Seenotrettung im Mittelmeer: Deutsche Fregatte nimmt am Wochenende fast 1000 Menschen auf
Die deutsche Fregatte Schleswig-Holstein hat an diesem Wochenende fast 1.000 Menschen vor der Küste Libyens von ihren nicht seetüchtigen Booten gerettet und an Bord genommen. Am vergangenen Samstag wurden 471, am (heutigen) Sonntag 522 Migranten gerettet, wie die Bundeswehr mitteilte.
Die beiden Meldungen:
Am Vormittag des 20. Juni 2015 wurde die Fregatte „Schleswig-Holstein“ von der Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Center – MRCC) in Rom über einen Seenotfall rund 74 Kilometer nordwestlich von Tripolis informiert und gebeten, dort in Seenot geratene Menschen aufzunehmen.
Bis zum Nachmittag hat die Besatzung der Fregatte „Schleswig-Holstein“ 324 Männer, 79 Frauen und 68 Kinder, aus einem Holzboot gerettet.
Das leere Boot wurde anschließend von der italienischen Marine übernommen.
Die 471 geretteten Menschen werden auf Empfehlung des MRCC in Rom von der Fregatte „Schleswig Holstein“ an das englische Marineschiff „Bulwark“ übergeben.
In den frühen Morgenstunden des 21. Juni wurde die Fregatte „Schleswig-Holstein“ von der Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Center – MRCC) in Rom über einen Seenotfall rund 148 Kilometer nordwestlich von Tripolis informiert und gebeten, dort in Seenot geratene Menschen aufzunehmen.
Bis zum Mittag rettete die Besatzung der Fregatte „Schleswig-Holstein“ 417 Männer, 63 Frauen und 42 Kinder aus einem Holzboot.
Die „Schleswig-Holstein“ ist bereits auf dem Weg in den Hafen von Salerno, um die Geretteten an die italienischen Behörden zu übergeben. Dort wird sie am Nachmittag des 23. Juni erwartet.
Insgesamt hat die Deutsche Marine bei ihren jüngsten Rettungseinsätzen der vergangenen Wochen nach offiziellen Angaben mehr als 5.000 Menschen gerettet.
Am (morgigen) Montag wollen die EU-Außenminister angesichts der drastisch gestiegenen Zahlen von Migranten vor allem aus Libyen über die erste Stufe eines Plans zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität reden. Zunächst sollen die Verkehrswege und die Infrastruktur der Schlepper aufgeklärt werden.
(Foto: Die Rettungsaktion am 21. Juni – Bundeswehr/Achim Winkler)
Also, Rettung in diesem Umfang und parallel Aufkl wie bei „Militäraktion gegen Schleuser im Mittelmeer: Erste (Aufklärungs)Phase vor dem Start“ diskutiert, kann ich mir bei aller Phantasie nicht vorstellen.
Abwarten, was die Außenminister morgen konkret beschließen werden, sofern Griechenland nicht dazwischenfunkt.
Was auffällt: Männer sind deutlich überrepräsentiert. Verhältnis Männer . Frauen ca 5 : 1
Wunderbar –
Nun benötigen wir bei diesem Einsatz für die Abgabe der Flüchtigen nur noch eine feste Anlaufstelle in Nordafrika.
Ich nehme an die kreativen Lösungsvorschläge der Australier zur Thematik sind allen hier bekannt?
@Hohenstaufen
Es gibt Studien zu dem Thema, die den deutlichen Männerüberhang so erklären: Demnach würden bei einem wesentlichen Teil der Migranten Großfamilien Geld zusammenlegen um die Schleusung junger Männer zu finanzieren, weil diesen am ehesten zugetraut wird dass sie den schwierigen Weg nach Europa bewältigen können und in der Lage sind, dort nach Ankunft zu arbeiten und Geld zurückzuüberweisen oder die Voraussetzungen zu schaffen, um Angehörige nachzuholen. Die EU schätzte den Anteil der Migranten, die im Rahmen dieses Musters über das Mittelmeer kommen, zuletzt auf rund zwei Drittel.
