Syrien-Sammler: Luftangriff auf Krankenhaus, Kanzlerin für Flugverbotszone

Nachdem der vorangegangene Sammelthread zum Thema Syrien noch vom Optimismus der Einigung bei der Münchner Syrien-Konferenz getragen war, sieht es keine drei Tage später deutlich anders aus: In der Woche, an deren Ende eine Waffenruhe im Land stehen soll, treffen Luftangriffe ein Krankenhaus und andere zivile Einrichtungen, die Türkei beschießt mit Artillerie von Kurden eroberte Gebiete. Die Lage ist hinreichend unübersichtlich; ich starte die Sammlung mit diversen Einzelmeldungen:

• Angriff auf ein Hospital in Idlib/Syrien – aus der Pressemitteilung von Ärzte ohne Grenzen vom (heutigen) Montag:

At least seven killed and eight missing in another MSF-supported hospital attack in Idlib province -Syria
Gaziantep/Paris – 15 February 2016 – At least seven people were killed, and at least eight are missing, presumed dead, after a Médecins Sans Frontières (MSF) -supported hospital in Idlib province in northern Syria was destroyed in an attack on Monday morning, the medical humanitarian organisation said.

The hospital in Ma’arat Al Numan was hit by four missiles in two attacks within a few minutes of each other, according to staff from the hospital. Around 15 other houses and structures located in populated zones were struck in the area, including reports of another non-MSF-supported hospital during Monday morning.
“The destruction on the MSF supported facility appears to be a deliberate attack on a health structure”, denounces Massimiliano Rebaudengo, MSF’s Head of Mission.
Five patients were killed, as well as one caretaker. In addition, a hospital guard was killed and eight members of staff are missing, presumed dead. Other patients are still missing, but their numbers are currently unknown.
“The destruction of the hospital leaves the local population of around 40,000 people without access to medical services in an active zone ofconflict,” Massimiliano said.
There were also reports on Monday morning of another two hospitals in Azaz city being attacked. These facilities were not supported by MSF.
The 30-bed hospital in Ma’arat Al Numan had 54 staff, two operating theatres, an outpatient department and an emergency room. The outpatient department treated around 1500 people a month, the ER carried out an average of 1,100 consultations a month, and around 140 operations a month, mainly orthopaedic and general surgery, were carried out in the operating theatres.

Wer für diesen Luftangriff verantwortlich ist, ist umstritten – und wie in den vergangenen Tagen schon einmal gab es gegenseitige Vorwürfe von Seiten Russlands und der US-geführten Operation Inherent Resolve:

(Allerdings gehört dazu auch die Anmerkung: US-Streitkräfte haben schon mal, bislang unwidersprochen vorsätzlich, ein Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen angegriffen – in Afghanistan.)

• Kanzlerin schlägt Flugverbotszone vor: In einem Interview der Stuttgarter Nachrichten (Link aus bekannten Gründen nicht) sagte Angela Merkel:

In der jetzigen Situation wäre es hilfreich, wenn es dort ein Gebiet gäbe, auf das keine der Kriegsparteien Angriffe fliegt – also eine Art Flugverbotszone. Mit den Terroristen des IS können wir nicht verhandeln. Aber wenn es gelänge, zwischen der Anti-Assad-Koalition und den Assad-Unterstützern eine solche Vereinbarung zu treffen, wäre das hilfreich.

Was die Kanzlerin nur indirekt sagt: eine Vereinbarung mit den Assad-Unterstützern müsste eine Vereinbarung mit Russland sein.

• Denn die russische Luftwaffe kontrolliert den Himmel über Syrien, wie auch die deutsche Luftwaffe bei ihren Aufklärungsflügen zur Bekämpfung der ISIS-Terrormilizen regelmäßig beobachten muss:

Die deutschen „Tornado“-Aufklärer werden nach Informationen der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ bei ihren Einsätzen über Syrien regelmäßig von russischen Jagdflugzeugen beschattet. Wie der Kommandeur des Zentrums Luftoperationen der Bundeswehr, Generalleutnant Joachim Wundrak, der Redaktion bestätigte, will Moskau mit den Begleitaktionen die Auffassung verdeutlichen, „dass die russischen Jets im Gegensatz zu der internationalen Anti-IS-Koalition auf Einladung der legitimen syrischen Regierung unterwegs sind“. Die „Tornados“ seien aber nicht Ziel eines Abfangmanövers oder würden aus dem syrischen Luftraum abgedrängt, sagte Wundrak der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe). Deutschland unterstützt seit Anfang des Jahres mit sechs „Tornado“- Aufklärungsflugzeugen die internationale Militärkoalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.

(In dem Bericht der Rheinischen Post, der umfangreicher ist als die obige Pressemitteilung, sagt Wundrack auch: Die deutsche Luftwaffe konzentriert sich bei ihrer operativ-taktischen Aufklärung auf die hochauflösende Abbildung. In dieser Qualität besitzen die meisten anderen Nationen diese Fähigkeit nicht. Erst das ermöglicht vorweg sorgfältig geplante, sehr präzise Angriffe, wie sie angesichts der verworrenen Lage in Syrien nötig sind. – daran sollte man sich erinnern, falls die Bundesregierung wieder mal versucht, zwischen der deutschen Aufklärungsrolle und den Luftangriffen anderer Mitglieder der Koalition zu differenzieren.)

• Zur Lage in Syrien selbst gibt es viele verschiedene, teils widersprüchliche Meldungen – an dieser Stelle und um diese Uhrzeit deshalb nur der Hinweis auf eine AP-Analyse aus Moskau:

Moscow joined the fight in Syria to return to relevance in international diplomacy. It has succeeded by anyone’s measure — and Russia hopes to use its air power to dictate the terms of a cease-fire and prospective peace talks.
Russian warplanes have helped the Syrian army make broad advances and close in on the country’s biggest city, Aleppo. Meanwhile, the Western-backed opposition is fractured and weakened.
So as talk turns to a cease-fire, Syrian President Bashar Assad, Moscow’s sole ally in the region, is in a stronger position than he has been in years. What’s more, Russia has cast itself as an indispensable global player that holds the key to the settlement of a nearly five-year conflict that has flooded Europe with refugees.

Weiter nach Entwicklung, zur Lage am Boden sinnvollerweise am (morgigen) Dienstag. Und gerne in den Kommentaren.