Gastbeitrag: Saving Private Schmitz
In der aktuellen Debatte über die Bundeswehr, was sie prägt, ihr Traditionsverständnis und natürlich auch die Fälle und Vorwürfe rechtsextremistischer Umtriebe freue ich mich über diesen Gastbeitrag: Gregor Weber ist Autor und bekannt als Schauspieler. Unter anderem spielte er zehn Jahre lang Kommissar Stefan Deininger im saarländischen Tatort. Die Bundeswehr ist seit vielen Jahren ein wichtiges Thema seiner Bücher und seines Lebens. Nach dem Wehrdienst als Funker bei der Marine wechselte er in der Reserve zum Heer und leistet dort seit gut zehn Jahren regelmäßig Dienst als Pressefeldwebel in der Gebirgs- und Fallschirmjägertruppe. In dieser Funktion war er 2013 auch im ISAF-Einsatz in Kunduz. Derzeit ist er bei der Division Schnelle Kräfte beordert. Sein aktueller Dienstgrad ist Hauptfeldwebel d.R.
Saving Private Schmitz – wie wir die Bundeswehr umarmen sollten
Ein Soldatenfriedhof am Strand der Normandie. Sonnenschein, viele Besucher. Stars and Stripes wehen majestätisch im Wind, daneben die Flagge Frankreichs. Ein alter Mann geht unsicher über das Gras, durch endlose Reihen weißer Steinkreuze und Davidssterne, in einigen Metern Abstand offenbar seine Familie. Vor einem Kreuz bleibt er stehen, muss, von überwältigender Regung erschüttert, in die Knie, hält sich am Kreuz fest. Er weint.
So beginnt und endet der Film „Saving Private Ryan“. Dazwischen entfaltet sich die Geschichte der Rettung dieses Mannes als junger Fallschirmjäger bei der Befreiung Frankreichs. Ein Trupp Ranger hat alles riskiert und das meiste verloren, um ihn zu finden. Der Führer des Trupps, Captain Miller, sagt am Ende sterbend zu dem jungen Ryan: „Earn this. Earn it!“, verdien dir diese Rettung. Und Ryan, jetzt ein alter Mann, fragt, fast bittend wie ein Kind, seine Frau, ob er ein gutes Leben geführt hat. „Tell me, I am a good man“, sag mir, dass ich ein guter Mensch bin.
In diesen wenigen Ausschnitten liegt – hochemotional aufbereitet – das Bestmögliche, was Soldat sein bedeuten und das Äußerste, was es fordern kann. Die Verpflichtung, dem Ruf der eigenen Nation in der Not zu folgen. Der Wille, einer anderen Nation im Kampf um die Freiheit beizustehen. Die Bereitschaft, für einen unbekannten Kameraden das Leben zu wagen. Kämpfen und dabei anständig bleiben. Den Tod anderer nicht achselzuckend hinzunehmen, sondern daraus ein Ethos fürs eigene Weiterleben abzuleiten. Die Gefallenen nicht vergessen. Dankbar sein für das eigene Leben und die eigene Freiheit. Die Anerkennung dessen, was der Soldat im Krieg erduldet und geleistet hat durch Familie und Gesellschaft.
Als Deutscher sieht man diesen und zahllose andere Filme mit gemischten Gefühlen. Denn es sind selbstverständlich und wahrheitsgemäß nie deutsche Soldaten, die auf der Leinwand Unfassbares erleben, um am Ende, seien sie auch noch so beschädigt und erschüttert, als Helden da zu stehen, weil alles, was sie erlitten und taten, zu einem höheren Zweck geschah. Dass viele Soldaten der Wehrmacht ihren eigenen Kriegsdienst wohl nicht anders in der Rückschau beurteilten als alliierte Kämpfer, ändert auch nichts daran, dass der Zweck, zu dem sie auf die Schlachtfelder geschickt wurden, durch und durch böse und menschenverachtend war. Da ist ein Riss. Eine Schlucht. Ein Trauma.
Das Selbstbild gebot dem Einzelnen, sich trotz der verbrecherischen Motive des Nazi-Staates letztlich als treuen Verteidiger des eigenen Landes zu sehen, der unter der Androhung, selbst an die Wand gestellt zu werden, zum notgedrungenen Werkzeug des Terrors geworden war. Der sogenannte Befehlsnotstand musste als Rechtfertigung herhalten und infizierte jeden Versuch der ehrlichen Aufarbeitung.
Gegen diese Infektion wurde die Bundeswehr von Geburt an geimpft. Das Mittel heißt „Innere Führung“ und besteht aus mehreren Ingredienzen. Der Integration in Staat und Gesellschaft, dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, der Legitimation des Auftrags, den Grenzen von Befehl und Gehorsam und dem Prinzip des Führens mit Auftrag kommt von diesen Zutaten für die Beurteilung der derzeitigen Lage der Bundeswehr wohl die größte Bedeutung zu.
Kurz gefasst bedeuten sie, dass jeder Soldat der Bundeswehr immer auch voll berechtigter Bürger bleibt (mit minimalen Einschränkungen in der Dienstzeit) und so Teil der Gesellschaft, und dass er auf seiner Ebene Entscheidungen immer selbst verantwortet. Ob Gefreiter oder General, ein Soldat der Bundeswehr muss Befehle und Aufträge auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen und unrechtmäßige Befehle verweigern. Sonst wird er ebenso haftbar für Folgen gemacht, wie der Vorgesetzte, der den Befehl erteilt hat.
Jeder Soldat dieser neuen Armee sollte die Demokratie und ihre Werte als untrennbaren Teil seiner Nation begreifen, als das, wofür er im Ernstfall kämpft. Um das lebendig zu halten, darf man ihm auch in Uniform niemals den vollen Schutz dieser Freiheiten und die Rechte des Bürgers einer Demokratie nehmen. Freier unter Freien, eingebunden in eine Hierarchie zwar und in ein System, das nur durch Befehl und Gehorsam funktionieren kann, ihm aber – durch das Prinzip „Führen mit Auftrag“ – die volle Verantwortung für erhaltene Aufträge überträgt und ihm zutraut, stets die Absicht seiner Führung zu begreifen und seine Auftragserfüllung in deren Sinne selbständig zu planen und anzugehen. Das würde er endlich sein. Der deutsche Captain Miller, der deutsche Private Ryan.
Als ich mich 1987 entgegen der vorherrschenden Haltung in meinem gesamten Freundeskreis entschloss, zur Bundeswehr zu gehen, hatte das sehr viel mit diesen Prinzipien zu tun, ohne dass ich diese damals wirklich gekannt hätte. Ein Lehrer für Religion, Geschichte und Politik, der mich im Gymnasium sehr geprägt hat, hatte mir – obwohl selbst Pazifist – in einem Gespräch geraten, diesen Schritt zu gehen, weil wir diese Armee doch nicht nur den Konservativen überlassen könnten. Das sei zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine Armee, die aus den richtigen Gründen existiere und die uns alle repräsentiere. Deswegen sei es wichtig, dass auch junge Männer mit meinen politischen Einstellungen in ihr dienen würden, sonst würde es irgendwann vielleicht kippen.
Ich hatte keine Angst vor dem Wehrdienst. Ich war gespannt. Die Grundausbildung war kein Spaziergang, aber auch weit entfernt von irgendeiner Hölle. Ich fühlte mich nie bedroht oder machtlos. Wenn mir etwas gegen den Strich ging, las ich, was dazu im Soldatengesetz stand und vertrat dann meinen Standpunkt. Mein Gruppenführer war nicht die hellste Kerze auf der Torte und im einzigen Suff, den er sich je mit uns erlaubte, sonderte er rassistische Sprüche ab, woraufhin ihm Eiseskälte seiner Untergebenen entgegenschlug und er recht flott das Mannschaftsheim verließ. Vielleicht hatte ich Glück. Es gab und gibt immer auch Schleifereien bei der Bundeswehr. Es gab und gibt Verletzte und Tote. Gebrochene Menschen. Es gab und gibt Rechtsextremisten.
