Kurden im Irak berichten von Unterstützungs-Zusage von der Leyens (m. Nachtrag)
Nach Darstellung der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine weitere deutsche Unterstützung der kurdischen Peshmerga-Kämpfer zugesichert. Der Präsident der Autonomieregion, Masud Barzani, berief sich in einem Eintrag auf seiner Webseite am (heutigen) Donnerstagabend auf ein Telefongespräch mit der deutschen Ministerin.
Die Bundeswehr bildet im Nordirak Peshmerga für den Kampf gegen ISIS aus, lässt diese Unterstützung angesichts eines kurdischen Unabhängigkeits-Referendums und der anhaltenden Auseinandersetzungen mit der irakischen Zentralregierung aber derzeit ruhen.
Die Mitteilung Barzanis im Wortlaut:
President Masoud Barzani held a telephone conversation today with Ms. Ursula von der Leyen, the Minister of Defense of Germany. During the telephone conversation, President Barzani and Minister von der Leyen discussed the political situation in the Kurdistan Region and Iraq especially the recent events.
Minister von der Leyen stated that she is pleased of the de-escalation of tensions between the Iraqi and Peshmerga forces. She also expressed her appreciation and respect to the Peshmerga forces for the role that is being played in the international effort against the terrorists of the Islamic State. She added by saying that Germany will continue to support the Peshmerga forces. The conversation was concluded by the minister’s notes on the importance of negotiations with Baghdad and Erbil to resolve the outstanding issues.
Von deutscher Seite gab es zunächst keine Angaben zu dem Gespräch zwischen von der Leyen und Barzani.
Nachtrag 20. Oktober: Unterdessen gibt es weitere – und wie es scheint, zunehmende – Auseinandersetzungen zwischen den Peshmerga und Einheiten (oder Milizen) auf Seiten der irakischen Zentralregierung, wie Berichte von Journalisten an dieser neuen Frontlinie andeuten:
Heavy fighting now between #Kurd-ish and #Iraq-i troops. Heartbreaking actually. #Kirkuk. Mortars dropping now. pic.twitter.com/cYJNM0OcCf
— Nabih (@nabihbulos) October 20, 2017
(Foto: Screenshot der Seite der Präsidentschaft der kurdischen Autonomieregion)
Auf Bundeswehr/de/Einsatz heißt es zum Irak u.a.:
„Deutschland unterstützt diejenigen, die dem „IS“ militärisch Einhalt gebieten. Die deutschen Unterstützungsleistungen sind dabei eingebettet in einen breiten politischen Ansatz, der von der großen Mehrheit der Staatengemeinschaft getragen wird. Ein Kernelement der internationalen Anstrengungen ist der nachhaltige Fähigkeitsaufbau der irakischen Streitkräfte sowie der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak“.
Diese Absicht kann als weitgehend erfüllt angesehen werden, besonders hinsichtlich des Erfolges bei „Fähigkeitsaufbau der irakischen Streitkräfte sowie der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak“.
Daesh ist dort seit dem Fall Mossuls/Irak im März umfassend geschlagen, zu operativ anspruchsvoller Gefechtsführung sind die „Kalifat“skämpfer nicht mehr befähigt. Für den syrischen Kriegsschauplatz muss Gleiches nach dem Fall von ar-Raqqa unterstellt werden, auch dort standen die Peschmerga an vorderster Front.
Nach dem – international – nicht akzeptierten Referendum in kurdischen Autonomiegebiet nehmen alte Konflikt-Linien wieder Raum ein: Irakische Einheit vs. unabhängiges Kurdistan, augenscheinlich geworden durch Besetzung der Region KIRKUK seitens IRK Regierungstruppen und verbündeter schiitischer (!) Mililzen. Zu beachten, Kurden sind mit großer Mehrheit sunnitische Muslime, nur ca 3-5% bekennen sich zur Schia mit Siedlungsgbieten im Südirak, nahe der IRN Grenze, damit weit außerhalb des Konfliktgebites. Kurden im Raum KIRKUK betrachten schiitische Milizen also als gegnerische Konfliktpartei!
