ist sie ein geeignetes Mittel, die andauernde Verfehlung für die ausreichende Gewinnung von Freiwilligen auszugleichen. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Es bleibt zu hoffen, daß die damalige Reorganisation der Armee, die auch eine gesellschaftlich-politische Reorganisation Preußens zum Ziel hatte, als Ansporn dient für uns Heutige.
Für ein „Gesellschaftsjahr“ müssen Paragraphen angepaßt werden. Vermutlich eher mehr als weniger. Dazu sind Mehrheiten notwendig. Die sehe ich weit und breit nicht. Ende Diskussion.
Und jetzt zu etwas praktischem: Zahlen.
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_Military_Strength_Index
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_number_of_military_and_paramilitary_personnel
Deutschland steht hier teilweise auf Augenhöhe mit Sudan, Polen, Kongo, Thailand, Indonesien. In einigen Teilbereichen werden sogar die gesammelten EU-Streitkräfte von direkten EU-Nachbarn wie Rußland, Türkei, Ägypten(!) übertroffen, von Nationen wie Indien und China ganz zu schweigen.
An der Stelle sei erwähnt daß zumindestens in der ersten Liste Deutschlands schlechte Position auch durch schlechte Ausrüstung bedingt ist und erst in zweiter Linie durch Personalmangel.
Ausbilden bzw. Praktika anbieten, wäre eine andere Option. Wen lockt man mit Videos von Fallschirmspringern an ? Absolventen in Logistik, IT, Maschinenbau bestimmt nicht…Karrieremessen wären ein übriges, sowie Nutzung der kostenfreien Portale für Jobsuche an Universitäten/Hochschulen.
@ThoDan | 06. August 2018 – 13:13
„Eine solche GG Änderung würde mMn gegen die ErMRK verstoßen.“
Ich empfehle Ihnen den Beitrag von @SvD | 06. August 2018 – 13:44 ganz genau zu lesen .
@Zorro
“ Dazu muss man aber heute und in Zukunft immer wieder die Frage stellen (dürfen!): Fangen heute die 10 Jahre an?“
Oder haben sie bereits angefangen, tickt die Uhr schon? Sind wir vielleicht schon im Jahr zwei oder drei?
Wenn man sich die Zeitplanung zur Aufstellung der neuen Division und Vollausstattung vergegenwärtigt (ca. 2035) nimmt man doch selbst die zehn Jahre nicht ernst.
M.E. sollte die Bw spätestens 2025 wieder voll bündnisfähig sein.
@ Wa-Ge
Da liegt SvD mit seiner Interpretation leider falsch.
Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags, oben von mir verlinkt, erklärt Ihnen, warum!
Ach gerne,
immer diese deutsche Herangehensweise. GG kann man anpassen…. der Punkt nur Männer dürfen an die Waffe und die Damen müssen beim DRK den verwundeten Krieger pflegen ist ein Weltbild aus den 40’iger und 50’iger Jahren. Gleichberechtigung für alle in allen Dingen… das will unsere Verfassung im neuen Jahrtausend.
Das Vorbild Schweden sollte man sich anschauen…. die BW macht dann einfach ihre Personalplanung und holt sich 5 bis 6% des Jahrgangs 35.000 bis 42.000.
Wenn voll dann voll…. 60.000 wollen, na dann wird gesiebt T3 nehmen wir nicht T2 nur bis Voll.
Wenn in Hintertupfing sich 20 bei ihrer Feuerwehr melden und der Wehrführer sagt ich kann aber nur 11 nehmen, dann wird auch gesiebt. Keine G26.3 na dann wird das nix.
Irgendwann sind alle 700.000 des Jahrgangs verteilt. Die die sich nicht gekümmert haben bekommen halt die Reste die niemand will.
@ Marcus Mohr | 06. August 2018 – 11:58:
„Volker Rühe hat aber Recht: Die Abschaffung der Wehrpflicht (-das- war damals die Schlagzeile!) war ein Fehler. Jetzt wird es sehr schwer, dieses Rad wieder zurückzudrehen – es sei denn, Russland führte die Wehrpflicht wieder ein. Und zwar vor Deutschland.“
Russland hat die Wehrpflicht – trotz mehrerer Anläufe – nie ausgesetzt oder sogar ganz abgeschafft.
