Die neue Arbeitszeitverordnung für die Truppe: Nur noch kürzer auf Übung zur NATO?
Die neue Arbeitszeitverordnung für die Bundeswehr, mit der seit Jahresbeginn gemäß einer EU-Richtlinie die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Soldaten auf 41 Stunden begrenzt wird, hat hier schon eine sehr umfangreiche Debatte ausgelöst. Ein Bericht der (heutigen) Bild am Sonntag (Link aus bekannten Gründen nicht) dürfte den Streit über diese Arbeitszeitregelung noch befeuern: Die begrenzte Zahl der Wochenenarbeitsstunden und der vorrangige Ausgleich in Freizeit, so berichtet das Blatt, habe dazu geführt, dass deutsche Soldaten selbst an NATO-Übungen nicht mehr richtig teilnehmen könnten:
Die Truppe, bei der wöchentlich 270.000 Überstunden anfallen, ist zeitlich nur noch bedingt einsatzfähig. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags,Hans-Peter Bartels, zu Bild am Sonntag: „Es kann nicht sein, dass wir NATO-Verpflichtungen wegen drohender Überstunden nicht nachkommen können.“
So kann eine Einheit an einer für vier Wochen geplanten internationalen Übung in Norwegen nur für zwölf Tage teilnehmen, da sonst zu viele Überstunden anfallen würden.
Das ist ein wenig merkwürdig, weil ja in den Regelungen zur Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie Ausnahmen vorgesehen sind, wie die Bundeswehr hier erläutert:
- Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen
- Amtshilfe in besonderen Katastrophenfällen, schweren Unglücksfällen, bei Attentaten oder dringender Eilhilfe
- mehrtägige Seefahrten an Bord von seegehenden Einheiten der Marine
- Alarmierung und Zusammenziehung sowie Gefechtsausbildungen zur Vorbereitung von Einsätzen, einsatzgleichen Verpflichtungen und Amtshilfen
- Übungs- und Ausbildungsvorhaben, bei denen Einsatzbedingungen simuliert werden
Und eine NATO-Übung in Norwegen (welche eigentlich? Cold Response war ja schon; BALTOPS ist nicht betroffen, sagt ein Ministeriumssprecher) dürfte unter die beiden letzten Punkte fallen.
Das Verteidigungsministerium zeigte sich am Sonntag verwundert über den Vorwurf: Eine Übung dieser Art werde von der Vorschrift als einsatzgleiche Verpflichtung eben nicht erfasst, sagte ein Sprecher. Außerdem stimme die Aussage der Bild am Sonntag nicht, dass ein finanzieller Ausgleich von Mehrarbeit völlig ausgeschlossen sei.
Mal sehen, ob es noch ein wenig Klarheit gibt und worauf die Angaben des Blattes beruhen.
Nachtrag 11. April: Der stellvertretende BMVg-Sprecher Oberst Boris Nannt hat dazu vor der Bundespressekonferenz was gesagt und ein bislang positives Fazit der Regelung gezogen:
Die Abschrift des Audios:
Nannt: Ich möchte noch einen Punkt aktiv ansprechen. Und zwar gab es am gestrigen Tag eine Berichterstattung in einer großen Sonntagszeitung zum Thema Soldatenarbeitszeitverordnung und der Einführung der 41-Stunden-Woche in diesem Jahr. Der Artikel hat uns insgesamt verwundert. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, das hier kurz richtigzustellen. Ich möchte auch betonen, dass der Artikel ohne Gegenrecherche bei uns stattgefunden hat.
Folgende Behauptungen wurden dort aufgegriffen: Dass bei der Teilnahme an einem Nato-Manöver in Norwegen dieses wegen des Anfalls von Überstunden verkürzt wurde, dass Verbündete hierauf irritiert reagiert hätten, dass Mehrarbeit künftig grundsätzlich nicht mehr durch Geld ausgeglichen werden könnte und es daher auch keinen einzigen Fall von Geldausgleich geben würde, und dass daher die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr durch die neue Regelung bedroht wäre. Wie gesagt, das kann von uns nicht nachvollzogen werden. Die Einlassungen in der Berichterstattung hierzu sind zum Teil auch sachlich falsch.
Dazu konkret: Das einzige Nato-Manöver in Norwegen war in diesem Jahr das Manöver „Cold Response“, und dieses wurde nicht verkürzt, sondern es wurde sogar auf Antrag der Division Schnelle Kräfte ausgeweitet. Grundsätzlich sind wichtige Nato-Manöver genauso wie Einsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen von der 41-Stunden-Regel ausgenommen. Das gilt natürlich – jetzt einmal ganz konkret weg von diesem angeblichen Vorfall – auch für künftige Vorhaben.
Ein Beispiel: Im Rahmen der Rückversicherungsmaßnahmen der Nato ist das Niveau, auf dem wir die Unterstützung leisten, in diesem Jahr dasselbe wie im letzten Jahr. Wir weiten die Unterstützung sogar aus, und zwar von 16 auf 21 Manöver und von 5 000 auf 5 500 Soldaten. Dass es diesbezüglich irgendwelche Irritationen geben könnte, ist darüber hinaus auch deshalb verwunderlich, weil bereits 15 andere europäische Nationen die EU-Arbeitszeitrichtlinie in ihr nationales Recht für die Streitkräfte übernommen haben.
Sachlich richtig ist: Auch künftig kann Mehrarbeit weiterhin durch Geld ausgeglichen werden. Es ist sogar der Anspruch im Rahmen der Agenda Attraktivität verbessert worden. Es gilt aber der Grundsatz im Rahmen des Gesundheitsschutzes für die Soldaten – das ist auch gut so -, dass erst der Versuch unternommen werden muss, diesen Freizeitausgleich zu gewähren. Erst dann ist eine finanzielle Vergütung möglich.
Dies war übrigens genauso im Rahmen der vormaligen Regelung. Deswegen ist natürlich auch logisch, dass nach dem ersten Quartal kein Fall bekannt ist, weil natürlich erst ein Anspruch angemessen im Rahmen von Freizeit ausgeglichen werden sollte.
