Exercise Watch: Artillerie nach Litauen; v.d.Leyen sagt nix zu Anakonda
Nach den Jägern zeigen nun auch die Artilleristen des Deutschen Heeres Präsenz in Litauen – zur demonstrativen Unterstützung des kleinen NATO-Verbündeten an der Ostflanke der Allianz. Teile des Artilleriebataillons 295 aus Stetten am kalten Markt verlegten in diesen Tagen als Teil der Übungsserie Persistent Presence. Interessant dabei ist, dass die Artillerie auf meiner Übersicht im Februar als Teil dieser sichtbaren NATO-Präsenz noch gar nicht aufgeführt war. (Auf der jüngsten Übersicht des Deutschen Heeres übrigens auch nicht.)
Aber Litauen scheint inzwischen ohnehin unter den Verbündeten im Osten eine besondere Rolle einzunehmen: Die doppelte deutsche Beteiligung an Persistent Presence, die schon länger laufende Ausbildungsunterstützung für die litauische Artillerie mit ihren von Deutschland gekauften Panzerhaubitzen – und die (nach den jüngsten Gesprächen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wohl als fest zu betrachtende) deutsche Absicht, den Rahmen für ein ständiges, wenn auch rotierendes NATO-Bataillon in diesem baltischen Land zu stellen.
Das zeigt aber auch: Deutschland tut, wenn auch nicht ganz so auffällig, im NATO-Osten ein bisschen mehr, als viele glauben.
Manches ist dann aber auch schwierig. Das Großmanöver Anakonda16 im Nachbarland Polen, eine gemeinsame Veranstaltung von Polen und USA unter Beteiligung weiterer Partner (mehr dazu hier und hier), stößt ja nicht bei allen Mitgliedern der Allianz auf große Begeisterung. Und auch die Verteidigungsministerin mag da nicht zu allem was sagen. Die Kollegen von politico.eu berichten heute:
Das Lächeln von Ursula von der Leyen hielt stand, aber ihre Stimme wurde eisig: Bei einem Treffen mit Auslandskorrespondenten fragte ein Reporter die Bundesverteidigungsministerin gestern nach dem polnischen Militärmanöver “Anakonda 2016”, bei dem 31.000 Soldaten das Szenario eines russischen Angriffs durchspielten. Was hält Von der Leyen davon, wollte er wissen, dass auch die Ukraine an dem Manöver beteiligt sei, und wie bewertet sie es, dass der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nun Sonderberater der ukrainischen Regierung ist? Antwort gab sie keine auf diese Fragen, ganz wie der heutige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der das Thema unter Hinweis auf die polnische Hoheit über das Manöver ebenfalls lieber umgeht.
Stattdessen möge man sich doch bitte darauf einigen, dass dies hier eine Pressekonferenz sei, sagte die Ministerin. Nun kann man argumentieren, dass Pressekonferenzen dazu da sind, Fragen beantwortet zu bekommen. Von der Leyen aber hatte andere Pläne – und umso bessere Laune: „Das hat Spaß gemacht,“ strahlte sie am Ende der Veranstaltung.
Nachtrag: Es ist alles kompliziert. Die Artilleristen sind zwar zeitweise Teil von Persistent Presence; hauptsächlich aber im Rahmen der TACET-Initiative (Transatlantic Capability Enhancement Training) unterwegs, sagt das Ministerium. Eine recht allgemeine Erklärung, was TACET ist, gibt es hier – ich suche mal nach einer Übersicht der konkreten Vorhaben.
(Foto: Verladung einer Panzerhaubitze2000 des Artilleriebataillons 295 am 1. Juni 2016 – Bundeswehr/Henning Weeke)
Aber auch die Pioniere sind dort vertreten, wie dieses Video der British Army zeigt:
https://www.facebook.com/britisharmy/videos/10157027290150615/?pnref=story
https://www.facebook.com/britisharmy/
Die M3 müssten zum Pionierbataillon 140 in Emmerich gehören, allerdings bin ich nicht auf dem aktuellen Stand der Umgliederungen.
Um vlt das Wording etwas „gerader“ zu machen: die Verlegung der PzH erfolgt im Rahmen der Übung IRON WOLF, an der auch DEU Kräfte teilnehmen, die Teil der Persistent Presence sind. Ich würde PersPres aber nicht als „Übungsserie“ bezeichnen, es ist als Rückversicherungsmaßnahme mehr als das.
