Helmut Schmidt und das Uniform-Bild: Uni-Präsident lädt zum Gespräch (Nachtrag)
Nachdem Augen geradeaus! am (gestrigen) Donnerstag als erstes Medium über die Entfernung eines Bildes an der Hamburger Bundeswehr-Universität berichtet hatte, das den Namensgeber Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform zeigt, haben am Freitag viele Medien nachgezogen – und das hat zu einer recht emotionalen, auch öffentlichen, Debatte geführt.
Der Präsident der Universität, Wilfried Seidel, reagierte darauf am Freitag mit zwei Rundschreiben an alle Angehörigen der Helmut-Schmidt-Universität, die Augen geradeaus! vorliegen. Darin wendet er sich dagegen, den späteren Verteidigungsminister und Bundeskanzler Helmut Schmidt auf seine Zeit in der Wehrmacht zu reduzieren und ihn in Wehrmachtsuniform als Vorbild zu sehen: Das Tragen der Uniform der Bundeswehr und der Uniform eines Unrechtsregimes bilden keine Gemeinsamkeit. Seidel bot zudem allen Studierenden der Bundeswehr-Universität ein Gespräch an, auch um etwaige Missverständnisse auszuräumen.
Nachtrag: Das erste Rundschreiben liegt mir erst seit Samstag vor; hier zur Dokumentation beide Bulletins des Universitätspräsidenten:
• Erstes Bulletin
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Zuge der Berichterstattung über den Fall des beschuldigten Oberleutnants Franco A. sind immer wieder auch die Universitäten der Bundeswehr erwähnt worden. Vor allem ist dabei auf eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr aus dem Jahr 2007 Bezug genommen worden, in der die politische Einstellung von Studierenden untersucht wurde.
Ein Ergebnis der Studie war auch, dass sich diese damals nicht signifikant vom Bevölkerungsdurchschnitt unterschieden hat. Einer Vorverurteilung oder gar einem Generalverdacht widerspreche ich entschieden.
Gleichwohl haben die Vorgänge rund um den Fall des beschuldigten Oberleutnants Franco A. eine so hohe Brisanz, dass es aus meiner Sicht erforderlich ist, genauer hinzuschauen. Entgegen der Äußerung eines früheren Universitätsmitgliedes hat Franco A. nicht an der HSU studiert. Das entbindet uns aber nicht von der Verpflichtung zum sorgfältigen Umgang mit diesem Thema.Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat in der vergangenen Woche alle Dienststellen der Bundeswehr angewiesen, ihre Liegenschaften auf Gegenstände zu überprüfen, die vom Traditionserlass der Bundeswehr berührt sein könnten. Diese Bestandsaufnahme, von der auch wir nicht ausgenommen sind, war bis heute abzuschließen. Die Disziplinarvorgesetzen, die alle Gemeinschaftsräume in den Wohnheimen der Studierenden besichtigt haben, fanden dabei keine Hinweise auf rechtsextreme Gesinnung.
Vor allem Online-Medien haben gestern und heute darüber berichtet, dass die Helmut-Schmidt-Universität angewiesen hätte, ein Foto zu entfernen, das unseren Namensgeber in Wehrmachtsuniform zeigt.
Das trifft zu. Der zuständige Disziplinarvorgesetze hat den Studierenden der fraglichen Wohnebene nahegelegt, eine weniger missverständliche Darstellung unseres Namensgebers zu wählen.
Es mag aus Sicht der studierenden Offizieranwärter und Offiziere gute Gründe für die gewählte Darstellung geben. Ich teile jedoch die Einschätzung des Disziplinarvorgesetzten, das Abhängen des Bildes zu veranlassen. Das Tragen der Uniform der Bundeswehr und der Uniform eines Unrechtsregimes bilden keine Gemeinsamkeit.
Die Tatsache, dass die aktuellen Bewohner dies Bild nicht selber aufgehängt, sondern von früheren Generationen übernommen haben, mag als bloße Gedankenlosigkeit gewertet werden. Diese halte ich aber – insbesondere vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Geschehnisse – für gefährlich.
Ich habe daher den Leiter des Studierendenbereichs angewiesen, Gespräche zwischen Vorgesetzten und Studierenden zu initiieren, um die Motivationslage der Soldaten auszuloten.
Prof. Dr. Wilfried Seidel
• Das zweite Bulletin:
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir wichtig, hervorzuheben, dass sich die Universität in keiner Weise von ihrem politischen Gründungsvater und Namenspatron distanziert.
Wir alle schätzen Helmut Schmidt für seine politischen Leistungen als Hamburger Innensenator, Verteidigungs- und Finanzminister, Bundeskanzler und „Elder Statesman“. Dafür trägt die Universität seinen Namen, und darauf sind wir stolz.
Die vom zuständigen Disziplinarvorgesetzten verfügte Entfernung des Fotos, das Helmut Schmidt auf seine Zeit als Offizier der Wehrmacht reduziert, hat in der Studierendenschaft und in der öffentlichen Meinung ein geteiltes Echo gefunden.
Ich werde kurzfristig mit Vertretern der Studierendenschaft zu einem Round Table-Gespräch zusammenkommen, um im Dialog die Positionen auszutauschen und etwaige Missverständnisse auszuräumen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wilfried Seidel
Die Studierenden hatten auf die Anordnung des Leiters des Studienfachbereichs A, das Foto im Flur eines Wohngebäudes zu entfernen, mit der oben abgebildeten Notiz reagiert. Zuvor hatte an der Stelle dieses Bild gehangen:
Wie schon gestern stellen sich für mich bei diesem Vorgang zwei Fragen: Ist für die Bedeutung Helmut Schmidts für die Bundeswehr und Deutschland seine Zeit in der Wehrmacht das Maßgebliche? Und: Hat der Vorgesetzte, der die Entfernung dieses Bildes befohlen hat, vielleicht überlegt, genau diesen Punkt für eine Debatte zu nutzen und dabei auch die Frage zu stellen, ob nicht ein anderes Foto von Schmidt die Gemeinsamkeit zwischen dem Namensgeber und den studierenden Offizieren und Offiziersanwärtern besser zum Ausdruck gebracht hätte?
An dieser Stelle auch noch der Hinweis zu weiteren, in diesem Zusammenhang diskutierten Ereignissen oder Nicht-Ereignissen: Nein, es gibt keine Überlegungen, das Eiserne Kreuz der Bundeswehr als Hoheitszeichen abzuschaffen – ich habe eigens deswegen am Freitagabend beim diensthabenden Sprecher des Verteidigungsministeriums nachgefragt. Und der Vorgang Liederbuch der Bundeswehr: Da wurde bereits im Januar, wie auch Spiegel Online berichtet und vom Ministerium bestätigt wurde, der Auftrag zur Überarbeitung erteilt; das Buch wurde nicht verboten.
(Wie bei diesem Thema leider nötig, werden alle Kommentare moderiert.)