Grundsätzlich ist nach unserer Bewertung mit der neuen Soldatenarbeitszeitverordnung ein riesiger Schritt für die 250 000 Menschen bei uns gemacht worden. Wir setzen damit europäisches Recht um. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich betont, dass auch unsere Streitkräfte unter die europäischen Vorgaben zur Arbeitszeit fallen. Selbstverständlich – und das ist wichtig – muss die Einsatzbereitschaft natürlich gewährleistet sein. Deshalb berücksichtigen wir die Besonderheiten des militärischen Dienstes, und deshalb sind wichtige Vorhaben ausgenommen. Hier geht es um Einsätze, einsatzgleiche Verpflichtungen, Amtshilfe, mehrtätige Seefahrten, aber genauso um Gefechtsausbildungen zur Vorbereitung von Einsätzen, einsatzgleichen Verpflichtungen oder auch Übungs- und Ausbildungsvorhaben, bei denen Einsatzbedingungen simuliert werden.
Klar ist, dass, wenn man natürlich so ein Vorhaben umsetzt, dieses nicht vom ersten Tag an reibungslos verläuft. Auch Organisationen und Vorgesetzte müssen lernen, damit umzugehen. Mit der neuen Arbeitszeitrichtlinie haben wir aber ein bewusstes Maß an Flexibilität für die Vorgesetzten, sodass eben dort auch entschieden werden kann, wie ich mit dem Zeitausgleich für Pendler oder anderen Dingen umgehe.
Fakt ist: Es ist ein Kulturwandel; es ist ein Paradigmenwechsel. Da wird es bestimmt auch an der einen oder anderen Stelle ruckeln, erst recht bei einer so großen Organisation von 250 000 Menschen. Dass den Wehrbeauftragten von daher eher Beschwerden als Lob erreichen, ist bei der Einführung einer solchen Richtlinie, die gerade erst frisch eingeführt wurde, natürlich klar.
Insgesamt möchte ich betonen: Wir haben wirklich eine ausgezeichnete, eine gute und enge Zusammenarbeit mit dem Wehrbeauftragten, der gewöhnlich gut informiert ist, in diesem Fall aber vielleicht einfach nicht umfassend informiert war. Was wir machen, ist Folgendes: Wir schauen mit den Vorgesetzten und auch von unserer Seite aus auf diese neue Soldatenarbeitszeitverordnung, begleiten sie, haben im Vorfeld an 40 Standorten über 4000 Multiplikatoren informiert und sind dabei, das zu evaluieren. Insgesamt kann bislang ein positives Zwischenfazit gezogen werden.
Mehr wollte ich dazu nicht sagen.
(Foto: German soldiers of 12th Armored Brigade, 10th Panzer Division react to contact from simulated small arms fire while conducting urban operation training during exercise Saber Junction 16 at the U.S. Army’s Joint Multinational Readiness Center in Hohenfels, Germany, March 31, 2016 – U.S. Army photo by Spc. Lloyd Villanueva)
Das BMVg sieht mal wieder kein Problem.
Es ist aber von vielen Ebenen zu hören, dass bei Persistent Presence u.ä. keine Ausnahmen der SAZV herangezogen werden.
Selbstblockade.
Die interessante Frage scheint mir zu sein, warum in der Truppe keine Ausnahmeregelungen genutzt werden?
Das mag jetzt sehr ins Detail gehen, aber es scheint ein wenig widersprüchlich, was das BMVg da verlauten lässt. Warum soll eine vierwöchige Übung unter den Ausnahmetatbestand einsatzgleiche Verpflichtung fallen und nicht als Übungs- und Ausbildungsvorhaben, bei denen Einsatzbedingungen simuliert werden von der SAZV ausgenommen sein?
Und die Frage, welche Übung und welche Einheit(en) betroffen sein sollen, würde mich ebenfalls brennend interessieren.
@jungchen
Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail. Z.B. Dienstfahrt – als Beifahrer – keine Arbeitszeit. Was aber, wenn man dabei Dienstliches (z.B. Aktenstudium) erledigt?
Und wenn Sdt auf dem KOM aufsitzen – keine Arbeitszeit. wenn außerhalb der Regel-Dienstzeit. Allerdings: darf ich mir meine Zeit selbst einteilen, wenn ich „außer Dienst“ bin, das geht da natürlich nicht.
@T.W.:
Das BMVg blockiert sich halt selbst.
Die Durchfuhrungsbestimmungen sind noch nicht erlassen.
Auf allen Ebenen herrscht Unsicherheit.zudem zeigen die NATO-Übungen, dass andere EU-Staaten es auch hinbekommen.
Aber das ist ja Kernstück der Agenda Attraktivität.
Die politische Leitung scheint nicht in der Lage zu sein den bürokratischen Irrsinn zu durchbrechen.
faz.net hat den Bericht mittlerweile auch – größtenteils wortgleich, wenn ich das richtig sehe.
„Manöver ohne Deutsche – wegen Überstundengefahr“
faz.net 10.04.2016, 09:59 Uhr
Die Arbeitszeitverordnung ist der absolute Irrsinn. Das BmVg redet wie immer alles schön und versteht die Probleme der „Truppe“ nicht. Das ganze noch verknüpft mit den Bürokraten der Verwaltung die meinen sie könnten eine Übung besser beurteilen als die Truppe selbst und entscheidet daraufhin das die Übung nicht abweicht vom Grundbetrieb. Bürokratischer Wahnsinn ala Bundeswehr. Dem zukünftigen attraktivsten Arbeitgeber der BRD. ???
Na ja, vielleicht liegt es daran, dass die eine oder andere NATO-Übung im Ausland eben nicht 24/7 mehrwöchig läuft – gerade in Norwegen war das schon früher ein Problem, denn die Norweger haben eine sehr „stramme“ Arbeitszeitverordnung, die auch vor NATO nicht „Halt“ macht. Da ist es dann ziemlich Wurscht, welche Ausnahmeregel ich heranziehe, es entstehen für die beteiligten Soldaten erhebliche „Totzeiten“ (weil die übungsfreien Stunden/Tage nicht angerechnet werden), sie sind im ziemlich teuren Norwegen…..etc. Gerade bei „Stabsübungen“ entstehen auch für die entsendenden Einheiten Ausbildungstitelbelastungen „ohne Mehrwert“: Hotelkosten, Tagegeld etc. pp.
Da kann man als Einheitsführer schon mal auf die Idee kommen von 24 auf 12 Tage zu kürzen.
Das ist kein Problem der SAZV sondern der Kommunikation und der Organisation.
Ihr vergesst dabei mal wieder die force enabler. Logistik und Sanität muss die Truppe auch bei Einsatz-Übungen unter Grundbetrieb-Bedingungen versorgen. Dabei sind die 41h oder 48h völlig irrelevant. Relevant ist, dass im Grundbetrieb nach 13h pro Tag Schluss zu sein hat.