Letztendlich geht es mir darum, einen Überblick zu bekommen, welche (und wie viele) deutschen Soldaten/Einheiten/Truppenteile im Rahmen dieser ganzen Reassurance im NATO-Osten unterwegs sind. Das Label ist dann natürlich nicht so sehr von Bedeutung.
/edit: siehe Nachtrag oben.
Auch wenn das Label nicht so von Bedeutung ist, vielleicht mal zur Abgrenzung:
Der NATO RAP (Readiness Action Plan) besteht im wesentlichen aus drei Säulen – VJTF, PersPres und TACET (Transatlantic Capability Enhancment and Training Initiative).
Die dreimonatigen Rotationen DEU Kampfkompanien in LTU, EST und POL ist PesPres, der Aufenthalt 295 ist TACET und hat keine Vebindung zu PersPres, sondern findet im Rahmen des Kaufs von 21 PzH 2000 und der damit verbundenen Ausbildung statt.
Und noch ein aktuelles Foto von Anakonda in Polen und der Arbeit der deutschen Pioniere:
Auf dem Bild dürften dann tatsächlich alle Amphibie M3 der Bundeswehr zu sehen sein… ;-)
Zur Auftragslage sowie Übungs- und Ausbildungsbeteiligung der PzArt wird hier Einiges deutlich.
Im Ostsee-Suwalki-Anakondathread: Klaus-Peter Kaikowsky | 07. Juni 2016 – 17:55
Vstk 3./295 für drei Monate aus Stetten a.k.M. ins Baltikum zu gemeinsamen Ausb- und Schießvorhaben mit litauischen Artilleristen, die an der PzH 2000 im Rahmen des TACET (Transatlantic Capability Enhancement Training) ausgebildet werden.
https://bw2.link/IuMxHj
Die 3./295 ist verstärkt durch Tle 1./- und 5./-, sodass zusammengefasst die Stärke der Artillerie mit ca. 140 angesetzt werden kann.
Wenn ich mir diese ganzen, zum Teil sehr kleinen, deutschen Anteile dieser Vorhaben so anschaue, dann frage ich mich, wie es wohl daheim bei den Stammeinheiten aussehen mag.
Grundbetrieb der daheimgebliebenen noch möglich? Oder ABM angesagt?
@Voodoo als Antwort unter einer Frage zur anzahl der M3 auf youtoube (BW-Kanal) wurden 30 Stück genannt.
https://www.youtube.com/watch?v=HED5XWOLgYU
Damit können das mitnichten alle sein.
@PzH2000
Hm, leider nicht ganz. Das Heer selbst hat da was vermischt und die Aris aus TACET zeitweise in PP eingebucht. Dadurch entsteht ein klein wenig Verwirrung…
@T.W.
Du versuchst also den militär-politischen Etikettenschwindel aufzudecken ?
Na, denn viel Spaß: https://www.youtube.com/watch?v=7LgWlAUnW9w
@ Ungedienter
Ich weiß, danke – meine Frotzelei ging auch mehr in die Richtung von @Simon K. ;-)
Auf der anderen Seite sammeln da über 100 Pioniere gerade wertvolle praktische Erfahrung, weswegen wirklich nicht alles schlecht ist. Zumal die Briten ihre M3 auch tatsächlich bereits im Gefecht stehen hatten, das sind bestimmt interessante Gespräche bei einer abendlichen Tasse Bier.
@ Voodoo
Oh, ich wollte da bestimmt nichts schlechtreden :)
Die Tatsache das solche Vorhaben und Übungen wertvolle Erkenntnisse bringen und Erfahrungen in der Truppe aufbauen ist mir sehr bewusst. Mein Gedanke ließ sich wohl von meinem Blick aus dem Fenster leiten, der mir sagt, das es einfach Einheiten gibt, die bei bereits ein oder zwei solchen Mikrovorhaben wo nicht die gesamte Einheit verlegt, nahezu still stehen :)
gestern abend auf der A2: zwischen Dortmund und Bielefeld in Richtung Hannover die längste Militär-Kolonne, die ich seit den Zeiten des kalten Krieges gesehen habe. Ich habe nicht genau mitgezählt, aber es dürften (gefühlte) hundert Fahrzeuge gewesen sein. Da ich auf der Gegenfahrbahn Richtung DO fuhr konnte ich in Gischt und Regen die Nationalität nicht feststellen (BW war es jedenfalls nicht). Keine Ahnung, ob das mit Anakonda zu tun hat, aber etwas nachdenklich wird man schon.