(Fotos: privat)
Bei dem Schild, dass die studierenden Offiziere statt dem Bild von Helmut Schmidt aufgehängt haben heißt es:
„..Dieses Bild es auf der Wohnebene nicht verfügbar, da es Helmut Schmidt als Offizier in Uniform zeigt…..“
Es mag Zufall oder auch Absicht sein, dass sie nicht schrieben „..als Offizier in Wehrmachtsuniform zeigt.“
Nun ist Helmut Schmidt sicherlich aufgrund seiner lebenslangen Verdienste über jeden Verdacht erhaben, aber wollten die jungen Offiziere provozieren, indem sie schrieben „Offizier in Uniform“, anstatt „Offizier in Wehrmachtsuniform“ oder auch „Wehrmachtsoffizier in Uniform“ ?
Ist es überhaupt möglich, den Elder Statesman Helmut Schmidt in Deutschland in diesem Jahrhundert auf eine Rolle als Offizier der Wehrmacht zu reduzieren?
Wie kam das Bild eigentlich an seinen Platz?
Das Bild haben wir seinerzeit bei der Bundeszentrale für politische Bildung angefordert. Das war, als die Uni Helmut Schmidts Namen bekam. Es hing dort, weil er in seiner Zeit als junger Offizier eine besondere Verantwortung für die ihm unterstellten Soldaten verspürt hat. Diese Situation ist oder wird allen vertraut, die an der HSU studieren und Helmut Schmidt ist ein Vorbild in der Art und Weise, wie er diese Aufgabe bewältigt hat – als eine geringe seiner vielen Leistungen, aber einer im Kontext gerade passenden.
@ T.W.
„Wie schon gestern stellen sich für mich bei diesem Vorgang zwei Fragen: Ist für die Bedeutung Helmut Schmidts für die Bundeswehr und Deutschland seine Zeit in der Wehrmacht das Maßgebliche? Und: Hat der Vorgesetzte, der die Entfernung dieses Bildes befohlen hat, vielleicht überlegt, genau diesen Punkt für eine Debatte zu nutzen und dabei auch die Frage zu stellen, ob nicht ein anderes Foto von Schmidt die Gemeinsamkeit zwischen dem Namensgeber und den studierenden Offizieren und Offiziersanwärtern besser zum Ausdruck gebracht hätte?“
Da ich die Kameraden auf der Wohnebene nich persönlich kenne, kann ich als Ehemaliger der HSU nur eine Vermutung aus der Ferne (sowohl zeitlich als auch örtlich gemeint) anstellen:
Für die Identifikation mit einer Person sucht der Mensch immer nach Verbindungen und Gemeinsamkeiten. Da ist es unter Umständen naheliegend, dass sich ein nicht SPD wählender Offizier seine Identifikation mit Helmut Schmidt in der Gemeinsamkeit Offizier (auch wenn für unterschiedliche Streitkräfte) findet und nicht im SPD Politiker (auch wenn er als solcher sehr viele Entscheidungen getroffen hat, die auch konservativere Menschen würdigen können. Auch da kann man die Vermutung anstellen, dass seine Ausbildung zum Offizier für seine Entschlusskraft als Politiker nicht nebensächlich, vielleicht sogar bestimmend war.)
Ich kann Frau Dr.von der Leyen nur mal wieder zu ihrem blinden Aktionismus gratulieren. Sie schafft es sicher noch, der Bundeswehr auch noch den letzten Funken an Bewusstsein zu vernichten. Warum bitte sollen sich unsere Soldaten nicht mit den militärischen (!!!) Tugenden ihrer Vorgänger-Armeen identifizieren dürfen? Sind Pflichtbewusstsein, Tapferkeit, taktische Raffinesse denn in der modernen Bundeswehr unerwünscht? Ich finde es eine Schande, wie Deutschland sich in lächerlichster Weise mit seiner Vergangenheit geiselt! Die Verbrechen die im nationalsozialistischen Denken begangen wurden sind furchtbar und dürfen sich nicht wiederholen, das steht vollkommen ausser Frage. Muss ich als Soldat jetzt die Bilder meines Großvaters verbrennen, weil er halt nun mal im Krieg war? Oder stehen sowieso schon alle Deutschen in der rechten Ecke, deren Vorfahren in einer Wehrmachtsuniform gesteckt haben? Oder wollen wir am besten gleich alle Kasernen abreißen, die vor 1945 gebaut wurden, weil da ja Nazis drin waren? Eine Verherrlichung des Nationalsozialismus lehne ich ganz klar ab. Aber könnte Deutschland bitte mal aufhören immerzu ausschließlich braunes Gut in Relikten aus dieser Zeit zu sehen, und auch mal das rein militärische oder handwerkliche in gewissen Dingen sehen…
Helmut Schmidt steht als sehr gutes Beispiel dafür, dass zwar die Wehrmacht als Organisation nicht sinnstiftend für die Bundeswehr stehen kann, aber dass nicht jeder Wehrmachtoffizier automatisch ein schlechter Mensch gewesen war.
Der Nachkriegskanzler Adenauer hat das in seiner Ehrenerklärung für die ehemaligen SOLDATEN der Wehrmacht (nicht für die Organisation Wehrmacht) bereits 1952 im Deutschen Bundestag klar gestellt. Die Generation, die unter der Wehrmacht gelitten hatte, hat sich im In- und Ausland mit den Soldaten, die darin gedient hatten versöhnt. Drei Generationen später wollen einige Aktionisten – aus welchem Grund auch immer- diese Versöhnung mit den Menschen die die Uniform in Wehrmacht trugen wieder rückgängig machen. Kaum nachzuvollziehen für mich.
Um ehrlich zu sein frage ich mich immer mehr ob wir – die wir nicht in einer Diktatur leben mussten- auch nur andeutungsweise beurteilen können was maan zwischen 1933 und 1945 in Deutschland als Bürger und Soldat hätte besser und richtiger machen können. Ich zumindest maße mir dies nicht an. Ich bin froh, dass ich nicht nur die Informationen einer komplett gleichgeschalteten Presse habe. Mit tut die Weltkriegsgeneration sogar leid. Vielen wurde die Jugend geraubt.
Ich würde es in diesem Faden gerne auch nochmal schreiben – damit es nicht verschütt geht:
@ all
Bezüglich des Fotos von Helmut Schmidt in Uniform gibt’s ja noch eine Alternative. Der Altkanzler war zuletzt Hauptmann der Reserve bei der Luftwaffe – natürlich Flugabwehr. Hat auch am Mutter-haus in Rendsburg geübt. Foto gibt’s auch:
http://www.sueddeutsche.de/politik/helmut-schmidts-leben-in-bildern-macher-mit-schnauze-1.1138126-2
Das Bild haben wir (Gemeinschaft der HFlaTr) auch in unser Buch „Flugziel auf Kurs“ zur Geschichte der DEU HFla aufgenommen.
