Zwischenruf: Mit der ‚Todesliste‘ am Thema vorbei
Wäre ich bei der NATO oder den US-Streitkräften für Information Operations mit Ziel Deutschland zuständig (so was gibt es natürlich gar nicht), würde ich heute abend eine Flasche Schampus köpfen. Haben es die Deutschen doch geschafft, sich in einer moralischen und pseudo-rechtlichen Debatte darüber zu verkämpfen, dass ihre Soldaten im Krieg in Afghanistan getötet haben und Truppen anderer ISAF-Nationen dabei unterstützt haben. Das eigentliche Problem der Ziel-Listen mit Aufständischen, die so genannte Joint Prioritized Effects List (JPEL), haben die Deutschen über ihre engagierte Diskussion über Todeslisten völlig aus den Augen verloren.
Denn in der deutschen Öffentlichkeit geht es allein um die schon in den Jahren 2009 und 2010 geführte Debatte, ob Bundeswehrsoldaten auch jenseits von Notwehrsituationen Taliban und andere Aufständische angreifen und töten dürfen. Die Debatte ist spätestens mit der Entscheidung des Generalbundesanwalts, das Verfahren gegen Oberst Georg Klein nach dem Luftschlag von Kundus im September 2009 einzustellen, zumindest juristisch geklärt. Was die selbstquälerische und sehr deutsche Lust an der Diskussion darüber, dass Soldaten in einem Kriegseinsatz töten, nicht mindert.
Doch kein Mensch redet in Deutschland darüber, dass Listen wie die JPEL zwar rechtlich zulässig sind – aber ihr Zustandekommen in Teilen äußerst fragwürdig war und bleibt. Auch in dem Spiegel-Bericht, der am vergangenen Wochenende die jüngste Debatte auslöste, wird ein ganz großes Manko eher nebenbei recht spät im Text erwähnt:
Zu den wohl umstrittensten Entscheidungen der Nato in Afghanistan zählt die Ausweitung der Operationen auf Drogenhändler. (…) Im Oktober 2008 trafen die Verteidigungsminister der Nato laut dem NSA-Dokument eine folgenschwere Entscheidung: Drogennetzwerke seien künftig „legitime Ziele“ der Isaf-Truppen. „Drogenhändler wurden zum ersten Mal in die JPEL-Liste aufgenommen“, heißt es in dem Bericht. (…)
Anfang 2009 erließ der damalige Nato-Oberbefehlshaber Craddock eine Order, wonach die Strategie der zielgerichteten Tötungen von Taliban-Kadern auf Drogenproduzenten ausgeweitet werde. Das führte zu heftigen Diskussionen innerhalb der Nato. Der deutsche Nato-General Egon Ramms erklärte den Vorstoß für „illegal“, er verletze internationales Recht.
Und da liegt der Knackpunkt. Die Anwendung tödlicher Gewalt gegen Mitglieder organisierter bewaffneter Gruppen als Gegner ist nach dem Völkerstrafrecht humanitären Völkerrecht legitim; die Anwendung gleicher Gewalt gegen bloße Kriminelle ist es nicht. Zumal den deutschen Soldaten das Vorgehen gegen die Drogenkriminalität ausdrücklich eben nicht ins Mandat geschrieben wurde. Was zu der Frage führt, die leider von den Kollegen mit Zugang zu diesen Listen nicht beantwortet wird: Haben die Deutschen auch Personen für die JPEL identifiziert, die gerade nicht den Taliban zugerechnet werden konnten, wohl aber der Drogenkriminalität?
In US-Medien ist dieser Punkt als das wesentliche Neue des Spiegel-Berichts identifiziert worden. Leaked Documents Show the US Used Drone Strikes to Target Afghan Drug Lords, meldet das US-Magazin Vice News – unter Berufung eben auf den Spiegel.
Hierzulande gibt es offensichtlich nicht das Bedürfnis, zu klären, wer eigentlich auf dieser Liste stand, obwohl er nicht Partei in dem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt in Afghanistan war, also fälschlich oder irrtümlich auf diese Liste geriet (ein aufrüttelndes Beispiel hier.) Wichtiger scheint die Frage, ob deutsche Soldaten in einem Kriegseinsatz tödliche Gewalt anwenden dürfen. Grundsätzliches halt. Damit man nicht über möglicherweise verstörende Details reden muss.
(Dieser kommentierende Zwischenruf musste nach der Sachdarstellung in den Threads hier und hier mal sein.)
(Archivbild April 2011: US-Soldaten vor einem Mohnfeld in Afghanistan – ISAF RC South)
Zum verlinkten Beispiel eine Episode eines ehemaligen NSA-Mitarbeiters ab
„To provide a concrete example“ auf http://20committee.com/2014/12/30/bureaucracy-keeps-doing-its-thing/
http://www.peerpressureworks.com/wp-content/uploads/2012/05/Facepalm-1.jpg
Als beteiligter Soldat kommt man sich zum Ende des Einsatzes jetzt doch richtig verarscht vor, oder?
In kaum einem Konflikt sind diese Akteure scharf abgrenzbar, weil Aufstandsbewegungen in vielen Fällen nahtlos in die Organisierte Kriminalität übergehen, durch die sie sich finanzieren. Die OK nimmt hier eine quasi-militärische bzw. logistische Funktion ein, was sie defacto und nach Ansicht einiger NATO-Partner auch dejure zu einem Teil der Aufstandsbewegung macht, zumindest solange entsprechend Gelder fließen. Es gibt zudem keine formelle Mitgliedschaft in der Aufstandsbewegung, die im Grunde nur eine lose Ansammlung von unscharf abgrenzbaren Netzwerken ist. Dieser Realität ist die Vorstellung von klarer Abgrenzbarkeit nicht angemessen.
