EU kurz vor Militäraktion gegen Schleuser im Mittelmeer & in Libyen?
Steht die EU kurz vor einer Militäraktion im Mittelmeer und in Libyen, um die Infrastruktur von Schleuserbanden zu zerschlagen und so den Zustrom von Migranten einzudämmen? Während der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, dass es für ein entsprechendes Konzept der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini weit reichende Skepsis in den Mitgliedsstaaten gebe, zeichnet der britische Guardian ein ganz anderes Bild: Alle 28 EU-Mitgliedsstaaten unterstützten eine solche Aktion, und bei Vorlage eines Resolutionsentwurfs im UN-Sicherheitsrat am (morgigen) Montag werde auch damit gerechnet, dass weder Russland noch die EU ein solches Mandat blockierten.
Aus dem Guardian-Bericht EU considers military attacks on targets in Libya to stop migrant boats
The European Union has drawn up plans that could involve military attacks in Libya to try to curb the influx of migrants across the Mediterranean by targeting the trafficking networks. It is to launch a bid on Monday to secure a UN mandate for armed action in Libya’s territorial waters.
Britain was drafting a UN security council resolution to mandate the mission, said senior officials in Brussels, which would fall under Italian command, have the participation of around 10 EU countries and could also drag the Nato alliance in. (…)
Following intensive talks over the past week in Brussels, six EU states including Britain, France, Spain and Italy have committed to taking part, with several more expected to offer participation. All 28 member states are said in Brussels to support the proposed campaign.
Dagegen hatte der Spiegel (von dem nur die Vorabmeldung, aber nicht der eigentliche Bericht online verfügbar ist), von erheblichen Bauchschmerzen vor allem im Auswärtigen Amt in Berlin berichtet. Schließlich gehe es um Operationen zum Beispiel von Spezialkräften bis weit nach Libyen hinein. Deutschland halte deshalb eine solche Aktion, ebenso wie Russland, nur für vorstellbar, wenn es auch Zustimmung aus Libyen gebe – das nordafrikanische Land hat allerdings keine handlungsfähige Regierung, sondern zwei konkurrierende, dazu etliche schwer bewaffnete Milizen. Und die Verflechtung bewaffneter Gruppen im Land in die lukrative Schleusung von Migranten ist zumindest sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht immer nachweisbar.
Die beiden recht unterschiedlichen Berichte über eine mögliche EU-Militärmission scheinen von der Sicht der jeweiligen Heimatregierungen geprägt: Der Spiegel von der deutschen, der Guardian von der britischen, die ja auch den Vorschlag für eine UN-Resolution entworfen hat. Was tatsächlich passiert, werden wir wohl erst in den nächsten Tagen erfahren.
Nachtrag: von National Public Radio aus New York:
Italian Red Cross President: Bombing Migrant Boats Would Be A ‚Huge Mistake‘
NPR’s Melissa Block interviews Francesco Rocca, president of the Italian Red Cross, who is in New York lobbying against a draft U.N. proposal to destroy human smugglers‘ boats in Libya.
(Angesichts der teilweise unschönen und unsachlichen Debattenbeiträge zu diesem Thema schalte ich in diesem Thread alle Kommentare auf moderiert.)
(Foto: Der deutsche Einsatzgruppenversorger Berlin im Mittelmeer am 6. Mai 2015 – Bundeswehr/PAO Mittelmeer)
Um alles noch ein bisschen komplizierter zu machen – diese Meldung von Reuters:
Na super, sind unsere Wessels in der Nähe? Gibt’s ROE für den Fall, von self defense abgesehen? Wird die Gespräche von Mogherini bei den UN unter Druck setzen.
Wie selbstverteidigungs- bzw. reaktionsfähig ist der EVG.
Klaus-Peter Kaikowsky | 11. Mai 2015 – 10:21
„Interessante politische Entscheidungsprozesse, angetrieben durch Flüchtlinge in
Millionenzahl (auf mittlere Sicht) stehen ins europäische Haus.“
volle Zustimmung! Da steht die EU grade gnadenlos auf dem Prüfstand – und wie ich gestern schon schrieb, finde ich das vor dem Hintergrund der kürzlich gelaufenen Diskussion zur EU-Armee hochinteressant.