Hans Schommer
Mein Gott, Helmut Schmidt hat stets in Interviews von der „großen Scheiße Krieg“ geredet. Der Mann ist doch ein Vorbild. Und überhaupt, wollte man Helmut Schmidt nicht mit seiner Zeit in der Wehrmacht in Verbindung bringen, warum hat die Universität nicht nach jemand anderen benannt? Der hat doch nie ein Geheimnis daraus gemacht. Wieso auch? Er ist ein Kind seiner Zeit. Gibt es eigentlich eine offizielle Begründung für die Namensfindung der Uni? Da spielt doch sicher der vorbildliche Bürger in Uniform eine Rolle. Würde mich mal Interessieren.
In den Kasernen hängen doch genügend Bilder an den Wänden, die Soldaten aus den beiden WK darstellen oder damalige Wehrtechnik. Eigentlich ganz unverfängliche Bilder im öffentlich zugänglichen Bereich, die natürlichen einen gewissen leichten heroischen Touch haben.
Und nicht nur in der Bundeswehr findet man auch schon einmal Bilder von berühmten Raketenforschern, für deren Waffenkonstruktionen Zwangsarbeiter drauf gingen. Dora lässt freundlich grüßen. Wo sind die Grenzen? Die Wehrmacht ist Teil der deutschen Geschichte. Der muss sich man sich stellen. Bilder abhängen – Diskussion beendet?
@ Georg | 12. Mai 2017 – 20:31:
„…wollten die jungen Offiziere provozieren, indem sie schrieben „Offizier in Uniform“, anstatt „Offizier in Wehrmachtsuniform…“
Meiner Meinung wollten sie eher de-eskalieren – so würde ich jedenfalls eine solche Formulierung verstehen.
Sind wir da wieder beim voreilenden Gehorsam oder ist das ein Ergebnis der neueren ‚Kulturrevolution“?
Hhm,
umgekehrt kann man auch fragen ob man Helmut Schmidt auf seine Zeit (als Politiker) in der Bundesrepublik reduzieren kann und sollte. Oder Helmut Kohl auf den Kanzler der Einheit (ohne Parteispendenskandal). Oder Joschka Fischer als Aussenminister (ohne Steine auf Polizisten schmeissen). Stauffenberg auf d
Das Bild hängt schon länger da und es sollte nicht der Provokation dienen.
Stauffenberg auf die Zeit nach 1942?
Muss man Personen nicht in Ihrer Gesamtheit betrachten?
@Georg:
Ich kann natürlich nur mutmaßen, denn ich kann natürlich nicht in die Köpfe anderer gucken, aber ich nehme mal an, dass es eben bei diesem Bild eben auf den Offizier Schmidt ankam. Dass er nun dabei eine Wehrmachtsuniform trägt ist der Zeit geschuldet, in der er Soldat war, ist aber (hoffentlich) für dieses Bild nicht relevant. Das ist es ja gerade! Junge Offiziere haben ein Bild des Namensgebers ihrer Universität aufgehängt, das diesen in einer vergleichbaren Lebenssituation darstellt – als junger Offizier. Dieser hat sich zu einer herausragenden Persönlichkeit der deutschen Geschichte weiterentwickelt. Ist das nicht ein wunderbarer Ansporn, sich diesen Mann als Vorbild zu nehmen?
Natürlich kann man ihn als Verteidigungsminister oder Bundeskanzler darstellen, aber da ist die Gemeinsamkeit und Identifikation nicht so klar gegeben. Ich finde das eigentlich sehr gelungen eben genau dieses Bild zu wählen, aber so können halt Bewertungen einer Sache auseinandergehen…
Ich war an dieser Universität, ich kenne diese Wohnebenen und ich möchte gerne hören, wie diese Studierenden das Bild eines Wehrmachtssoldaten mit der Konzeption innere Führung in Einklang bringen. Sie werden es nicht können, so aalglatt sie auch argumentieren.
Sich Schmidt in Wehrmachtsuniform an die Wand zu hängen ist kein Ausdruck demokratischer Gesinnung sondern gefundene Begründung für ein verfehltes Traditionsverständnis.
Zukünftig wird es heißen:
„Helmut Schmidt wurde 1945 im Alter von 28 Jahren als Student geboren“
@Alex
Und warum sie damals nichts dazu gesagt, als sie dort waren?
Darin eine Provokation zu ernennen fehlt mir einfach die Phantasie.
Warum kann man nicht einfach dazu stehen im Sinne von:
Auch daher sind wir hergekommen und diese(s) Demokratie/Land haben „wir“ draus gemacht(mit freundlicher Unterstützung der Sieger).
Dieses Bild regt soviel zum Denken über den Sinn/Zwiespalt des Soldatenberufs an, wie in 6h Pol. Bildung nicht vermittelt werden kann.
Am Rande:
Es sollen sich vor allem auch viele Sozialdemokraten in die Wehrmacht gerettet haben. Um die Nazis vom Hals zu haben. Dazu dürften einige besser bewanderte Foristen bestimmt was beitragen können.
Ist nicht gerade Helmut Schmidt ein hervorragendes Beispiel gegen die pauschalisierte Kriminalisierung und Pauschalisierung der Wehrmacht ?!
Denn auch wenn sie einem kriminellen System diente, sind doch aus ihr die führenden Persönlichkeiten der jungen Bundesrepublik hervorgegangen…
Warum nur tuen wir uns so schwer, zwischen den militärischen Tugenden und Fähigkeiten der Wehrmacht als Armee und der kriminellen Führung sachlich zu unterscheiden ?!
Die Entfernung dieses Bildes gibt aus meiner Sicht der (Säuberungs-) Aktion (auch ich durfte am Montag meinen Vorgesetzten in meinem Büro willkommen heißen) den berürchteten Anstrich einer Hexenjagd. Mir ist die Interpretation, das Bild würde per se die Person Helmut Schmidt auf seine Wehrmachtszeit reduzieren, nicht verständlich. Diesen Aspekt zu ignorieren oder gar zu negieren, bedeutet die Vita dieser Person, einer möglicher Weise prägenden Phase zu berauben. Dass sich die Studierenden der Universität, die sich zu einem großen Teil den gleichen Dienstgrad tragen, mit diesem Bild in besonderer Weise identifizieren können, erscheint mir nachvollziehbar. Dies ist in meinen Augen völlig unabhängig von einer Gesamtbewertung der Wehrmacht.
Darüber hinaus war mir der Traditionserlaß in diesem Punkt schon immer suspekt. Ich bin noch unter dem Eindruck des möglichen „großen vaterländischen Krieges“ in die Bw ein getreten. In meiner Ausbildung wurde fachlich (selbstverständlich nicht ideologisch) regelmäßig Bezug auf die letzte kriegerische Erfahrung Deutschlands (also den Kampf der Wehrmacht im 2. WK) Bezug genommen. Ich kann mich also auf der einen Seite vollständig mit der Aussage identifizieren, dass die Wehrmacht nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr ist. Auf der anderen Seite erschließt sich mir nicht, dass sämtlichen (ggf. auch unkommentierten) Bildern von Wehrmachtssoldaten und Gegenständen, die in der Wehrmacht benutzt wurden (Messer, Gabel, Schere, Licht, usw.), der Teufel innewohnt.
