Deutsch-französische Pläne: Neuer Panzer, neuer Kampfjet gemeinsam (Update)

Beim deutsch-französischen Ministerrat am Donnerstag in Paris haben sich beide Länder auf eine weit reichende weitere Zusammenarbeit in der Verteidigung verständigt.
Update: Inzwischen, am Freitagmorgen, liegt die offizielle deutsche Übersetzung der Schlussfolgerungen auch für den Verteidigungsbereich vor. Ein Teil zu den geplanten militärischen Fähigkeiten deshalb jetzt hier in der natürlich treffsicheren Übertragung der Fachleute:

Gemeinsame Entwicklung militärischer Fähigkeiten

• Landsysteme der nächsten Generation
Frankreich und Deutschland werden ihre Zusammenarbeit beim Bau eines gemeinsamen Nachfolgers der heutigen Kampfpanzer- und Artilleriesysteme fortführen.

Die Zusammenarbeit soll für andere Mitgliedsstaaten geöffnet werden, wenn diese Planungen hinreichend ausgereift sind. Nach erfolgreichem Abschluss der bilateralen Konzeptstudienphase wird bis Mitte 2018 ein Fahrplan für die nächste Phase ausgearbeitet.
Zur Erarbeitung einer gemeinsamen Vision unserer Rüstungskooperation im Landbereich wird eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt.

• Seeaufklärungssysteme
Frankreich und Deutschland kommen überein, dass sie eine europäische Lösung anstreben, um die aktuellen französischen und deutschen Fähigkeiten zu ersetzen. 2018 wird ein gemeinsamer Fahrplan erarbeitet.

• Eurodrohne
Frankreich und Deutschland betonten die Bedeutung des Grundsatzes, dass beide Länder gemeinsam – und zusammen mit Spanien und Italien – im Eurodrohnen‑Programm bleiben. Frankreich und Deutschland sind übereingekommen, die aktuelle Konzeptstudie auf der Grundlage eines zweimotorigen Designs fortzuführen, um vereinbarte zentrale Aufträge und deutsche Zulassungsanforderungen zu erfüllen. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Vereinbarkeit von Einsatzleistung (einschließlich Verlegbarkeit und Wartungsaufwand) und Finanzierbarkeit über den gesamten Lebenszyklus hinweg gerichtet sein. Die Eurodrohne wird über ein europäisches Missionseinsatzsystem, mit allen erforderlichen militärischen Fähigkeiten verfügen. In diesem Rahmen wird Deutschland das Programm leiten. Wir streben einen Entwicklungsvertrag vor 2019 an.

• Kampfflugzeuge
Frankreich und Deutschland kommen überein, gemeinsam ein Künftiges Kampfflugzeug zu entwickeln, um langfristig ihre aktuellen Kampfflugzeugflotten zu ersetzen. Beide Partner haben das Ziel, bis Mitte 2018 einen gemeinsamen Fahrplan zu erarbeiten.

•Hubschrauber
Frankreich und Deutschland kommen überein, einen Rahmen für die Zusammenarbeit bei der nächsten Generation des Tiger‑Hubschraubers und einem gemeinsamen Programm für taktische Luft/Boden‑Flugkörper zu schaffen.

• Raumfahrt
Frankreich und Deutschland kommen überein, dem Europäischen Auswärtigen Dienst Satellitenbilder (SARah/CSO) zur Verfügung zu stellen, nach Möglichkeit in Partnerschaft mit anderen Mitgliedstaaten. Sie kommen ferner überein, mit dem Ziel einer gemeinsamen koordinierten Weltraumlage im Bereich der militärischen Überwachung des Weltraums zusammenzuarbeiten. Sie betonen, dass für das Galileo‑Programm ein hohes Sicherheitsniveau nötig ist, um die strategische Unabhängigkeit Europas (insbesondere bezüglich militärischer Anwendungen) und die internationale Glaubwürdigkeit von Galileo zu gewährleisten.

• Digitale Zusammenarbeit
Frankreich und Deutschland kommen überein, eine Strukturierte Zusammenarbeit zwischen ihren jeweiligen Cyberkommandos einzugehen, auch durch den Austausch von Personal in diesem Bereich. Sie werden ferner Analysen austauschen, insbesondere zu Systemen der Cybersicherheit, die in von beiden Ländern gemeinsam entwickelte Waffensysteme integriert werden sollen, und die gemeinsame Entwicklung von Algorithmen für Software‑Netzwerke beschleunigen. Deutschland wird sich der europäischen ESSOR‑Initiative der OCCAR zur Entwicklung einer interoperablen softwaredefinierten Funktechnik anschließen.

• Innovation
Frankreich und Deutschland werden eine engere Zusammenarbeit bei Forschung und Technik im Verteidigungsbereich fördern. Insbesondere werden sie mit dem Ziel einer größtmöglichen gemeinschaftlichen Finanzierung und der Vermeidung von Konkurrenz zwischen unseren beiden Ländern an gemeinsamen Prioritäten arbeiten, die im Rahmen der neuen Europäischen Vorbereitenden Maßnahme und des künftigen Europäischen Verteidigungsforschungsprogramms finanziert werden sollen.
Frankreich und Deutschland werden eine gemeinsame Strategie erarbeiten, um Forschung und Technik im Bereich der digitalen Dual‑use‑Technologie (weit gefasst – einschließlich künstliche Intelligenz, Robotik, Quantencomputing) zu bündeln und zu intensivieren und die Auswirkungen dieser Technologie auf den Verteidigungsbereich zu analysieren. Ein gemeinsamer industrieller Fahrplan wird erarbeitet werden, in dem unter Berücksichtigung bestehender Initiativen vorrangige Bereiche ermittelt, der Transfer von Wissen von der Forschung in die Industrie erleichtert und Finanzmechanismen identifiziert werden.