Es ist eine Binse, dass Dienst in der Bundeswehr Menschen mit rechtsextremen Einstellungen anzieht. Es ist aber auch eine Tatsache, dass in aller Regel nichts so zuverlässig zu disziplinaren Maßnahmen bis hin zur Entlassung führt, wie das Auffälligwerden solcher Einstellungen. Die Innere Führung, die fortwährende Sensibilisierung in der Vorgesetztenausbildung, die drastischen Veränderungen in der Bundeswehr von den Auslandseinsätzen über die Öffnung aller Laufbahnen auch für Frauen bis hin zur Aussetzung der Wehrpflicht, die von der Bundeswehr immer wieder Aufmerksamkeit nach innen, Wandel, Anpassung an neue Gegebenheiten fordern – das alles steigert die Wachsamkeit, kostet aber auch Kraft.
Und die Soldaten dieser Bundeswehr mussten sich seit 1991 in atemberaubendem Tempo in ihrer militärischen Verfasstheit mehrfach um die eigene Achse drehen. Von der Massenarmee des Kalten Krieges in eine kleinere professionelle Einsatztruppe. Und damit vom theoretischen Krieg hin zum tatsächlichen. Neben dem Erlernen und Trainieren militärischen Handwerks geriet durch die sich intensivierende Bedrohungslage in Afghanistan eine andere, komplexere Anforderung in den Fokus: Die Definierung und Heranbildung eines Ethos des Kämpfers, aber aus dem Prinzip der Inneren Führung heraus und zu den Prinzipien einer freiheitlichen Demokratie passend.
Damit tut sich die Bundeswehr enorm schwer, unter anderem, weil sie fürchtet, dieses Ethos in unserer Friedensgesellschaft am Ende dem Bürger nicht vermitteln zu können, weil dieser entweder davon peinlich berührt ist oder sich sogar erschrickt. Dass dann an vielen Stellen ein fehlendes Leitbild mit plumpem Machismo ersetzt wurde, hatte fatale Folgen für das innere Gefüge. Exzesse in der Ausbildung, sinnlose Härte, die nichts mit notwendiger Herausbildung von Durchhalte- und Leidensfähigkeit zu tun hat, alltägliches Mobbing und immer wieder auftretender Sexismus haben sowohl mit einem fehlgeleiteten Männer- und Kämpferbild zu tun, als auch mit nicht ausreichender Führung und Leitung.
Natürlich wurde bei der Bundeswehr immer auch zum Kämpfen ausgebildet, aber es ist etwas anderes, wenn nach der Ausbildung dann tatsächlich Gefechte und Anschläge kommen. Wenn geschossen wird, getötet und gestorben. Wenn Soldaten verwundet an Körper oder Seele zurückkehren. Wenn die Gründe, weswegen Soldaten in Einsätze geschickt werden, sich fundamental von den gewohnten Erklärungsmustern für die Existenz der Bundeswehr unterscheiden. Wenn klar wird, dass sich viele Bürger nicht mehr selbstverständlich mit diesen neuen Erklärungen identifizieren können und ihre allgemeine Ablehnung weltweiter militärischer Engagements als Ablehnung ihrer selbst bei den Soldaten ankommt. Als dann auch noch die Wehrpflichtigen aus den Kasernen verschwanden, geriet der Austausch zwischen Armee und Bevölkerung ernstlich ins Stocken.
Richtig schwierig wurde es aber mit dem Selbstverständnis deutscher Soldaten, als sich vor allem anhand des Afghanistaneinsatzes zeigte, dass verantwortliche Politiker der kritischen Bevölkerung eine Sicht der Lage und der nötigen Schritte vermittelten, die viele Soldaten nicht in Einklang mit ihrer persönlichen Erfahrung im Einsatz brachten, von der sie aber das Gefühl hatten, sie passe Politik und Gesellschaft so gut in den Kram, dass die Sicht der Soldaten keine Rolle im öffentlichen Diskurs mehr spielen dürfe.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt – so habe ich das jedenfalls wahrgenommen – lavierten sich manche Soldaten innerlich in eine Haltung, die der der Generation Wehrmacht ähnelte. Wenn Ihr nur noch Eure Interpretation gelten lasst, dann ziehe ich mich eben auf die Erhaltung meines Selbstbilds zurück. Dass eine solche Haltung eher kindischen Trotz ausdrückt als einen förderlichen Austausch anzustoßen, kam und kommt diesen Soldaten eher nicht in den Sinn. Und ich fürchte, der eine oder andere unter ihnen hampelt aus genau diesem Trotz gerne mit Wehrmachtshelmen und Schmeißer-MPs herum. Weil er sich gedisst fühlt wie Opa und den unwiderstehlichen Drang verspürt, mit dem Feuer zu spielen.
Wenn sich dieser Trotz über Jahre und Karrieren durch die Führungsebenen zu ziehen beginnt, kann er zur ernsthaften Gefahr werden. Ich glaube keinesfalls, dass die Bundeswehr ein Rechtsextremismusproblem hat, das wesentlich über dem der Gesamtgesellschaft liegt. Auch ein Franco A. samt möglichen Mitverschwörern, so unerträglich und vollständig inakzeptabel die vermutlichen Tatbestände für die Bundeswehr auch sind, ändert nicht die Statistik.
Aber die Bundeswehr hat meiner Ansicht nach ein Problem mit Trotz, Rückzug aus dem gesellschaftlichen Diskurs und mit fehlender durchgreifender Führung auf vielen Ebenen. Letzteres hängt auch mit der Konstruktion der Karrieren von Berufsoffizieren zusammen. Wer Führungskräfte alle zwei, drei Jahre quer durch die Republik versetzt und ehrgeizigem Personal früh klar macht, dass schon die geringsten Fehler zu massiven Karriereknicks führen können, der darf sich nicht wundern, wenn Probleme hier und da nicht gelöst, sondern für Nachfolger liegen gelassen werden oder ein Klima entsteht, in dem Soldaten zum Schönreden neigen und vorauseilend nach oben melden, es sei schon alles in Ordnung. Was dann wiederum dazu führt, dass von oben, wo eigentlich klar ist, dass nicht immer alles so in Ordnung ist, wie man sich das herbeibefiehlt, dann große Überraschung demonstriert werden muss, wenn ein Sumpf sich zeigt.
Dass in einer Organisation mit gut 170.000 Mitgliedern, die der Sicherheit eines Landes dient und deren Angehörige für die Interessen dieses Landes mit der Waffe in der Hand und der eigenen Gesundheit auf dem Spiel einstehen müssen, nicht immer und zu jeder Zeit alles gut sein kann, wird jeder vernünftiger Mensch einsehen. Und an dem, was in den letzten Wochen und Monaten an die Oberfläche kam, gibt es nichts zu beschönigen, sondern nur Ermittlungsergebnisse und Urteile abzuwarten, sowie klare Konsequenzen durch die Bundeswehr zu zeigen. Rechtsextremismus, Mobbing, Sexismus und unnötige Härte haben in der Bundeswehr nichts zu suchen. Das weiß die Bundeswehr selbst sehr gut, denn die allermeisten Soldaten dieser Armee wollen nur eines: Die Soldaten dieses Landes, seiner Institutionen und seiner Bevölkerung zu sein, weil jeder Soldat dieser Armee Teil davon ist.
Und wir alle können der Bundeswehr dabei helfen. Indem wir ihr zeigen, dass wir sie in unserer Mitte brauchen und wünschen. Ich darf hier noch mal an meinen Gymnasiallehrer erinnern. Die Bundeswehr ist mit all ihren Fehlern die beste und sauberste Armee, die Deutschland je hatte. Sie ist unser aller Armee. Wir können sie formen. Wenn wir Bürger finden, es gibt in ihr zu viele Soldaten von der falschen Sorte, dann ist es an uns, dafür zu sorgen, dass mehr von der richtigen Sorte in ihr dienen. Retten wir Private Schmitz.