Darüber hinaus möchte ich auch anfügen, dass auch viele der durchaus als beispielgebend angeführten Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 (also nach damaligem Rechtsverständnis Terroristen oder zumindest Attentäter) Wehrmachtssoldaten waren. Durch die Entfernung der Bilder einzelner Personen indirekt alle anderen Wehrmachtssoldaten, die für Deutschland ihr Leben riskierten oder ließen (also unsere Großväter, Urgroßväter und Ur-Urgroßväter), auf diese Weise pauschal zu diskreditieren, ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg.
Oliver Petri:
+1!
Wenn dies neuer Maßstab wird, MÜSSEN wir uns auch von Stauffenberg, Tresckow etc trennen und auch vom Lt Richard v. Weizsäcker, Lt im Potsdamer InfRgt 9, ZgFhr im Sommer ’39 in Polen.
Ist es das, was Deutschland will?
Denn, bei Lage am 19. Juli ‚ 44 wie im Sommer ’42 wäre niemand Verschwörer geworden.
@Insider wie kommen Sie darauf, dass ich nichts gesagt hätte? Ich bin Soldat geworden, weil ich eine demokratische Armee stärken wollte, die ein Grundpfeiler dafür ist, dass sich ein faschistisches Regime nicht des Staates und dieser Armee bemächtigen kann.
Wikipedia beschreibt die auf dem Foto dargestellte Phase im Leben Schmidt so:
„Ab 1939 war der Feldwebel der Reserve zur Luftverteidigung Bremens eingesetzt. Im Jahr 1941 wurde er als Leutnant der Reserve in das Oberkommando der Luftwaffe nach Berlin versetzt. Von August bis Ende 1941 diente Schmidt als Offizier in einer leichten Flakabteilung der 1. Panzer-Division an der Ostfront.[2] Er war u. a. zur Leningrader Blockade kommandiert worden; er erhielt das Eiserne Kreuz 2. Klasse.[3] Von 1942 bis 1944 war er Referent für Ausbildungsvorschriften der leichten Flakartillerie im Reichsluftfahrtministerium in Berlin und in Bernau.“
Das beschreibt die Karriere eines jungen ambitionierten Mannes, der im Dienst seines Vaterlandes Karriere machte, Orden bekam und sogar ins Reichsluftfahrtministerium aufstieg. Er war ein Kind seiner Zeit, war kein Teil des Widerstandes.
Nach den Maßstäben, die heute angesetzt werden, muss man Schmidt vorwerfen, dass er nicht in den Widerstand gegen Hitler gegangen ist oder aus Deutschland auswanderte, nachdem er 1936 wegen flotter Sprüche aus der Hitlerjugend flog.
Eine Funktion eines qualifizierten Umgangs mit Geschichte ist, aus der Geschichte zu lernen. Helmut Schmidt ist ein gutes Beispiel für ein einen jungen Erwachsenen in der Zeit des Nationalsozialismus. Selbstverständlich hat konnte auch Schmidt kein richtiges Leben in einem Unrechtsregime führen. Er gehörte zum Tätervolk, hat damit Schuld auf sich geladen. In vielen Interviews hat Schmidt gut erklärt, wie ein junger Mann eingebunden in ein Staatssystem zwangsläufig mitläuft und eben dem System dient. Er konnte es seinerzeit nicht besser wissen. Trotz dieser Schatten in seiner Biographie wurde Schmidt ein guter Minister und Kanzler, der bis ins hohe Alter viel Weisheit weitergab. Weise Männer wie Schmidt fehlen der SPD und Deutschland heute sehr.
Nun beurteilen wir die Gegenwart: Die Mechanismen kollektiver Schuldzuweisung und gruppenspezifischer Verfolgung sind bekannt. Unsere Geschichte ist bekannt, alle rufen: Wehret den Anfängen. Es ist zudem bekannt, dass das Böse ein Chamäleon ist. Der neue Faschismus wird nicht sagen, er sei der Faschismus, er wird sich selbst als Antifaschismus bezeichnen und mit selbstgefälliger Moral sich als das Gute bezeichnen und aus dieser Selbstlegitimation heraus die Anwendung faschistischer Methoden wie Bildersturm rechtfertigen. Wie immer im richtigen Leben sind die Entscheidungsparameter nie schwarz oder weiß, im Ergebnis ist Unrecht aber klar zu erkennen.
Wo bitte sind nun die Widerstandskämpfer gegen eine Bildersturm und Pauschalverurteilungen vornehmende Ministerin? Wo sind die klugen Köpfe, die die aktuellen Vorgänge als geschichtsvergessene Hysterie entlarven? Und wo ist eine Kanzlerin, die dieser Ministerin die Entlassungsurkunde aushändigt?
Niemand muss heute fürchten, im Hof des Bendler-Bocks erschossen zu werden. Trotzdem bleiben die politischen und militärischen Entscheider charakterlos in Deckung und die Mitläufer marodieren kulturrevolutionär wie Inquisitoren durch die Kasernen.
Mit Verlaub, die aktuell Verantwortlichen sind nichts besser, nein, eigentlich schlimmer als die Eliten 1938. Sie lassen sehenden Auges unfassbare Dinge geschehen, obwohl sie es besser wissen könnten.
Der Vorgesetzte, der die Entfernung befohlen hat, tat das auf Anweisung des GI. Die aktuelle medienbefeuerte Hexenjagd führte dazu, dass alle Büros im Geschäftsbereich auf offen aushängende oder ausliegende Wehrmachtsdevotionalien oder -bezüge kontrolliert werden durften…
@Oliver Petri, 21:09: Vielen Dank, Sie sprechen mir aus der Seele!
Um mit meinen Kommentar von 20:31 Uhr nicht falsch verstanden zu werden.
Ich finde es völlig in Ordnung, dass die Studenten oder wer auch immer das Bild von Helmut Schmidt als Leutnant in Wehrmachtsunifom aufgehängt haben.
Was mich zum Nachdenken bringt, ist das andere Bild, das was an die Zensur von Youtube mit dem Hinweis auf das entfernte Foto von Helmut Schmidt erinnert (oben das 1. Foto im Artikel).
Warum schreiben die da, „….. da es Helmut Schmidt als Offizier in Uniform zeigt“ und nicht „…..da es Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform zeigt“, oder „da es den Wehrmachtsoffizier Helmut Schmidt zeigt“ ?
Ein kleiner aber feiner Unterschied, weil man subtil den Bezug zum Bw-Leutnant herstellt, ohne Würdigung und Beachtung der Unterschiede der zwei Armeen, oder sieht hier irgendjemand die Kontinuität vom Werhrmachtsoffizier 1940 zum Bw-Offizier im Jahre 2017 ?