Das wiederum bedeutet, dass für eine Übung mindestens der doppelte Personalansatz Sanität zu fahren ist.
Nur zum mitmeisseln, dieses Personal ist NICHT da, weg,vakant und welche Begriffe auch immer es braucht.
Achtung, ohne Sanität keine Übung. Nicht weil Sanität das will sondern weil die Truppe das will. Bei der Umsetzung der Vorschrift wurden schlicht
die force enabler vergessen. Das war deutlich zu kurz gesprungen.
@ T.W.
Die Ausnahmetatbestände nach §30c SG werden deshalb nicht durch die Truppe genutzt, da sie nach den derzeitigen Durchführungsbestimmungen [Entwurf] gar nicht die Kompetenz darüber besitzt, einen solchen zu bestimmen.
Nach den derzeitigen Entwürfen liegt die Entscheidung beim Inspekteur der jeweiligen beantragenden Teilstreitkraft, ohne dass es dazu bereits einen geordneten Weg gäbe. Ich habe bereits in diesem Jahr erlebt, dass eine ursprünglich in den Verwaltungsbestimmungen eines Befehls geschehene Feststellung eines Ausnahmetatbestandes, der eine Einsatzvorausbildung grundsätzlich korrekterweise als solchen erklärte, nachträglich wieder zurückgenommen wurde und Ausgleich über AzR erfolgen musste.
Kurz, das Ministerium sieht das Problem nicht, da es das Problem darstellt, da keine geordneten Strukturen bestehen, eben über die Erklärung des Ausnahmetatbestandes zu entscheiden. Kommt davon, wenn man wild irgendwas einführt, ohne bereit zu sein und die Testballons zuvor an solch geeigneten Orten wie OA-Btl und Ämtern hat steigen lassen.
Es ist ja nicht so, dass nicht alle gewarnt vorher schon hätten. Aber die KPMG hat gesagt „es geht“, also geht’s. Und der DBwV klopft sich ja auch auf die eigenen Schultern und findet es ganz toll.
Alles kaum ertragbar: Von Armee im Einsatz zur Schützenfesttruppe.
Hat aber Vorteile, Schützenvereine wissen Uniform zu tragen und uniform aufzutreten, sogar marschieren können die. SARC, …?
Kennt jemand die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinien bei EU-Alliierten?
Das Schlimme ist, das schon vor Jahren bekannt war das diese Arbeitszeitrichtlinie kommen wird. Aber wieder so oft ist hat man wieder alles aussitzen wollen und merkt jetzt dass es keine praktikablen Lösungen gibt. In der Truppe ist die Anwendungsrichtlinie nicht vor September zu erwarten. Was dazu führt dass jeder Einheit ein bisschen anders die Richtlinie umsetzt. Das ist unbefriedigend….
@KPK:
Die Niederlande bspw. wenden die AZR in der Armee nicht an.
Daher gibt es erhebliche Probleme bei der politisch gewollten engen Zusammenarbeit.
Wir stehen uns selbst im Weg.
@Memoria
Dacht‘ ich mir, habe auch kaum Anderes erwartet. Sind eben Prakmatiker und keine Träumer.
Habe gerade auf Twitter dazu Details bei einem NLD Journalisten erfragt, hoffe auf informative Antwort.
Mal eine Frage an die Praktiker: Das BMVg sagt mir, die Durchführungsbestimmungen seien vorläufig in Kraft, können also angewandt werden, auch wenn sie formal noch nicht erlassen sind. Verstehe ich richtig, dass demgegenüber irgendwo in den TSK/in der Bürokratie a) die Ansicht vorherrscht, es gebe keine Durchführungsbestimmungen und/oder b) die Bereitschaft, die Ausnahmeregelungen anzuwenden, zum Teil nicht gegeben ist?
(Ich will’s ja nur mal verstehen!)
@Rheinländer
Das ist ja ein ganz wunderbarer Aspekt, den Sie da anführen. Zu köstlich, hier beißt sich die Dresdner-Erlaß-Katze nun wirklich in den eigenen Schwanz, denn in der Regel ist bei deutschen NATO-Übungskontingenten mehr als ein Inspekteur beteiligt als „Truppensteller“ ! Jetzt verstehe ich auch den Kommentar von @Andreas.
Das bedeutet, dass die Inspekteure in einer Art Commanders Conference den Übungs-und Ausbildungskatalog der SK einvernehmlich kategorisieren müßten – idealtypischer Weise natürlich jeweils im Voraus für das kommende Jahr. Dann ist ja das Chaos in 2016 vorprogrammiert ;-)
Also grundsätzlich freue ich mich, über so sinnvolle Kommentare à la „Schützenfesttruppe“, da stelle ich mir gerne die Frage, was für ein Mensch da hinter dem Monitor sitzt. Darüber hinaus bin ich begeistert, wie großzügig mit der Arbeitszeit der Soldaten umgegangen wird. Die SAZV ist zugegebenermaßen nicht besonders gelungen, die konsequente Erfassung der Arbeitszeit stellt jedoch einen Schritt in die richtige Richtung dar. Viele Soldaten schieben Überstunden und Urlaub in kaum vorstellbaren Größenordnungen vor sich her. Der Zwang zum Abbau in Freizeit (und nicht monetär, da ja richtigerweise festgestellt wurde, dass dieser keine Erholung bringt…) ist jetzt das Vergrößerungsglas, welches das zugrunde liegende Problem zum Vorschein bringt, zu wenig Personal, zu viele Aufträge und schlechte Arbeitsorganisation. Also, nicht über die SAZV oder die „faulen“ Soldaten schimpfen sondern mal eine Ebene höher denken.
P.S. Die Diskussion wann etwas in welchen Ausnahmefall fällt kann nicht die Lösung sein, da hier nur den Falschen in die Hände gespielt wird.
@ T.W.
Zu a): Soweit ich weiß nein, es wird mit den Entwurfsdokumenten gearbeitet und diese werden soweit es geht angewendet.
Zu b): Entweder fehlt die Bereitschaft oder die Frage der tatsächlichen praktischen Zuständigkeit ist nicht ausreichend geklärt.