Hier die Zusammenfassung aus dem Post von @Chrissi | 06. August 2018 – 14:46 :
Lesenswert – da kann man jede weitere Diskussion einstellen.
Da fragt man sich, wieso dieser tote Gaul nochmal wiehern muss. Manche Politiker scheinen uns für doof zu halten.
@Chrissi
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestsges ist ein juristisches Beratungselement des Bundestages nicht mehr und nicht weniger. Er hat Null judikative Macht und hat sich in der Vergsngenheit des Öfteren Meinungen erlaubt die im Nachklapp durch die Gerichte anders entschieden wurde. Man müsse sich nur all die Gesetzte des Bundestages anschauen welche durch das Bundesverfassungsgericht wieder einkassiert wurden. Wie oft hat der wissenschaftliche Dienst da anders beraten?
Und nur weil heute etwas juristisch undenkbar ist, heißt es nicht, dass es morgen oder in zehn Jahren genau so sein wird. Vor wenigen Jahrzehnten war es justiziabel Homosexuelle aus der Bundeswehr zu entlassen oder Frauen in der Ehe zum Sex zu zwingen, heute sehen wir die Sache Gott sei Dank mit ganz anderen Augen. Auch wenn der Dienst an der Waffe kein Menschenrecht sein sollte so trifft dies auf jeden Fall darauf zu, dass jeder selbst darüber bestimmen kann wann und mit wem er/sie Beischlaf haben will.
Und ob die Richter in Anbetracht von aktuellen Herausforderungen der modernen Gesellschaft zum Thema allgemeine Dienstpflicht genau so entscheiden werden wie es ein paar Juristen in Berlin tuen müsste im Zweifelsfall erstmal bewiesen werden. Denn wenn dieses Konstrukt juristisch nicht machbar ist, wieso beschaffen sich dann Politiker in Deutschland und Frankreich damit?
Gibt es also vielleicht doch einen Weg soetwas auf die Beine zu stellen ohne dass es von den Gerichten kassiert wird? Ist es vielleicht immer noch die Aufgabe der Legislative gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen und die der Judikative über die Einhaltung eben dieser Gesetze zu wachen?
Gerne führe ich immer wieder das Beispiel der Urteile zum Dienst von Frauen bei der Bundeswehr auf. Bis auf das EuGH waren alle Gerichte und die Lehrmeinung des Staates, dass dies nicht geht. Dann kam ein Urteil und es musste plötzlich doch gehen.
Reaktivierung der Wpfl
– kann Bw weder kurz- noch mittelfristig stemmen, da AusbOrg nahezu komplett fehlt
– Mangel an Unterkünften
– keine adhoc Lösung gegenwärtiger PersProbl
– ohne jeden Einfluss auf MatLage
– Besoldung, ff Anhebung EP 14 …?
Mittelfristig, nach „Vorher-Lösung“ o.g. Aspekte (AusOrg, Unterkunft, Besoldung) kann die Nachwuchslage Besserung erfahren.
Zu Wpfl-Zeiten >50% Nachwuchs bei KpfTr aus Wpfl
@ Christi
Auf Seite 6 unter 2.2.1. Ihres pdf steht das genaue Gegenteil…
Da wir hier keine deutschen Presseartikel verlinken dürfen, hier einmal die englische Mitteilung zur Wiedereinführung der Wehrpflicht in Schweden:
https://www.theguardian.com/world/2017/mar/02/sweden-reintroduce-conscription-amid-rising-baltic-tensions
Man findet dazu auch diverse deutsche Artikel inklusive der Begründung:
1. Personalmangel bei den Streitkräften
2. Russland
Kommen einem diese beide Punkte nicht bekannt vor?
Bevor man hier alles in typisch deutscher Art und Weise ablehnt, sollte man doch erstmal offen in alle Richtungen diskutieren.
@all
Die Fragen und Aussagen zu diesem Thema in der heutigen Bundespressekonferenz hier zum Nachlesen:
Dokumentation: Die Bundesregierung zur Wehrpflicht-Debatte
Dabei auch eine interessante Aussagen zum Thema Schweden:
@Thomas Melber
Dazu müsste man CH-53, Tornado, Transall und Marder alsbald verschrotten und die freien Ressourcen in NH-90, Eurofighter, A400M und X stecken. Der absoute Tiefpunkt?