Ich würde gerne mal wissen was sonst noch so alles entfernt wurde und wird.
Wahrscheinlich weiß das im BMVg keiner. Man wird wohl auch froh darüber sein, denn es würden noch weit mehr Peinlichkeiten ans Tageslicht kommen. Ansonsten frage ich mich, welch Vertrauensbeweis es ist wenn, in Ämtern der Bundeswehr, Referatsleiter verdachtsunabhängig die Schränke der Mitarbeiter inspizieren.
„Attraktiver Arbeitgeber“
Das Bild hing dort seit Jahren und es hing zwischen Bildern des Bundespräsidenten, unserer Verteigungsministerin und dem GI. Das er dort eine Uniform damaliger Zeit trug, war von untergeordneter Bedeutung. Es galt jediglich der Identifikation mit dem Namensgeber der Universität und stellte ihn in ähnlicher Situation dar – als jungen Offizier.
Vielen Dank für die objektive, neutrale Berichterstattung Herr Wiegold, Ihnen gebürt Dank und Anerkennun!
Es wird Generationen von jungen Offizieren geben die Helmut Schmidt nur noch aus Geschichtsbüchern kennen. Meiner Meinung nach kann es als beispielgeben angesehen werden, dass ein ehemaliger Soldat der Wehrmacht (Aus dem entsprechendem Regime) zu solch einem Staatsmann werden kann. Ein Bild, welches ihn in eben dieser Uniform zeigt, ist denke ich dazu geeignet zu zeigen wie viel mehr in einem Menschen steckt, …
@Oliver Petri
„…Warum nur tuen wir uns so schwer, zwischen den militärischen Tugenden und Fähigkeiten der Wehrmacht als Armee und der kriminellen Führung sachlich zu unterscheiden ?!…“
Meine Antwort ist:
Es sind die „Selbstgerechten“, die eine solche Debatte vorantreiben. Ihnen feht die Empathie für einen jungen Menschen, der in der Diktatur (über)leben musste.
Es sind die Menschen, die heute nicht einmal die Zivilcourage besitzen dem „Mainstream“ zu widersprechen, obwohl sie maximal einen „Karriereknick“ zu befürchten hätten. Solche Leute überfallen Menschen die in einer schlimmen Diktatur leben mussten und sich, um zu überleben, vordeergründig angepasst hatten. Ja was sollten sie denn sonst tun wenn sie für ihre Familie ein Mindestmaß an Verantwortung hatten? Übrigens, ich sehe das ganz genau so für die ehamlige DDR. Ich hatte nur das Glück im westen geboren zu werden. ich habe dazu nichts beigetragen. Ich werde keinen einzigen kleinen NVA Soldaten verurteilen. Was fällt mir denn ein!
@Frodo 21:26
Wenn ich mir Ihren Kommentar mal ganz durchlese…
denke ich, dass Sie Ihre Schlussfolgerungen künftig besser anderswo unterbringen. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, Seiten von Gesinnungsgenossen zu finden.
@M-B-0-2 | 12. Mai 2017 – 20:34
„Das Bild haben wir seinerzeit bei der Bundeszentrale für politische Bildung angefordert. Das war, als die Uni Helmut Schmidts Namen bekam. Es hing dort, weil er in seiner Zeit als junger Offizier eine besondere Verantwortung für die ihm unterstellten Soldaten verspürt hat.“
Danke für diese Erläuterung aus erster Hand!
@all
Hier wird deutlich, was die derzeitige Aktion verursacht :(
Natürlich gibt es von Schmidt auch zahlreiche andere Bilder mit denen man seine Traditionswürdigkeit für die Bw darstellen kann. Sei es als Innensenator während der Flut, als Verteidigungsminister oder als Bundeskanzler.
Aber wenn eine Ausbildungseinrichtung für junge Offiziere/OA nach ihm benannt wird und ein Bild ihn auch in einer ähnlichen Lebensphase zeigt, dann kann ich das nicht nur nicht kritisieren, nein dann empfinde ich es sogar als vorbildhaft!
Peinlich, was da an der UniBwH gelaufen ist :(
Mir stellt sich die Frage: Wurde das Bild wegen der Uniform oder wegen des Menschen abgehängt? Wie wird mit den Bildern der Offiziere im Widerstand verfahren? Wenn es wegen der Uniform war, gehören diese Bilder auch entfernt!
@ThomasArend:
Die Frage erübrigt sich doch dadurch, dass die Universität seinen Namen trägt und durch den Kontext der E-Mail. Zudem wurde auch „angeraten“ das Bild durch ein weniger „kontroverses“zu ersetzen.
Ich jedenfalls kann die Entscheidung nicht nachvollziehen und denke, dass hier zu kurzsichtig gehandelt wurde – wohl auch um möglichem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Mein letzter Kommentar für heute:
Allerspätestens nach der Bundestagswahl muss ein neuer Minister/Ministerin zusammen mit neuen Staatssekretären und einem neuen Generalsinspekteur dieses Chaos, was leider durch Aktionismus angerichtet wurde, wieder beseitigen.
Eine Armee, wie jede andere Institution der Exekutive, muss nach sachlichen und den jeweils geltenden rechtlichen Prinzipien straff geführt werden, aber nicht nach den „Meinungen“ des jeweiligen IBUK. Diese IBUK hat viele rechtlich festgelegte Bereiche mit ihrer „Meinung“ übertrumpfen wollen. Ob „Traditionserlaß“ oder der Umgang mit dem G 36 immer soll ihre „Meinung“ der Maßstab sein für richtig oder falsch. Ein Indiz für diese Geisteshaltung war auch die Schelte der IBUK gegenüber einem zivilen Staatsanwalt, der die Klage gegen einen Soldaten wegen sexueller Belästigung nicht angenommen hatte. Hier zeigte sich ebenfalls der Anspruch der IBUK, dass ihre „Meinung“ der Maßstab sein muss. Das ist gefährlich! Die Macht eines Ministers/Ministerin ist einfach zu groß als das man so etwas ignorieren könnte.
Noch einmal, spätestens nach der Wahl muß ein neuer Verteidigungsminister/Ministerin sachlich und hoffentlich kompetent diese unseelige Geschichte zu einem vernüftigem Abschluß bringen. Die Truppe muss dem/der IBUK vertrauen können.
@Thomas Arend
„Mir stellt sich die Frage: Wurde das Bild wegen der Uniform oder wegen des Menschen abgehängt? Wie wird mit den Bildern der Offiziere im Widerstand verfahren? Wenn es wegen der Uniform war, gehören diese Bilder auch entfernt!“
Ausgesprochen gute Frage! Danke.
Die Unterstellung, dieses Bild hätte „Helmut Schmidt auf seine Zeit als Offizier der Wehrmacht reduziert“ ist meiner Meinung nach an Borniertheit kaum noch zu überbieten. Das ist so, als würde man sagen, ein Bild von Helmut Schmidt, auf dem er genüsslich eine Zigarette raucht, hätte ihn auf seine Rolle als Kettenraucher reduziert.