Es wird auch meiner Meinung nach noch dauern, bis wir hier „finale“ und erlassene Bestimmungen haben, da die Entwürfe sich derzeit auch noch ständig verändern. Im Wechsel von Dezember auf Februar wurden ja auch Aspekte wie „Waffe am Mann = Dienst“ wieder aufgehoben. Hierbei stellt sich mir nur fortgesetzt die Frage, ob ich dann außerhalb des Dienstes überhaupt eben jene Waffe tragen darf, da auf meinem Truppenausweis was anderes steht…
Als Mitglied des I DEU/NLD Korps kann ich nur sagen, dass bei unseren Übungen soweit wie Möglich zunächst alles als Ausnahme deklariert wird. Damit steht man sich sogar schlechter wie zuvor. Die Wochenenden werden im Moment nur als halber Tag (wenn weniger als 16 Stunden) ausgeglichen – für einen Tag frei brauchen wir je einen Samstag und einen Sonntag Dienst – diese sind von der Intention dann auch noch an einem Freitag abzufeiern, die Anrechenfälle unter der Woche sollen empfohlenermaßen ausgezahlt werden – Das ist zwar legitim aber bestimmt nicht im Sinne der Mitarbeiter – zwei komplette Wochenenden a ca. 28 Stunden Arbeit auf dem Übungsplatz bringen sozusagen je einen Freitag Dienstausgleich. (oder 2x gut 60,- Euro brutto Auszahlung) – das ist billiger für das Heer als je zuvor. In der alten SAZV gab es zumindestens 10 Stunden Gutschrift pro Wochenendtag / Feiertag – wenn jetzt weniger als 12 Stunden an einem Wochenende je Tag gearbeitet wird ist das sogar ganz ohne Ersatz oder Zahlung möglich. Das weiss man zwar bestimmt seit Monaten – wird aber auch so hingenommen.
NATO-Übungen in der deklarierten Ausnahme sind also im Heer viel einfacher durchzuführen als vorher – je nachdem wann die Ausnahme erklärt wird. Ob das beim Insp. Bestand hat, sei mal dahingestellt.
@T.Wiegold
So ist es!
Die wenigsten Chefs haben ihren Handlungsspielraum erkannt und die meisten wissen nun, dass die Truppe in der Woche z.Z. länger im Dienst ist als vorher.
Ein Problem ist auch, dass bei hoch belasteten Einheiten zu wenig monetärer Ausgleich stattgefunden hat.
@Rheinländer
Arbeitszeit, Dienst, Freizeit, Ruhezeit, Bereitschaft uvm
Sind eben unterschiedliche Zustände.
Die Ausnahmen werden in der Truppe nicht genutzt, da die Entscheidungsgewalt für solche Ausnahmen auf Ebene B6 DivKdr liegen und deshalb nur Brigadeübungen etc eine Ausnahme bilden. Des weiteren wird oft nur der Kernübungszeitraum (ohne Anreise/ Abreise und Organisationszeiten) als Ausnahme genehmigt, was die Truppe dann trotzdem lähmt.
@ T.W.
Guten Tag,
auf ihre Frage bezogen, möchte ich folgendes antworten.
Es gibt die Ausführungsbestimmungen, die TSK weise angepasst sind.
Zu a) Das ist auch soweit bekannt.
Zu b) Die Bereitschaft diese SAZV so anzuwenden, das Ausnahmetatbestände Ihre Wirkung finden ist bisweilen sehr verhalten. Ich möchte mutmaßen warum das so ist:
Ich selber war Zeuge dabei, als Kommandeure von Großverbänden in ihrer Führereinweisung darauf hinwiesen, das bei Verstoß gegen die SAZV empfindliche Strafen, für den verantwortlichen Verbands-/ Einheitsführer vorgesehen sind. Das, in Verbindung mit einer immer noch vorherrschenden Unsicherheit in der Anwendung, führ zu sehr zaghaften Anwendungen der Ausnahmeregelungen, die es ja eigentlich gibt. Auch die Definition, die sie auch in Teilen oben zitieren, sind in ihrer Anwendung auf Übungsvorhaben nicht immer zweifelsfrei zu bestimmen.
Im Klartext: Wer eine neue Regelung mit der Androhung von Strafe bei selbst leicht fahrlässiger Verstöße (Irrtum !?) einführt, braucht sich nicht zu wundern, das der unterstellte Bereich zurückhaltend reagiert.
Frage: Ist Soldat sein, mit einem Ämterberuf zu vergleichen? Ist Soldat sein, nicht etwas in allen Bereichen grenzwertiges? Warum ist nicht der Soldatenberuf an sich ein Ausnahmetatbestand? Wär dann nicht alles beim Alten? Und würde zumindest an der Stelle funktionieren.
Ein paar nicht vollends informierte Mannschaftdienstgrade sagten mir im Gespräch über die Attraktivitätsprogramme der Bundeswehr:
“ ….mit der SAZV haben sie auch noch den letzten funktionierenden Teil unseres Dienstes, bei dem Versuch irgendetwas attraktiv zu machen, kaputt gemacht….“
Natürlich ist die SAZV nicht im Rahmen des Attraktivitätsprogrammes eingeführt worden. Ich wollte mit diesem Beispiel nur eine Momentaufnahme wiedergeben, wie auf der unteren Ebene der Basis diese Regelung für das Wohl des Mitarbeiters empfunden wir.
Eine Theorie zur Änderung der Anwendung der SAZV:
Am Ende des Jahres 2016 stehen viele Stunden auf den Konten der Soldaten (Log, San, KpFü, Einzeldienstposten ohne Spiegel), die vorher nicht eingeplant wurden, weil man das nicht kann. Diese haben dann die Absicht sich das Geld auszahlen zu lassen. Das wird dann auch versucht, um das Arbeitszeitkonto zu „resetten“. Die 48 Stunden Obergrenze wird dadurch aber nicht reduziert, das bedeutet an dieser Stelle geht in der Stundendokumentation eine rote Lampe an. Die Kosten der Überstunden sind ungleich höher und fallen natürlich ins Gewicht. Das wird bis an höchste Stelle durchschlagen. Jetzt wird ein Kommandeur und ein KpChef zur Verantwortung gezogen. um daraufhin zu bemerken, das Truppe so nicht dienen kann. Also bekommen wir Mitte 2017 eine Anpassung, bis dahin gilt es durchzuhalten…..
Ich gebe zu alles von mir geschriebene ist mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus durchsetzt. Das ist meine Art mit Dingen umzugehen, die ich ertragen muss.
