Ehrendienst vor dem Ministerium: Schluss mit Flecktarn
Seitdem das Bundesministerium der Verteidigung seinen 2. Dienstsitz in Berlin hat, also seit dem Umzug der Bundesregierung aus Bonn vor inzwischen mehr als 15 Jahren, bewachen Feldjäger der Bundeswehr das Ministeriumsgebäude in der Hauptstadt, den Bendlerblock. (Im Unterschied zu anderen ebenfalls besonders gefährdeten Ministerien, die von der Bundespolizei geschützt werden.) Und in diesen gut 15 Jahren hat die Militärpolizei ihren Dienst immer im Feldanzug, der Fünffarb-Flecktarn-Uniform, versehen (wie auf dem Bild oben vom Mai 2013).
Damit ist Schluss. Die Militärpolizisten in den Wachgebäuden auf beiden Seiten des Ministeriums, auf den Streifengängen rund um den Bendlerblock und bei der Durchleuchtung von Besuchern tragen seit Jahresanfang nicht mehr Flecktarn, sondern den Dienstanzug des Heeres mit grauer Jacke und anthrazitfarbener Hose und Krawatte, pardon, Langbinder.
Das fällt auf – und deshalb habe ich jemanden nach dem Grund gefragt, der es wissen muss: Brigadegeneral Udo Schnittker, General der Feldjäger und damit der Chef der Militärpolizei der Bundeswehr. Nach seinen Worten war der Wechsel von Flecktarn zum Dienstanzug schon länger geplant, verzögerte sich aber, weil erst mal alle Soldaten im Wachdienst vor dem Verteidigungsministerium mit mehreren Sätzen Dienstanzug ausgestattet werden mussten.
Für den Dienst im formaleren Anzug sprechen, so Schnittker, zwei Gründe. Zum eine gelte, dass die Feldjäger den gleichen Anzug tragen wie die unterstützte Truppe. Und die ist in diesem Fall das Verteidigungsministerium, wo für die Soldaten der Dienstanzug zugleich Tagesdienstanzug ist.
Vor allem aber: Die Absicherung des BMVg als höchste vorgesetzte Dienststelle ist ein Ehrendienst, der in anderen Staaten durch Elitetruppen als Auszeichnung geleistet wird, sagt der General der Feldjäger. Und daran habe er sich auch für seine Soldaten orientiert.
Bei den Feldjägern selbst, so höre ich, soll die Begeisterung nicht ganz so groß sein. Weil natürlich der Dienstanzug weit weniger bequem ist beim stundenlangen Streifegehen oder im Wachhaus sitzen als der Feldanzug.
(Anmerkung: Ich weiß, dass beim Thema Anzugordnung hier gerne in der Debatte die emotionalen Wogen hoch schlagen und bitte deshalb von vornherein um Mäßigung.)
(Foto: Feldjäger auf Streife vor dem Ehrenmal der Bundeswehr neben dem Bendlerblock, beim ‚Memorial Run‘, dem Veteranengedenken im Mai 2013 – eigentlich gehörte da ein Foto vom Wachdienst im Dienstanzug hin, das ist aber aus Sicherheitsgründen nicht so schnell zu organisieren und wird nachgereicht.
@ nur 2 cent
„Das bedeutet, dass der Einsatz von Sicherungspersonal am zweiten Dienstsitz unnötig ist.“
Nein bedeutet es eben nicht. BmVG ist militärischer Sicherheitsbereich und bis zu einer gewissen Intensität eines angriffs ist eine Abwehr durch anwesende Feldjäger durchaus sinnvoll, möglich und zulässig. danach kommen eben SEK Berlin und sonstige Akronyme angejuckelt.
Als ultima ratio zieht der G1 die liebevoll gehegte Bendlerblock Luger aus dem Schreibtisch und geht mannhaft ins Gefecht
Eine absolut positive Entscheidung von BG Schnittker.