Das Bild zeigt(e) Helmut Schmidt in einer Momentaufnahme aus einem Abschnitt seines Lebens. Dieser Lebensabschnitt wurde offensichtlich von den jungen Offizieren und Offizieranwärtern als etwas begriffen, das zu ihrer eigenen Lebenssituation, dem Dienst in deutschen Streitkräften – und solche zu sein, haben Wehrmacht und Bundeswehr nun mal gemeinsam, da kann sich die Ministerin auf den Kopf stellen – gewisse Parallelen aufweist.
Aber wie muss man denn denken, um daraus folgend den besagten Offizieren und Offizieranwärtern zu unterstellen, sie würden Helmut Schmidt auf diese Zeit „reduzieren“? Glaubt der Präsident der Uni allen Ernstes, dass irgendwer außer vereinzelten Maulwürfen wie Franco A. so ein Bild von Helmut Schmidt aufhängt und dabei an Wehrmachtsverehrung denkt? Dass die Studenten alles andere an seiner Biographie ausblenden?
Und was sagt das dann über die „Innere Führung“ und den „Staatsbürger in Uniform“ aus?
Man erwartet von deutschen Soldaten, dass sie eigenständige Entscheidungen unter schwierigsten Bedingungen treffen und sogar die Befehle ihrer Vorgesetzten ignorieren, wenn deren Grundlagen obsolet geworden sind.
Vor diesem Erwartungshorizont mutet es befremdlich an, dass man gleichzeitig der Meinung zu sein scheint, dass genau die gleichen Menschen nicht in der Lage sind historische Ereignisse und Persönlichkeiten korrekt einzuordnen!
Auch wenn die Wehrmacht als Ganzes nicht traditionsbildend für die Bundeswehr sein kann, so kann doch kein vernünftiger Mensch leugnen, dass alleine schon durch die Kontinuität von Personen Verbindungen gibt.
Bilder abzuhängen und keine Diskussion darüber z uführen, welchen Sinn und Zweck das haben soll, wiederspricht meiner Meinung nach sehr vielen Prinzipien der Inneren Führung und ist nichts anderes als sinnloser Aktionismus.
Zitat von T.W.
„Hat der Vorgesetzte, der die Entfernung dieses Bildes befohlen hat, vielleicht überlegt, genau diesen Punkt für eine Debatte zu nutzen und dabei auch die Frage zu stellen, ob nicht ein anderes Foto von Schmidt die Gemeinsamkeit zwischen dem Namensgeber und den studierenden Offizieren und Offiziersanwärtern besser zum Ausdruck gebracht hätte?“
Auf diesen Punkt des Artikels ist leider keiner der Kommentatoren bisher eingegangen.
Der Leiter des Studentenfachbereiches dürfte vom Dienstgrad Oberst oder Oberstleutnant sein. Dieser hohe Dienstgrad als Disziplinarvorgesetzter für junge Offiziere führt unkommentiert, event. auch unreflektiert einen Befehl von den vorgesetzten Dienststellen aus, den so sicherlich niemand wollte.
Kein vernünftiger Vorgesetzte hätte die Entfernung des Bildes von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform an der Hellmut-Schmidt Universität befohlen.
Warum hat der Leiter des Studentenfachbereiches es trotzdem gemacht ?
Bewusste Provokation um einen Medien-Hype zu entfachen ?
Bewusst die Rolle des unschuldigen Opferlammes spielen, nach dem Motto schaut her, wie jetzt wieder über das Ziel hinausgeschossen wird ?
Mir ist es schleierhaft, wie dieser Disziplinarvorgesetzte seinen Befehl zum Entfernen des Bildes begründet hat. Nach dem Motto: „Iss eben so“ – Innere Führung as it best ?
Der Spielraum für eigenständige Entscheidungen unterer Ebenen wurde in den letzten Jahren generell, und ist ganz besonders in der hier vorliegenden Causa angesichts des Drucks der Medien und des nachfolgenden (oder vorauseilenden) Drucks der Leitung BMVg stark eingeschränkt.
Wer will es dem Leiter Studentenfachbereich verdenken hier genau so gehandelt zu haben weil die Führung es (offenbar!) so wünschte.
Ein voraussehbarer Kollateralschaden – und es wird noch etliche mehr geben, die nicht so prominent sind.
Ich darf an dieser Stelle an die Worte Konrad Adenauers erinnern. „Anerkennen“ heißt meines Wissens nach noch nicht „Erinnerung auslöschen“. Oder sind die Worte Adenauers bzw. ist eine Erklärung eines deutschen Bundeskanzlers in Deutschland neuerdings auch nichts mehr wert, da sie politisch nicht opportun erscheinen…?
Die militärischen Leistungen bzw. das Verhalten von Helmut Schmidt und gewiss von Millionen weiterer Soldaten der Wehrmacht sind ehrenwert. Gerade eine Gesellschaft die heutzutage das Individuum über alles stellt, sollte sich noch einmal Gedanken darüber machen wie es sein kann, dass Millionen von Menschen pauschal als unehrenhafte Personen stigmatisiert und abgeurteilt werden können.
„Recht“ steht auf dem Koppelschloss des deutschen Soldaten. Recht heißt auch Gerechtigkeit. Ich kann hier keine Gerechtigkeit erkennen. Ich sehe lediglich Menschen die Menschen verurteilen die sich selbst nicht mehr wehren können, da sie fast alle bereits tot sind. Und in diesem Kontext verhält sich die Bundesrepublik Deutschland des Jahres 2017 als Unrechtsstaat.
Am 3. Dezember 1952 gab Bundeskanzler Dr. Adenauer vor dem Deutschen Bundestag folgende Ehrenerklärung ab:
„Wir möchten heute vor diesem Hohen Haus im Namen der Bundesregierung erklären, daß wir alle Waffenträger unseres Volkes, die im Rahmen der hohen soldatischen Überlieferungen ehrenhaft zu Lande, zu Wasser und in der Luft gekämpft haben, anerkennen.
Wir sind überzeugt, daß der gute Ruf und die große Leistung des deutschen Soldaten trotz aller Schmähungen während der vergangenen Jahre in unserem Volk noch lebendig geblieben sind und auch bleiben werden.
Es muß auch gemeinsame Aufgabe sein, und ich bin sicher, wir werden sie lösen, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen.“
[Gibt es einen Wettbewerb, wie lange dieses Adenauer-Zitat hier wiederholt und erneut eingestellt und wiederholt und noch mal zitiert und noch mal zitiert und erneut wiederholt werden kann, ehe ich einschreite? T.W.]
@NobodyCares
Das die Universität seinen Namen trägt, besagt zur Zeit herzlich wenig. Die Marine hatte Schiffe mit den Namen Rommel, Lütjens und Mölders. Früher fand man dies in Ordnung. Inzwischen wurden zahlreiche Kasernen umbenannt.