„Wegducken geht nicht mehr!“
da bin ich skeptisch. Merkel liegt doch sowieso grade platt wie eine Flunder auf dem Acker, die Hacken fest an den Boden gedrückt, und läßt die BND/NSA-Geschichte über sich hinwegrauschen. Da kann das Flüchtlingsproblem gleich mit drüberrauschen (SARC off)
Die Türkei und Libyen …
http://nationalinterest.org/feature/turkeys-secret-proxy-war-libya-12430
http://www.reuters.com/article/2014/11/13/libya-turkey-idUSL6N0T147120141113
wobei das Schiff ja auch tatsächlich harmlos gewesen sein kann.
So ganz verstehen kann ich diesen Ansatz „Militäraktion gegen Schleuser“ nicht.
Das Ziel der Verhinderung illegaler Migration in die EU ist vollkommen in Ordnung. Das Ziel der Verhinderung von Seefahrt und lebensgefährlichen Bedingungen ist auch OK (den TÜV nach Afrika schicken wird ja nicht funktionieren …).
Nur was sind zur Erreichung dieses Zieles die angemessenen Mittel?
Zuerst würde mir da einfallen: Die Motivationen für eine illegale Mittelmeerüberfahrt zu beseitigen. Was wäre das:
1) Wohlstandsgefälle zwischen EU und Afrika reduzieren. Wenn man in Europa nicht besser lebt, als in Afrika, erledigt sich der Migrationsdruck von allein. Da wir weder unseren Wohlstand senken, noch die Mittel zur Verfügung stellen wollen, Afrika und den Nahen Osten auf ein entsprechend höheres Wohlstandsniveau zu bugsieren, dürfte das wegfallen, zumindest kurzfristig.
2) Jegliche Einreise in die EU legalisieren. Wer auch die Fähre für 30 Euro nehmen kann, zahlt nicht 2000 Euro für ein lebensgefährliches Schlauchboot. Die Politik müsste also nur der autochthonen Bevölkerung Europas klarmachen, dass diese expansive Bevölkerungspolitik per Einwanderung doch ganz prima sei. Mittelfristig würde sich dadurch auch das Wohlstandsgefälle zwischen EU und Afrika automatisch „reduzieren“.
3) Die Außengrenzen der EU würden qualifiziert gesichert, jeder aufgegriffene migrationsbereite Erdenbürger würde unverzüglich an den Ausgangsort zurückgeführt. Da Europa so für illegale Migration unerreichbar würde, würden eben diese illegalen Grenzübertritte versiegen und das Geschäftsmodell der Schlepper wäre hin. Europa würde damit natürlich vielen Menschen sagen: „Du kommst hier net rein!“ was einen entsprechenden politischen Willen voraussetzt.
Die politisch vorgeschlagene Möglichkeit 4) „Zerschlagung der Schlepperinfrastruktur“ ist lediglich ein rumdoktern an Symptomen. Alle entsprechenden Operationen auf afrikanischem Boden haben ein ausgeprägtes „Black Hawk Down“- Potential(http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Mogadischu ). EU-Truppen hätten eine geringe Toleranz gegenüber Gefallenen, die Schlepper/Warlords können hingegen für wenig Geld viele perspektivlose Existenzen anheuern und haben kaum ein Problem damit, tausende Tote in Kauf zu nehmen.
Damit ist man im Hexenkessel und in einem ethisch/moralischen Dilemma, bei dem Europa nach entsprechenden Bildern nicht in der Lage sein wird, den Kurs „Zerschlagung der Schlepperinfrastruktur“ durchzuhalten.
Im Ergebnis verschafft man mit diesem Kurs den „Schleppern“ einen absehbaren Sieg. Europa wird damit weiter an Willenskraft verlieren, mit den von unseren Einsatzkräften getöteten Afrikanern können wir nicht umgehen, moralisch würden wir uns dafür verantwortlich machen und uns als „Täter“ bezeichnen, „wir“ hätten erneut Schuld auf uns geladen, wie einst die Kolonialherren …
Es ist eigentlich schon erschreckend zu sehen, wie unüberlegt und mit wie wenig politischem Verständnis die EU-Politik in diesem Thema handelt. Offenbar hat man es nicht für nötig erachtet, mit einem der Hauptbetroffenen in dieser Frage zu reden, nämlich der von EU-Seite unterstützten und anerkannten Regierung in Tobruk.
„Libya will reject a European Union attempt to get UN backing for a military operation against people traffickers in the Mediterranean, according to the Libyan ambassador to the UN.
Ibrahim Dabbashi told the BBC’s Newsday programme that there had been „no official consultation“ with the Libyan government over the plans.