(Text ©Gregor Weber; Foto: privat)
Ein guter Beitrag, den ich in meinem 30. Dienstjahr vollständig unterschreiben kann.
Meine Frage an alle: Wo bleibt das echte Bemühen der Politik eine umfassende und ehrliche Debatte zur deutschen Sicherheitspolitik mit den „wohlwollend Desinteressierten“ zu führen?
Viele meiner Kameraden und auch ich selbst gehen keinen Gesprächen aus dem Weg und bemühen uns redlich darum, in- und außerhalb der Kasernen.
Wenn ich mir eine kritische Anmerkung erlauben darf: Der Beitrag fordert doch ganz explizit ein „Ethos des Kämpfers“, nur eben umfunktioniert auf das Grundgesetz und ohne peinliche Bezüge auf andere, die so ein Ethos nicht nur gefordert sondern ganz praktisch umgesetzt haben. Das ist so, als seien nur die Symbole das Problem und nicht der Geist, der dahintersteht.
Wo aber ein „Ethos des Kämpfers“ gefordert wird, muss es auch einen Feind geben, den man bekämpfen will, und daraus ergibt sich alles weitere. Die Verherrlichung des Kämpfers und das archaische Freund-Feind-Denken sind die eigentlichen Probleme, die wir endlich aus den Köpfen herausbekommen müssen.
@Stiller Leser | 19. Mai 2017 – 18:14
„Wo aber ein „Ethos des Kämpfers“ gefordert wird, muss es auch einen Feind geben, den man bekämpfen will, und daraus ergibt sich alles weitere.“
Wo es keinen Feind gibt, da benötigt man gar keine Soldaten. Und an dem Tag an dem das Geschehen wird wird das himmlische Jerusalem auf Erden einziehen.
Aber solange das nicht der Fall ist, sollten wir ein bißchen realistisch bleiben, oder?
;)
„Die Verherrlichung des Kämpfers und das archaische Freund-Feind-Denken sind die eigentlichen Probleme, die wir endlich aus den Köpfen herausbekommen müssen.“
„archaisches Freund-Feind-Denken“?!
Was wollen Sie denn sonst für ein Denken für Soldaten? Friede-Freude-Eierkuchen-Brunnenbohrer?!
Hervorragender und aufhebenswerter Beitrag. Koennte gleich mit in die Revision der Dinge, die da faellig sind, mit einfliessen.
@ Stiller Leser
Nein, für ein kämpferisches Ethos muss es keinen Feind, und schon gar kein archaisches Freund-Feind-Denken geben, sondern nur die Annahme, dass Kampf notwendig sein kann. Und für solche Fälle muss der Soldat willens und bereit sein, zu kämpfen. Da ist dann im Ernstfall nicht der Feind, sondern der Gegner, den es zu überwinden gilt.
Als Grundlage eines solchen Ethos in unserer Gesellschaft sollte man weniger auf das schauen, was man bekämpft, und eher auf das, was man verteidigt (wenn ich mir mal den Seitenhieb erlauben darf, diese Prioritätensetzung sollte man sich bei der momentanen „Säuberung“ – nicht meine Terminologie – innerhalb der Bundeswehr auch mal durch den Kopf gehen lassen.)
Und da kommen nun mal dann Begriffe wie Recht und Freiheit des deutschen Volkes, Vaterland, treues Dienen, wie sie sich in Eidesformel und Nationalhymne niederschlagen, vor. Die Bundeswehr, das sind die derzeitigen Streitkräfte der mit einer wechselvollen und schwierigen, aber nicht aus der Welt zu schaffenden Geschichte behafteten deutschen Nation – und nicht der Sicherheitsdienst der Verwaltungsgemeinschaft Mitteleuropa.
@TonyR
„Da ist dann im Ernstfall nicht der Feind, sondern der Gegner, den es zu überwinden gilt. “
Letztlich geht es immer um das gleiche, egal wie man es nennt: Es soll Gewalt gegen Menschen angewendet werden, die (in Ihren Worten) zu „Gegnern“ des „deutschen Volkes“ und des „Vaterlandes“ und der „deutschen Nation“ erklärt wurden. Die Begriffe mögen neu sein, aber das Gedankengut ist das alte.
@Stiller Leser | 19. Mai 2017 – 18:59
„Letztlich geht es immer um das gleiche, egal wie man es nennt: Es soll Gewalt gegen Menschen angewendet werden, die (in Ihren Worten) zu „Gegnern“ des „deutschen Volkes“ und des „Vaterlandes“ und der „deutschen Nation“ erklärt wurden. Die Begriffe mögen neu sein, aber das Gedankengut ist das alte.“
Denn wer das Böse nicht verhindert, obwohl er die Möglichkeit dazu hätte, der handelt nicht besser als wenn er das Böse selbst begangen hätte…
Alter Denkansatz, aber immer noch aktuelle
@ Stiller Leser
Nein, bekämpft wird nicht der Gegner des Volkes, der Nation oder des Staates, sondern der Gegner des Soldaten, der diese Dinge verteidigt. Der wird im Falle einer solchen Verteidigungssituation auch nicht „erklärt“, sondern der erklärt sich qua Angriffshandlung selbst. Das ist kein „altes Gedankengut“, sondern die praktische Situation, in der sich im Ernstfall jeder Soldat erstmal sieht.
Und in der Tat soll Gewalt angewendet werden, um schwere Bedrohungen des Volkes und der Nation abzuwenden. Diese Gewalt richtet sich natürlich gegen diejenigen, die eine solche Bedrohung herstellen. Das ist die selbstverständliche Grundlage jeder Armee, die ihr Land „tapfer verteidigen“ will.
Forts. wegen zu schnellen Abschickens
Der Begriff „Feind“, zu dem man Ihrer Ansicht nach „erklärt“ wird, wäre in der Tat in bestimmten Ausprägungen etwas, das wir in der Bundeswehr nicht haben sollten. Kein Mensch und kein Land ist grundsätzlich unser Feind. Menschen in dieser Weise die Eigenschaft „Feind“ zuzuweisen, mündet im Extremfall in Hass und Fanatismus. Verteidigen sollten wir uns gegen feindselige *Handlungen*.
Ein BZ an den Kameraden Hauptfeld.
@ Stiller Leser
Zitat: „Die Verherrlichung des Kämpfers und das archaische Freund-Feind-Denken sind die eigentlichen Probleme, die wir endlich aus den Köpfen herausbekommen müssen.“
Wer sagt denn, dass der Kämpfer verherrlicht werden soll und welches archaische Freund-Feind-Denken wollen Sie aus den Köpfen herausbekommen ?
Wenn man die Angelegenheit eine Ebene tiefer hängt und an einem potentiellen Konflikt zwischen zwei Wirtschaftsunternehmen darstellt, wird die Sache klarer.
Was tun zwei Giganten, z.B. Siemens und General Electric wenn sie auf den Weltmarkt um einen Großauftrag streiten ?
Sie kämpfen gegeneinander um sich wirtschaftlich durchzusetzen, mit dem vermeintlich besseren Angebot, mit der Beeinflussung von Entscheidungsträgern usw. also mit Überzeugungsarbeit und Geld.
Was tun Staaten wenn es mit Überzeugungsarbeit und Geld nicht mehr geht um ein politisches Ziel zu erreichen ?
Sie schicken die Armee und fangen einen Krieg an, wenn das Ziel erstrebenswert genug ist.
Würden wir jetzt den Wirtschaftsführer als „archaischen Kämpfer“ bezeichnen weil er versucht mit (fast) allen Mitteln den Auftrag für seine Firma zu holen und sieht der in seinem Konkurenten den „Feind“, der ihm seine Zukunft in der eigenen Firma im Erfolgsfall verbaut oder den Mitbewerber, den es mit legalen Mitteln zu überbieten gilt ?