Laut Traditionserlass sind nur nationalsozialistische Symbole verboten.
Ich darf mal aus dem Traditionserlass zitieren
„Tradition ist die Überlieferung von Werten und Normen. Sie bildet sich in einem Prozess wertorientierter Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Tradition verbindet die Generationen, sichert Identität und schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.“
Die Bundeswehr ist in ihrer Struktur nur mit der Brücke „Wehrmacht“ zur Reichswehr zu verstehen.
„Die Geschichte deutscher Streitkräfte hat sich nicht ohne tiefe Einbrüche entwickelt. In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos missbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“
Dort steht nicht: Die Wehrmacht kann keine Tradition begründen. Was im übrigen falsch wäre.
Die Bundesregierung unter Konrad Adenauer http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/02/023/0202359.pdf nimmt bewusst die Wehrbeschwerdeordnung der Wehrmacht von 1936 auf, die diesen Begriff eingeführt hat. Sie distanziert sich bewusst nicht von diesem Begriff. Und: Sie entwickeln sie weiter. Bewährtes wird übernommen, anderes angepasst. Damit steht unsrer Beschwerderecht in der Tradition der Wehrmacht. Ähnliches gilt für die Weiterentwicklung der Wehrdisziplinarstrafordnung zur Wehrdisziplinarordnung, in die neben den Strafen auch Anerkennungen eingeführt wurde.
Aus der Begründung: „Die Wehrbeschwerdeordnung nimmt die Bezeichnung der Beschwerdeordnung für die Angehörigen der Wehrmacht wieder auf, die in der letzten Fassung im Jahre 1936 als Dienstvorschrift vom Reichskriegsminister erlassen worden war.“
Und:
„Die Verfahrensvorschriften sind im übrigen von dem Grundsatz beherrscht, die Beschwerde zu erleichtern. Dieser Grundsatz war schon in der früheren Wehrmacht maßgebend, ist aber sonst im militärischen Bereich keine Selbstverständlichkeit, wie entsprechende Vorschriften ausländischer Streitkräfte und solche in Deutschland vor dem ersten Weltkrieg zeigen. Der Grundsatz der Erleichterung der Beschwerde wird gegenüber der bis 1945 gültigen Regelung noch weiter ausgedehnt.“
Wieder zum Traditionserlass
„Das Sammeln von Waffen, Modellen, Urkunden, Fahnen, Bildern, Orden und Ausrüstungsgegenständen ist erlaubt. Es dient der Kenntnis und dem Interesse an der Geschichte und belegt, was gewesen ist.“
Bilder der Wehrmacht sind nicht ausgenommen. Schmidt war Leutnant der Wehrmacht. Damit muss man sich wertorientiert auseinandersetzen. Da kann man nur, wenn dies weiß, und auch ab und an daran erinnert wird.
Nicht jedem Soldaten – insbesondere Offizieranwärter – ist die Fähigkeit zur wertorientierten Auseinandersetzung gegeben. Da schlüpfen einige durch die Karrierecenter, die besser draußen geblieben wären. Das zeigen A. und T. im Extrem. Aber deshalb allen diese Fähigkeit absprechen?
Mit dem Entfernen dieser Bilder verlieren wir den Konflikt, in dem wir uns als Soldaten schnell wiederfinden können, aus den Augen.
Es ist ein Unterschied, ob ich bei dem Bild nur denke: „Schneidiger Soldat“ oder „Was hat er daraus gelernt? Was lerne ich daraus.“
Mir fällt dazu nur noch ein:
Das hat alles nichts mit allgemeinem Kulurpessimismus zu tun:
http://www.zeit.de/video/2011-08/1125300061001/altkanzler-loriots-clip-mit-helmut-schmidt
Wir müssen alle noch ein bisschen was dazu lernen…
Ist für die Bedeutung Helmut Schmidts für die Bundeswehr und Deutschland seine Zeit in der Wehrmacht das Maßgebliche?
Ich hatte Ihren Gedanken bereits vorgestern gelesen, aber leider war mein Beitrag verloren gegangen.
Helmut Schmidt ist eine herausragende Persönlichkeit der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte. Er ging stets mit seiner Vergangenheit in der Wehrmacht fair um und sowohl als Politiker als auch als Herausgeber der Zeit ging er sachgerecht mit den Soldaten der Bundeswehr um.
An dieser Fetsstellung meinerseits änderte für mich auch nichts das Buch von Sabine Pamperrien: „Helmut Schmidt und der „Scheißkrieg“.“ Die Biografie 1918-1945. Piper Verlag, München 2014. Wobei offen bleiben darf, ob das die Autorin überhaupt bezweckte (Rezension z. B. bei: „Vom Oberleutnant zum Soldatenkanzler?“, Michael Wolffsohn, FAZ, 15.12.2014, online auffindbar).
Sonst wie @ Roadrunner | 12. Mai 2017 – 20:59, und:
Die Wenigsten dürften wissen, dass es Bilder von Helmut Schmidt während seiner Zeit in der Bundeswehrreserve gibt, wie @ Hans Schommer dankenswerterweise hier nochmal erwähnte.
Ob ein Bild von Helmut Schmidt, z. B. von seiner Vereidigung als Bundesminister für Verteidigung geeigneter gewesen wäre? Ich weiß es nicht. Ich hätte jedenfalls dieses genommen. Wahrscheinlich hätte er mir geantwortet: „Die Heutigen wissen alles viel besser.“
Man nahm also ein Bild von Hellmut Schmidt in der Uniform eines Luftwaffen-Oberleutnants der Wehrmacht. Und nun ließ man es abhängen. Ende der Geschichte. Punkt.
Nicht bzgl. Ihres Blogs aber allgemein: Die Debatte jedenfalls hat sich erledigt. Sie ist vollkommen entglitten. Man kann und sollte sie getrost überwiegend ignorieren.
Das ist freilich kein Grund beleidigt zu sein. Die Debatte hat man mit Haltung und Contenance zu ertragen, froh darüber, dass die Bundeswehrsoldaten/-innen einem freien, demokratischen und rechtsstaatlichen Deutschland dienen.
Und man sollte gesprächsbereit bleiben. Es wird schon die zwei, drei geben, die an einer ernsten Debatte interessiert sind.
@ Thomas Arend | 12. Mai 2017 – 21:48
Mir stellt sich die Frage: … Wie wird mit den Bildern der Offiziere im Widerstand verfahren? …
Ich überspitze mal:
Hans Scholl, Sanitätsfeldwebel in der Wehrmacht, ermordet gemeinsam mit seiner Schwester, der Studentin Sophie Scholl am 22. Februar 1943, in diversen Schulgeschichtsbüchern, auf diversen Blogs, etc. so abgebildet: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/images/Scholl_Ulm1.jpg
Will heißen:
Hängen Sie doch einfach ein Bild eines Widerständlers in seiner Uniform auf und sehen Sie, was passiert.