He said „the best way to curb the flow of immigrants“ from Libya to Europe was to help strengthen „legitimate authorities in Libya“.“
http://www.bbc.com/news/live/world-africa-32631583?ocid=socialflow_twitter
Man hat kein klares Lagebild der Umstände vor Ort, vermutet eine so nicht existierende Schleuserinfrastruktur die es zu Zerschlagen gälte, und fragt nicht mal die Regierung vor Ort zu deren Meinung. Das ist idiotisch, das ist peinlich und das ist gefährlich so Politik zu machen.
Naja die Türkei ist ja, was die Terrorunterstützungsmaßnahmen angeht, scheinbar schon längst auf Augenhöhe mit dem Iran. Da würde es mich nicht weiter wundern wenn es für den Angriff auf das Schiff einen guten Grund gegeben hat. Ohne triftigen Grund werden die Libyer das wohl kaum getan haben.
Zitat aus dem Spiegel:
[Quote]Vor bald einem Jahr, am 19. Januar 2014, stoppte die Gendarmerie in der türkischen Provinz Adana drei Lastwagen auf dem Weg nach Syrien. Die Kontrolleure hatten einen Hinweis erhalten, dass Waffen transportiert wurden. Staatsanwalt Aziz Takci unterschrieb einen Durchsuchungsbefehl.
Der Vorfall sickerte an die Öffentlichkeit. Aber mehr als das Gerücht, dass es sich bei der Fracht um Waffen für Extremisten gehandelt habe, wurde zunächst nicht bekannt, denn kurz darauf wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Man registrierte den Fall als eines von vielen Beispielen von Waffenschmuggel nach Syrien, über die zurückhaltend berichtet wurde. Der damalige Premierminister und heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte öffentlich: „Sie dürfen keinen Lastwagen des (Geheimdienstes – d. Red.) MIT stoppen, Sie haben dazu keine Befugnis! Diese Lastwagen transportierten humanitäre Hilfsgüter.“[/Quote]
@Hutzel
Mal wild rumspekuliert, Ihrer Abneigung Ausdruck gegeben, oder haben Sie da auch nur den Hauch eines Belegs?
Solche „ich will mal was sagen“-Kommentare sind nicht das, was hier gefragt ist.
@T.W Link zu besagtem Artikel aus bekannten Gründen nicht. Ist aber bei verschiedenen Medien zu finden. Einfach „Türkei Waffenlieferungen Al Quaida“ suchen.
Vor bald einem Jahr, am 19. Januar 2014, stoppte die Gendarmerie in der türkischen Provinz Adana drei Lastwagen auf dem Weg nach Syrien. Die Kontrolleure hatten einen Hinweis erhalten, dass Waffen transportiert wurden. Staatsanwalt Aziz Takci unterschrieb einen Durchsuchungsbefehl.
Der Vorfall sickerte an die Öffentlichkeit. Aber mehr als das Gerücht, dass es sich bei der Fracht um Waffen für Extremisten gehandelt habe, wurde zunächst nicht bekannt, denn kurz darauf wurde eine Nachrichtensperre verhängt. Man registrierte den Fall als eines von vielen Beispielen von Waffenschmuggel nach Syrien, über die zurückhaltend berichtet wurde. Der damalige Premierminister und heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte öffentlich: „Sie dürfen keinen Lastwagen des (Geheimdienstes – d. Red.) MIT stoppen, Sie haben dazu keine Befugnis! Diese Lastwagen transportierten humanitäre Hilfsgüter“
@T.W
Wenn ich nicht mal die Möglichkeit bekomme dementsprechende Quellen zu liefern, macht das natürlich keinen Sinn.
Aber gut. Ihr Blog. Ihre Regeln.
@Hutzel
Bullshit. Natürlich haben Sie die Möglichkeit, dementsprechende Quellen zu liefern. Es gibt nur keine Links zu deutschen Verlagswebseiten, aber wenn Ihr ‚Quellen liefern‘ darüber nicht hinausgeht, scheint es eh wenig Sinn zu machen.
Ich habe es zwei mal versucht, ohne Links, dafür aber mit Zitaten und dem Hinweis wie die Seiten zu finden sind.
Wenn sich aber bei immer wiederkehrenden Berichten über Waffenlieferungen an Terrorgruppen, das tolerieren offener Rekrutierungsmaßnahmen von Terrorgruppen in türkischen Städten und eine gegen religiöse Minderheiten gerichtete Politik bei manchen noch kein klares Bild des Nato-Partners Türkei ergibt, dann ist das auch nicht meine Aufgabe das zu korrigieren.