Man sieht, die Vokabel des „Kämpfers“ in dem „archaischen Freund-Feind Denken“ ist nicht so eindeutig dem Militär und den darin handelnden Soldaten zu zuordnen.
Was sind gute Soldaten statt dessen ?
Sie sind ein Instrument der Politik um legitime, legale Ziele der jeweiligen Regierung durchzusetzen. Ob ein Ziel legitim ist, muss der Soldat der Bw selber überprüfen.
Wenn die Soldaten eingesetzt werden, dann sollten sie sowohl ihren Auftrag als auch ihr Überleben sichern können. Dazu gehört das Kämpfen können und das Kämpfen wollen – nichts anderes wie in der zivilen Wirtschaft nur wird die Zielerreichung hier mit anderen Mitteln durchgeführt und im Misserfolgsfall ist das eigene Leben gefährdet.
Also ist nicht der „archaische Kämpfer“ das Ziel der Willensbildung, sondern der „gebildete Kämpfer“, der aus Überzeugung und mit Professionalität und Durchhaltevermögen seinen Auftrag durchsetzt.
Und noch eins – wenn die ersten Geschosse um einen herum einschlagen, dann geht es nicht mehr so hochtrabend zu. Da geht es dann nur noch ums Überleben, das Eigene und das der Kameraden und um das Durchsetzen des eigenen Auftages.
Eine Ode an (die) der Beruf(ung) Soldat zu sein.
Hervorragender Beitrag. Endlich mal keine Phrasen.
(So ähnlich habe ich empfunden, nachdem ich Ihr Buch gelesen hatte.)
Mal eine rein hypothetische Frage…
Was bleibt dem Soldaten ohne eine traditionelle Verbundenheit an Heimat und Vaterland?… richtig… eine mehr oder weniger gut bezahlte Söldnertätigkeit…
welche in der BRD, meiner Meinung nach, vom großen Teil der Bevölkerung als notwendiges Übel angesehen oder sogar öffentlich verachtet wird.
Ironie ein
Nun liegt es doch „im Wesen“ der Söldnertätigkeit das man sich den Arbeitgeber je nach Marktlage selber aussuchen kann…oder???
Ironie aus
Sehr guter Beitrag. Ich könnte es kaum besser sagen.Freue mich auch über Blogbeiträge wie den von von Toby R.
@Mike Fox
Das Bemühen der Politik das Volk an seine Armee heranzuführen oder es gar emotional mit ihr zu versöhnen kann ich kaum entdecken. Zu groß die Angst, sich dabei die Finger zu verbrennen und am Schluss gar als Militarist zu gelten. Zu groß wohl auch die Sorge in der postheroischen Gesellschaft schlafende Hunde zu wecken, die die Bundes
…grundsätzlich in Frage stellen könnten.
Das Überbrücken der emotionalen Kluft zwischen der vollständig friedlchen strukturierten mitteleuropäischen Lebenswelt mit dem prioriäterem Wunsch nach individueller Selbstentfaltung und der von fragilen Bürgerkriegs- und Terrorverhältnissen dominierten Einsatzrealität von Menschen, die die Einschränkung ihrer persönlichen Freiheiten und Lebensgefahr für ihre Nation in Kauf nehmen, wird immer schwieriger.
Dass Soldaten auch eine Seele haben, die ein Ethos benötigt um die Moral nicht zu verlieren, wenn schon die emotionale Anerkennung aus der Bevölkerung weitgehend ausbleibt, ist auch in meinem Bekanntenkreis nur schwer zu vermitteln. Die Bereitschaft im schlimmsten Fallauch gewaltsam für andere einzustehen , scheint aus der Lebenswelt vieler Bürger so nachhaltig verschwunden zu sein, dass die Menschen, die diese Bürde institutionalisiert übernehmen als fremd und archaisch wahrgenommen werden.
Umso wichtiger dass Sympathieträger wie Gregor Weber, die beide Welten kennen, die politisch unverdächtig sind und die gut formulieren können uns Ungediente an die Hand nehmen und einfühlsam erklären, was da in den Herzen der Soldaten vor sich geht, wie ihre Armee eigentlich enstanden ist und welche Rolle Traditionen für sie spielen können.
@Jörg Backhaus
Ich denke der ehemalige BM zu Guttenberg hatte (ungewollt?) die Diskussion mit seinen Einlassungen auf die “ Kriegsdefinition“ der Einsatzrealität in AFG ein wenig angestoßen. Aus bekannten Gründen konnte er selbst nicht weiter daran arbeiten. Weder der folgende Minister noch Bundestag, Regierung oder (Leit-) Medien haben den Ball weitergespielt.
Ich will all das was unsere Bundeswehr aktuell in die Nachrichten bringt nicht relativieren. Hätten wir die längst überfällige sicherheitspolitische Diskussion auf breiter gesellschaftlicher Ebene bereits geführt, wäre ggf. mehr Gelassenheit in der aktuellen Debatte. Das würde uns Soldaten wirklich gut tun!
@Jörg Backhaus
„…Die Bereitschaft im schlimmsten Fall auch gewaltsam für andere einzustehen, scheint aus der Lebenswelt vieler Bürger so nachhaltig verschwunden zu sein, dass die Menschen, die diese Bürde institutionalisiert übernehmen als fremd und archaisch wahrgenommen werden……“
Aus der Lebenswelt vieler Bürger ist nachhaltig das Verständnis verschwunden, dass wir das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes (Bevölkerung der BRD) und unserer Verbündeten verteidigen.
Welcher Bürger weiß warum wir was in all den Einsätzen tun?
Wer in der Bw kann unsere Erfolge seit 1990 benennen?
Wer rechtfertigt unser Tun und Handeln offensiv in den Medien?
Was wird über die Medien zum Thema Bw kommuniziert?
…..und jetzt soll sich noch einer Fragen, warum Sinn, Zweck der Bw aus der Lebenswelt der Bürger verschwunden ist!
Soweit ich die mediale Berichterstattung um die Pauschalverurteilung der Bundeswehr durch die Verteidigungsministerin überblicke, ist Widerspruch von den aktiven Soldaten fast nur von der Einsatz-Generation ausgegangen.
An der FüAk kritisierte Admiral Stawitzky in einer Ansprache vor Lehrgangsteilnehmern den Gastbeitrag von Major Bohnert in der FAZ vom 29.04.17:
„Nach der Kritik an der Veröffentlichung sei ein Raunen durch den Saal gegangen, berichten Versammlungsteilnehmer. Mehrere Offiziere seien aufgestanden und hätten unter Nennung von Name und Dienstgrad ihre Unterstützung für Bohnert geäußert. Dieser habe, so ein Offizier, mit seinen Äußerungen `eine Lücke gefüllt, welche die militärische Führung durch ihre Passivität hinterlassen´ habe. Ein anderer soll den Kommandeur gefragt haben, warum ein Soldat sich nicht öffentlich äußern solle. Innere Führung bedeute doch schließlich, dass Soldaten mündige Bürger seien. Daraufhin habe es Applaus gegeben.“ (FAZ vom 5.5.2017)
„…eine Lücke gefüllt, welche die militärische Führung durch ihre Passivität hinterlassen habe.“
In diesem Sinne schließe ich mich der Kritik von Gregor Weber an.
Auf die Gefahr hin jetzt einen OT-Ast aufzumachen würde ich @Mike-Fox Gedanken noch weiter folgen:
Stichwort „breitere sicherheitspolitische Diskussion“.