@Alex
Es kommt, wie es leider kommen muß: too little, too late.
Ich halte von dem Vorschlag und von vielen der hier vorgebrachten Argumenten zur Wiedereinschaffung der Wehrpflicht im Rahmen eines solchen „Dienstjahres“ absolut gar nichts.
Ich sehe dies als einen plumpen Versuch der Politik an von der eigenen Verantwortung (und dem Versagen bei der Kreierung) ansprechende Rahmenbedingungen, sowohl bei der Bundeswehr als auch in der Pflege, zu schaffen abzulenken. Die Bundeswehr braucht sicherheitspolitisch bessere Rahmenbedingung, wobei eigentlich die Besoldungsstruktur ueberarbeitet werden muesste um wieder mit dem „freien Markt“ konkurrieren zu koennen und man langfristig planen muessten, um wieder funktionsfaehiges Geraet auf dem Hof stehen zu haben. Bei den Themen der Zukunft, wie Cyber oder Jets der 5./6. Generation hilft so etwas auch gar nicht, ausser man schafft Strukturen wie im Unit 8200/ Talpiot-Programm der israelischen Armee, fuer was ich aber nicht den entsprechenden gesellschaftspolitischen Gestaltungsspielraum sehe.
Zudem moechte ich an dieser Stelle auch mal anmerken, dass nur weil ein Grossteil der Menschen, in besagter Umfrage sowie hier im Blog, etwas fuer richtig halten es dies nicht richtig und rechtens macht. Ein Schlagwort hierbei ist „die Diktatur der Mehrheit“. Und aus meiner Sicht lassen solche Argumente, wie „Das wird den jungen Leuten in ihrer persoenlichen Entwicklung gut tun“ mehr auf die Ressentiments der Autoren gegenueber der juengeren Generation schliessen, als dass sie den eigentlichen Themenkern treffen.
Ich habe mir jetzt alle Kommentare durchgelesen und die für mich wichtige Frage entweder über- oder gar nicht gelesen:
Welchen Vorteil hätte die Bundeswehr mit ihren aktuellen Aufgabenspektrum von der Wiedereinführung der Wehrpflicht bzw. einer allgemeinen Dienstpflicht?
Ich habe selbst an einer umfassenden Abhandlung über das Thema mitgewirkt. Hier der Schlusstenor:
Was würde funktionieren:
Allgemeine Wehrpflicht durch Änderung des Art 12a GG auf Genderneutralität unter Verweis auf Wehrgerechtigkeit (na klingelt da was?).
Dazu verpflichtend der Wehrersatzdienst. Das würde zu einer allgemeinen Dienstpflicht führen, die aber vorrangig und nominell eine Wehrpflicht wäre.
Was nicht geht:
Allgemeine Dienstpflicht. Verstößt gegen die EMRK und das GG. Egal wie ich das rumdrehe oder novelliere (das GG). Dead End.
Fazit: das erhoffte Ziel eines allgemeinen Dienstes kann erreicht werden, wenn man bereit ist (und die Mehrheiten für die Änderung des GG bekommt) sich der gesellschaftlichen Debatte zu stellen das dies primär eine Wehrpflicht wäre die sekundär durch den Wehrersatzdienst ihr Ziel erreicht.
Bemerkung: Zur Umsetzung ist allerdings die Wehrgerechtigkeit bindend. Alleine aus praktischen Gründen kann hier eine “Musterung” aber nur für Interessierte stattfinden und die “Verweigerung” also die Option des Ersatzdienstes muss per Zweizeiler möglich sein. Oder zum ankreuzen. Trotz “Demographiewandel” sollte man sich im Klaren sein welche Masse an Bürgern man hier betrachtet.
Wenn es der BReg verteidigungspolitisch mit LV/BV als SP ernst ist führt an einer Wiederbelebung der Wehrpflicht kein Weg vorbei. Allein die Aufgaben im rückwärtigen Bereich (Host Nation Support, anyone?) binden sehr viele Kräfte.
Diese Aufgaben hat man beim JSEC ja außen vor gelassen. Wobei DEU sicher einmal die Karten auf den Tisch legen muß, spätestens bei den Planspielen und Stabsrahmenübungen.