Wo die IBuK eine „de-escalation of tensions between the Iraqi and Peshmerga forces“ sieht, bleibt ihr Geheimnis, medial haben beide Seiten abgerüstet, sicher. Die Erwartungshaltung seiner Wähler schätzt Masoud Barzani dahingehend ein, dass sie Eigenständigkeit erwarten und Beherrschung der Öl-Region KIRKUK. Alle in Medien zu Wort gekommenen Kurden äußern sich dahingehend. Noch mehr, der Barzani-Regierung wird Verrat an der kurdischen Sache vorgeworfen, ein inner-kurdischer Konflikt ist nun allerdings das Letzte, was dann mit DEU Waffen ausgefochten werden solle.
KIRKUK wurde übrigens erst unter Saddam vehement arabisiert, stellt aber altes kurdisches Siedlungsgebiet dar, was die Menschen nicht vergessen haben.
Ein „She added by saying that Germany will continue to support the Peshmerga forces“ muss aus Sicht von Bagdad als gegen die Machtentfaltung der Zentralregierung und gegen die schiitischen Milizen, damit ff auch gegen den Iran interpretiert werden.
Ob die weitergehende (WuG) Untersützung, von „political and economical support“ war nichts zu lesen, so furchtbar schlau ist , bezweifele ich stark.
Der Irakische Vizepräsident jedenfalls will „kein ‚zweites Israel‘ dulden“, hatte er lt. SPON am 17.09.17 ausgesagt, was eindeutig gegen jegliche kurdische Souveränität ausgelegt werden muss.
Auch in diesen Einsatzgebiet, werden die „Jamaika-Verhandler“ mit konträren Positionen aufeinander stoßen. Die eindeutige Pro-Barzani-Positionierung durch Frau vdL lässt sich sicherlich nicht halten.
Nachbrenner (gerad erst gesehen):
http://www.deutschlandfunk.de/nordirak-schwere-kaempfe-zwischen-armee-und-peschmerga.1939.de.html?drn:news_id=805874
Mit meiner Bewertung liege ich DF folgend nicht falsch. Wie in diesem Licht „continue to support“ versprochen werden kann, ist verantwortungsvoll?
Wie wäre es denn damit:
“ Also, hochverehrter Herr Barzani, falls sie mit der irakischen Zentralregierung offizielle Verhandlungen über die kurdische Autonomie im Nordirak aufnehmen und wir eine Bestätigung dazu von Seiten der irakischen Regierung erhalten sowie eine Zustimmung zur Fortsetzung der deutschen Unterstützungsleistungen, dann sind wir dazu bereit. Bis dahin bleiben unsere Soldaten im Hotel.“
;-)
Weitere Lagemeldung aus der Region, von einem BBC-Producer vor Ort:
@klabautermann
Ich denke das Problem sind nicht sosehr die Soldaten und das Hotel, als mehr die gelieferten Waffen. Ich warte eigendlich nur noch auf einen offiziellen Kommentar des Herrn Barzani in dem steht: „Danke liebes Deutschland und liebe Bundeswehr dass ihr uns so schön (mit technik von 95) ausgerüstet und trainiert habt, damit wir uns gegen die Ansprüche der irakischen Zentralregierung auf die Erdölfelder um Kirkuk wehren können. Und im Besonderen: danke für diverse Panzerabwehrwaffen.
MFG
Masud B.
@Dante | 20. Oktober 2017 – 12:40
Wir sollten die (selbst verursachten) Probleme des „Herrn“ Barzani nicht zu den unseren machen. Wenn er nun völlig abdreht oder Teile seiner Peshmerga aus der Spur laufen, weil er keine Kontrolle mehr über sie hat, dann sollte er sich schon einmal nach einem „gemütlichen“ Exil umsehen. Der Mann ist doch mittlerweile international, national und auch zum großen Teil bei den Kurden im Irak politisch delegitimiert. Nun hat er auch noch die Wahlen verschoben. Er will nicht verhandeln, er will sich nicht Wahlen stellen, er sitzt auf einem Riesenberg Schulden und die Ölquellen sind futsch, Ausrüstungshilfe bekommt er nicht mehr, usw.
Entweder er streicht nun endlich die Flagge oder er geht unter…..so sehe ich das.
@all
Es gibt einen neuen Eintrag zum Thema:
http://augengeradeaus.net/2017/10/berlin-plant-wiederaufnahme-der-kurden-ausbildung-im-nordirak/
Bitte die Debatte dort weiterführen.
(Ich bin am Wochenende unterwegs und bitte um verständnis für evtl. spätere Freischaltung von Kommentaren.)