Zur Dokumentation: Merkels Regierungserklärung zum NATO-Gipfel

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am (heutigen) Donnerstag vor dem Bundestag eine Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel heute und morgen sowie zum NATO-Gipfel im Juli abgegeben. Im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen ihre Aussagen zum EU-Gipfel; damit es nicht ganz hinten runterfällt, hier zur Dokumentation die Passage zum Gipfel der Allianz.

(Angesichts des Umfangs stelle ich das nicht in den Sammel-Thread zum NATO-Gipfel). Die Aussagen im Wortlaut (nach dem vorläufigen Plenarprotokoll des Bundestages) einschließlich der Zusage zu den Verteidigungsausgaben für 2014:

Am 11. und 12. Juli dieses Jahres wird der NATO-Rat im Format eines Gipfeltreffens in Brüssel tagen. Es geht dabei um die erfolgreiche Anpassung des Bündnisses an die insgesamt in den letzten Jahren veränderte Sicherheitslage. Ausgangspunkt dieser Veränderungen war die völkerrechtswidrige Annexion der Krim im Jahre 2014 durch Russland und die bis heute leider anhaltende Destabilisierung im Osten der Ukraine. Aber auch die Bedrohung durch den Terrorismus, die Auswirkungen von Bürgerkrieg und zerfallenden Staaten machten die richtungsweisende Entscheidung des NATO-Gipfels im Jahre 2014 in Wales notwendig.

Erstens. Die Reaktions- und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses sollte deutlich erhöht werden. Zweitens. Unsere ost- und mitteleuropäischen Verbündeten sollten rückversichert werden, und zugleich wollen wir zum Dialog mit Russland bereit bleiben. Drittens. Alle Alliierten wollten ihre Verteidigungsanstrengungen erhöhen. Gerade die Frage der Verteidigungsausgaben hat zu intensiver Diskussion – nicht nur hier in Deutschland, aber auch in Deutschland – geführt.

Lassen Sie mich daran erinnern: Der Beschluss, sich dem 2-Prozent-Ziel bis 2024 anzunähern, erfolgte angesichts einer neuen Qualität der Bedrohung Europas und wurde auch von Deutschland mitgefasst. In Wales herrschte Einigkeit. Dies erfordert einen fairen und notwendigen Beitrag der Europäer im Bündnis. Bei dieser Grundsatzfrage geht es im Übrigen nach meiner festen Überzeugung um nicht mehr und nicht weniger als den zukünftigen Erhalt des transatlantischen Bündnisses.

Meine Damen und Herren, inzwischen können wir auf vier Jahre erfolgreicher Anpassungen zurückblicken. Alle Alliierten haben ihren Verteidigungshaushalt erhöht, zum Teil deutlich. Auch wir haben dies getan. Wir schulden dies auch der Sicherheit unseres Landes und der Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte. Das spiegelt sich auch im Haushalt 2018, den wir in der nächsten Woche in der zweiten und dritten Lesung beraten werden, und im Haushalt 2019 wider.

Die Maßnahmen des Bündnisses zur Rückversicherung und zur Stärkung der Verteidigung und Abschreckungsfähigkeit des Bündnisses sind umgesetzt. Die Bundeswehr hat dazu erheblich beigetragen. Wir sehen daran: Die Allianz kann sich gemeinsam und solidarisch an ein verändertes Sicherheitsumfeld anpassen.

Auf dem anstehenden Gipfel sollen weitere Entscheidungen getroffen werden. Erstens. Die Kommandostruktur der NATO wird mehr Reaktionsfähigkeit erhalten. Es werden zwei neue Hauptquartiere eingerichtet, eines in den USA und eines in Deutschland, in Ulm. Auch darin liegt ein wichtiger deutscher Beitrag. Zweitens. Zugleich soll der Bereitschaftsgrad der bereits aufgestellten Truppen aller Verbündeten erhöht werden. Drittens. Der Gipfel wird eine Trainingsmission zum Aufbau funktionierender Streit- und Sicherheitskräfte für den Irak beschließen und damit einer Bitte der irakischen Regierung entsprechen.

Auch wir haben ein erhebliches Interesse an einer langfristigen Stabilisierung des Irak, auch um Flüchtlingen eine Perspektive für die Rückkehr in den Irak zu bieten. Ich hoffe zudem – da weiß ich mich auch mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg einig – auf eine Fortführung unseres zweigleisigen Ansatzes gegenüber Russland. Wir müssen unsere Fähigkeiten stärken, aber unser Dialogangebot an Russland bleibt bestehen.

Wir erwarten auch, dass die Zusammenarbeit zwischen NATO und der EU bekräftigt und intensiviert wird, etwa durch Leuchtturmprojekte wie die Verbesserung der grenzüberschreitenden militärischen Mobilität und durch die Tatsache einer strukturierten militärischen Zusammenarbeit. Zuletzt ergänzt doch durch eine europäische Interventionsinitiative hat Europa sich sehr viel konsolidierter aufgestellt und wird damit langfristig und mittelfristig auch ein besserer und effizienterer Partner im transatlantischen Bündnis sein. Die Anstrengungen, die wir in der europäischen Verteidigung unternommen haben, stärken den europäischen Pfeiler der NATO, und wenn wir Europäer in Sachen Verteidigung besser und stärker werden, dann nützt das eben allen.

Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass das transatlantische Bündnis derzeit auch Spannungen auszuhalten hat. Wir sind aber überzeugt, dass dieses Bündnis für unsere gemeinsame Sicherheit zentral bleibt;

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

denn der Glaubwürdigkeit des Artikels 5 verdanken wir unsere Sicherheit. Diese hängt aber eben immer auch von der Verlässlichkeit der Verbündeten ab und damit auch von unseren eigenen Anstrengungen. Wir sind dies im Übrigen unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig. Sie verdienen es, dass sie über die erforderliche Ausrüstung verfügen. Das ist eine Frage des Vertrauens in die politische Führung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es ist auch eine Frage des Vertrauens der Verbündeten in unsere Fähigkeit und Bereitschaft zur Verteidigung. Dieses Vertrauen zu erhalten, liegt in unserem nationalen Interesse. In diesem Sinne will die Bundesregierung bis 2024 die Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.