Die Debatte um eine „Reaktivierung der Wehrpflicht“ da sie ja nur ausgesetzt wurde sehe ich als ein weiteres katastrophales Versagen der CDU/CSU/SPD-Regierung an. Die Wehrpflicht abschaffen, die Armee mit Sparauflagen Materiell wie Personell in den Enge treiben, marktwirtschaftliche Prozesse der Industrie einführen und möglichst viel privatisieren um Zwanghaft Geld zu sparen um jetzt über Umwege ggf. die Personalprobleme lösen zu können. Ein absoluter Witz.
Die Erhöhung des Einzelplan 14 wird durch den AB 13 (Inst, ET, TLB) und die gestiegenen Personalkosten schon verbraucht. Im AB RÜInvest stehen selbst für kleine Projekte nicht mehr genügend Finanzmittel zur Verfügung. Wer den Bericht des BAPersBw (nur im Intranet Bw verfügbar) kennt, weiß wie viele Offiziere (Fach- u. Truppendienst) im Beförderungsstau stehen.
Nur unsere Regierung glaubt weiterhin eine große weltpolitische Rolle spielen zu können.
Mit einer Wehrpflicht können die Probleme nicht gelöst werden.
Ich stelle eine ganz andere These in den Raum: Warum hat niemand den Mut endlich wirklich durchzugreifen?
Warum greift kein hoher Beamter oder General im BAAINBw wirklich durch? Wie kann es sein das es mehr personelle Stellen als Haushaltskarten gibt? Warum muss das BMVg als einziges Ministerium Ausgaben über 25 Mio durch den Bundestag billigen lassen? Warum hat die Bw mit 3 Heeresdivisionen mehr Generäle als mit 12 Divisionen im „kalten Krieg“?
Kurzum sehe ich keinen wirklichen Willen zum Umschwung. Die aktuelle Debatte ist nur ein weiterer Versuch vom Versagen des BMVg’s und der Regierung abzulenken. So lange in der Besoldungsgruppe B nicht aufgeräumt wird und eine durchsetzungsfähige Führung eingesetzt wird ändert sich nichts. Wir brauchen keine Kitas, Fernseher u. Kühlschränke. Das konnten wir auch von zu Hause mitbringen. Wir brauchen funktionierendes Kriegsmaterial und Haushaltskarten für die bewilligten Stellen. In diesen beiden Bereichen haben sehr viele Menschen in der Vergangenheit versagt und wurden für ihr Versagen hochgelobt. Traurig dass es keine Freigeister mehr gibt die das verhindern.
@Jas
Ja, die allgemeine Dienstpflicht geht nur über den Weg der allgemeinen Wehrpflicht mit „opt out“ Klausel – also Wehrdienst als Regeldienst, so wie dies auch gedacht war.
Daß dies ein Gestaltungsmißbrauch ist, ist klar. Die Bw könnte gar nicht alle Wehrpflichtigen eines Jahrganges aufnehmen (meine Grenze wäre bei ca. 70k PAX max.; 1973 knapp 230k PAX, im Auslauf immer noch über 60k PAX).
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f3/EinberufWpfl1957_2011.jpg
Eine Musterung von allen ist jedoch unproblematisch, auch „Verweigerer“ wurden gemustert, soweit ich mich erinnere. Den KDV (*) Antrag konnte man dann gleich im KWEA abgeben.
(*) für mich eigentlich Wehrdienstverweigerung, wir leisten ja keinen „Kriegsdienst“
@Thomas Melber |
Wenn es der BReg verteidigungspolitisch mit LV/BV als SP ernst ist, dann muss Sie alles tun um wirtschaftlich stark zu sein, das Management der Bw wieder führen lassen, die Organisation/Infra entsprechend ausrichten, die Abstimmung in Europa vollziehen und Munition beschaffen.
Das letzte was unsere Wirtschaft und Bundeswehr benötigt sind abgebrütete Soldaten ohne Ausrüstung, Fürsorge und Unterkunft.
Wir können nicht Großgerät und Infra aber menschliche Arbeitszeitn verbraten ;-)
SZ, Thema abgeräumt, denn:
Sowohl Verteidigungsministerin von der Leyen als auch Bundeskanzlerin Merkel lehnen eine Rückkehr zur Wehrpflicht ab.
