A400M-Probleme: Airbus befürchtet „signifikante finanzielle Auswirkungen“
Die technischen Probleme des Militärtransporters A400M werden offensichtlich für den Luftfahrtkonzern Airbus auch zu einem finanziellen Risiko. Nun bin ich kein Finanzanalyst und kenne mich im Investor Relations Speak nicht so aus – aber wenn Airbus-Chef Tom Enders bei der Vorlage der Quartalszahlen des Unternehmens am (heutigen) Donnerstag diesen Flugzeugtyp gleich in seinen einleitenden Worten erwähnt, dürfte die Lage schwierig sein:
„2016 turns out to be the challenging year we anticipated. Overall, we expect a stable financial performance but deliveries, cash and earnings will be heavily loaded towards the end of the year. And that already shows in our first quarter performance,” said Tom Enders, Airbus Group Chief Executive Officer. (…) “On the military side, we are now facing a serious challenge for production and customer deliveries of the A400M due to new, unexpected issues on the engine propeller gearbox. It’s very frustrating but we’ll have to work through this with our engine partners.
(…)
On the A400M, following a recent Airworthiness Directive from the European Aviation Safety Agency linked to the propeller gearbox on the engine, a thorough technical and industrial evaluation has been launched to secure both short- and long-term solutions. The expected impact on aircraft in service and how they can be supported, implications on the delivery schedule and ongoing discussions with customers are under assessment. Furthermore, industrial efficiency and military capability remain a challenge during the ramp-up phase.
The Company is working with customers to agree a schedule of military capability enhancement and deliveries. Overall, the cost at completion assessment will need to be adapted accordingly, but at this stage there is not a sufficiently mature view of the technical, commercial and industrial consequences and their potential impact on the financial statements, which could be significant.
Der letzte Satz ist, so verstehe ich die börsenrelevante Aussage, der entscheidende: Zur Zeit gibt es keinen ausreichenden Überblick über die technischen, kommerziellen und industriellen Konsequenzen und ihre mögliche Auswirkung auf die finanziellen Angaben, die signifikant sein könnten.
Und dabei geht es noch nicht einmal um die kürzlich bekannt gewordenen (und hier auch ausführlich diskutierten) Probleme mit Rissen im Rumpfmittelteil. Hauptproblem bleibt offensichtlich das Propellergetriebe, das ja nicht von Airbus stammt, sondern vom europäischen Konsortium Europrop International.
Die jüngsten Problemmeldungen zu den Triebwerken bzw. deren Getrieben, den Propeller Gear Boxes, hatte es Anfang April gegeben. Und die Auswirkungen auf die geplanten Auslieferungen der Maschinen in diesem Jahr, von denen die deutsche Luftwaffe neun Exemplare erwartet hatte, bleiben weiterhin unklar.
Nachtrag: Ergänzend dazu von Reuters:
Die finanziellen Folgen der Getriebeprobleme an den riesigen Propeller-Triebwerken des Flugzeugs könnten erheblich sein, sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm am Donnerstag bei der Präsentation der jüngsten Quartalsbilanz. Damit könnten die Belastungen im laufenden Jahr über die bereits veranschlagten fünf Milliarden Euro hinausgehen.
(Archivbild: Ankunft des dritten A400M der Royal Air Force im Juli 2015 – Andrew Linnett/Crown Copyright/MOD News License)
@Georg: In Kurzform für Lobbyisten:
Dem Ingenieur
ist nichts zu schwer,
mein Gott Walter
aber dem Halter!
@Georg
„Muss also das Gehäuse der PGB die kompletten Torsionskräfte, die sich aus Drehmoment Propellor und Gegendrehmoment des Triebwerks und zusätzlich das Gewicht des Triebwerks über die erwähnten Verbindungsstangen und der eingesteckten Antriebswelle aufnehmen ?
Falls ja, wundert mich nichts mehr :-(“
Ich sehe das auch so und mich wundert nix mehr … Ist bestimmt 10 hoch minus 9 zertifiziert und abgenommen … Der Hersteller gleicht mit seiner QS / QM einer Bastelbude … habe da mehr Vertrauen in die Ludollfs :-))))
Für Interessierte: Habe gestern abend von einem „stillen AG-Leser“ noch einen ganzen Schwung an Bildern zum TP400D6 erhalten und alles zusamengestellt (16 Bilder). Da kann jeder genauer hinsehen und sich zu Triebwerksaufhängungen, Momenten, Kräften und Massen sowie möglichen Vibrationen so seine Gedanken machen.
