Incirlik als Basis für Kampf gegen ISIS infrage gestellt – von der Türkei

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Im vergangenen Jahr schien die Stationierung deutscher Luftwaffenflugzeuge für den Kampf gegen die ISIS-Terrormiliz auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik infrage gestellt, weil die Türkei angesichts eines gestörten Verhältnisses zu Deutschland Bundestagsabgeordneten den Besuch deutscher Soldaten zeitweise untersagte. Der Bundestag verlängerte den Einsatz und die Stationierung erst nach einer Zusage der Bundesregierung, auch alternative Standorte für die Tornado-Aufklärungsflugzeuge und ein Tankflugzeug zu erkunden. Das könnte aus ganz anderen Gründen nötig werden: Inzwischen stellt die Türkei selbst die Nutzung der Basis für die Anti-ISIS-Koalition infrage – weil angeblich der türkische Einsatz mit Bodentruppen gegen ISIS nicht unterstützt werde.

Die ersten Aussagen dazu waren bereits am (gestrigen) Mittwoch vom türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu gekommen:

Turkey has begun to question the use of the İncirlik air base by the anti-Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) coalition forces, as the U.S. has failed to support Ankara’s offensive in the al-Bab region against the jihadist group, Foreign Minister Mevlüt Çavuşoğlu said on Jan. 4.

“Our people ask, ‘why are they [coalition forces] using the İncirlik Airbase [if the coalition does not provide aerial support to the Euphrates Shield operation]. We allowed not only the U.S. but also other countries’ jets to use İncirlik to jointly fight [ISIL],” Çavuşoğlu told state-run Anadolu Agency.

berichtet die türkische Zeitung Hürriyet. Am (heutigen) Donnerstag legten andere Regierungsmitglieder nach:

„In den vergangenen eineinhalb Monaten haben wir erlebt, dass die Unterstützung nicht in einem ausreichenden und effektiven Ausmaß gewährt wurde“, sagte Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin mit Blick auf die USA und den türkischen Einsatz gegen Islamisten in der Region Al-Bab in Nordsyrien. Dies sei der US-Regierung auch mitgeteilt worden. Man erwarte nun die volle Unterstützung im Kampf gegen die Extremisten. Die Regierung in Ankara habe den Eindruck, dass die türkischen „Befindlichkeiten“ vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump stärker berücksichtigt würden als bislang.

berichtet Reuters; dort kommt auch der stellvertretende türkische Ministerpräsident Veysi Kaynak zu Wort:

Die Basis sei nur selten zur Unterstützung des türkischen Einsatzes in Syrien genutzt worden. „Unsere Nation zieht ihre Präsenz in Zweifel, und dieses Thema ist auf der Tagesordnung der Regierung“, sagte Kaynak dem Sender A Haber.

Und auch der türkische Verteidigungsminister hatte mit einer Schließung der Basis für die Verbündeten gedroht, wie Associated Press berichtet:

Turkey’s defense minister says a lack of support from Turkey’s NATO allies in its operation to clear the Islamic State group from a town in northern Syria is leading many to question the country’s permission for the U.S.-led coalition to use its air base. In the past few weeks, Turkey has complained that the coalition forces aren’t providing air cover to Turkish troops trying to capture the key IS-held town of al-Bab.
Fikri Isik said Wednesday: “this is leading to serious disappointment in the Turkish public opinion.” “We are telling our allies … that this is leading to questions over Incirlik.”

Noch ist unklar, ob das nur politisch motivierte Drohungen sind oder die Türkei damit tatsächlich Ernst machen würde. Allerdings würde eine Zusage der Anti-ISIS-Koalition für mehr Unterstützung des türkischen Einsatzes für die innenpolitische Debatte in Deutschland heikel – denn schon jetzt muss sich die Bundesregierung mit dem Vorwurf der Opposition auseinandersetzen, dass die Luftaufnahmen der deutschen Tornados möglicherweise von türkischen Streitkräften für ihren Kampf auch gegen die Kurden genutzt werden könnten.

(Archivbild: Vorbereitung von Tornados vor dem Start zu einem Einsatzaufklärungsflug auf der Air Base Incirlik im Rahmen der Mission Counter Daesh am 24.02.2016 – Foto Bundeswehr)