Lässt sich alles googlen.
Gem Spiegel-online strebt EU Artikel-7 Mandat an. Das hieße Zulassung mil Gewalt, auch innerhalb Libyens, so Sp.
FRA stützt Ansatz der EU (auf NT-V??)
http://m.spiegel.de/politik/ausland/a-1033187.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://t.co/ztMAPl5NGz
Sp doch zulässig oder?
Klaus-Peter Kaikowsky | 11. Mai 2015 – 11:11
“Herr, schmeiß Hirn vom Himmel”, ganz auf Ihrer Linie. Bitte dann aber “Problemlösungs-Hirn” ohne – geht nicht, – können wir nicht,…Bin gespannt.“
wenn ich DIE EINE Lösung für diesen Schlammassel wüsste, die einerseits wirksam ist und gleichzeitig den beschränkten Mitteln und allen Befindlichkeiten in Europa gerecht würde – dann würde mir wohl heute noch ein gut dotierter Job in Brüssel und/oder Berlin angeboten werden. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass im Moment niemand eine echte Lösung hat.
Daher ja auch meine Vermutung, wie es laufen könnte: symbolische Militär-Aktionen einiger Mittelmeer-Anrainer (hoffentlich tun sie weder sich noch irgendjemandem anders dabei ernsthaft weh) und eine respektable Aufnahmequote für Flüchtlinge für alle EU-Staaten, die sich nicht an den Aktionen beteiligen. Insbesondere DEU. Begleitet von zahlreichen Gebeten, dass möglichst bald irgendwas passieren möge, was den Strom von alleine versiegen läßt. That’s all.
Hm, ist derzeit sehr viel Wasserstandsmeldungen, nichts Konkretes. Vielleicht warten wir mal, was beim UN-Sicherheitsrat konkret rauskommt…
@ T.Wiegold | 11. Mai 2015 – 13:23
@ Hutzel | 11. Mai 2015 – 13:13
Wir befinden uns weltpolitisch gerade in einer „Bäumchen wechsle dich“- Epoche. Bündnisse stehen vor Neuaushandlungen, Loyalitäten verschieben sich, alte Versprechen sind plötzlich das Geschwätz von gestern.
Nach den Erfahrungen mit unserem Freund, dem lupenreinen Demokraten in Moskau, dem wir die Waffen, mit denen er unsere Werteordnung bedroht, teils selbst geliefert haben, halte ich es durchaus für angebracht, die streng säkulare Handlungsweise, zu der die türkische Verfassung einen Staatspräsidenten wie Recep Tayyip Erdoğan verpflichtet, vielleicht etwas zu hinterfragen z.B. bezüglich der praktischen Umsetzung der staatsrechtlichen Vorgaben. Jegliches Hinterfragen der Handlungsweise der Türkei als Verschwörungstheorie abzutun, könnte fahrlässig sein.
Umgekehrt macht es Sinn, den Kräften, die da gerade den Bruch herbeiführen wollen, keinen Anlass dafür zu liefern, denn es ist überhaupt noch nicht festgelegt, wer im sich anbahnenden 3. Weltkrieg nun zu den „Achsenmächten“ oder zu den „Alliierten“ gehört.
Die Möglichkeit, dass bisherige Partnerländer für die Zukunft anderes planen, sollte man mindestens in Betracht ziehen (darum spionieren die Amis ja auch so fleißig bei uns und sitzen andererseits zahlreiche bundesdeutsche Kampagnen so stoisch aus …;-) )
beim Rauchen habe ich grade mal ein wenig Kopfrechnen betrieben:
nehmen wir mal an, die Marine fischt pro Woche 400 Flüchtlinge aus dem Meer und transportiert sie nach Italien. Ein Jahr hat grob 50 Wochen. Macht 400 * 50 = 20.000 Flüchtlinge im Jahr. Die kann DEU relativ locker aufnehmen.