Download: https://www.docdroid.net/n57Z1Ry/pic-1-16-engine-total.pdf.html (9,2 mb)
Ich zähle jetzt 4 Aufhängungen an der PGB und 4 weitere hinten am Triebwerk.
Vielleicht können wir uns noch darauf einigen,daß das Schnittbild kein TP-400 D6 darstellt.
Das Schnittbild dürfte in Anlehnung an die RR-AE 2100-Engine entstanden sein, welche das Konstruktionsprinzip für die TP400D6-Engine vorgab (vgl. https://www.yumpu.com/xx/document/view/55501157/tp400d6-vs-rr-ae2010 )
@ Vtg-Amtmann
Danke für die zusätzlichen Bilder vom Triebwerk
@ all
Ich muss mich gegenüber meiner gestrigen Aussage korrigieren, am hinteren Ende des Triebwerks, ungefähr in Höhe von der letzten Turbinenstufe, sind 4 doppelte Aufhängeösen zur Aufnahme des hinteren Ende des Triebwerks im Flügel.
Vorne bleibt es bei den zwei Zugstangen, die das Triebwerk ins Propellorgetriebe ziehen und auf festen Abstand halten. Die hinteren Aufhängeösen sieht man auf dem Bild 6 und auch auf Bild12, 13. Im Bild 16 sind sie mit einer Verkleidung abgedeckt mit Aussparungen für die Aufhängeösen.
Interessant ist jedoch die Propellor Gear Box. Auf Bild 13 sieht man 4 (2 und 2 auf der anderen Triebwerkseite) massive, trapezförmige Flansche zur Aufnahme der Summe der Kräfte in die Tragfläche.
Auf Bild 1 und 16 sind die gleichen Flansche am PGB rechteckig. Offensichtlich hat es da eine Umkonstruktion gegeben. Vielleicht haben die parallelen Schraubenlöcher beim rechteckigen Flansch die Rissbildung im PGP-Gehäuse gefördert. Es wäre mal interessant für welchen PGP-Typ die EASA Zulassung gilt.
Des weiteren sind auf den Bildern die Triebwerke in wohl unterschiedlichen Entwicklungsstadien dargestellt. Auf der linken Triebwerksseite ist vermutlich der Schmiermitteltank als Alukasten dargestellt. Die Form dieses Tanks ist unterschiedlich bei den verschiedenen Bildern (bei den Bildern 1 und 16 eher zylinderförmig, bei den Bild 13 u.a. eher quaderförmig).
In der Summe muss man ferststellen, dass die hinteren Aufnahmeösen am Triebwerk wohl nur ein Teil des Gewichtes des Triebwerks tragen, die vier rechteckigen / trapezförmigen Flansche mit dem Bolzenloch in der Mitte wohl alle Vorwärtskräfte und das Gegendrehmoment auf den Flügel übertragen.
Das Gegendrehmoment und die Zugkräfte des Propellors von 4 x 8000 kW, bzw. 4 x 10800 PS werden über dieses Propellorgehäuse auf den Flügel übertragen.
Re-Design, also Neukonstruktion oder „Anpassentwicklung“ ?
Na ja, :-)
@Georg: Ihre Kommentare sind immer wieder erfrischend und auch stets zum Schmunzeln. Ich muß dabei an unseren Konstruktionslehre-Dozenten in Neubiberg denken (FHS Bw). Dessen Spruch war „Jungs, ihr zeichnet, konstruiert und rechnet wie die Bekloppten, geht doch mal drei Meter vom Zeichenbrett weg, kneift ein Auge zu, was dann noch erkennbar ist und elegant aussieht, das hält auch“ [ die Aufgabe war ein Gabelstapler]. Wenn nicht zeichnet und konstruiert neu, Rechnen könnt ihr später.
Beim TP400D6 muß man offenbar beide Augen und auch noch die Hühneraugen zudrücken.
Mag das etwa daran liegen, daß es keine „alte Garde“ (Pleiderer’s, Knobling’s, etc. wie bei MBB) mehr bei Airbus gibt, sondern nur noch „hochmotivierte Leiharbeits-Ingenieure“?
Auf festem Abstand und in Position gehalten werden die Teile wohl eher von der Hülse um die Welle (Bild 4 und 8). Die beiden Stangen, die im übrigen aussehen, als könnten sie auch Druck aufnehmen, stabilisieren das Ganze nur.
Warum höre ich so eine Antwort nicht von den großen Ingenieuren des Forums, die hier im Doppelpassspiel alles hervorkramen, was dem A400M eventuell anzuhängen sein könnte, und andere als Lobbyisten bezeichnen?