Will fragen:
Was will man in einer Bundeswehr, die Soldaten der Wehrmacht, die Widerstand leisteten, nicht in in ihren Uniformen mit Orden erträgt, die ihnen beides die Nazis als Akt der Demütigung entrissen? -vgl. wiki Einträge Erich Hoepner, Erwin von Witzleben, jeweils oberes und unteres Bild-
Will sagen:
Sagen oder zeigen Sie doch demjenigen, der Ludwig Beck, Erich Hoepner, Erwin von Witzleben, etc., etc. von der Wand zu reißen gedenkt, weil sie auf den Bildern an der Wand ihre Uniform tragen, doch einfach, was Sie davon halten.
„Es lebe die Freiheit“, Hans Scholl.
und bietet allen Studierenden der Bundeswehr-Universität ein Gespräch an, auch um etwaige Missverständnisse auszuräumen.
Das Angebot würde ich ablehnen, denn:
„Was immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“- Erich Kästner
@ samy | 12. Mai 2017 – 20:51:
„Gibt es eigentlich eine offizielle Begründung für die Namensfindung der Uni? Da spielt doch sicher der vorbildliche Bürger in Uniform eine Rolle. Würde mich mal Interessieren.“
Siehe https://www.hsu-hh.de/hsu/index_J6ZVOJXUfS44PbZs.html
Da die Bundeswehr ihre Unterlagen aber erst 30 Jahre nach Entstehung an das Bundesarchiv abgeben MUSS, wird es wohl noch ein Weilchen dauern, bis wir nicht nur das Endergebnis, sondern auch den dazugehörigen Entscheidungsfindungsprozess kennen.
(Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass in den Altregistraturen von BMVg und HSU noch nichts weggeworfen wurde.)
@ CRM-Moderator | 12. Mai 2017 – 21:09:
„Es sollen sich vor allem auch viele Sozialdemokraten in die Wehrmacht gerettet haben. Um die Nazis vom Hals zu haben. Dazu dürften einige besser bewanderte Foristen bestimmt was beitragen können.“
Wahr ist, dass das Wehrgesetz in der Fassung vom 21. Mai 1935 Folgendes bestimmte:
„§ 26. Politik in der Wehrmacht
(1) Die Soldaten dürfen sich politisch nicht betätigen. Die Zugehörigkeit zur NSDAP oder zu einem der ihr angeschlossenen Verbände ruht für die Dauer des aktiven Wehrdienstes.“
Wahr ist aber auch, dass eben dieser Paragraph im Jahr 1944 noch einmal geändert wurde:
„§ 26. Politische Stellung der Wehrmachtangehörigen
(1) Die Angehörigen der Wehrmacht haben die Pflicht, dienstlich und außerdienstlich im Sinne nationalsozialistischer Weltanschauung zu wirken und sich jederzeit für sie einzusetzen. Es ist eine der wesentlichsten Aufgaben aller Offiziere, Unteroffiziere und Wehrmachtbeamten, ihre Untergebenen nationalsozialistisch zu erziehen und zu führen.
(2) Die Mitgliedschaft in der NSDAP, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden bleibt auch für die Dauer des aktiven Wehrdienstes in Kraft. […]“
Im Fall von Helmut Schmidt dürfte das aber irrelevant sein, denn Sozialdemokrat wurde er – unter dem Einfluss von OLT d. R. Hans Bohnenkamp (https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Bohnenkamp) – erst im Kriegsgefangenenlager. Vorher entsprach seine politische Haltung wohl dem nationalkonservativen, aber nicht nationalsozialistischen „Glauben an Deutschland“, dem auch die meisten Widerstandskämpfer des 20. Juli anhingen.
@ Pete | 12. Mai 2017 – 20:51 und alle die so ähnlich argumentieren
„Helmut Schmidt steht als sehr gutes Beispiel dafür, dass zwar die Wehrmacht als Organisation nicht singstiftend für die Bundeswehr stehen kann, aber dass nicht jeder Wehrmachtoffizier automatisch ein schlechter Mensch gewesen war.“
Ich persönlich fand unseren Altbundeskanzler Helmut Schmidt immer für eine herausgehobene Persönlichkeit, denn seine mit Sicherheit nicht sehr positiven Erfahrungen zu der damaligen Zeit positiv geprägt haben.
Junge wie Alte Offiziere (der auch andere Soldaten) sind – als mündige Staatsbürger in Uniform – mit Sicherheit dazu in der Lage zu differenzieren und ich bezweifele dass das Bild aus einer rechten Gesinnung oder Wehrmachtsverherrlichung aufgegangen wurde.
Meiner Auffassung nach wird derzeit sehr hektisch und übersensibel reagiert, was ja auch die auf SPON veröffentlichte Information zeigt, dass jetzt das Liederbuch der Bw wegen Liedern wie „Schwarz – Braun – ist die Haselnuss“ etc. gestoppt und neu entwickelt wird.
Ich denke (fast) jeder der hier mit diskutiert ist klar in seinen Aussagen, dass Rechtsradikalismus oder jedwede gegen die FDGO gerichtete Einstellung in der Bundeswehr aber auch im öffentlichen Dienst etc. nichts zu suchen hat.
An gewissen Einstellungen wird m.E.n noch mehr PolBil und Innere Führung heute bei Mit 20-jährigen nur schwer oder langsam etwas ändern.
Und Ja, als Bw Soldat kann ich beruhigt sagen, dass wir eine eigene Tradition haben.
Und Ja, viele meiner Vorgesetzten sind für mich Vorbilder, davon auch viele die mir eindrucksvoll (selbst im Einsatz) zeigten, wie man es nicht macht.
Und Ja, am Freitag haben wir alle mit den wirklichen Herausforderungen im täglichen Dienstbetrieb „gekämpft“.
@Frodo
Micht stört Ihr Begriff Tätervolk. Taten können nur einzelne begehen. Das auf das ganze Volk einer Diktatur auszudehnen ist eine unangemessen Verallgemeinerung. Vor allem wenn nur 30% diesen Diktator 1933 gewählt hatten.
Auch an in andern Liegenschaften wurden Bilder angehängt.
An der Offizierschule des Heeres wird jeder Offizieranwärterjahrgang, zumindest war es bei mir noch so (78. OAJ), nach einem Wehrmachtsoffizier benannt und soweit ich mich erinnern kann, hingen zu den Namensgebern auch immer ziemlich große Bildtafeln aus.
Ohne Zynismus und wirklich rein der Gier nach Informationen.
Die Herren waren Angehörige des militärischen Widerstandes. Aber wie wird denn jetzt damit umgegangen?
Hat jemand Informationen aus erster Hand? Das interessiert mich jetzt wirklich!
Herr WIEGOLD, vielleicht können Sie ja mal nachfragen :)
Allen ein gutes Wochenende.