Da fehlt IMHO seit über zwei Jahrzehnten eine Neudefinition des Auftrags unserer Streitkräfte in der Verfassung, der natürlich eine breite schwierige und wohl auch für viele schmerzliche Debatte in der Gesellschaft vorausgehen müsste, die im schlimmsten Fall auch die Existenz der BW bedrohen könnte. Wohl auch aus dieser Angst weicht die Politik einer grundsätzlichen Klarstellung aus und begnügt sich lieber mit den verwinkelten Sprüchen des BVG, anstatt selber mutig für die eigene Sichtweise in der postheroischen Gesellschaft zu werben. Auch darin kann man einen Mangel an Führung sehen. Denn indem die Grundlage für die Einsätze der Bundeswehr nicht explizit im Grundgesetz genannt sind, setzt das Parlament als Dienstherr seine Truppe immer wieder kehrenden Zweifeln aus, auf schwacher Rechtsgrundlage zu kämpfen.
„Hätten wir die längst überfällige sicherheitspolitische Diskussion auf breiter gesellschaftlicher Ebene bereits geführt, wäre ggf. mehr Gelassenheit in der aktuellen Debatte. Das würde uns Soldaten wirklich gut tun!“
Nö, denn genau das ist ja die Strategie der schwarbraunen Haselnußfraktion in Gesellschaft und BW: eine sogenannte breite Debatte anstoßen über die größte politische und militärische „Verirrung“ in der deutschen Geschichte, über die das Urteil der Geschichte rechtsverbindlich und -wirksam gefällt worden ist. Der Drang gewisser politischer Kreise, durch diese Geisterdebatte in den „Genuß“ eines deutschen, elitären Anlehnungsexzeptionalismus an die USA und ihre Streitkräfte zu gelangen, ist zugleich Revisionismus und blanker Revanchismus. Das muß sich die deutsche Gesellschaft und die BW ganz bestimmt nicht antun. Über die Nürnberger Prozesse gibt es keine Diskussion mehr. Punkt.
Und da hört auch dann imho das Führen durch Überzeugen auf – oder das Führen durch Erziehen – oder das Führen mit Auftrag iinkl.. eingebauter „Ermessenspielräume“ für DV. Hier gibts dann nur noch – klare linke und rechte Kante – Befehl und Gehorsam.
Das Grand-Area-Projekt der USA aka „Pax Americana“ stößt zur Zeit eh an seine „Grenzen des Wachstums“, so wie weiland die Pax Romana des Römischen Imperiums
(http://www.larsschall.com/2012/01/16/der-council-on-foreign-relations-und-die-grand-area-des-amerikanischen-imperiums/)
…und daran könnten die Prätorianer Roms auch nichts ändern, genauso wenig wie heutzutage die Prätorianer Washingtons – aka Marines. Und der harte Kern der germanischen Hilfstruppen ist gut beraten sich nicht in exzeptionalistisch-elitären Spinnereien und Träumereien erneut zu verirren wie weiland die Infantrie der Wehrmacht.
Nach der Diskussion um Bundeswehr und Wehrmacht droht uns der nächste Bildersturm, nachdem jetzt ein CSU Abgeordneter fordert, auch NVA Relikte aus der BW zu entfernen. U.a. wird kritisiert, daß das Panzergrenadierbataillon 401 Hagenow in seinem Wappen einem BMP Schützenpanzer zeigt.
Der CSU Abgeordnete Thomas Silberhorn(Name noch nie gehört!)fordert im Interesse der Opfer des DDR Regimes dieser Säuberung.
Dazu fällt mir ein, daß die BMP 1 Schützenpanzer bis 1993 in der BW weitergenutzt worden sind, weswegen ich keinen Grund sehe, daß Bataillonswappen zu ändern.
Zudem stehen mindestens zwei Bataillonswappen von im Westen stationierten BW-Einheiten in der Wehrmachtstradition, welche ich nicht ändern würde und es stört mich schon, daß das 212 Panzergrenadierbataillon sein Windhundwappen abgeben musste in der Vergangenheit.
Der Artikel spricht einem engagiertem freihetlichen demokratischen Soldaten aus der Seele!
Herr Weber Hochachtung und Respekt und vielen Dank!
Zimdarsen | 20. Mai 2017 – 10:23 +1
Manchmal habe ich den Eindruck das für viele die friedliche Phase in der wir uns derzeit befinden gottgegeben ist. Keine Feinde weit und breit, eine Verteidigung nicht erforderlich. Damit auch keine Bundeswehr. Die Verdienste der Bw auch ohne Kampfeinsätze werden nicht gewürdigt da nicht sichtbar und schon gar nicht kommuniziert.
@klabautermann | 20. Mai 2017 – 10:53
Ihre Beiträge sind ja bedenkenswert und in einigen Punkten stimme ich Ihnen auch inhaltlich zu, aber der beißende, ja häufig fast schon verletzende Ton und die Überspitzung bis zum Maß einer Provokation muss doch nicht sein :(
„Nö, denn genau das ist ja die Strategie der schwarbraunen Haselnußfraktion in Gesellschaft und BW: eine sogenannte breite Debatte anstoßen über die größte politische und militärische „Verirrung“ in der deutschen Geschichte, über die das Urteil der Geschichte rechtsverbindlich und -wirksam gefällt worden ist.“
Wenn ich diese Satz lese, bin ich zunächst einmal abgeschreckt (abgesehen davon, dass ich mir nicht sicher bin, wen Sie mit „schwarzbrauner Haselnußfaktion“ meinen). Denn ein revisionistisches Geschichtsansatz ist in der Tat zu verwerfen.
Dann habe ich mir allerdings den durch Sie kritisierten, zugrunde liegenden Satz von @Mike-Fox nochmals durchgelesen:
„Hätten wir die längst überfällige sicherheitspolitische Diskussion auf breiter gesellschaftlicher Ebene bereits geführt, wäre ggf. mehr Gelassenheit in der aktuellen Debatte. Das würde uns Soldaten wirklich gut tun!““
Dieser Satz ist nicht nur nicht revisionistisch, sondern ihm ist m.E.n. sogar enthusiastisch zuzustimmen!
Es ist doch (leider) eine Tatsache, dass wir in DEU seit den 80er keine breite sicherheitspolitische Debatte mehr geführt haben und zwischen Gesellschaft, Politik und Streitkräften deswegen derzeit häufig nur ein eingeschränktes „Verstehen“ vorhanden ist.
„Über die Nürnberger Prozesse gibt es keine Diskussion mehr. Punkt.“
Ja, das ist richtig.
Hat aber rein gar nichts mit der Aussage von @Mike-Fox zu tun, auf die Sie sich beziehen. Vielmehr erscheint es sich mir eher um ein von Ihnen taktisch eingesetzt rhetorische Keule zu handeln…
@Klabautermann 20.05.,10:53
Ich meinte ganz sicher nicht eine rückwärts gewandte rein militärhistorische Diskussion. Uns fehlt m.E. die Definition von Zielen einer heutigen aus der Gegenwart in die Zukunft blickenden Sicherheitspolitik. Dabei darf man dann auch konkreter werden als mit Edelbinsen von der“ Einbindung in das transatlantische Bündnis“ um sich zu werfen. Denn auch innerhalb der NATO fragt man immer öfter nach deutschen Ideen und Strategien…..und bekommt oft keine Antwort.
@Mike-Fox
Diese „Edelbinse“ von der “Einbindung in das transatlantische Bündnis“ sowie die „debattenlose“ Beibehaltung des GG insbesondere in Sachen Verteidigung/Sicherheit ist das verklausulierte Bekenntnis aller Bundesregierungen seit der Wiedervereinigung, dass Deutschland nach wie vor auf
– jede Form interessensgeleiteter, nationaler Sicherheitspolitik verzichtet, und
– deshalb auch keine nationale „Sicherheits“strategie entwickeln wird.
Die sogenannten „Frager“ in der NATO wollen nur herausfinden, ob Deutschland u.U. dabei ist, wieder auf „dumme“ Gedanken zu kommen ;-)
Und btw, da sind sich Moskau, Paris, London und Washington völlig einig: nie wieder eine eigenständige, nationale, interessensgeleitete deutsche Strategie zuzulassen.