(OT-Frage: ist so eine Schwimmbrücken-Bau-Schwimmdings (M3) eigentlich ein Fahrzeug im Sinne der SeeSchStrO/BinSchStrO ?? So richtig mit Schiffsführer und allem Drum und Dran?)
„Beim großen Militärmanöver „Anakonda“ in Osteuropa hat es einen tödlichen Verkehrsunfall gegeben. Der Fahrer eines zivilen Autos wurde bei einem Zusammenstoß mit einem US-Militärtransporter getötet.“ auf N-TV
Bei den deutschen pionierkräften handelt es sich Anteile des PzPiBtl 130 aus Minden, 4.Kompanie
@Flieger:
Die 4.Kp gehört zum sPiBtl 901, hängt aber am PzPiBtl 130.
Übrigens, mal am Rande, wenn wir hier über die deutsche Beteiligung an Übungen/sichtbaren Maßnahmen im Osten der NATO reden: Der französische Kollege Jean-Dominique Merchet weist darauf hin, dass so ziemlich alle in Polen bei Anakonda beteiligt sind – außer den Franzosen:
Anakonda-16 : tout le monde est en Pologne… sauf les Français
Die Franzosen haben – besonders nach der Entscheidung mit weiteren 1200 Mann Sentinelle zu verstärken – praktisch keine Truppen mehr frei. Abgesehen davon ist der Schwerpunkt FRA auch nicht unbedingt im Osten.
@TW
Ja die PIZ bzw PresseOffz Artikel sind gerne etwas unpräzise. Dazu @KPK
Das ist keine vstk. 3./-, das ist ein Teil 3./- mit einem Versorgungspaket der 1./-. Der Teil 5./- sind die JFS-Teile zur Unterstützung 291 bei WHITE SWORD/ IRON WOLF. Der Personalansatz liegt deutlich unter Ihren 140 Mann.
Na ja, ein kleines Kontingent nimmt wohl dennoch zeitlich begrenzt an PP teil (ein InfZg (+).
Wie @PzH2000 schon sagte liegt das nicht am bösen Willen sondern daran, daß aufgrund von SENTINELLE / EM in FRA wirklich alle Kr gebunden wenn nicht überdehnt sind.
Nachtrag: das Ausbildungsprogramm heißt TACET (hatte @TW wohl schon erwähnt), die Abschlußübung FLAMING THUNDER (LTU Ari schießt im eigenen Land scharf mit „max.“ Reichweite in die Ostsee).
@f28
Der Chefarzt der Fußchiurogie Lubinus Kiel ist gelernter , damals Mannschaft, Flusspionier, mit Führerschein und Übungsgelände NOK- heute Kiel Channel.
der hilft Ihnen weiter, seine „Scheine“ bei der BW erworben, reichten jedenfalls aus, vom Chef der Klinik als „Yachtkapitän“ für 47 Fuß eingestellt (in Nebenfunktion) zu werden und die Yacht unfallfrei zu „führen“.
Reicht das- wenigstens „Scheine“ kann man bei der BW machen.
@ PzH2000 | 08. Juni 2016 – 17:58
dann besteht ja Hoffnung, dass man am Samstag in Stetten mehr zu sehen bekommt, wie leere Stellplätze?! :-)
@PzH2000
1. Recht haben Sie, offensichtlich ist die „…BMVg.de – Seite“ nicht zuverlässig zitierfähig, denn darauf hatte ich bei meinem kurzen Beitrag verlassen.
Das Ministerium nicht sicher in der Aussage? Leider.
2. In einem Punkt Ihrer Replik bin ich dennoch anderer Auffassung.
Der Chef 3./- führt, nicht derjenige von 5./- oder 1./-
Ganz präzise wäre die Einheit also zu bezeichnen als „3./PzArtBtl 295 ±“, denn sie wurde verstärkt UND vermindert.
3. Zur angenommenen Stärke, dabei ging ich allerdings von einer Batterie gem STAN aus.
Wie sieht es jetzt tatsächlich aus?
4. Zusatzfrage, wie setzen sich die JFS-Tle zusammen, LuBo/BoBo komplett? Bekommen die Jungs Gelegenheit zu tatsächlichen „runs“, wenn zutreffend, mit welchen Lfz?
