Lagebild Litauen: Russland als größte Bedrohung

Litauen hat am (heutigen) Montag sein aktuelles Lagebild zur Bedrohungssituation des baltischen Landes veröffentlicht – und wenig überraschend steht der große Nachbar Russland als größte Bedrohung obenan. Aus der englischen Fassung des Berichts:

Russia, aggressively seeking to strengthen its dominance in the region and change the global balance of forces, is considered to be a major source of threats posed to the national security of the Republic of Lithuania.

In 2016, Russia’s president was strengthening his authority concentrating even greater power in his hands. The aggressive foreign policy was employed in order to divert attention of the society from economic crisis and growing social problems in Russia. In this way, Russia is attempting to entrench its great power status and is intervening in other countries’ internal and foreign affairs more aggressively with an aim to shift them to its own benefit.

(Der vollständige Bericht steht zum Herunterladen hier bereit)

Vor dem Hintergrund dieser wahrgenommenen Bedrohung ist es nicht verwunderlich, dass das NATO-Mitglied Litauen auf die Unterstützung der Allianz setzt, wie sie derzeit mit der – von Deutschland geführten – Battlegroup im Rahmen der enhanced Forward Presence geleistet wird (Foto oben). Über die grundsätzliche Wahrnehmung hinaus gibt es insbesondere kurzfristige Befürchtungen angesichts eines angekündigten Großmanövers im Spätsommer:

Russia’s military activity in the region during 2017 will increase due to a large-scale strategic exercise Zapad 2017 held jointly by Russian and Belarusian armed forces in September. Russian Armed Forces usually organize large-scale so- called unexpected combat readiness exercises (SNAPEX) before the exercise of such level. Such SNAPEX in the Western MD with tens of thousands of troops involved will likely precede the exercise Zapad 2017. According to official data provided by Russia and Belarus, about 13,000 troops participate in Zapad 2017 level exercises. However, a real number of exercise participants will highly likely exceed the officially stated numbers and the exercise scenario will simulate an armed conflict with NATO. Some of the exercise training ranges will be very close to Lithuanian border, therefore a possibility of deliberate or accidental incidents should not be ruled out. Since some of the exercise episodes will take place at the training ranges of Belarus, a large number of the Russian Armed Forces troops and combat equipment will be deployed to the territory of Belarus.

Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass erneut fake news mit psychologischer Kriegführung gegen das Bundeswehr-Engagement in Litauen die Runde machten: Nachdem bereits im Februar Gerüchte über die angebliche Vergewaltigung eines litauischen Mädchens durch deutsche Soldaten gestreut wurden, gab es vergangene Woche krude gefälschte Blogeinträge, die den deutschen Kommandeur Oberstleutnant Christoph Huber als angeblichen russischen Agenten darstellen sollten.

Berichte dazu gibt es bislang nur auf litauisch, zum Beispiel hier und hier. Einer – bisschen schwer verständlichen – Übersetzung mit Google-Hilfe zufolge heißt es in dem Bericht, dass am 28. März E-Mails an Mitglieder des litauischen Verteidigungsausschusses versandt wurden, in denen auf die angebliche russische Herkunft zahlreicher Bundeswehrsoldaten verwiesen wird – die dann nicht bereit seien, Litauen zu verteidigen. Huber selbst wird mit einem namensgleichen, offensichtlich gefälschten Facebook-Account in Verbindung gebracht, der vorgeblich ein Foto des Offiziers auf dem Roten Platz in Moskau enthält – aber dieses Foto wiederum ist ebenfalls gefälscht.

Nachtrag: Der Text vom vergangenen Wochenende passt thematisch dazu:

Russian Narratives on NATO’s Deployment – How Russian-language media in Poland and the Baltic States portray NATO’s reinforcements

(Archivbild: Begrüßung der ersten Soldaten der NATO-Battlegroup im Rahmen der ‚enhanced Forward Presence‘ der NATO auf dem litautischen MilitäŠrstuetzpunkt Rukla am 7. Februar 2017 – im Vordergrund Oberstleutnant Christoph Huber, Kommandeur des deutschen Panzergrenadierbataillons 122 und Kommandeur des NATO-Verbandes)