Zum Thema benachbarter Armeen: Diese haben ein anderes System, das mit unserem nicht vergleichbar ist. Ein Kommandeur der Niederlande verwaltet seinen Titel und muss nicht auf den guten Willen seiner Haushälters hoffen, wie es in unserer Bundeswehr der Fall ist.
Grüße
@ Durchführungsbestimmungen:
Die Zentrale Dienstvorschrift 1434/20 ist seit 24.03.2016 in Kraft gesetzt, nachdem die Beteiligung der Personalvertretungen abgeschlossen ist !!!
Nur solange wir z.B. für Enabler, die nur als Leitungs-und Unterstützungstruppeeingesetzt sind, die Ausnahmegenhemigung nicht anordnen dürfen, hat man eine Zweiklassen-Gesellschaft bei Übungen und die Möglichkeit Schichtpersonal in diesen Bereichen einzusetzen scheitert, wie schon andere geschreiben haben, am fehlenden Personal !
@ Flowstage
Bundesbesoldungsordnung B7 = GenMaj = DivKdr.
Sorry, Zahlendreher: MUSS ZDV 1420/34 heißen.
Die NLD Form der Titel -Verwaltung ist mir aus 5-jähriger Pers Erfahrung vertraut. Nur gibt’s für mehr Auftragsumsetzung eben nicht mehr Geld.
Der Titel muss Üb, Lehrg, sogar Weihnachtsgeschenke abdecken. In NLD Stäben ist der – uniformierte G8 der Bw-Haushälter, keine Problemlösung also.
Frage bleibt, wie andere Armeen die VO umsetzen.
Ich kenne augengeradeaus nicht erst seit gestern. Beinahe 2 Jahre. Ich lese zwar nicht jeden Artikel, aber doch regelmäßig. Oft steht dieses „(link aus bekannten Gründen nicht)“. Oft überlese ich es einfach. Manchmal, so auch heute macht es mich unterschwellig aggressiv, weil ich diesen „ach so bekannten Grund“ nicht kenne.
Heute deshalb das erste mal meine ruhige ubd sachliche Frage : was ist der Grund dafür nicht zu verlinken?
Schönen Sonntag noch und freundliche Grüße.
[Gegen unterschwellige Aggressivität hilft ein Blick in die FAQ ;-)
http://augengeradeaus.net/faq/faq-sind-links-in-den-kommentaren-erlaubt/
T.W.]
@AnkaaMu:
Volle Zustimmung zu den Problemen und deren Auswirkungen.
Lediglich eine Anmerkung: Die Einhaltung der AZR ist ein wesentlicher Anteil der Agenda Attraktivität.
Nur leider in der Umsetzung eine „Agenda Unattraktivitat“.
Genau dies macht auch die erhebliche politische Dimension aus. Das Vorzeigeprojekt der Ministerin würde miserabel umgesetzt.
Was sagt uns das über die Fähigkeiten der Ministerin?
Die wesentlichen Durchführungsbestimmungen,wie zum Beispiel die Definition was ist denn über die Grenze von 41 Stunden von einem Vorgesetzten zu befehlende Mehrarbeit, fehlen leider. Damit wird eine an sich gute Überlegung, die Arbeitszeit von Soldaten zu begrenzen, ad absurdum geführt. Die bisherige Praxis des grenzenlos verfügbaren Soldaten ist deutlich vorbei, es bleibt zu hoffen das der Vorgesetzte sich genau überlegt wozu er wen einsetzt da die Zeit begrenzt ist. In der Praxis ergeben sich daraus aber bei der Umsetzung jede Menge Fragen. Als Beispiel sei nur angeführt, die Verrechnung von bisherigen „Anrechnungsfällen“ in der Ausbildung GÜZ Heer. Keine Einsatzvorbereitung für das Stammpersonal, damit definitiv keine Ausnahmeregelung.Ob es für den Stammausbilder als Wochenendpendler wirklich so attraktiv ist, nach 13 Stunden in der Einöde bis zum nächsten Tag zu pausieren oder er nicht doch lieber mit finanziellem Ausgleich länger machen würde? Die bisher erheblichen Summen aus den Anrechnungsfällen entfallen komplett, die Aussage nur bei zwingenden dienstlichen Gründen ist eine Auszahlung von Mehrarbeit möglich, stellt ja sogar den Erholungsurlaub noch dahinter zurück. Hier ist die Attraktivität vermutlich eher weniger gegeben.
Das insgesamte Fehl an Personal wird durch diese Betrachtung sehr deutlich, die hohlen Strukturen haben wir ja nicht erst seit gestern. Die Frage ist nur wen es wirklich interessiert…und damit welcher Ansatz zur Problemlösung dann greift. So sieht es ja auch BR dessen Einschätzung ich teile.
@Flowstage:
Die Entscheifungsebene ist B6 – also Brigadekommandeur.
Die Festlegung auf eine Besoldungsebene, anstatt einer Führungsebene, ist der Gipfel der Idiotie:
Denn ein BrigKdr ist meist zu Beginn noch B3 und darf somit keine Ausnahmetatbestände festlegen.
Darüber schütteln sogar Hohe Generäle nur noch den Kopf.
Man macht sich selbst das Leben schwer.
Offenbar will man im BMVg weiterhin nicht erkennen wie sehr alles verbockt wurde.
F.U.B.A.R.
@Memoria
„…. Gipfel der Idiotie …“
Ein ZEHNFACHES gefällt mir.
Wie werden solche Menschen doch noch mal umgangssprachlich tituliert …?
Nebenbei ein Schlag in den Nacken mil Führungsverantwortung, die ja einmal unteilbar war, an die Funktion gebunden, nicht an die Besoldung.
Gab mal funktionierende Zeiten in denen ein Lt in einer SelbstEinh (A13) monatelang die Kp führte. Er war der Chef in den Augen seiner Männer, nicht der A9 minderer Verantwortungqualität.
Schlimmer geht’s nimmer, an dass ich nach wie vor glaube, stimmt wohl nicht mehr. Die Verbürokratisierung schlägt Purzelbäume.
Darf der B3 BrigKdr eigentlich den Angriff befehlen, wissend dass 1/3 der Tr fallen wird, oder muss er erst B6 werden.
Armes Deutschland, … denk ich in der Nacht!