Dass Kramp-Karrenbauer die Thematik nur „mal so“ anstieß, unabgesprochen, bleibt wenig wahrscheinlich.
[Die SZ bezieht sich auf die Aussagen in der Bundespressekonferenz, die auch hier auf AG in voller Länge nachzulesen sind. T.W.]
@Thomas Melber: Wieso sollte gerade Host Nation Support ein Grund für die Wehrpflicht sein? Können Sie näher erläutern für was es Grundwehrdiener braucht um fremde Streitkräfte in Deutschland zu unterstützen? Die USA wollen ja keine großen Kampfverbände für Europa stellen und dass andere Länder großartig Truppen nach Deutschland verlegen wollen, habe ich auch noch nicht gehört. Deutschland ist ja kein Frontstaat mehr.
@Jas:
„Trotz “Demographiewandel” sollte man sich im Klaren sein welche Masse an Bürgern man hier betrachtet.“
Etwa 800.000 Männer, Frauen und sonstige. Allein eines einzigen Jahrgangs. Bei 2 sind wir bereits bei 1,6 Millionen Menschen. Es kam ja die Forderung hier von mindestens 1 Person nach 24 Monaten Dienstpflicht/Wehrdienst. Wieviel von den 800.000 sind tauglich, wieviele kann die Bundeswehr sinnvoll beschäftigen? 10.000? 30.000? Dann bleiben 770.000 über.
Was ist es einem Staat und damit seinen Staatsbürgern wert, den eigenen Staat im Zweifel zu sichern/ zu verteidigen? Streuen wir uns bei allen Diskussionen zu den rechtlichen Grundlagen und zur intellektuell abstrakten Diskussion zur Gefährdung keinen Sand in die Augen. Die Bw in der nach „2011 Struktur“ wäre nicht in der Lage einen substantiellen Beitrag zur Verteidigung des eigenen Staatsgebietes zu leisten. Insbesondere eine Aufwuchsfähigkeit existiert nicht mehr. Selbst bei einer Tipp Topp ausgerüsteten 185.000 Bw in der jetzigen Aufstellung ist das (Verteidigung Staatsgebiet) durchhaltefähig schwer abbildbar. Und dafür existierte in meinen Augen die damalige Wehrpflicht inkl. der damit einhergehenden Befähigung der gesamten Organisation (Wehrersatzwesen, Ausbildungs – und Unterbringungsmöglichkeiten, Bevorratung, etc ….) Eine wie auch immer gestaltete Dienstpflicht müsste bei der Bw zu einem Mindestpersonalumfang im Bereich der vor-2011 Bw führen. Dreht man dieses Rad aber richtig, muss das Zivilschutzkonzept aber auch ernsthaft mit betrachtet werden. Meine Meinung: jährlich 500.000 oder 700.000 Dienstpflichtige ließen sich ohne Probleme beschäftigen (THW, Feuerwehr, DRK, Sozialdienste, Bw, usw…)
Und wenn man sich über die Notwendigkeit einig ist, sollte ein Staat in der Lage sein (dürfen!), eine Dienstpflicht zu begründen und umzusetzen!
Warum macht man es sich nicht einfacher?
Alles so beim Alten lassen (Freiwilliger Wehrdienst, Freiwilliges Soziales Jahr usw.), dafür aber größere Vergünstigungen anbieten.
1. Höherer Sold/Lohn
2. (wenn rechtlich möglich) größere Anrechnung von Freiwilligen Zeiten für die Besoldungsstufen beim öffentlichen Dienst (9 Monate Bundeswehr zählt wie 2 Jahre also eine ganze Stufe)
3. Feste Vergabe von x Studienplätzen nur an Freiwillige (alle Freiwillige nach bestimmten Kriterien in eine Rangliste und die oberen x bekommen die Zusage)
4. Kein Witz! – Unter allen Freiwilligen eine Verlosung durchführen und die Gewinner bekommen unbezahlbare Erlebnisse.
(Nach ärztlicher Eignungskontrolle natürlich und im letzten Monat der Dienstzeit)
Beispielsweise: Mitflug Eurofighter (15 Minuten), Panzerfaustschießen, Tandemfallschirmsprung aus A400M, bezahlte Reise zu befreundeten Nationen (mit Reisehintergrund nach Dienst – z.B. Besuch Marinewerft USA wenn man Bundeswehr/Marine war, Besuch Buschfeuerwehr und Ranger in Australien, wenn man Freiwilliges Ökologisches Jahr gemacht hat, Besuch Kanada mit Sightseeing bei Sozialem Jahr etc.)