Sofern einem KpfTrVbd artilleristisch zugeordnet, wurde ein JFSCT ausgeworfen, kann also „Wirkungsanforderung“ nach TIC tatsächlich geübt werden? Andererseits wird ausschließlich – aber immerhin – nur das Art-interne Verfahren geübt?
@STEK
Da sollte noch etwas zu sehen sein, FRA wird auch vertreten sein.
@KPK
1. Zutreffend
2. Nein, aus dem einfachen Grund das keine Batterie verlegt, siehe 3.
3. Ziel TACET 2016 ist Ausbildungshöhe Zug zu erreichen. Entsprechen ein um Teile BttrFhr und 1./- vstk. GeschZg. Für IRON WOLF und besonders FLAMING THUNDER erfolgt weitere vstk, mit dem LTU GeschZg dann ungefähr Bttr-Größe
4. Wirkungsanforderungen können abgearbeitet werden, es wird aber kein ArtSchießen geben. „Runs“ gibt es, aber wer die Anfordert/ koordiniert ist nicht bekannt. Auch US ABInf und DNK VJTF Btl haben ihre JFS-Teams dabei.
Und noch ein interessantes Detail zu den ganzen Übungen da oben im Nordosten: Da sind auch Global Hawk-Drohnen der USA dabei, und die sind wieder über Deutschland dorthin geflogen…
@PzH2000
Prima und herzlichen Dank.
Wenn aber Details so genau bekannt sind, wieso wird dann auf der BMVg-Seite so oberflächlich, nicht zu sagen falsch, unterrichtet?
Meine zurückliegende Erfahrung, Truppe informiert umfassend.
Die uniformierte Presse hat keine Ahnung/keinen Durchblick/kein wirkliches Interesse.
@all
1. 295 nimmt an drei Vorhaben Teil:
Iron Wolf (Unterstützung 291)
TACET (bereits oben gut erläutert)
FLAMMING THUNDER
2. 3./- JFS + 6 Haubitzen verstk durch 1./- und5./- (Wetter Grp)
3. der Kräftesnsatz variiert und ist zu den beiden Übungen am größten.
4. Reichweitenschiessen ist nur ein Teil von FT.
5. FT : LTU Und DEU ArtZg mit JFS Anteilen im scharfen Schuss.
6. Koordination erfolgt multinational unter LTU Führung.
weiß jemand, ob die Panzerzüge nach Litauen durchfahren können oder ob Lokwechsel oder gar Umspuren erforderlich ist? Oder ist der Spurwechsel erst hinter Vilnius?
Ist ja auch für eine scharfe schnelle Verlegung ein wichtiger Punkt …
@KPK
Hauptsächlich weil dem „normalen“ Leser der BW-Nachrichten die dort gebotenen Detailtiefe reicht. Das richtet sich ja nicht direkt an „Fach“publikum, die lesen ja eher hier ;)
@Spurwechsel
Bis LTU durch, Umladen erfolgt bei Bedarf in LTU oder weiter im Landmarsch.
Hallo Spurwechsel, dazu wurde hier vor einiger Zeit schon mal diskutiert. Also beim letzten Mal war es so das deutsche Marder auf Eisenbahnwagen der Russischen Staatseisenbahn am Zielort im Baltikum angekommen sind. Es wurde also (wimre in Polen) umgeladen. Ich vermute das es dieses Mal nicht anders gemacht wurde.
@PzH2000
Erkannt. Nur ist es eben keine Detailtiefe., sondern Falschinformation infolge Oberflächligkeit.
NLD-Beteiligung bei ANAKONDA 2016 auf der „Defensie-Seite“ nicht ausgeworfen.
Auf Anfrage bei @DefensieOnline via @hdevreij informiert NLD (defensie=BMVg):
Beteiligung umfasst einen PiZug von 50 Mann.
Zu der Brückenaktion nochmal ein paar warme Worte:
„Lt. Gen. Ben Hodges, the US Army Europe commander, rode in one of the first US Army 2nd Cavalry Regiment Stryker vehicles across the finished bridge. The regiment’s Strykers rolled over the bridge on their way to an exercise in the Baltics called Sabre Strike.
“This is the best bridge I’ve ever seen in my life,” Hodges told Defense News after his crossing.“
Er merkt auch an, das der US Army Europe die Fähigkeit gar nicht zur Verfügung steht…
http://www.defensenews.com/story/defense/2016/06/09/anakonda-germans-and-brits-build-bridge-using-amphib-vehicles/85638400/