Und so wird die BW bei internationalen Einsätzen gerne als Kampfunterstützungstruppe gesehen, aber wehe wir würden mit rein nationalen Kampftruppen inkl Kampfunterstützung „auftrumpfen“……………..Vae victis.
@klabautermann
Eine sehr treffende Bebachtung. Die Rechte nennt das Anstoßen von Pseudodiskussionen über längt geklärte Fragen „Wortergreifungsstrategie“. Man sollte diesem Missbrauch der Meinungsfreiheit kein Forum bieten und ihn immer klar als solchen ansprechen, um den Rechten die Maske vom Gesicht zu reißen. Dank der Initiative von der Leyens kriechen die ja jetzt überall aus ihren Löchern, so dass es einfach werden wird, sie zu identifzieren und aus der Bundeswehr zu entfernen.
@Stiller Leser | 20. Mai 2017 – 13:04
„Man sollte diesem Missbrauch der Meinungsfreiheit kein Forum bieten“
Die Forderung nach einer breiten, gesellschaftlichen Diskussion über Sicherheitspolitik ist ein Missbrauch von Meinungsfreiheit?!
Wiederholen Sie, kommen?!
„um den Rechten die Maske vom Gesicht zu reißen. Dank der Initiative von der Leyens kriechen die ja jetzt überall aus ihren Löchern, so dass es einfach werden wird, sie zu identifzieren und aus der Bundeswehr zu entfernen.“
Entschuldigen Sie, aber die ein oder zweit Dutzend über die wir hier gerade sprechen, werden nicht durch vdL Initiative, sondern durch die Aufmerksamkeit einer österreichischen Putzfrau und den nun folgenden Ermittlungen von BKA, Verfassungsschutz und MAD identifiziert…
Da hat die vdL-sche Selbstverteidigungs-PR-Offensive reichlich wenig Anteil ;)
Koffer | 20. Mai 2017 – 11:33 nehmen sie einmal meinen klabautermann | 20. Mai 2017 – 12:32 auch als Antwort auf ihren Kommentar, obwohl ich den geschrieben hatte bevor ich ihren gelesen habe.
Akzeptieren Sie doch endlich, dass die „Völkerrechtsgleichungsformel“, bestehend aus GG plus NATO-Vertrag plus Zwei-plus-Vier-Vertrag gleich aktuelle FDGO, nicht mehr aufgemacht werden kann – egal wie politisch geschickt und korrekt „man“ argumentiert.
Auf jeden Fall werde ich diesen hervorragenden Gastbeitrag von Gregor Weber gegen political highjacking verteidigen, nötigenfalls auch mit angeblichen „Provokationen“.
Auch m.E. ein lesenswerter Gastbeitrag. Hoffentlich alsbald auch in allen großen Zeitungen und Magazinen der Republik zu lesen. Ob der Prominenz des Verfassers bestehen – dessen Absicht vorausgesetzt – dafür auch gute Chancen.
Zwei Dinge, die mich ein wenig stören:
Erstens, dass beim unkundigen Leser der Eindruck entstehen muss, dass das „Führen mit Auftrag“ aus dem Prinzip der Inneren Führung geboren sei. Also eine Erfindung für die Bundeswehr sei und eben nicht – wie zutreffend – in letzter Folge von der Wehrmacht übernommen wurde.
Und zweitens die als allgemeingültig aufgestellte Behauptung, dass die Bundeswehr die beste Armee sei, die Deutschland je hatte. Ein solcher Vergleich kann mit dem Anspruch auf Seriosität überhaupt nicht angestellt werden. In diese These schließe ich den Vergleich mit der NVA ausdrücklich mit ein.
Hans Schommer
@ klabautermann
„Über die Nürnberger Prozesse gibt es keine Diskussion mehr. Punkt.“
Das oben Zitierte ist ein waschechtes Strohmann-Argument. Punkt.
Und Ihre in sich widersprüchlichen Ansichten zur NATO und zu den USA (einschließlich der geradezu bizarren Art, wie Sie die diesen Ansichten zuwiderlaufenden Erfahrungen von Mike-Fox als Bestätigung uminterpretieren) sind auch nicht besser.
Bei allen Respekt gegenüber allen, die sich hier in mehr oder weniger breiter Form Worthülsen and den Kopf geworfen haben bzw versucht haben diese in der einen oder andere Weise zu erklären. Dieses Gesülze ist murks!
Ein jeder der unser Land bedroht oder gar angreift wird mein Feind. Er ist kein Gegner, er begeht auch keine „Handlungen“. Er, wer auch immer sein kann, ist dann mein Feind!!
Denn er wird im Zweifel mich persönlich angreifen und versuchen mich zu töten.
DAS macht ihn zu meinem Feind!
Für mich als (Ehem.) Soldaten bedeutet Vaterland, Heimat und Volk etwas. Wenn das nicht so wäre könnten wir Deutschland auch auflösen. Das hat heute nichts mehr mit vergangenem zu tun. Sondern einfach damit, dass ich in diesem Land einfach gerne lebe, es achte und die Werte, welche mir in meinem Leben beigebracht wurden, Ehre.Und zwar UNSER Deutschland, heute!! Nicht NAZI Deutschland vor 80 Jahren.
Wir haben aber, und da bin ich schon der Meinung, eine besondere Verantwortung dazu bei zu tragen, dass eine Wiederholung solcher Greul nie wieder gibt.
@ Max
„Er ist kein Gegner, er begeht auch keine ‚Handlungen‘.“
Lesen Sie sich das doch bitte diesen Satz von Ihnen noch mal durch, und überlegen Sie dann, ob er wirklich Sinn ergibt.
Davon abgesehen: Der ‚Feind‘ ist natürlich sprachlich nicht leicht vom ‚Gegner‘ zu trennen. Aber man sollte diesen Unterschied machen. ‚Feind‘ impliziert – jedenfalls für mich – einen Menschen kategorisch als böse zu kennzeichnen. Ich will Ihnen nicht unterstellen, dass Sie so denken, aber für mich(!) ist es eben eine nützliche Unterscheidung, vom ‚Gegner‘ zu sprechen, den man nicht hasst oder für inhärent böse hält, sondern den man schlicht aufhalten bzw. überwinden muss.
Ich kann das an einem Beispiel deutlich machen: Nach dem Karfreitagsgefecht 2010 wurde ja eine Dokumentation darüber weit verbreitet, in der auch Material aus einem Propagandamaterial der Taliban über das Gefecht gezeigt wurde. Das Video wurde in einem Forum (OT-Bereich eines ‚zivilen‘ Themenforums btw) verlinkt und es wurde mehrfach das Auftreten eines jugendlichen Taliban-Kämpfers, der fröhlich grinsend gezeigt wurde, mit wüsten islamophoben Verwünschungen und Tötungsphantasien kommentiert.
Für mich ist sowas trotz aller Bitterkeit befremdlich und unwürdig.
@ Mike-Fox
Zitat: „Uns fehlt m.E. die Definition von Zielen einer heutigen aus der Gegenwart in die Zukunft blickenden Sicherheitspolitik. Dabei darf man dann auch konkreter werden als mit Edelbinsen von der“ Einbindung in das transatlantische Bündnis“ um sich zu werfen. Denn auch innerhalb der NATO fragt man immer öfter nach deutschen Ideen und Strategien…..und bekommt oft keine Antwort.“
Es gibt ja ein paar Kernpunkte deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, die auch im Weissbuch 2006 und 2016 dargelegt worden sind. Das Problem ist nur, nachdem die Aussagen sorgfältig abgewägt und in das Weissbuch aufgenommen wurden, liest sie keiner mehr keiner will sie mehr umsetzen.
Ein Beispiel von 2009.
Nachdem der damalige Bundespräsident Köhler auch die Sicherung der Rohstoffwege und des freien Welthandels als Aufgaben deutscher Sicherheitspolitik und damit auch als Aufgabe der Bundeswehr nannte, wurde er massiv von den Grünen angegriffen, was angeblich dann auch zu seinem Rücktritt führte.