Steile These (und politisch äußerst unkorrekt): irgendein schlauer Kopf hat das längst ausgerechnet. Und sich dazu überlegt, dass man den „Rest“ in Ruhe ignorieren kann (man könnte auch sagen: absaufen läßt). Denn „wir“ können ja darauf verweisen, mit unseren 2 Schiffen ja schon alles in unseren Kräften stehende getan zu haben. Ich trau mich ja kaum, auf „senden“ zu drücken…
@ f28 | 11. Mai 2015 – 14:26
Jetzt mal unabhängig von Ethik und Moral innerhalb Ihrer Gedankenparameter argumentierend, wäre diese Vorgehensweise trotzdem ziemlich dumm. Wenn wir medial begleitet vermitteln, dass man als illegaler Migrant die Chance hat, eines der 20.000 Tickets für das „Paradies Europa“ durch Schlauchboottouren auf dem Mittelmeer zu bekommen, motiviert man mit dieser Vorgehensweise halb Afrika dazu, sich auf den Weg zu machen, um eines der Jackpot-Tickets für Europa zu ergattern. Die Schleuser würde das freuen, würde doch die steigende Nachfrage die Preise erhöhen. Zudem müssten Sie in diesem Denkmodell auch dafür sorgen, dass außer der „Geretteten“ keine weiteren illegalen Immigranten am europäischen Strand aufschlagen. Das halte ich für illusorisch. So schlecht ist der nordafrikanische Schlauchbootbau nicht. So 98+% schaffen es über die „Pfütze“ Mittelmeer.
Trotzdem wäre das ggf. unserer Politik zuzutrauen. Denn wie wir schon aus Afghanistan gewohnt sind, blendet unsere Regierung konsequent sicherheitspolitische Logik und Fakten aus dem Einsatzgebiet aus und achtet primär auf das bundesdeutsche mediale Erscheinungsbild. Dafür reichen tolle Rettungsbilder von spärlich bewaffneten grau bemalten Marineschiffen vollkommen aus. Sie könnten also recht haben… ist der Petersberg schon für eine Flüchtlingsrettungs-Konferenz gebucht?
Freiherr vom Stein | 11. Mai 2015 – 14:54
„…wäre diese Vorgehensweise trotzdem ziemlich dumm“
für besonders schlau halte ich diese Rechnung ebenfalls nicht. Aber:
„Trotzdem wäre das ggf. unserer Politik zuzutrauen.“
Genau das ist der Punkt, um den es mir ging. Die von mir skizzierte Rechnung ist das einzige Kalkül, das vor dem Hintergrund des Geschehens plausibel erscheint. Und über die Nachhaltigkeit und Stringenz deutscher Politik macht sich hier ja wohl niemand mehr irgendwelche Illusionen.
@Freiherr von Stein:
Es sind ja nicht mal ganz konkret greifbare Fakten, die das Bild der heutigen Türkei prägen sondern viele Fragmente an Indizien, die darauf hinweisen das dieses Land eine Agenda verfolgt, die vielen scheinbar nicht so recht ins Weltbild passt.
Da werden mal LKWs mit Waffen aufgebracht, die aber nachträglich als Hilfslieferungen deklariert werden, dann darf ISIS in türkischen Städten ungehindert rekrutieren und an Universitäten ebenso ungehindert Studenten drangsalieren. Es werden Djihadisten in der Türkei behandelt, der Transitverkehr ins Kalifat ist immer noch weitestgehend störungsfrei. Der BND verwendet große Ressourcen für die Aufklärung in der Türkei, ein Atomprogramm wird vermutet. Erdogan diffamiert alles und jeden der ihm nicht nach der nationalistischen Pfeife tanzt oder nicht die richtige Religionszugehörigkeit hat. Dazu scheint sich die Türkei zunehmend in einen religiösen Gottesstaat (Frauen sollen nicht öffentlich lachen, Gleichberechtigung ist unislamisch) zu verwandeln und dasselbe außenpolitische Instrumentarium zu bevorzugen wie auch der Iran. Radikale Gruppen wie die grauen Wölfe können ungehindert den Genozid an den Armeniern feiern, auch in Deutschland.
Ich weiß ja nicht was an den öffentlich zugänglichen Quellen der deutschen „Qualitätsmedien“ auszusetzen ist aber scheinbar kommt es immer darauf an zu welchem Zweck man sie als Quelle heranzieht.
Ich werde davon absehen das Thema weiter zu vertiefen, geschweige es denn nochmal anzuschneiden. Soll die selektive Wahrnehmung ihren Lauf nehmen.
@hutzel
Falls sich Ihre Aussage
darauf beziehen sollte, dass hier keine deutschen Verlagswebseiten verlinkt werden: Einfach mal oben die FAQ Punkt 8 lesen. Oder was meinten Sie? (Nein, keine Antwort nötig, ich habe keine Lust, solche OT-Spielchen mitzumachen.)
@T.W
Nein darauf wollte ich nicht hinaus. Das Links zu Verlagswebsiten aus Leistungsschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt sind, weiß ich und das beachte ich auch. Das dies auch Zitate umfasst, war mir zugegebenermaßen bis jetzt nicht geläufig.