Der DBwV hat eine Reihe von chaotischen Beispielen in der Umsetzung der SAZV. Daher hat er auch erwirkt, dass das BMVg in die Evaluierung geht und asap nachsteuert (hoffentlich). Die Zielsetzung der Regelung an sich ist gut, aber die Umsetzung miserabel. Einzig gut ist aktuell, dass endlich in den Kdos klar wird, wo die Reformfehler bezüglich der personellen Strukturen liegen (ein Soldat, der für fünf Soldaten die Aufgaben erledigen soll). Das ursächliche bzw. Hauptproblem liegt darin, dass die Kdos keinerlei Überblick zum Thema Auftrag/Zeit haben. Und die Beispiele der Truppe kommen dort nicht bzw. eingeschränkt bzw. verwaschen an. Wie äußerte zuletzt ein Brigadekommandeur. „Oberhalb der Brigade ist die Betroffenheit gering und daher interessiert das Thema nur bedingt.“ Zwar wurde die Einführung der Regelungen als Paradigmenwechsel beschrieben, aber Schwerpunkt scheint es keiner zu sein. Und dann erinnere mich noch an ein Interview des Inspekteurs Heer im vergangenen Herbst: „…das Heer ist sehr gut auf die Einführung der gesetzlichen Arbeitszeitregelung vorbereitet…“. Ich selbst habe nichts gegen ein Ausweiten von Aussnahmen, aber nur, wenn diese nicht mehr für rund 3 Euro 50 Cent vergütet, sondern den Sätzen des Grundbetriebes (wie Bundespolitzei) vergütet werden! Stellt euch vor wir wären in der Flüchtpingshilfe in der Ausnahme für die 3,50 Euro die Stunde… der Staat würde nur noch auf die Bundeswehr zurückgreifen. Das ohne mich!
Schon sehr ernüchternd wie hier sehr schön mal wieder auf dem Rücken der Truppe politische Zielkonflikte augetragen werden:
1. Präventiv geregelter work-life-balance für Soldaten zur Erhaltung der uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit bis ins Pensions-, respektive Rentenalter hinein – volkswirtschaftliche Ebene
2. Attraktivitätssteigerung durch angeblich planbare Dienst-/Freizeit-Regelung, bzw. Zeit-/Geldausgleich bis an die limits von 1. – „tarifliche“ Ebene
3. Aufrechterhaltung der maximalen Verfügbarkeit des Personalkörpers für „alles, was da so anfällt“ indem man die Ausnahmen versucht zur Regel zu machen – aber natürlich nicht durch die politische Ebene, sondern durch die Durchführungsinstanzen – das ist die 3M-Ebene: MACHEN Sie mal, Sie MACHEN das schon, sonst MACH ich Ihnen gewaltigen Ärger.
Politisch verlogener geht’s eigentlich nicht mehr. Bin mal gespannt auf das nächste „Es kann nicht sein, dass……..“ aus einem „Berliner“ Mund. Doch, Herr B. , es kann nicht nur sein, es muß sogar sein, dass durchführende Vorgesetzte schlicht und einfach mal „Schicht im Schacht“ befehlen, und Sie sollten eigentlich der erste sein, der solche Vorgesetzte dabei unterstützt.
Wieso kann man keine Überstunden Tun
und dafür Ausgleich Tage dafür schaffen dann braucht man zwischen Weihnachten und Neujahr kein Urlaub mehr nehmen
wie es die Freie Wirtschaft auch tun kann
@frank
„Als Mitglied des I DEU/NLD Korps kann ich nur sagen, dass bei unseren Übungen soweit wie Möglich zunächst alles als Ausnahme deklariert wird.“
Das werden wir ja ab morgen wieder sehen. Interessant würde es, wenn andere (deutsche), an der gleichen Übungen beteiligte Verbände das anders sehen und entsprechend melden würden.
Wenn bei der Truppe in der Woche 270000 Überstunden anfallen dann läuft etwas gewaltig schief. Natürlich ist es sehr schwach das die Durchführungsbestimmungen immer noch fehlen, aber das hier die Ausnahmen wieder zur Regel gemacht werden sollen, kann auch nicht die Lösung sein. Das eigentliche Problem ist doch das die ganze Struktur in der Truppe nicht mehr passt. Es geistern viel zu viele Soldaten in Ämtern und Kommandobehörden herum. Abschaffen und zurück in die Truppe damit. Kein UmP unter 50 gehört in ein Amt. Dann hört der Bürokratiewahnsinn auch von selber auf. Wenn ich nur noch sehr schlanke Stäbe habe, dann werden sich auch die Meldeorgien und Antragswege auf ein notwendiges Maß reduzieren weil das sonst nämlich nicht mehr zu bearbeiten ist. Ebenso gehören Vorschriften auf das unabdingbare Maß (Gefahr für Leib und Leben oder Vermeidung von erhebliche Sachschäden) heruntergestrichen. Wenn ich sehe wieviel Arbeitszeit in diesem Wechsel von Vorschriften zu Regelungen verschwendet wurde und noch wird, bekommt man das Grausen.
Zum Thema Attraktivität. Die SAZV ist das Resultat einer vor Jahren geforderten Umsetzung der EU Arbeitszeitrichtlinie und hat nichts mit der Attraktivitätsoffensive zu tun. Unabhängig davon sollte man das ganze natürlich praxisnah umsetzen und möglichst attraktiv gestalten.
@Insider:
Die Umsetzung der AZR ist wesentliches Element der Agenda Attraktivität: http://tinyurl.com/jtcmfk8
Die Ministerin sollte an der Umsetzung ihrer bisher umfangreichsten politischen Vorgaben gemessen werden.
„…..wieso kann man keine Überstunden machen?…..“
Hier einmal ein Beispiel:
Für einen 2 wöchigen Übungsplatzaufenthalt wird für einen Kampftruppenverband eine nüchterne Zahl x als Dienst errechnet und dieser auch als Freistellung vom Dienst mit eingeplant, um die Überstunden abzubauen. Jetzt passiert der Übungsplatzaufenthalt und es passieren Dinge, die passieren können, jedoch schlecht bis gar nicht vorweg planerisch zu erfassen sind, wie z.B.:
Da wird ein Soldat krank und muss Nachts ins Krankenhaus. Kein Problem, er wird dorthin gefahren. Jedoch macht an der Stelle wieder jemand Dienst, der nicht planbar war.
An anderer Stelle fällt Großgerät aus und steht die halbe Nacht im Nirgendwo, bis Hilfe naht und das ausgefallene Fahrzeug instandgesetzt, oder geborgen wird. Die Besatzung und die helfenden Hände tun Dienst, der nicht planbar ist.
usw, usw, usw.
