Russland stoppt Zusammenarbeit mit USA für Syrien-Flüge, will Koalitions-Jets tracken (Neufassung)

Die – faktische – Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA bei der Koordinierung von Angriffsflügen über Syrien ist am (heutigen) Montag erneut ausgesetzt worden. Nachdem die US-Luftwaffe ein Flugzeug der syrischen Luftwaffe über Syrien abgeschossen hatte, warf das russische Verteidigungsministerium den USA nicht nur eine Verletzung der syrischen Souveranität vor: Die US-Luftwaffe habe sich auch noch nicht einmal darum bemüht, vor ihrem Angriff über den heißen Draht zur deconfliction mit den russischen Streitkräften Kontakt aufzunehmen.

Als Folge würden künftig alle Flüge der US-geführten internationalen Anti-ISIS-Koalition in den russischen Operationsgebieten westlich des Euphrat als legitime Angriffsziele betrachtet und von der russischen Flugabwehr in Syrien per aufgeschaltetem Radar verfolgt, erklärte das Ministerium. Das dürfte auch die Flüge deutscher Aufklärungstornados betreffen.

Was die russische Ankündigung allerdings konkret bedeutet, bleibt vorerst unklar – in der russischen Erklärung, die zwischenzeitlich in verschiedenen englischsprachigen Übersetzungen kursierte, wird von einem tracking der Flüge der Anti-ISIS-Koalition gesprochen. Eine Drohung, die Flugzeuge abzuschießen, gab es aber so nicht.

Die Zusammenarbeit zwischen den Luftstreitkräften der USA und Russlands, mit der allein schon flugtechnisch gefährliche Zusammentreffen von Kampfjets verschiedener Nationen über Syrien vermieden werden sollen, hatte Russland bereits im April ausgesetzt: Damals hatten die USA als Vergeltung für einen dem syrischen Regime angelasteten Chemiewaffenangriff eine syrische Luftwaffenbasis mit Marschflugkörpern weitgehend zerstört. Allerdings hatten beide Länder, ohne dass es groß kommuniziert worden wäre, offensichtlich danach den heißen Draht wieder aktiviert – sonst wäre die heutige russische Erklärung nicht zu verstehen.

Ob die aktuelle russische Ankündigung dazu führt, dass die Bundeswehrjets in der Anti-ISIS-Koalition voerst nicht über Syrien fliegen, wollte das deutsche Verteidigungsministerium unter Hinweis auf die Geheimhaltung der Flugbewegungen nicht mitteilen. Im Unterschied zu der Situation im April hat die NATO jedoch inzwischen ein besseres Luftlagebild auch von der Situation über Syrien, weil die AWACS-Aufklärungsflugzeuge der NATO inzwischen als Teil der internationalen Koalition auch die Flugbewegungen über dem arabischen Land beobachten und die eigenen Flugzeuge entsprechend warnen und steuern können.

Die Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums (im englischsprachigen Original, wie sie auf der Facebook-Seite des Ministeriums veröffentlicht wurde):

Statement of the Russian Defence Ministry concerning downing of the Syrian Su-22 near the town of Resafa

On June 18, 2017 the American fighter F-18A belonging to the international coalition shot down the Su-22 aircraft of the Syrian Air Force, which was performing a combat mission supporting the government troops, which were conducting the offensive against the ISIS terrorists near the town of Resafa (40 km to the south-west of the city of Raqqa).

As a result of the attack, the Syrian aircraft was destroyed. The pilot baled out over an ISIS-controlled area, his status is unknown.

The destruction of the aircraft of the Syrian Air Force by the American aviation in the air space of Syria – is a cynical violation of the sovereignty of the Syrian Arab Republic.

Numerous combat activities of the US aviation carried out under the cover of “fight against terrorism” aimed against the legitimate Armed Forces of a UN-member is a blatant breach of the international law and is in fact an act of military aggression against the Syrian Arab Republic.

Moreover, at that time the aircraft of the Russian Aerospace Forces were also performing combat missions in the air space of Syria. However, the Command of the coalition forces did not use the existing channels of communication between the Command of the Al Udeid Air Base (Qatar) and the Hmeymim Air Base Command to prevent air incidents in the air space of Syria.

The Russian party considers those actions of the US Command as an intentional failure to fulfill its obligations within the Memorandum on prevention of incidents and providing of flight security during the operations in Syria dated October 20, 2015.

Since June 19, 2017, the Russian Defence Ministry has stopped the cooperation with the American party within the Memorandum on prevention of incidents and providing of flight security during the operations in Syria and demands a thorough investigation of the incident by the US Command with further providing of information on its results and the taken measures.

In the combat mission zones of the Russian aviation in the air space of Syria, all kinds of airborne vehicles, including aircraft and UAVs of the international coalition detected to the west of the Euphrates River will be tracked by the Russian SAM systems as air targets.

Mit einem etwas anderen Wortlaut hatte die russische Nachrichtenagentur TASS zuvor das Verteidigungsministerium in Moskau zitiert:

„Any aircraft, including planes and drones of the international coalition, detected in the operation areas west of the Euphrates River by the Russian air forces will be followed by Russian ground-based air defense and air defense aircraft as air targets,“ the report said.

Die vom Ministerium selbst veröffentlichte Version legt nahe, dass die russischen Flugabwehrsysteme in der Nähe russischer Luftwaffenbasen in Syrien Flugzeuge in ihrem Radarbereich nicht nur erfassen, sondern möglicherweise auch das Zielverfolgungsradar aufschalten. Ein solcher lock-on wird normalerweise als feindliche Absicht angesehen; in diesen konkreten Fällen wird es sehr auf die Einschätzung der Situation und der Absicht der russischen Streitkräfte ankommen.

 

(Foto: Ein Tornado-Pilot mit einer Nachtsichtbrille und der neuen grünen Cockpitbeleuchtung im Rahmen der Mission Counter Dash in Incirlik, Türkei, am 30.01.2016. (dunkles Visier lediglich zum Identitätsschutz des Soldaten) – Bundeswehr/Falk Bärwald)