Mir schien das die Quelle an sich bei manchen Themen als nicht legitim angesehen wurde. Sollte ich das falsch interpretiert haben, entschuldige ich mich hiermit für das daraus resultierende Missverständnis.
[Ehe sich das Missverständnis fortsetzt: Zitate – im Rahmen – von Meldungen auf deutschen Verlagswebseiten sind natürlich möglich, siehe FAQ. T.W.]
Laut BBC ( im Link benannt) hat sich der libysche Botschafter bei den UN gegen eine bewaffnete EU_Mission zur Schlepper-Bekämpfung ausgesprochen. Jedoch mit der Einschränkung, dass man nicht gefragt worden sei (ist sicher Teil der Behandlung im Sicherheitsrat). Weiterhin verlangte er allerdings auch Nachricht darüber, wie man Schleuser von Fischerbooten unterscheiden wolle. Ein glattes „Nein“ klingt anders.
NLD Webseite.
http://www.nu.nl/algemeen/4047196/libie-wijst-eu-plan-mensensmokkelaars-af.html?utm_source=twitter&utm_medium=socialmedia&utm_campaign=nunl_twitter
NT-V bestätigt EU-Absicht militärisch gegen Schleuserbanden vorzugehen und diesbezüglichen Antrag in New York. Gleichzeitig wird beabsichtigt, bis Jahresende eine Aufnahmequote umzusetzen.
Bericht von Amnesty International: „Libya ist full of cruelty“
http://www.amnesty.org.uk/sites/default/files/libya_is_full_of_cruelty.pdf
Ist recht interessant. Beschrieben wird aus der Perspektive von Flüchtlingen/Migranten ihre Situation in Libyen, darunter das Verhalten der Schlepper und das Verhalten staatlicher Stellen.
Umfang 30 Seiten, aber gut strukturiert, so dass man den Text auch überfliegen kann.
Während wir abwarten, wie der EU-Vorstoß im UN-Sicherheitsrat ankommt, noch was sehr Interessantes zum Lesen aus dem Guardian, schon am 24. April:
Libya’s people smugglers: inside the trade that sells refugees hopes of a better life
SPON sagt:
„Zudem haben die Analysten bisher keine organisierten Netzwerke oder Kartelle von Schleusern in Libyen identifiziert. Das Geschäft ist vielmehr unter vielen Clans aufgeteilt und deshalb schwer zu bekämpfen.“
Vielleicht etwas OT, aber m.E. trotzdem zum Thema passend:
12.05.2015 07:06
„Vor der indonesischen Küste
Marine schickt Flüchtlingsboot zurück
Die indonesische Marine hat ein Boot mit Hunderten Flüchtlingen zurück auf hohe See geschickt. Sie hätten den Menschen an Bord zu essen und zu trinken gegeben und sie dann aus indonesischen Territorialgewässern geschleppt, sagte der Sprecher der Marine Manahan Simorangkir. Es handelte sich vermutlich um Angehörige der in Myanmar verfolgten Minderheit der Rohingya.“
( n-tv )
„Die Welt“ meldet dazu:
09:21
„EU erwägt gezielte Zerstörung von Schlepperbooten
Die EU-Außenbeauftragte Mogherini stellte das Konzept vor, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Sie will erreichen, dass keine Flüchtlinge mehr zurückgeschickt werden müssen.“
…
„In New York versicherte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vor dem UN-Sicherheitsrat, dass kein Asylsuchender, der im Mittelmeer aufgegriffen werde, gegen seinen Willen zurückgeschickt werde. Sie stellte dem Sicherheitsrat laut Medienberichten das Konzept der EU vor, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen.“
@Ottone
Etwas mehr weiß man sicherlich (letzte Grafik):
https://www.europol.europa.eu/content/joint-operational-team-launched-combat-irregular-migration-mediterranean
Hm …
Ein bißchen ( sehr ) verwundert bin ich schon.
Da wird hier tagelang z.T. mehr als sehr emotional darüber diskutiert, wie denn sinnvollerweise mit Flüchtlingen umgegangen werden soll, es kommt sogar ein bewaffneter EU-Einsatz ( in Libyen ) ins Spiel, dann erklärt Frau Mogherini heute vor dem UN-Sicherheitsrat, daß „KEIN ASYLSUCHENDER … GEGEN SEINEN WILLEN ZURÜCKGESCHICKT WERDE“ und die Boote der Schlepper „zerstört“ werden sollen – und was ist die Reaktion ?