Klingt vielleicht nach Schmunzeln, aber ich würde mich sofort melden, wenn ich die Chance hätte (auch wenn sie klein ist) Eurofighter mitfliegen zu dürfen.
@ Der Realist
„Auf Seite 6 unter 2.2.1. Ihres pdf steht das genaue Gegenteil…“
Nein, tut es nicht.
Da steht, daß Wehrdienst und Wehrersatzdienst keine Zwangsarbeit darstellen.
Eine allgemeine Dienstpflicht hingegen wäre kein solcher „Ersatzdienst“ und mithin vom Ausnahmetatbestand des Art. 4 Abs. 3 EMRK eben genau NICHT umfasst, also nicht durch diese Ausnahmeregelung legitimiert.
@ Jas
Wenn man alles von vorherein ablehnt, weil es eventuell gegen aktuelles Recht verstößt, bewegt sich nicht mehr viel.
Manchmal ändern sich die Umstände und man muß Gesetze anpassen. Dies natürlich nach ausreichender objektiver Diskussion. Das benötigt Zeit.
Ich sehe das Thema „Dienstpflicht“, wenn man es so nennen möchte, da es nicht primär um „Wehrdienst“ geht, bei der EU.
Eine einheitliche Regelung innerhalb der EU wäre die fairste Herangehensweise. Denn was man nicht vergessen darf:
Wenn die Menschen in 2 oder 3 EU-Staaten eine gewisse Zeit dem Arbeitsmarkt oder ihrer persönlichen beruflichen Bildung nicht zur Verfügung stehen, ergäben sich zeitliche und monetäre Nachteile gegenüber den anderen EU-Bürgern.
Von daher hoffe ich auf eine europäische Diskussion, die zum gleichen Ergebnis in allen EU-Staaten führt.
Das kann natürlich auch bedeuten, daß es danach in der EU überhaupt keine Wehrpflicht oder Dienstpflicht mehr gibt.
@ Thomas Melber. I could not agree more. M.E. „tickt“ die Uhr seit ca. 2015.
@ L.P.: Natürlich wirkt diese Debatte wie ein plumper Ablenkungsversuch (und ist es in Teilen vllt. auch).
Andererseits kann (!) man es auch als Teil eines „comprhensive approach“ sehen: Reformen im Gesundheitswesen plus Dienstverpflichtete in sozialen Diensten können helfen den Pflegenotstand zu beheben oder zumindest zu mildern.
Das dies alles nicht von heute auf morgen geht und folglich auch viel Geld kosten wird ist unbestreitbar. Aber wo ein (politischer) Wille ist, ist auch ein Weg (für die „Dienstpflicht für alle“). Den man aber nur gehen kann, wenn die sicherheits- und verteidigungspolitische Notwendigkeit (für einen Wehrdienst als ein (!) Teil der „Dienstpflicht“) justiziabel festgestellt wird !
Die Lösung personeller (Nachwuchs-)Probleme bei der Bw (Binnenwerbung für SaZ-Laufbahn bei WDL) oder den sozialen Dienstleistern kann/darf (!) nicht einen Pflichtdienst begründen.
Wenn man „nur“ personelle Probleme lösen will, dann muss man sich tatsächlich etwas anderes einfallen lassen als eine „Dienstpflicht für alle“. Aber auch das wird nicht zum „Nulltarif“ zu haben sein.
@Tomas
Den größten Vorteil sehe ich darin, daß die Bundeswehr nicht mehr so abgeschottet vom Rest der Bevölkerung ist.
Seit der Abschaffung der Wehrpflicht hat sich die Einstellung der Bevölkerung zum Thema Bundeswehr schon deutlich geändert, weil es einfach keinen dauerhaften Austausch mehr gibt.
Man kennt die Bundeswehr nicht mehr aus eigener Erfahrung und baut deswegen keinen Bezug mehr auf. Je weniger Positives nach außen dringt, desto geringer das Interesse anderer mitzuwirken. Und dies sieht man an den Bewerberzahlen oder auch -eignungen.