Das ergibt dann am Ende ein mehr an aufgebauten Stunden auf den Konten der entsprechenden Soldaten. Jetzt erfolgt der geplante Abbau der Stunden und bei oben beschriebenen Soldaten bleibt ein Rest an Überstunden stehen. Diese können jetzt nicht länger Dienstfrei machen, weil es eben diese sind, die auch nach dem Übungsplatz wichtige Aufgaben erfüllen, um die Nachbereitung durchzuführen zum Beispiel. Das baut sich dann mit jedem dazu kommenden nächsten Auftrag dermaßen auf, dass angesprochene Soldaten nicht nur zwischen den Feiertagen frei machen müssen, sondern das Jahr im Oktober sein Ende findet. So sieht die Realität auf der Arbeitsebene aus. Kann das gewollt sein?
Die Soldaten wollen vernünftigen Dienst leisten und dabei angemessen besoldet werden. Ich kenne keinen Soldaten, der nicht bereit wäre für ein Übungsvorhaben etc länger Dienst zu tun.
Jetzt gibt es Auslegungen der SAZV, die vom Soldaten verlangen das er seine Freizeit nach Dienstschluss um 1700 irgendwo im Nichts verbringt, damit das Stundenkonto nicht überquillt. Anders als früher, wo ein Übungsplatz genutzt wurde und auch bewusst mehr Stunden vom Einzelnen abverlangt hat, um effizienter Ausbildung zu betreiben. Soldaten sind nicht bequem und auch nicht faul. Auf einem Übungsplatzaufenthalt macht man Überstunden, das weiß man und das erwartet man. Aber als Gefechtsverband hunderte von Kilometern entfernt vom Standort einen Übungsplatzaufenthalt durchzuführen, bei dem strenge Dienstzeitregelungen angelegt werden und der Rest als Freizeit in der Pampa ausgelegt wird, ist grenzwertig und wird als Betrug am Menschen empfunden. Rechtmäßig hin, oder her, das spielt keine Rolle beim empfinden.
An dieser Y-Stelle stehen nun viele Soldaten und müssen sich entscheiden Dienst nach Dienstplan und Vorschrift, oder freiwillige Mehrarbeit ohne Entlohnung. Viele die ich kenne wollen „Ihren Laden“ am laufen halten und pfeifen auf Dienst nach Dienstplan, sondern leisten ihren Dienst nach Notwendigkeit. Ist das richtig? Wird hier nicht die Nichteinhaltung der Regeln dazu genutzt ein falsches Bild entstehen zu lassen, es funktioniere alles mit der SAVZ und ihrer Regularien? Sollten nicht die Soldaten stumpf die Regeln einhalten und damit zeigen, was alles nicht mehr geht?
Nach dem alten Dienstzeiterlass wurden Stunden, halbe und ganze Tage aufgebaut. Diese wurden in einem erträglichen Maß finanziell und in Form von Freizeit vergütet. Das wurde trotz einer lächerlichen Summe, auf die Stunde bezogen, bereitwillig hingenommen. Und nun?
Was will ich damit sagen:
Die Soldaten, die ich kenne fühlen sich in Teilbereichen betrogen. Keiner wollte diesen Erlass in der jetzigen Umsetzung. Ein Umdenken muss passieren. Gegenüber Soldaten anderer Nationen schämt man sich. Ja man schämt sich! Ist es das was damit erreicht werden sollte? Niemand macht Dienst nach Vorschrift, wenn der Sinn darunter leidet.
Verzeihen sie mir bitte die zum Teil emotionalen Äußerungen, aber dabei kocht mein Gemüt schon ziemlich hoch.
Wo ist der Mensch in dieser Diskussion? Geht es nicht genau um ihn? Ist es gesünder für den Mitarbeiter Soldat, wenn man seine Gesamtstundenbelastung zwar reduziert, zu dem Preis das er sich in einer gefühlten handlungsunfähigen Organisation wiederfindet? Wie denken sie darüber?
Man kann die Bundeswehr nicht mit einer anderen Armee vergleichen, schon gar nicht mit einem wirtschaftlichen Konzern. Es bedarf einer am Objekt (Bundeswehr) orientierten Lösung und nicht eine, in die man versucht das Objekt zu stopfen. Das kann nur in die Hose gehen.
Wie häufig ist der Sündenbock schnell gefunden: Truppe. Wir sind halt einfach zu doof, die SAZV zu verstehen.
Fakt ist: selbst für eine „Einsatzübung“ braucht ein Trupp (sic!) also mittlerweile die Genehmigung eines B6. Auftragstaktik sieht m.E. anders aus. Und dieses Gerede um Ausnahme und Regel ist vielsagend. Wann versteht man im Bendlerblock und den Stäben endlich, dass eine Übung für die Truppe keine Ausnahme ist – dafür sind sie ja schließlich da. Man hat wieder einmal ein bürokratisches Monster geschaffen, das nur „Kasernendienst“ und „Einsatzvorbereitung“ kennt. Dazwischen nichts. Die Enabler können ein Lied davon singen. Die Bilder nach einer Verlegung in einen Übungsraum im Ausland ins Feld und die anschließende revisionssichere, minutengenaue Dokumentation der Arbeitszeit in der masurischen Seenplatte oder am Polarkreis sind unfassbar. Bitte, überarbeitet das Werk. Verantwortung dahin, wo sie hingehört: an den Mann.
Und die Forderung nach mehr Personal ist scheinheilig.Mehr Leute können auch nicht mehr in einer gewissen Zeitspanne leisten. Und der Einzelschütze eben auch nicht.
@Memoria
Ja. Die 41Std.werden dort erwähnt. Trotzdem beruht das ganze auf der EU-AZR von 2003 und konnte nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom BMVg nicht mehr weiter ignoriert werden. Und in 2003 war Attraktivität noch kein Thema.
Man war damals auch völlig überrascht als bei der Luftwaffe die Flugplatzfeuerwehren aufgrund von Überstunden auf einmal geschlossen hatten ;-)
Die allgemeine Arbeitszeitrichtlinie wurde ja bereits 2003 von der EU beschlossen. Mich würde ja jetzt mal interessieren, seit wann genau die Implementierung in die Bundeswehr (was ja angesichts der Tatsache, dass bei weitem nicht alle EU-Mitgliedstaaten die AZR für ihre Streitkräfte umgesetzt haben, keine Selbstverständlichkeit war) bereits feststeht.