Null.
Hm …
Wahrscheinlich redet in drei Tagen auch niemand mehr über den A400M …
Abwarten. So was zieht sich als Thema bisweilen über Tage hin… und kommt dann spätestens beim Treffen der EU-Außenminister nächste Woche wieder hoch.
/edit: Zum Mogherini-Auftritt bei den UN hier tagesschau.de
BlueLagoon | 12. Mai 2015 – 15:21
„… dann erklärt Frau Mogherini heute vor dem UN-Sicherheitsrat, daß “KEIN ASYLSUCHENDER … GEGEN SEINEN WILLEN ZURÜCKGESCHICKT WERDE” und die Boote der Schlepper “zerstört” werden sollen – und was ist die Reaktion ?
Null. “
zumindest für meine Person kann ich eine simple Erklärung abgeben: mir fällt zu solchen Aussagen wie der von Fr. Mogherini absolut nix mehr ein – außer Kopfschütteln. Und abwarten, wie T.W. ja schon vorschlug.
@Blue Lagoon
Sobald die Flüchtlinge in unserer Obhut sind sind wir für deren Wohlergehen verantwortlich. D.h. diese einfach irgendwo in einem unsicheren Umfeld ohne gesicherte Nahrungsversorgung aussetzen geht schon einmal aus rechtlichen Gründen nicht.
@Thomas Melber: Dank für den Link zu den erhellenden Grafiken.
@ Thomas Melber | 12. Mai 2015 – 16:11
„@Blue Lagoon
Sobald die Flüchtlinge in unserer Obhut sind sind wir für deren Wohlergehen verantwortlich. D.h. diese einfach irgendwo in einem unsicheren Umfeld ohne gesicherte Nahrungsversorgung aussetzen geht schon einmal aus rechtlichen Gründen nicht.“
Das gabe ich auch weder im Sinn gehabt noch vorgeschlagen.
Ein Strategiepapier der Außenbeauftragten sieht laut „Guardian“ einen Militäreinsatz in Nordafrika vor. Berufung auf Kap 7 UN-Charta, wie vor Tagen schon angedeutet.
http://m.spiegel.de/politik/ausland/a-1033619.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://t.co/vYZf0nufgv
Ein bisschen habe ich den Eindruck, als würde da seit einer Woche immer wieder das gleiche, wenn nicht gar dasselbe Papier herausgezogen…
@TW
Na ja, „irgendwie“ geht das auch nicht voran. Erst hieß es, man wolle die Schlepperorganisationen auch an Land neutralisieren, dann wieder heißt es, ein Einsatz „on shore“ sei nicht vorgesehen.
Aber man wolle natürlich Aufklärung, u.a. mit einbringen. Alles recht unausgegoren; als Entscheidungsvorlage würde ich das zurückweisen und nochmals in die Gremien geben.
@Thomas Melber
Aus welchem Recht geht hervor, dass man die persönliche Daseinsvorsorge beim illegalen Migranten nicht ebenso in persönlicher Verantwortung überlassen kann wie bei anderen Personen, die z.B. bei der Einreise ohne gültiges Visum am Flughafen abgewiesen werden? Die Australier handhaben es ohne (völker-) rechtliche Schwierigkeiten auf jeden Fall schon seit längerer Zeit so und kümmern sich nur um die Rettung aus unmittelbarer Seenot. Das hat übrigens mittlerweile auch positive humanitäre Wirkung, weil sich weniger Personen überhaupt erst auf den Weg machen und somit die Zahl der Seenotfälle deutlich zurückgegangen ist.
@TW
Könnten Sie ggf. den Moderationsmodus im Faden deaktivieren, oder wäre das „zu gefährlich“?
Ich denke der EU-Einsatz gegen die Schlepper kommt gar nicht, denn das Außenministerium leistet Widerstand dagegen wie der Spiegel berichtet.
Und wenn doch, wird der Einsatz völlig verwässert werden oder ohne deutsche Beteiligung laufen.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-berlin-zweifelt-an-militaerischer-schleuser-jagd-a-1033704.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://t.co/ugmbWAOSqZ
Laut Tagesschau.de erwartet Steinmeier das U.N.-go für bewaffneten Einsatz gegen libysche Schlepper. Falls zutreffend, ein interessanter Sinneswandel des AA binnen 24 Stunden. Gestern war er noch – sinngemäß – zu hören „… wer Schlepper verhindern will, müsse zuerst die Lage in LBY ändern …“ hieße ja wohl, die Gegenregierung auszuschalten, oder?