Es müsste keine Wiederholung der alten Art und Weise der Wehrpflicht sein, sondern könnte durchaus ein neuer Weg sein.
Da gibt es viele Ansätze.
@marvin
Ich antworte einmal mit einer Aufgabenbeschreibung der SKB:
[Der Link führt auf die Seite zum Host Nation Support, war das beabsichtigt? Wenn ja, gibt’s den auch deutlich kürzer:
http://www.streitkraeftebasis.de/portal/poc/streitkraeftebasis?uri=ci:bw.skb_piz.uleist.hns
]
Einiges kann man mit zivilen Partnern abdecken, vieles – insbesondere personalintensive Aufgaben – eben nicht (z.B. Sicherungsaufgaben).
Hier ein Blick in die Vergangenheit:
https://de.wikipedia.org/wiki/Unterst%C3%BCtzungskommando_(WHNS)
Hinzu kommen noch territoriale Aufgaben, z.B. die Wallmeisterei.
@Chrissi | 07. August 2018 – 7:43
Ein Kommentator hat doch schon einen Lösungsweg aufgeworfen:
1. Wehrdienst für Mann und Frau
2. Festes und begrenztes Kontingent an Plätzen für Wehrpflichtige, der Rest muss Wehrersatzdienst leisten (selbst wenn es die Masse ist).
3. Wichtig, der komplette Jahrgang muss entweder Wehr- oder Wehrersatzdienst leisten.
Nur weil man zu dem Schluss kommt, dass der Weg ins Haus durch die Tür versperrt ist, heisst es nicht, dass dies auch für Fenster, Kamin, … der Fall ist.
@Chrissi
Das PDF lässt sehr viel Spielraum zu…
Die Wehrpflicht wäre sogar erlaubt und auch eine Dienstpflicht könnte man über die Abschnitte 2.2.2 und 2.2.3 temporär regeln.
Aber wie ich oben schon schrieb, hielte ich es für sinnvoll, die Entscheidung EU-weit zu treffen. Denn der Weg geht doch Schritt für Schritt zu integrierten EU-Streitkräften.
Das letzte was uns fehlt sind neue Mannschaftssoldaten mit wenigen Monaten Stehzeit. Ich hätte gerne meine gut ausgebildeten und erfahrenen SaZ länger und ein paar Zivilbeschäftigte für einige Tätigkeien im Grundbetrieb. Grundwehrdienstleistende würden eher Ressourcen verzehren die ich dringend wo anders benötige.
Man muss den Freiwilligendienst attraktiver machen und am Ende ist auch eine bessere Bezahlung volkswirtschaftlich gut.
Eine Dienstpflicht mit angeblichem Pflegenotstand oder mit fehlendem Nachwuchs in der Truppe zu begründen kaschiert die Fehler im System.
Wir benötigen in EU-ropa schnellst möglich ein Verteidigungskonzept, eine Abkehr von den Abenteuereinsätzen, ein umgesetztes Zivilschutzkonzept und eine Vollausstattung der Bw mit Kriegsvorrat. Wenn das alles dann immer noch nicht reicht kommt bestimmt 2025+ ein neues Sommerloch, bis dahin gilt unsere ganze Anstrengung die Talfahrt der Bw zu stoppen, denn im Moment geht es noch immer nach unten.
P.S.: Das Handwerk kann sich gerade eine neue Wehrpflicht nicht leisten und wird Widerstand leisten (gehört zur Wählergruppe der Konservativen)
Wie vom Hausherren mit Blick auf die allgemeine Debatte festgestellt gilt interessanterweise auch hier:
Wehrpflicht als andauernde Scheindiskussion.
Viele Kommentare auch hier zu pro und contra der Wehrpflicht, aber keine Bezüge oder Kommentare zur brandneuen KdB:
https://augengeradeaus.net/2018/08/einsatz-in-der-koalition-der-willigen-auf-dem-weg-zum-neuen-normalfall/
Die Wehrpflichtdebatte verschwindet nach dem Sommerloch wieder in der Versenkung. Die CDU-Generalsekretärin braucht eben ein Feld zur Profilierung. Der Plan scheint aufzugehen.