Frauen und Kinder würden sich demnach eher unter den Migranten finden, die aufgrund von Krieg zusammen mit Männern aus ihrer Heimat fliehen würden. Aus Westafrika kämen etwa fast nur junge Männer, während aus Syrien mehr Familien kämen.
Es ist schon interessant, dass in den Kriegsgebieten Afrikas anscheinend die Frauen und Kinder kämpfen, während die Männer ins sichere Europa geschickt werden.
@Zyme:
An der Anlaufstelle müsste sich dann ein Staat befinden, der den Migranten die Einreise erlaubt und die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen, Sicherheit und rechtsstaatliche Behandlung der Aufgenommenen garantiert (und zwar auch in der Realität, nicht nur auf dem Papier). So eine Anlaufstelle gibt es bislang nicht in Nordafrika.
Die „Rückführung“ von „Bootsflüchtlingen“ ist durchaus schon gemacht worden. Es gab 2009 bis 2011 dazu ein Abkommen zwischen Italien und Libyen (unter Gaddafi). Daher gibt es auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
2012 wurde Italien im Fall „Hirsi Jamaa and Others v. Italy“ (Eintrag bei dejure) vom EGMR wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verurteilt. Da ging es um Flüchtlinge, die 2009 vor Lampedusa von der italienischen Küstenwache aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht wurden.
@Zyme
Ich kenne die Vorschläge nicht.
Können sie die kurz anreißen?
Jetzt aber nicht OT wandern….
…..hier gilt es unsere Marine zu loben.
Das erfolgreiche australische Modell ist ebenso unangebracht wie das derzeitige europäische, bei dem die Flüchtlinge an der falschen Küste an Land gebracht werden. Die müssen in Libyen an Land gebrtacht werden, alles andere ist eine Einladung für weitere zehntausend. Pro Woche.
@Ein Leser/10:15
Bei meinem Link oben ist irgendetwas schiefgegangen. Daher hier nochmal:
http://dejure.org/2012,316
Dort verlinkt sind u.a. das Urteil des EGMR im Volltext sowie verschiedene Zusammenfassungen/Artikel.
Gem. AIS schippert die BAYERN jetzt südlich Malta auch im Ops-Gebiet rum……
Hm ?
EU Außenminister haben das „go“ für UNAVFOR MED -Aufklärung – gegeben. ITA Träger CAVOUR Kommandoschiff. Dabei vier weitere Schiffe, 2 U-Boote acht Lfz / Hubschr.
Info gem. @Marno de Boer – Den Haag
wg. Zyme 22.06. 08:10
Gemeint ist wohl die Praxis der Australier, im Rahmen der „Pazifischen Lösung“ Flüchtlinge in Nauru oder Papua-Neuguinea zu internieren, bis sie in aufnahmewillige Länder wie Kambodscha abgechoben werden können.
Ein Artikel in „Spiegel Online vom 20.04.2015 beschreibt diese Praxis recht detailliert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pazifische_L%C3%B6sung
@Langnase
Der Begriff „Flüchtling“ bezeichnet nach allgemeiner Definition eine Person, die wegen „Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht vor Verfolgung nicht dorthin zurückkehren kann.“
http://www.unhcr.de/questions-und-answers/fluechtling.html
Die Australier haben illegale Migration (und damit auch damit auch die Zahl der illegalen Migranten in Seenot) durch ihr konsequentes Vorgehen mittlerweile auf ein Minimum reduziert, aber bereits in den Jahren davor handelte es sich beim Großteil der illegalen Migranten nicht um Flüchtlinge im Sinne der UNHCR-Definition, so wie aktuell auch bei den über das Mittelmeer nach Europa zuströmenden Migranten. Der pauschal verwendete Begriff „Flüchtlinge“ schafft diesbezüglich unzutreffende Assoziationen.
@Staatsrechtler:
Vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte den Begriff unreflektiert aus dem verlinkten Wikipedia-Artikel übernommen. Vielleicht sollten Sie dort eine Korrektur veranlassen.