Woher seine plötzlich diametral andere Auffassung. Hat da offensichtlich die schiere „Begeisterung“ der Masse der „28“ zur Quotenregrelung nachgeholfen? Allen voran die Balten, äußerten sich aber auch Polen, Ungarn und UK in der Tat aufnahmeunwillig. Durchaus, mit Blick auf die Osteuropäer ein pikanter Vorgang, da sie (die Osteuropäer) ihrerseits hinsichtlich Schutz vor Putin verständlicherweise an Solidarität appellieren. – Noch heute sollen gem Sp-o die baltischen Vg-Min Gen Breedlove aufgefordert haben, eine Brigade permanent im Baltikum zu stationieren. – Andererseits, wenn selbst gefordert, sie sich in Zurückhaltung üben. Oder ist etwa die Erwartung der Solidarität in beide Richtungen, zwar zu unterschiedlichen Sachverhalten, aber auf gemeinsamer westlicher Agenda beruhend, nicht zulässig?
Desweiteren lässt auch aufhorchen, dass Mogherini engen Schulterschluss NATO-EU bei evtl Art 7-Einsatz verlangt. Zwar ist das sicherlich eine politische Binse, jedoch steckt dahinter wahrscheinlicher die Erkenntnis, dass die EU das allein nicht „wuppen“ können wird. Daher heißt der Klartext zur NATO-Schulterschluss-Forderung eher auch eine solche mit den USA! Ohne die U.S Intelligence- und Lufttransportfähigkeiten liefe mit Sicherheit gar nichts!!
Nehme also an, die Herren der europäischen-militärischen Kommandostruktur haben ohne viel Federlesens der forschen Außenbeauftragten die „no-gos“ klar aufgezeichnet!
Die Bundeswehr meldet wieder 107 Schiffbrüchige gerettet zu haben durch die Fregatte Hessen.
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYu7DsIwEAT_yBeLAiUdkQtoKUhCE13iU2ThR2SfiYT4eOyCXWma2YUnlHp8mw3ZBI8WRphW0y2HWA5NAl-cyVpKAnOaNbmZjE_IHxjqsyzW4IkrmTybwi0ihyj2ENlWk2MsRhgNUyNVL8_NP_LbDlc1Plp5Urf-Drtzlx-gzZyk/
Da würde mich doch glatt mal interessieren was mit den anderen Nationen, wie den Briten ist, die auch Kriegsschiffe schicken wollten? Sind diese noch nicht da oder haben die auch schon Schiffbrüchige aufgenommen?
Die Briten haben erst gestern ein paar hundert gerettet.. ich suche mal nach der Meldung, mache aber vielleicht trotz Feiertag low ops mal einen neuen Thread dazu auf…
HMS Bulwark saved approx. migrants today (07 may) http://www.express.co.uk Have been transferred onto Italian Coast Guard vessels and taken to land.
Nanu, wieso auf diese Art und Weise? Übergabe der Flüchtlinge auf See an ITA Schiffe. So ist natürlich ein möglicher Asylantrag für GB schwieriger zu handhaben:
Ich poste es mal hier, weil der direkte Bezug zu Libyen da ist:
Eine Reaktion auf die geplante Militäraktion ?
n-tv
23.05.2015 23:33
„Großrazzia in Tripolis
Libyen nimmt 600 Flüchtlinge fest
Ein großer Teil der Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa durchquert Libyen. Die chaotischen politischen Zustände in dem nordafrikanischen Land machen es leicht für die Schlepper. Jetzt scheinen die Behörden ihre Taktik zu ändern.
In Libyen sind nach Angaben der Behörden rund 600 Flüchtlinge festgenommen worden, die auf dem Weg nach Europa waren. Die Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern seien bei einer Razzia im Raum Tripolis gefasst worden, sagte ein Vertreter des Grenzschutzes der Nachrichtenagentur AFP. Die Festgenommenen hätten über das Mittelmeer in die Europäische Union gelangen wollen. Sie seien in Flüchtlingslager in Tripolis gebracht worden.“
Tja schade.
Wenn Kommentare nach dem Freischalten im moderierten Thread nicht unter „letzte Kommentare“ auftauchen, gehen sie total unter.
Und daß Libyen tätig zu werden scheint, dürfte vielleicht nicht ganz uninteressant für die weitere Entwicklung sein.