• Überprüfung des Sachstands
Die Verteidigungsminister Deutschlands und Frankreichs werden im Oktober 2017 zusammenkommen, um die Fortschritte bei den genannten gemeinsamen Maßnahmen zu überprüfen.
Deutschland und Frankreich werden daran arbeiten, ihre Rüstungsexport-Kontrollrichtlinien zu koordinieren.

II. Verbesserung der operativen Zusammenarbeit

• G5‑Sahel‑Zusammenarbeit
Die Sahelzone ist zahlreichen Sicherheitsbedrohungen ausgesetzt, insbesondere einem konstanten Druck durch terroristische Vereinigungen und Schmuggel in großem Stil. Frankreich, Deutschland und die G5‑Sahel‑Länder haben ein gemeinsames Interesse daran, diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Wir bekennen uns zu einer gemeinsamen Initiative zur Unterstützung der Entwicklung einer multinationalen G5‑Eingreiftruppe, um illegale grenzübergreifende Aktivitäten und terroristische Vereinigungen wirksamer bekämpfen zu können. Um Eigenverantwortung zu gewährleisten, sollten die G5‑Länder selbst ambitionierte Beiträge leisten. Deutschland und Frankreich beabsichtigen, die Fähigkeiten der multinationalen G5‑Eingreiftruppe durch Ausrüstung und Ausbildung substanziell zu unterstützen. Diese Initiative markiert einen Ausgangspunkt für verstärkte bilaterale europäische Unterstützung und ist Bestandteil der übergreifenden gemeinsamen Bemühungen der VN und der EU. Künftig würde die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Koordinierung der Unterstützung der EU sowie gegebenenfalls der Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle spielen.

• NATO
Als Teil der verstärkten Vornepräsenz des Bündnisses wird Frankreich mit Deutschland als Rahmennation 2018 Truppen für den von Deutschland geführten NATO‑Gefechtsverband in Litauen stationieren. Dieser gemeinsame Einsatz wird einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Interoperabilität unserer Streitkräfte leisten.

• Zusammenarbeit der Luftstreitkräfte
Im Einklang mit dem von den Verteidigungsministern am 10. April unterzeichneten Regierungsabkommen haben sich Frankreich und Deutschland verpflichtet, bis 2021 eine binationale Einheit militärischer Transportflugzeuge des Typs C130J zu schaffen und in Evreux ein bilaterales Ausbildungszentrum einzurichten. Diese Initiative wird einen Beitrag zur Schaffung einer gemeinsamen Einsatzkultur unserer Luftstreitkräfte leisten.

Aus den 31 Seiten Gesamt-Gipfelerklärungen zu allen Politikfeldern habe ich mal die sechs Seiten zum Deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat separiert; hier zum Herunterladen:

Deutsch-französischer Verteidigungs- und Sicherheitsrat, 13.7.2017

Im Gegensatz zu dem spezifischen Teil zur Verteidigungspolitik wurde die gemeinsame Erklärung zu diesem Ministerrat insgesamt bereits am Vortag  veröffentlicht; darin fehlen aber natürlich die Details. Zum Thema Verteidigung aus dieser Erklärung:

Bei der Sitzung des Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrats haben der französische Staatspräsident und die deutsche Bundekanzlerin mit den Außen-, Verteidigungs-, Innen- und Entwicklungsministern darüber beraten, wie wir den Menschen in Frankreich, Deutschland und Europa mehr Sicherheit bieten können.
Deutschland und Frankreich setzen sich für eine vertiefte und verbesserte Zusammenarbeit bei der europäischen Sicherheit und Verteidigung ein. Wir haben uns auf gemeinsame Verpflichtungen geeinigt, die es ermöglichen werden, unseren Partnern eine Vereinbarung über einen neuen, ehrgeizigen und inklusiven politischen Rahmen (die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“) vorzuschlagen.
Frankreich und Deutschland haben ebenfalls gemeinsame Voraussetzungen dafür benannt, um den Europäischen Verteidigungsfonds zum Erfolg zu führen. Ferner haben unsere beiden Länder eine „Allianz für den Sahel“ initiiert, die durch eine engere Abstimmung und signifikante finanzielle Mittel zur Stabilität und zur Entwicklung der Region beitragen wird, als einzige langfristige und nachhaltige Antwort auf den Terrorismus. Zur Stärkung der inneren Sicherheit haben Frankreich und Deutschland ihre Initiativen zur besseren Kontrolle unserer Grenzen, zum verstärkten Informationsaustausch und für den entschlossenen Kampf gegen die Terrorismuspropaganda im Internet vereinbart. Wir wollen auch unseren Cyber-Raum besser schützen, um ihn nicht Terroristen zur Radikalisierung und Rekrutierung zu überlassen.

Nachtrag: Eine Bewertung dazu aus der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik:

Eine Revolution für Europas Rüstungsindustrie

(Archivbild: Tiger im deutsch-französischen Ausbildungszentrum in Le Luc – Bundeswehr/Rott via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)