NATO, AWACS, Syrien (mit klärendem Nachtrag)
NATO-Verteidigungsminister diskutieren morgen Einsatz von Awacs-Flugzeugen in Syrien. Unterdessen im NATO-Shop… pic.twitter.com/tB0P5Ymugg
— Stefan Leifert (@StefanLeifert) 9. Februar 2016
Dieser Tweet des ZDF-Kollegen Stefan Leifert hat einen eigenen Eintrag verdient.
(Hintergrund dazu, also zu einem möglichen Einsatz von AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeugen der NATO im Kampf gegen die ISIS-Terrormilizen in Syrien, steht hier und hier.)
Aus der Pressekonferenz von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg:
• Der AWACS-Einsatz zur Unterstützung der Anti-ISIS-Koalition wird eine prominente Rolle beim Verteidigungsministertreffen einnehmen, und Stoltenberg scheint das weiterhin zu befürworten:
All NATO Allies are part of the counter-ISIL coalition. I expect NATO to provide them with support.
We are actively considering the US request for NATO AWACS surveillance planes to backfill national capabilities.
And I expect we will address this issue at the Ministerial meeting tomorrow and the day after tomorrow. As this would increase the coalition’s ability to conduct air strikes against ISIL.
Nachtrag: Da ist mir ein dummer Fehler unterlaufen – ich habe mir Stoltenbergs Pressekonferenz nicht bis zum Ende angehört und so eine wesentliche Passage verpasst, auf die mich der SpOn-Kollege Mathias Gebauer in den Kommentaren hingewiesen hat. Denn der Generalsekretär verwies ausdrücklich darauf, dass die NATO-AWACS die Verbündeten entlasten sollten, so dass sie – vor allem die USA, aber vermutlich ebenso Großbritannien und Frankreich – ihre eigenen AWACS-Flugzeuge für die Mission gegen ISIS einsetzen könnten. Für die NATO-Maschinen und damit auch für die deutschen Besatzungsmitglieder gebe es dann natürlich keine combat role:
• Der deutsch-türkische Vorstoß, die NATO in die Bekämpfung von Schleusern in der Ägäis einzubinden, ist bislang nur informell beim Bündnis angekommen – Stoltenberg erfuhr davon, sagt er, in ausführlichen Telefonaten mit den Verteidigungsministern. Jetzt müsse die Allianz insgesamt darüber beraten:
• Wer die Pressekonferenz des Generalsekretärs komplett nachhören möchte:
Und noch ein Nachtrag im Hinblick auf das NATO-Verteidigungsministertreffen und die Haltung der USA – aus der Washington Post:
Long thought to be on its last legs, NATO is set to become a regional deterrent thanks to a proposed influx of U.S. spending and equipment, Secretary of Defense Ashton B. Carter announced Tuesday.
Carter’s stance on a reinvigorated NATO comes ahead of scheduled NATO and counter-Islamic State meetings here in the coming days.
The first, on Wednesday, will assess the state of NATO and its new deterrent posture, while on the Thursday, Carter will discuss his plans to defeat the Islamic State with the 27 other countries currently participating in the coalition to defeat the terrorist group.Though the aims of both NATO and the Counter-Islamic State coalition overlap in some key areas, they remain different. The Pentagon’s message, however, is the same for both: it wants more from its allies.
Freue mich auf die Berliner Verbalakrobatik und ganz außerordentlich auf oppositionelle Entrüstung, ob 30% -Beteiligung!
Mal’ne Frage: bei der großen AWACS-Radarreichweite – ich meine es sind 300 Km – könnte AWACS doch über NATO – sprich türkischem Gebiet – bleiben?
Ein Entscheidungsproblem und vielleicht auch völkerrechtliches Problem entsteht doch dann, wenn AWACS aktiv die Jagdbomber koordiniert und leitet. Ansonsten ist doch eine quasi-Flugleitung über syrischem Gebite mit der Möglichkeit, die einzelnen Flüge zu entwirren absolut sinnvoll.
Schaue gebannt nach Berlin und hoffe eine Blamage in Richtung NATO und Partner beibt diesmal aus.
Das entscheidende Wort von Stoltenberg ist „backfilling“. Die Berliner Strategen im BMVg und AA jedenfalls verstehen darunter (und sind heilfroh), dass die NATO zum Beispiel die USAF irgendwo in den USA mit AWACS versorgen könnte, damit die USA oder andere Nationen die eigenen AWACS-Flieger dann im Anti-ISIS-Kampf einsetzen kann. Entlastung also wie so oft. Stoltenberg hat deswegen auch eine „combat role“ ausdrücklich ausgeschlossen (ziemlich am Ende der PK). Damit ist natürlich die Luft ganz schön raus, denn unsere AWACS-Mannschaften würden dann statt am Rand oder gar über Syrien irgendwo weit weg herum fliegen – manche spotten schon über Kalifornien oder Arizona…
@gebauerspon
Danke für den Hinweis – das war ein wirklich dummer Fehler meinerseits, die Stoltenberg-Pk nicht bis zum Ende anzuhören…
Habe die entsprechende – und entscheidende – Passage als O-Ton oben nachgetragen.
Falls Deutschland tatsächlich durchsetzten sollte, daß die AWACS der Nato nur irgendwelche Aufklärungsmaschinen der USA, GB oder Frankreich irgendwo in der Welt ersetzen, statt selbst in Syrien zu fliegen, macht sich Deutschland mal wieder lächerlich, erweist sich als unzuverlässiger Nato-Partner und sollte aufhören von einem Kampf gegen die ISIS zu reden, obwohl man tatsächlich überhaupt nicht kämpfen tut.