Und der deutsche sicherheitspolitische Grundsatz der Nichtverbreitung von deutschen Kriegswaffen in Spannungsgebiete wird regelmäßig durch wirtschaftliche Interessen durchbrochen (siehe Saudi Arabien, Quatar, Mexiko usw).
Also wir haben kein Problem sicherheitspolitische Ziele zu definieren, sondern die vorhandenen Ziele der Bevölkerung verständlich zu machen, Akzeptanz für die Ziele zu erzeugen und sie gegen wirtschaftliche Interessen in Deutschland durchzusetzen.
@klabautermann | 20. Mai 2017 – 13:26
„Akzeptieren Sie doch endlich, dass die „Völkerrechtsgleichungsformel“, bestehend aus GG plus NATO-Vertrag plus Zwei-plus-Vier-Vertrag gleich aktuelle FDGO, nicht mehr aufgemacht werden kann“
1. Niemand hat hier im Kommentarfaden gegen GG+NATO+2+4-Vertrag argumentiert. Ich ganz bestimmt nicht. Alle drei verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlagen halte ich für ein historischen Glücksfall für DEU.
Ihre Behauptung, dass ich das anders sehen und diese hier im Blog offen oder verdeckt argumentieren kann ich ehrlicher weise nicht nachvollziehen…
2. Unabhängig davon die von ihnen zitierten völkerrechtlichen Grundlagen NATO und 2+4 haben 0,0% und das GG nur teilweise mit der FDGO zu tun…
„Auf jeden Fall werde ich diesen hervorragenden Gastbeitrag von Gregor Weber gegen political highjacking verteidigen, nötigenfalls auch mit angeblichen „Provokationen“.“
1. Niemand versuch hier etwas zu „highjacken“.
2. Warum müssen sie ihn verteidigen?
3. Warum durch Provokationen?
TobyR | 20. Mai 2017 – 16:37
“ … Davon abgesehen: Der ‚Feind‘ ist natürlich sprachlich nicht leicht vom ‚Gegner‘ zu trennen. …“
Ich würde mich an einer tiefergehenden zivilen „Feind-Gegner“ Begriffsdiskussion nicht beteiligen wollen. Im operationellen militärischen Sprachgebrauch – national wie international – isses bei Meldewesen und Befehlsgebung der Feind. In DEU Vorschriften findet sich aber auch der Gegner. So im Sinne von „den verwundeten oder wehrlosen Gegner schont der deutsche Soldat“. M.E. ein Streit um des Kaisers Bart.
Hans Schommer
Als Stichwortgeber für @Mike-Fox fühle ich mich von
@Klabautermann an ihn mitangesprochen:
„Nö, denn genau das ist ja die Strategie der schwarbraunen Haselnußfraktion in Gesellschaft und BW: eine sogenannte breite Debatte anstoßen über die größte politische und militärische „Verirrung“ in der deutschen Geschichte, über die das Urteil der Geschichte rechtsverbindlich und -wirksam gefällt worden ist“
Ich empfinde es als ziemlich unhöflich
@closius | 20. Mai 2017 – 11:02
„… U.a. wird kritisiert, daß das Panzergrenadierbataillon 401 Hagenow in seinem Wappen einem BMP Schützenpanzer zeigt.
Der CSU Abgeordnete Thomas Silberhorn(Name noch nie gehört!)fordert im Interesse der Opfer des DDR Regimes dieser Säuberung.
Dazu fällt mir ein, daß die BMP 1 Schützenpanzer bis 1993 in der BW weitergenutzt worden sind, weswegen ich keinen Grund sehe, daß Bataillonswappen zu ändern. …“
Genau so ist das. Das PzGrenBtl 401 führt den „BMP 1A1 Ost“ (und keinen „BMP der NVA“) im Wappen, weil zu der Zeit, als es beantragt und genehmigt wurde, dieser das erste Hauptwaffensystem des Btl war. Das hätte der Herr auch auf http://www.deutschesheer.de beim PzGrenBtl 401 finden können – wenn er es nur gewollt hätte. Ich habe ihm das in einer Mail so geschrieben, bin mal gespannt … (oder auch nicht) Ich war über 16 Jahre in diesem Bataillon (einschl. mehrerer Wehrübungen nach meiner Pensionierung), davon mehrere Jahre als Spieß. Meine Kompanie führt(e) übrigens einen BMP und einen Marder im Wappen.
KlausP
StOFähnr (NVA) a.D., StFw a.D.
(Verzeihung das Editieren auf dem Handy funktioniert nicht)
..also ich empfinde es als ziemlich unhöflich, wenn man mich und einige andere Kommentatoren auf Grund von zwei Postings einer schwarzbraunen ..Fraktion zuordnet und einem selbst nicht genehme Diskussionsstränge mit einem „Nö“ abkanzelt, als wäre man der Hausherr und das hier ein „Basta-Blog“.
Von „größter…Verirrung in der deutschen Geschichte“ hat hier niemand gesprochen. Dass Sie uns die Absicht einer solchen Debatte einfach so unterstellen empfinde ich als übergriffig.
Das Ausgrenzen von höflich formulierten Meinungen scheint mir kein freundlicher Beitrag zur Debattenkultur zu sein.
Und soweit ich Herrn Weber kenne, kann er sich prima selber verteidigen, wenn er es denn für nötig hält.
Noch mal zur Sache:
Dass ich den Verfassungsauftrag erwähnt habe, liegt daran dass viele in der Verfassung ein Leitbild sehen, an dem sie ihr Handeln ausrichten aber auch Traditionen ableiten können.
Wenn hier klar definiert ist, welche Aufgaben die Soldaten dieser Republik haben und darüber ein breiterer Konsens hergestellt ist, bestünde IMHO eine höhere Chance, ihnen auch ein Ethos oder Traditionen zuzubilligen, die diesem Auftrag gerecht werden können.
Dazu passt m. E. gut, was Gregor Weber schreibt:
„Die Definierung und Heranbildung eines Ethos des Kämpfers, aber aus dem Prinzip der Inneren Führung heraus und zu den Prinzipien einer freiheitlichen Demokratie passend.
Damit tut sich die Bundeswehr enorm schwer, unter anderem, weil sie fürchtet, dieses Ethos in unserer Friedensgesellschaft am Ende dem Bürger nicht vermitteln zu können, weil dieser entweder davon peinlich berührt ist oder sich sogar erschrickt.“
Warum ist das so? Weil m. E. die notwendige größere Debatte ausgeblieben ist und daher viele bestenfalls desinteressierte Bürger die von @Zimdarsen aufgeführten Fragen:
„Welcher Bürger weiß warum wir was in all den Einsätzen tun?
Wer in der Bw kann unsere Erfolge seit 1990 benennen?
Wer rechtfertigt unser Tun und Handeln offensiv in den Medien?
Was wird über die Medien zum Thema Bw kommuniziert?“
..nicht mehr beantworten können oder wollen.
Ich würde mir wünschen, dass sie es wieder können. Aber dazu müsste eine emotionale Brücke über diese Kluft geschlagen werden und ob dies durch das „rechtsverbindlich gefällte Urteil der Geschichte“ bewerkstelligt werden kann, wage ich zu bezweifeln.
@Georg
Grundsätzlich einverstanden! Vielleicht weitere Fragen zur Diskussion:
Warum werden Verteidigungspolitische Richtlinien vom Bundestag “ zur Kenntnis genommen “ und nicht im hohen Hause diskutiert?
Auch unser Weisbuch kommt aus dem BMVg (wurde also von den „Grauröcken“ verfasst) und wird im Bundestag nicht diskutiert, beschlossen etc.
Für mich verpasste Chancen um Sicherheitspolitik auf breite Säulen zu stellen. So habe ich nicht einmal das Gefühl, das das Tagesgeschäft vom Souverän mitgetragen wird. Bei Abstimmungen über Einsätze folgen dann zu viele möglicherweise nicht ihrem Gewissen sondern der Fraktionsdisziplin.