Oft gibt es den (teilweise berechtigten) Vorwurf, daß gerade auf höherer Ebene zu wenig geführt und entschieden, sondern nur noch der Status Quo verwaltet wird – das kann man ihm definitiv nicht vorwerfen!
Beim Warten im Wachlokal des BMVg habe ich vor einiger Zeit mal mitbekommen wie ein StFw der FJg seinen Soldaten sehr vorbildlich klar gemacht hat warum sie hier sind – und warum der Dienst dort sehr öffentlichkeitswirksam ist.
Durch diesen Anzug können die eingesetzten Soldaten auch endlich zeigen welche Auszeichnungen sie für ihre zahlreichen Einsätze bekommen haben – am Feldanzug sieht man das ja nicht… Stolz darauf scheint wohl manchen weniger wichtig zu sein als die Bequemlichkeit.
Irgendwer mault immer – man muß sich nur bewußt entscheiden welche Seite man dabei ignoriert.
Auch interessant wenn man hier alles durchgelesen hat:
Die Ankündigung dazu ist schon ewig her – und in Halbschuhen muß auch keiner seinen Dienst versehen :-)
Ich finde es gut.
@POO:
„Durch diesen Anzug können die eingesetzten Soldaten auch endlich zeigen welche Auszeichnungen sie für ihre zahlreichen Einsätze bekommen haben “
Das wäre dann die gleiche argumentative Basis, mit der sich gewisse Leute hoch bis zum General den Einsatzanzug mit Tätigkeitsabzeichen zupflastern. Das ist insgesamt zwar stringent – aus meiner Sicht aber auch stringent am Ziel vorbei.
@ POO 00:12
Wenn man sich durch solch eine simple Entscheidung auf ‚hoeherer Ebene‘ unvergesslich machen kann?!
Moeglich, dass der TarnAnz der IBUK zu martialisch war?
@POO | 21. Januar 2015 – 0:12
Es gibt auch Soldaten, die zwar stolz auf ihr persönlich Erreichtes sind, aber ihren Dienstanzug dennoch freiwillig ordenfrei tragen.
Und hier verfängt ihre Argumentationslinie gleich doppelt nicht. Denn im Feldjägerdienst wird der Dienstanzug, streng nach Vorschrift, ohne Orden und Auszeichnungen getragen.
@Kerveros
Na ja…Ähnlich, aber nicht gleich. ;-) Und gewisse Leute sind für mich nicht der Standard. Störend, ob des nervigen Habitus? Ja, durchaus.
Für mich ist die argumentative Basis der „Sammlung Brust Backbord-Seite“ schon nachvollziehbar. Daher auch Danke an @POO für den Beitrag, der mir gefallen hat.
Da kommen die Kameraden schon auf so einiges, wenn ich daran denke wo sich deren Spezialisierungen seit Jahren so rumtummeln. Auch gemessen daran, welche Dienstgradgruppen in den Feldjägerdienstkommandos vom Streifendienst betroffen sind. Und das dies bei manchen der Kameraden nicht für „Freude Freude Gefühle“ sorgt? Tja, auch das ist halt so.
@MikeMolto
Kennen Sie denn die Beweggründe en Detail und wie der Verlauf im Kdo Feldjäger und im Regiment gewesen ist? Wir werden es wohl nie erfahren, da es im Orkus der Geschichte untergeht. Daher ist es müßig mit der hier allzu oft etablierten undifferenzierten „Der wollte sich nur profilieren, weil isso, weil hoher Dienstgrad…“-Thematik und mit unserem „UvdL Bashing des Tages gib uns heute“ zu kommen.
Und es ist auch nicht wichtig.
