Nachtblinde Tornados: Problem seit den 1990-ern bekannt, Umrüstung bis 2017

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Die Kenner hier wird es nicht überraschen, in den Kommentaren hier wurde das alles schon mal angesprochen, aber jetzt gibt es das auch schriftlich: Das Problem, dass die Cockpitbeleuchtung der deutschen Tornado-Kampfjets nicht für den Einsatz mit Nachtsichtbrillen geeignet ist, gibt es seit den Einsätzen über Serbien 1999 – und eine endgültige Umrüstung ist erst 2017 zu erwarten.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Linder, sowohl im Verteidigungs- als auch im Haushaltsausschuss nicht nur Mitglied, sondern auch sachkundig, hat nämlich das Verteidigungsministerium direkt gefragt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Markus Grübel aus der zurückliegenden Woche:

Der Bedarf zur Herstellung der Nachtsichtfähigkeit des Waffensystems PA-200 TORNADO wurde Ender der neunziger Jahre artikuliert und 2004 in einer „Abschließende[n] Funktionalen Forderung“ dokumentiert.
Die Realisierungsgenehmigung wurde 2007 erteilt. Mit Ausnahme der Trainerversionen ist die Umrüstung für alle Luftfahrzeuge TORNADO der Zielstruktur geplant. Das Projekt wurde im Vergleich zu anderen in der Vergangenheit auch mangels verfügbarer Haushaltsmittel niedriger priorisiert.

Infolgedessen kam es zu den gegenwärtigen Verzögerungen. Zur Gewährleistung von Einsatzaufgaben ist, vergleichbar dem ISAF-Einsatz in Afghanistan, auch für den aktuellen Einsatz in Syrien eine Interimslösung etabliert. Die abschließende Schaffung der Voraussetzung zur Nutzung der Nachtsichtfähigkeit bei den vorgesehenen Tornados wird nunmehr bis Mitte 2017 erwartet.

So weit also nichts wirklich Neues, weil schon weitgehend bekannt, deswegen aber nicht weniger problematisch: dass über Jahrzehnte diese Fähigkeit faktisch eingespart wurde.

Interessant ist allerdings ein gewisses Delta zu den bisherigen öffentlichen Aussagen des Verteidigungsministeriums: die Formulierung vergleichbar dem ISAF-Einsatz in Afghanistan passt nicht so ganz zu der Aussage, es habe doch in Afghanistan gar keine Nachtflüge der Aufklärungs-Tornados gegeben (O-TonDie TORNADOS wurden während des ISAF-Einsatzes in Afghanistan stets am Tage geflogen.)

Und: war gerade in den vergangenen Wochen nicht davon die Rede, dass die Umrüstung noch in diesem Herbst passieren sollte? Oder gibt es nun doch nicht einen Umrüstkit, sondern man wartet auf die komplette Umrüstung der Avionik auf ASSTA 3.1?

Aus Lindners Sicht – der ja auch Haushälter ist – drängt sich eine weitere Frage auf:

Wenn man sieht, dass in den vergangenen Jahren viele Gelder im Rüstungsbereich gar nicht ausgegeben wurden, dann klingt die Begründung des Ministeriums wie eine faule Ausrede. Anscheinend war das Problem lange bekannt und niemand hat sich richtig verantwortlich gefühlt. Anders kann ich mir nicht erklären, warum jetzt binnen Wochen eine Lösung gefunden wurde, aber jahrelang zuvor nichts geschah.

(Foto: Ein Luftfahrzeugavionikfeldwebel wechselt das grüne Lampenglas eines sogenannten Anti dazzle light zur Herstellung der Nachtsichtfähigkeit durch die Umrüstung des Cockpits im Rahmen der Mission Counter Dash in Incirlik, Türkei, am 30.01.2016 – Bundeswehr/Falk Bärwald)