@Mike-Fox | 20. Mai 2017 – 21:39
„Auch unser Weisbuch kommt aus dem BMVg (wurde also von den „Grauröcken“ verfasst) und wird im Bundestag nicht diskutiert, beschlossen etc.“
Da es sich um einen klassischen Kernbereich der Exekutive handelt, wäre ein „Beschluss“ durch den BT nicht zielführend (und vermutlich auch nicht zulässig).
Aber das der BT noch nicht einmal darüber diskutiert hat, dass halte ich in der Tat auch für eine verpasste Chance und ein Zeichen für Desinteresse…
@ Mike-Fox | 20. Mai 2017 – 21:39
Das Weißbuch hat was mit Wissen zu tun, kommt daher aus dem Verteidigungsministerium und wird in seiner Herausgabeverfassung vom Kabinett verabschiedet.
Somit täuscht Sie Ihr Gefühl – und zwar vollumfänglich!
Hans Schommer
@Mike-Fox
Von „Grauröcken“ erarbeitet, na na.
Abgesehen davon, dass Marine und Luftwaffe in ihren Farben vertreten sind: Das BMVg ist keine Dienststelle der Bundeswehr, sondern eine Oberste Bundesbehörde, wie alle 14 Ministerien im übrigen auch und, zivil geführt.
Die zivile Beteiligung insgesamt stellt einen erklecklichen Anteil dar, z.B. Géza Andreas von Geyr, Politischer Direktor im Bundesministerium der Verteidigung.
Das Weißbuch ist ein durch das Bundesministerium der Verteidigung (Federführung) erarbeitetes und durch die Bundesregierung verabschiedetes Grundlagendokument.
Die „Kerntruppe“ sitzt zwar im BMVg, die Mitprüfungsrunden erfolgen aber in ALLEN Ressorts. Jedes Ministerium hat Gelegenheit der Stellungnahme, nicht zuletzt das Außenamt.
Die Öffentlichkeit insgesamt hatte in 2015/16 erstmals umfassend die Chance der Beteiligung. Im aktuell vorliegenden, mit dem Titel „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ haben nicht nur die „Offiziellen“ mitgetan, siehe:
https://bw2.link/6NmsK
Dem Wort „verpasste Chancen um Sicherheitspolitik auf breite Säulen zu stellen“ widerspreche ich. Wer Beteiligung wollte, wurde gehört, selbst aus dem Ausland gingen Beiträge ein. Sehr KRITISCHE Stimmen finden sich z,B. bei http://www.weissbuch.org/
Wenn das Mitmachen alles in allem dürftig war, liegt das am gesamtgesellschaftlichen Desinteresse an sicherheitspolitischen Fragestellungen in der deutschen Bevölkerung.
Wir sind, wie wir gemacht wurden, in unausgesprochener Einmütigkeit der Bundesregierungen seit 1949.
Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR), beschreiben den strategischen Rahmen für den Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr als Teil der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge und werden in Eigenverantwortung BMVg erlassen, stimmt.
Beim „zur Kenntnis nehmen“ unterstelle ich,
– einerseits wird die Bedeutung der VPR nicht erkannt
– andererseits, ist vielleicht sogar gut so, denn: Wo sollte die Kompetenz zum Verstehen herkommen?
Bei den VPR reicht der gewohnte tagtägliche Politikersprech nicht mehr aus. Erst fehlt Expertise, die „man“ sich weder erarbeitet noch angelesen hat, vom Erlernen durch „gedient haben“ ganz zu schweigen, ff wie schon genannt, der erforderliche Horizont.
Wir sollten einfach zur Kenntnis nehmen, anders als die U.S.-Streitkräfte, die Bundeswehr ist nicht das Kriegsführungsinstrument der Bundesrepublik Deutschland.
Wir sind Hilfstruppe Verbündeter die auch für Deutschland dem Kopf hinhalten.
Mit dieser Lösung zeigt sich die Masse der Bevölkerung überaus zufrieden.
Tja, schade Herr Weber. Die Bundeswehr, die sie da beschreiben gibt es seit Aussetzung der Wehrpflicht nicht mehr. Wären Sie ohne Wehrdienst überhaupt zur Bundeswehr gegangen und hätten sich das alles mal angesehen für ein paar Jahre SaZ?
Die Dissoziation von Bundeswehr und deutschem Volk schreitet weiter fort, und ist offenbar politisch so gewollt ohne Wehrpflicht, welche die Bundeswehr mit dem Volk koppelt. Von den mehr als unbeliebten Einsätzen ganz zu schweigen, was dann auch die Soldaten zu Hause ausbaden müssen statt der verantwortlichen Politiker.
@Hans Schommer
Danke für die Klarstellung, war mein Ausbildungsmangel. Habs mir gerade angelesen.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 20. Mai 2017 – 22:51
„Das BMVg ist keine Dienststelle der Bundeswehr, sondern eine Oberste Bundesbehörde, wie alle 14 Ministerien im übrigen auch und, zivil geführt.“
Seit Dresdner Erlass müsste man glaube ich sagen zivil-militärisch geführt :)
„Dem Wort „verpasste Chancen um Sicherheitspolitik auf breite Säulen zu stellen“ widerspreche ich. “
Ich sehe es genauso. Zwar gab es erstmalig einen Prozess an dem die Zivilgesellschaft teilnehmen konnte (und teilweise auch hat) und die anderen Ministerien wurden auch umfangreicher beteiligt als bei früheren Weißbüchern.
Aber der BT als wesentlicher Träger der Legislative hat sich nahezu komplett aus dem Prozess herausgehalten. Einzelne Abgeordnete? Ja. Der BT? Nein.
Nun könnte man durchaus sagen, dass sei dem Status des Dokuments als einem Kernbereich der Exekutive geschuldet.
Dem könnte ich mit (Bauchgrummeln) für den Prozess der Erstellung sogar zustimmen, aber warum wurde das Dokument nicht danach in VA und Plenum diskutiert?
Hinsichtlich VPR –> ich denke sie wird auslaufen. Mit einem aktuellen Weißbuch gibt es keine Notwendigkeit mehr für eine VPR, wenn die KdB im strategischen Teil etwas umfangreicher wird…
Erst gemeinte Frage: Wollt ihr den Text von Gregor Weber wirklich zu einer Debatte über Weißbuch-Erstellung usw. äh, nutzen?
@T.Wiegold | 21. Mai 2017 – 10:47
„Erst gemeinte Frage: Wollt ihr den Text von Gregor Weber wirklich zu einer Debatte über Weißbuch-Erstellung usw. äh, nutzen?“
In der Tat wurde die Debatte am Ende vielleicht etwas zu „technisch“ ;)
Aber der Punkt um den es inhaltlich geht, der ist doch im Gastbeitrag mehr als nur angedeutet:
–>“Wenn die Gründe, weswegen Soldaten in Einsätze geschickt werden, sich fundamental von den gewohnten Erklärungsmustern für die Existenz der Bundeswehr unterscheiden. Wenn klar wird, dass sich viele Bürger nicht mehr selbstverständlich mit diesen neuen Erklärungen identifizieren können und ihre allgemeine Ablehnung weltweiter militärischer Engagements als Ablehnung ihrer selbst bei den Soldaten ankommt.“<–
Nach meiner Meinung, war die Weigerung der Regierungsmehrheit das Weißbuch im BT breit und öffentlich zu diskutieren symptomatisch für die von Gregor Weber angesprochene Problematik.
Natürlich hätte eine einzige Debatte an dieser Misere zunächst einmal wenig geändert (erst Recht angesichts des durch die Opposition ja vermutlich beabsichtigten Bw-kritischen und BReg-kritischen Tons dieser Debatte).
Aber es wäre m.E.n. zumindest ein Schritt in die richtige Richtung gewesen…