Die Fotos der Mappe sind im übrigen aus dem Netz zusammengesucht, stammen zum Teil vom Hersteller oder von Wikipedia wie Bild 9: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Salon_du_Bourget_20090619_251.jpg
Das mit den trapezförmigen Flanschen ist also ein Präsentationsmodell, das spätestens seit 2009 über die Ausstellungen geht.
Keines der Fotos zeigt IMO das aktuelle und vollständige Triebwerk, der auf einigen Bildern gezeigte Lufteinlauf kann z. B. nicht aktuell sein.
Ps.: Wenn die Stangen reine Zugstange wären, bräuchten sie nicht in der Mitte einen größeren Durchmesser als an den Enden.
Bild 16 liefert auch einen Blick auf die fette „Hülse“ (oder wie immer das in der Fachsprache heißt) um die Welle.
@Schnallendorf: Sie verlieren sich in den Himmelsrichtungen der Vektoren!.
Beim Lufteinlauf fehlt mir auch das IPS (inertial particle separator).
@ Schnallendorf
Danke für Ihren Beitrag betreffs der Stangen. Wenn man „TP400“ bei Google eingibt und auf „Bilder“ geht, kommt übrigens auch ein Foto mit 3 Stangen (mir ist unklar, ob ein Link erlaubt ist).
Zu Ihrer Frage: „Warum höre ich so eine Antwort nicht von den großen Ingenieuren des Forums, die hier im Doppelpassspiel alles hervorkramen, was dem A400M eventuell anzuhängen sein könnte, und andere als Lobbyisten bezeichnen?“
Weil das eben Ihr Mosaiksteinchen ist, das Sie beitragen, und andere bringen was anderes. Das ist die Stärke und der Charme dieses Forums, dem ja anscheinend auch Sie sich nicht ganz entziehen können.
Und das Hervorkramen macht doch auch deshalb Spass, weil zuvor andere etwas verbergen…
@ win
Danke, das sehe ich auch so. Es ist die Lust am Puzzle-Spiel um aus den verfügbaren Informationen eine mögliche Ursache zu erkennen.
@ Schnallendorf
Zitat:
„Das mit den trapezförmigen Flanschen ist also ein Präsentationsmodell, das spätestens seit 2009 über die Ausstellungen geht.“
Vermutlich zeigen die Triebwerksbilder von den großen Luftfahrtmessen ein Präsentationsmodell. Es ist aber ein voll funktionsfähiges Triebwerk, vielleicht im Vorserienstand und nicht nur ein reines Präsentationsmodell.
Wenn Sie sich die Propellorgetriebegehäuse der verschiedenen Bilder anschauen, dann zeigen die Bilder des „Messeausstellungstriebwerks“ ein Vollgussgehäuse und die Bilder der Triebwerke in den Montagehallen ein bearbeitetes Getriebegehäuse. Hier wurde deutlich Material, sprich Gewicht entfernt und es sind integrale Stützen in der Oberfläche des Gehäuses enthalten (wie bei einer Fachwerkkonstruktion). Also vermutlich die gleiche Stabilität als die Vollgussgehäuse aber weniger Gewicht.
Das die Zugstangen zur Stabilisierung des Triebwerks am Propellorgetriebe auch Druck aushalten ist wahrscheinlich. Die von Ihnen erwähnten Abstandshülsen auf der Antriebsachse halten den Abstand des Triebwerks zum Getriebe und die Zugstangen ziehen es heran. Wenn Sie sich die Bilder 12 und 13 anschauen, dann sehen Sie die Zugstangen bestehend aus den zwei Gewindestangen mit den Zugaugen oben und unten und der dickeren Gewindehülse in der Mitte. Oben und unten wird die Gewindehülse mit jeweils einer Kontermutter gesichert.
Für mich ist diese Konstruktionsweise ein Hinweis, dass das Triebwerk mit der Antriebswelle in die PGB gesteckt wird, mit der Abstandshülse über der Antriebswelle auf Abstand gehalten wird und mit den zwei (oder event. drei wie @win erwähnte) schraubbaren Zugstangen dann genau auf diesen Abstand fixiert wird.
Mithin keine starre Verbindung (dies würde bei den Antriebsmomenten die das Triebwerk auf die PGB überträgt auch nicht funktionieren), sondern eine Verbindung die ein gewisses Spiel zulässt.
Wie sieht es denn eigentlich mit Drehschwingungen aus? Gibt es Hinweise darauf, dass die PGB auch darunter leiden könnte? Könnte ich mir bei der ellenlangen Antriebswelle gut vorstellen, trotz des beeindruckenden Durchmessers.
Das wäre dann noch eine völlig andere Baustelle, weitgehend unabhängig von der Problematik der Befestigung des Gehäuses.