@ Heiko Kamann
In Kenntnis der grundsätzlichen Ausbildung von FJg, der zeitlichen Belastung dieser Truppe und den anderen Aufgaben, die der dort eingesetzt Verband zu erfüllen hat, ist nicht davon auszugehen, dass der Ausbildungsstand der dortigen FJg deutlich höher ist, als der der Truppe insgesamt. Die Vermutung ist also von Fakten abgeleitet, muss aber nicht stimmen. Ebenso kann man von der Ausbildung und Ausrüstung von Marines, die andere Botschaften bewachen, auf die Fähigkeiten der Einheit in Berlin schließen, obwohl auch dies letztlich eine Vermutung ist. Den Einsatzwert der Militärpolizeikräfte zur Wahrnehmung von Sicherungsaufgaben gegen bewaffnete Kräfte auf Basis dieser Ableitungen zu bezweifeln, ist damit nicht unredlich. Tatsächliche Fakten könnte man allerdings nicht diskutieren ohne Einzelheiten der Absicherung preiszugeben, was wirklich nicht produktiv wäre.
@FlaOffz
Von „freikämpfen“ habe ich nicht gesprochen. Den Begriff haben sie eingeführt. Ich sprach von „Vorgehen gegen bewaffnete Täter in Gebäuden“ und der „Abwehr eines terroristischen Angriffs“. Zumindest das Lokalisieren eines bewaffneten Eindringlings in einer Liegenschaft oder einem Gebäude und das Abriegeln eines Bereiches muss Wach- und Sicherungskräften zugemutet werden können, denn auch das gehört zum Wachauftrag. Die Abwehr terroristischer Angriffe auf die Liegenschaft ist Auftrag jeder militärischen Wache und wenn möglich ist schon das Eindringen zu verhindern. Dafür sind die entsprechenden Gefährdungsstufen auszuplanen und Maßnahmen zu organisieren. Wenn die eingesetzten Wach- und Sicherungskräfte das nicht leisten können, könnte für den Ehrendienst, der in anderen Ländern von Elitetruppen wahrgenommen wird, auch ein Pförtner eingesetzt werden, der im Notfall die Polizei ruft.
Wieso setzt man eigentlich FJg ein, am 1. Dienstsitz in Bonn wird dieser Job seit Jahrzehnten von bewaffneten Beamten des einfachen Dienstes uebernommen, ohne dass es zu Qualitaetsverlusten kommt ? Dann haette man auch wieder ein paar FJg mehr f. Einsaetze.
Cynic2 | 21. Januar 2015 – 11:04
Danke, das Sie meine Einlassung auf Ihren früheren Beitrag bestätigt haben; lediglich in der Konklusion sind wir noch uneins … ich halte Ihre Einlassung noch immer für unredlich.
Womit wir mal wieder beim Thema wären…
Ich bin auf einen sehr amüsanten Artikel zur Anzugordnung gestoßen und kann nur empfehlen, den sich mal durchzulesen. Ich kam aus dem Lachen kaum raus:
http://fkpg.de/wp-content/uploads/Die-Multiformtr%C3%A4ger-DPG-2-2013-ReG.pdf
@rbwda:
„Wieso setzt man eigentlich FJg ein, am 1. Dienstsitz in Bonn wird dieser Job seit Jahrzehnten von bewaffneten Beamten des einfachen Dienstes uebernommen, ohne dass es zu Qualitaetsverlusten kommt ?“
1+ ***
Und damit wäre alles zur Motivlage geklärt.
In Bonn ist es Einfacher Dienst.
In Berlin ist es Ehrendienst. Für manche auch ein Bärendienst. Hat aber nix mit der Hauptstadt zu tun.
P.S.: Bleibt im Sinne von BG Schnittker die Frage , welche Kleidung die Mitarbeiter des BMVg in Bonn tragen?
Ob das mal so gut ist…
Nach meiner Erfahrung werden wir eher im Feldanzug als im DA als Soldaten erkannt. Bei der Marine geht das noch, da sich die Uniform in den meisten Nationen stark ähnelt. Dementsprechend kennt der Normalbürger die Uniform aus dem Fernsehen. HU und LU erkennt man – insofern man nicht gedient oder sich anderweitig mit dem Thema befasst hat – jedoch kaum.
Ich könnte wetten dass es Leute gibt, die beim Anblick des DA Herr vorm BMVg von einem zivilen schick gemachten Wachunternehmen ausgehen…