Dokumentation: von der Leyen zu Verlängerung der Auslandseinsätze

Zur Verlängerung der Bundeswehr-Auslandseinsätze vor allem im Irak, in Afghanistan und Mali hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am (heutigen) Mittwoch im ARD-Morgenmagazin Stellung genommen. Interessanter Satz darin: Dazu haben wir ja auch Streitkräfte, dass sie einsatzfähig sind.

Das Video ist (nur noch bis März 2019) hier anzuschauen; zur Dokumentation der Wortlaut:

Frage: Fangen wir an doch an mit dem Irak. Da wollen Sie jetzt ausbilden im ganzen Land. Muss das wirklich sein? Müssen Deutsche das machen?

Antwort: Wir haben ja bisher ausgebildet und ausgerüstet die Peschmerga, die Kurden im Norden, und das war ein großer Erfolg, das war nämlich die Ausbildung für den Kampf gegen den IS, den sie sehr erfolgreich geführt haben. Jetzt geht das auf eine andere Stufe, denn wir möchten jetzt beraten: Wie baut man ein Ministerium auf? Wie baut man eine medizinische Versorgung für Soldatinnen und Soldaten auf? Und da wollen wir zwei Standbeine haben, einerseits in Bagdad in der Zentralregierung beraten, und andererseits in Erbil. Die Zahl des Mandates der Soldatinnen und Soldaten geht sogar zurück, also es ist eine andere Qualität von Aufgabe, die gemacht wird.

Frage: Die Kritiker, insbesondere der Grünen jetzt, sagen, das ist eigentlich kein Mandat, was wir so wollen, weil es nicht EU, nicht UNO und nicht NATO ist, sondern eine Koalition der Willigen. Was haben Sie denen denn entgegen zu setzen?

Antwort: Das Mandat ist auf einer sicheren völkerrechtlichen Basis. Wir haben die Einladung des Premierministers, und wir sind dort Seite an Seite, Schulter an Schulter mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der NATO und übrigens vielen anderen Ländern auch. Das heißt, es geht jetzt darum, dass der Irak, der wirklich tapfer gegen den IS gekämpft hat und ihn militärisch besiegt hat, dass jetzt aber für die Menschen die Einheit des Iraks und der Wiederaufbau des Iraks begleitet wird. Das ist ja in unserem Sinne, dass das ein stabiles Land über die Jahre wird.

Frage: Aufstocken wollen Sie auch in Afghanistan, wo wir, wie Sie sagen, einen langen Atem brauchen, das heißt, es gibt da gar keine Perspektive, da je wieder raus zu gehen, wahrscheinlich auch keine politische. Muss das sein? Oder könnte man sich da auch zurück ziehen, wie es die Amerikaner tun?

Antwort: Also, wenn wir die Geschichte Afghanistans und unserer Präsenz dort anschauen: Das ist Geschichte der Fortschritte auf der einen Seiten, aber auch, natürlich, der Rückschläge. Große Fortschritte, wenn wir die letzten 17 Jahre anschauen, was die Bedingungen für die Bevölkerung angeht. Wir haben inzwischen nicht mehr eine Million Kinder in der Schule, sondern acht Millionen Kinder. Frauen haben eine ganz andere Position dort, das wäre früher nie denkbar gewesen. Die Gesundheitsversorgung, die Infrastruktur hat sich verbessert.

Aber, es gibt auch Rückschläge. Und das ist vor allen Dingen die Übergangsphase, wo die internationalen Truppen sich deutlich zurück gezogen haben und jetzt die afghanischen Sicherheitskräfte alleine den Kampf gegen Al-Kaida und die Taliban führen müssen. Das ist schwer.

Frage: Das heißt aber auch: Ende offen.

Antwort: Wir brauchen Geduld und einen langen Atem, ganz ohne Frage, denn jetzt geht es ja darum, dass wir die afghanischen Sicherheitskräfte in die Lage versetzen, selber die Bevölkerung zu schützen, und das Land so begleiten, dass die Menschen tatsächlich eine Perspektive, eine Zukunft dort haben. Dazu braucht es vor allen Dingen auch Reformen der Regierung. Also, da ist noch eine ganze Menge zu tun.

Frage: Sie schicken die Soldaten raus nach Afghanistan, in den Irak und auch nach Mali und in andere Gebiete, und gleichzeitig hat man massivste Klagen der Bundeswehr, auch vom Wehrbeauftragten, dass sie einfach nicht richtig ausgestattet sind und zu wenig Material haben. Können Sie das überhaupt noch verantworten? Und können Sie verantworten, dass man dann den anderen Truppen teilweise das Material weg nimmt und kaum noch üben kann?

Antwort: Also, die Klagen sind richtig. Nach 25 Jahren des Kürzens in der Bundeswehr seit der Wiedervereinigung haben wir ja erst ja seit zwei Jahren die Trendwende eingeführt, das heißt, die Bundeswehr wächst wieder, und wir investieren endlich wieder mehr in die Bundeswehr, damit sie ihre Aufgaben auch wahr nehmen kann. Die Einsätze sind nicht das, was am schwierigsten ist, sondern für uns ist die gewachsene Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung, der Übungen hier, das ist das, wo wir besser ausgerüstet und ausgestattet werden müssen, wo die hohlen Strukturen aufgefüllt werden müssen. Auch da braucht man langen Atem, nochmal, das muss mehrere Jahre auf eine Steigerung des Etats gehen.

Frage: Aber Sie können versichern, dass die, die jetzt rausgehen, tatsächlich so ausgestattet sind, dass die alles haben, was sie brauchen?

Antwort: Wir haben ein Prinzip in der Bundeswehr, dass alles sich auf den Einsatz konzentriert. Dazu haben wir ja auch Streitkräfte, dass sie einsatzfähig sind. Das heißt, sie haben Priorität, aber wenn die Dinge zu knapp sind, muss man auch sagen, prioritär geht dann die Konzentration auf den Einsatz, heißt aber nicht, dass wir die hohlen Strukturen und die Lücken, die wir ohne Zweifel zu Hause haben im Grundbetrieb, dass wir die nicht auffüllen müssen. Das ist genau die Arbeit, die im Augenblick geleistet werden muss.

Warum machen wir das alles? Weil sich die Sicherheitslage natürlich auch in den letzten vier Jahren deutlich verändert hat und Deutschlands Verantwortung auch wichtig ist im internationalen Konzert und wir diese Verantwortung auch tragen müssen.

(Foto: Screenshot des MoMa-Interviews)