Ich hoffe mal, dass die bei der anstehenden Evaluierung einige vernünftige Änderungen eingeführt werden. Zumindest sollten Einheitsführer wieder in der Lage sein, im Ausnahmefall Mehrarbeit anzuordnen. Und es wäre sicherlich auch eine Überlegung wert, wenn eine finanzielle Vergütung der Überstunden bei Überschreiten einer bestimmten Linie möglich wäre.
@Insider:
Natürlich ist die EU-AZR älter und das BVerwG-Urteil brachte mehr Handlungsdruck. Aber es sollte nicht vergessen werden, dass vdL – im Gegensatz zu TdM – die Umsetzung gerade Im Rahmen der Agenda Attraktivität sich auf die Fahnen geschrieben hat.
Das Ergebnis ist jedoch unattraktiv und zeigt wie lebensfern man im BMVg denkt und entscheidet.
Ich hab gehört, auf der Leitungsebene hat man zumindest zur Kenntnis genommen, dass der „erste Wurf“ der Umsetzung der EUAZR bei unserer Bw „ins Aus“ ging. Da wird nachgebessert werden – da bin zumindest ich mir sicher.
Und dabei muss unser BwVbd nun massiv Einfluss nehmen. Vor allem muss dieser idiotische „Fürsorgeansatz“ abgebogen werden, nach dem der Dienstgeber per starrem Dekret darüber befindet, ob eine dienstliche Mehrbelastung monetär oder über Zeitausgleich abgegolten wird. Diese Entscheidung muss bei den Disziplinarvorgesetzten bleiben. Und diese werden – wie bislang geübt – die Einzelheiten mit den Betroffenen und den Vertrauenspersonen klären. Das war und wäre Innere Führung par Excellence!
Und wenn das nix werden sollte, empfehle ich den aktiven Kameradinnen und Kameraden, die uns gerade untergewuchtete SAZV einfach gegen die Wand laufen zu lassen. Ethisch-moralische und rechtliche Grundlage hierfür: Die Pflicht zum treuen Dienen. Man muss und darf nicht jeden Schwachsinn mitmachen – insbesondere dann, wenn die Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrages der Streitkräfte durch äußere Einflussnahme verhindert wird.
Hans Schommer
@Hans Schommer
Ich sag‘ mal ganz vorsichtig: Das ist hart an der Grenze zum Aufruf zur Meuterei.
Das eigentliche Problem ist die Handlungsunsicherheit (fehlender Führung von oben) vieler Kompaniechefs
die nicht wissen oder bestenfalls gefährliches halbwissen über den „Entwurf“ SAZV besitzen. Daraus drängt die Angst aufgrund dieser SAZV Fehlverhalten an den Tag zu legen welches bestraft werden könnte.
Weiter sehen einige Kp-Chefs bzw Führungspersonal aufwärts die Lösung darin die Vogel-Strauß Taktik anzuwenden und nach dem Motto zu agieren steter Tropfen höhlt den Stein was solange nicht durchhaltbar ist. Das die Unzufriedenheit und der Frust der Soldaten (alle) dadurch weiter steigt dürfte klar sein ….aktiv attraktiv geht anders, da hilft kein Flat für Soldaten unter 25.. wo sind die mil. Vorgesetzten von früher mit breitem Kreuz und am Puls der Männer ……und eins dürfte klar sein für mehr Freizeit benötigt man mehr Geld..
@Memoria
Natürlich versucht das BMVg das ganze der Öffentlichkeit als Werbemaßnahme in Sachen Attraktivität zu verkaufen. Ich finde das auch legitim.
Die Umsertzung ist leider BMVg like = grottenschlecht. Ob man das alles vdL anlasten kann und muss, soll jeder für sich selbst bewerten. Ich denke wenn sie den verantwortlichen Referatsleiter dazu befragt wird dieser antworten das rechtlich alles eineandfrei ist. Und nun ?
Für mehr hat eine Ministerin real doch gar keine Zeit.
Der Apparat BMVg kann leider nicht von einer Person alleine verändert werden. Da müssten der GI und seine goldfarbenen Freunde mal richtig Druck aufbauen. Da liegt für mich das Hauptproblem. Ich verstehe überhaupt nicht mehr was die für einen Auftrag haben. Sagen die zu allem Ja und Amen ? So blind und taub kann man doch gar nicht sein.
@T.W.
Ich glaube was Kamerad Schommer meint, ist eben nicht wieder BW-typisch in unabdingbarer Treue wieder alles möglich zu machen und dann „doch wieder irgendwie alles zu schaffen“.
Das Ganze dann natürlich unter Einsatz von Zeit und Energie „außerhalb der Bücher“ etc…
Wird jetzt schon praktiziert. Kleiner Einblick in den Truppenalltag: Führungskräfte in meiner Einheit haben derzeit im Schnitt 25h Überstunden im System – der Spitzenreiter 36h. Erwirtschaftet in gerade einmal 2 Monaten Zeiterfassung. Und das während der eher „ruhigen“ Wintermonate. Ich rechne bei allen konservativ mit 100h im Jahresmittel aus dem Grundbetrieb heraus – ohne 3 Wochen Übungsplatz. Unterm Strich werden da wohl 20 Urlaubstage (Gleittage – Freitage berücksichtigt) im Basisfall entstehen. Dazu noch Basis 30 Tage Urlaub (alle haben aber 40+) sind konservativ 50 dienstfreie Tage – realistisch 60. Das sind 10-12 Wochen oder mit Feiertagen und Wochenenden verrechnet ca 170 Tage dienstfrei im Jahr.
Attraktiv? irgendwie schon ;)… aber sinnvoll? schwierig.
Was mich rettet sind der eigentliche Urlaub der Soldaten (da kann man ja keine Überstunden erwirtschaften ;)) und der Einsatz.
Unterm Strich warten und zittern alle vor dem Oktober wenn die ersten Zwangsbeurlaubungen kommen werden.
Was soll man von einer Organisation wie die Bw halten, bei denen eine Bundesoberbehörde wie Kdo H, Lw usw. mittels LoNo-Aufträgen ein Mikromanagement auf Kompanieebene betreibt, aber im Umkehrschluss nicht weiß, wieviel Wochenstunden im Schnitt die einzelnen Kompanien leisten ?