Na ja, mit dem Bashing warten wir mal ein wenig. Gibt nämlich, zur Erinnerung, 28 NATO-Länder, und vielleicht sehen das einige ja ähnlich und wollen keine direkte Beteiligung der Allianz im Kampf gegen ISIS… Das sind dann bestimmt auch alles „unzuverlässige NATO-Partner“.
@ Closius | 09. Februar 2016 – 20:26
Natürlich macht sich Deutschland durch dieses alberne „Wir sind die Guten, weil wir nicht kämpfen! Und wenn wir kämpfen, dann machen wir das geheim…“ vollkommen lächerlich.
Unabhängig davon wollen die Amis bei kritischeren Missionen eh immer ihre eigenen Maschinen verwenden, da die – sagen wir – eingespielt und dem 21. Jahrhundert angemessen ausgerüstet sind. Dass dann Basisaufgaben von Schönwetterfliegern mit deutscher Besatzung übernommen werden, stellt also schon eine Entlastung dar.
@Closius
Sehe ich anders. Das Ablösen von gebundenen Kräften ist ein vollwertiger militärischer Beitrag. Damit werden Kräfte frei und können eingesetzt werden.
Es ist keine Schande Partnern den Rücken frei zu halten. Schließlich sind deren AWACS momentan in ein militärischen Auftrag gebunden.
Nebenbei ist es für die Crews wahrscheinlich vom Aufgabenspektrum relativ egal ob sie über der Türkei oder über Arizona ihren Auftrag wahrnehmen. An Bord eines AWACS wachsen keine Ritterkreuze.
pi
Was @pi dazu sagt.
Ich werde auch gerne deutlicher: Bisweilen wird’s doch arg meinungsstark und faktenschwach. Das sollten wir hier bitte lassen.
@TW
War das jetzt ein Anschiss oder Zustimmung?
Akzeptiere beides.
pi
@pi
Für Sie Zustimmung, ansonsten Anschiss.;-)
@TW @pi
Da braucht man halt gute Knöpfe …
Hier werden meiner Meinung nach einige Dinge durcheinander geschmissen:
1. die US AWACS sind nicht per se moderner ausgestattet. Das System an Bord ist sicherlich älter. Jedoch werden Nachrüstungen besser und schneller an aktuelle Bedürfnisse angepasst. Das ist aber auch logisch, da es ein nationales Asset ist und nicht 28 Nationen (und an dieser Stelle sei angemerkt, dass es Nationen gibt die Zahlen, aber keine Truppen in Geilenkirchen stationiert haben) darüber entscheiden und es bezahlen müssen.
2. korrekt ist sicherlich, dass bei den zu verarbeitenden Informationen immer wieder auch Bereiche gibt, die „US eyes only“ oder zumindest „4 eyes only“ (US, CAN, UK, FRA) sind. Dies ist und war auch schon in der Vergangenheit sicherlich nicht ideal, um das Asset NATO AWACS 100% in jedwede Mission einzubinden.
3. meines Wissens nach darf und will die NATO als Organisation gar nicht in die Operationen gegen ISIS eingesetzt werden – im Gegensatz zu den NATO Mitgliedsstaaten. Zumindest wäre es auch ein politisch brisantes Signal wenn die NATO als federführende Organisation auftritt.
4. Wenn die NATO mit ihren Maschinen dafür sorgen kann, die nationalen Maschinen der Amerikaner, der Briten und Franzosen für den Einsatz „frei zu machen“, sehe ich zum einen nichts Schlechtes daran und es hat vor allem nichts damit zu tun, ob Deutschland sich erneut auf eine ganz eigene Art (nicht) an Einsätzen, egal in welcher Konstellation, beteiligt.
Dieses „backfilling“ ist keineswegs ungewöhnlich, siehe z.B. Mali vor ein paar Wochen. Nach dem 11. September 2001 hat die NATO AWACS in die USA verlegt, um die U.S. AWACS für Afghanistan freizusetzen. Ein kleiner Unterschied ist aber, dass das damals der erste Artikel V Einsatz der NATO war.
Viel interessanter ist die Kehrtwende Stoltenbergs. Noch am 28. Jan setzte er sich sehr deutlich für einen Einsatz in oder um Syrien ein. Da ist wohl jemand zurück gepfiffen worden ….
@J.H.
1. USA modernisiert ihre AWACS-Flotte derzeit auf sog. Block40/45 und schließt damit zum derzeit modernsten NATO-Standard auf. Eine umgerüstete Maschine ist bereits in Syrien/Irak im Einsatz gewesen.
2. NATO-AWACS wird von 16 der 28 NATO-Nationen betrieben/bezahlt und der NATO zur Verfügung gestellt. Es gibt genau eine NATO-Nation, die für NATO-AWACS bezahlt aber keine Truppen stellt: Luxemburg.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-bundeswehr-beteiligt-sich-an-nato-einsatz-in-der-aegaeis-a-1076664.html
Die Bonn wirds schon richten …….HWHVH
@Mr. AWACS
1. Umrüstung: mir ging es darum darauf hinzuweisen, dass das System der US AWACS als solches älter ist. Jedoch werden, auf das alte System, sehr effektive und moderne Upgrades gepackt (Anm. Legacy vs NMT), die sich an den aktuellen Gegebenheiten orientieren.
2. Rechnung: Absolut korrekt. Truppenstellung: halb korrekt, denn Luxemburg hat keine eigenen Truppen und durch das Fliegen unter Luxemburgischer Registrierung genießt Luxemburg den Schutz durch die Truppen der anderen NATO Nationen – wenn man es so formulieren will. Anders Formuliert: Zu bezahlen und die Maschinen zu registrieren ist Luxemburgs Beitrag zur NATO.
Aber ich glaube wir können festhalten, dass wir beide eigentlich über das Selbe sprechen ;-)