Noch schwieriger wird der Fall, wenn man betrachtet, dass es zum militärischen Auftrag gehört, z.B. afghanische Sicherheitskräfte oder den afghanischen Staat aufzubauen. Hier kann argumentiert werden, dass Teile der OK, die dies behindern indem sie Funktionsträger korrumpieren, auch Gegenstand militärischen Vorgehens sind, wobei dies in den seltensten Fällen eine Tötung wäre, aber zumindest Maßnahmen der Nachrichtengewinnung und Aufklärung wären hier oft militärisch durchaus angemessen.
Rechtlich gibt es hier Überschneidungen zur theoretisch existierenden afghanischen Justiz bzw. zum afghanischen Strafrecht, aber dessen mangelnde Funktionsfähigkeit ist ja eine der Begleiterscheinungen und zugleich Ursachen des bewaffneten Konflikts. In der Praxis gibt es daher völkerrechtlich durchaus legitime Synergien z.B. militärische Nachrichtengewinnung und Aufklärung und Mentorierung einheimischer Sicherheitskräfte, die mit dieser Hilfe dann Festnahmen und alles weitere durchführen. In diesem Spektrum sind die Grenzen aber fliessend, und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass jemand gleichzeitig ein militärisches Ziel nach HVR und jeweils gültigen ROE darstellt und mutmaßlicher Straftäter nach afghanischem Strafrecht ist.
Um es vorsichtig auszudrücken: Ein wenig schon.
@ T.W.
Danke für diesen Artikel. Aber ich möchte doch gerne einwerfen, dass die Grenze zwischen Drogenproduzent/OK-Mitglied und Insurgent leider nicht so trennscharf in der Realität besteht, wie es eine Prüfung nach eben diesen Kriterien erfordern würde.
Dieser Faktor muss bei einer Untersuchung mit entsprechender Fragestellung berücksichtigt werden, um nicht gleich wieder am Thema vorbeizuschliddern.
Mir ist schon klar, dass es nicht immer – vielleicht sogar: meistens nicht – eine trennscharfe Linie zwischen Insurgents und OK gibt. Was aber um so mehr die Prüfung fordert: Ist jemand ein legitimes militärisches Ziel, nur weil er zur OK/zum Drogengeschäft gehört? Grundsätzlich alle Kriminellen zu militärischen Gegnern zu erklären, kann wohl kaum die Lösung sein.
Da hat der gute Miles C. seinen Beitrag vor meinem angefangen und ich hatte diesen nicht gesehen. Entschuldigen Sie die Dopplung.
Die Forderung ist berechtigt und wird wohl zu Tage fördern, dass dies so auch, zumindest für Deutsche Targeteere nicht der Fall war.
Die entsprechenden Nominierungskriterien sehen das nämlich nicht vor!
@T. Wiegold
Im Fall Craddock bestand das völkerrechtliche Problem darin, dass er ausdrücklich alle Teile der Drogen-OK zu Zielen erklärt hatte und dabei noch betonte, dass dies unabhängig davon gelte, ob sie tatsächlich ein militärisches Ziel darstellen. Das wäre in der Tat nicht nur offensichtlich völkerrechtswidrig gewesen, sondern auch militärisch zumindest teilweise kontraproduktiv, da verschiedene Teile dieser OK sehr unterschiedliche Rollen im Konfliktgeschehen spielen. Wäre das damals umgesetzt worden, hätte dies z.B. den Ausfall zahlreicher Personen in höchsten Ämtern der afghanischen Regierung bedeuten können.
Rainer Arnold in der BILD
„Es ist auch nicht neu, das Deutsche daran mitwirken, mit den anderen Nato-Partnern eine gemeinsame Terroristen-Liste – eine Art Verbrecherkartei – zu erstellen. Es ist aber naiv zu glauben, dass die sich einfach so festnehmen lassen. In der Regel wehren die sich. Daher gilt, ohne das ich das gut finden muss: Wenn zivile Opfer vermieden werden und Anschläge oder Angriffe durch die Täter unmittelbar bevorstehen, ist in Afghanistan auch das gezielte Töten möglich. […].“
Nach Arnold war es eine Verbrecherkartei und Verbrecher können in Afghanistan gezielt getötet werden. Das ist das Problem wenn man Grenzen und Regeln aufweicht, was nicht passt wird passend gemacht.
Das wird er doch bald schon wieder relativieren müssen. Und er wird dann darauf verweisen, dass er das lediglich umgangssprachlich meinte, um nicht in Fachsimpelei zu verfallen.
Schade, dass hier erneut die Trennschärfe bei unseren Poltikern im Wording fehlt.
Zur angeblichen engen Verknüpfung von Taliban mit dem Drogenanbau und dem örtlichen Drogenhandel bzw. organisierter Kriminalität. Ein kurzer Blick auf den Afghanistan-Länderartikel bei Wikipedia zum Bereich Landwirtschaft macht klar, dass das nur ein, warum auch immer, vorgeschobenes Scheinargument ist. Ich zitiere:
„Afghanistan ist der größte Opiumproduzent der Welt. Im Juli 2000 wurde der Opiumanbau durch das Taliban-Regime verboten, worauf die Opiumproduktion völlig einbrach und im Jahre 2001 fast auf null sank. Nach dem US-geführten Krieg stieg die Produktion wieder an und ist seit 2004 höher als in den Jahren zuvor.[83]
2006 betrug der Handel mit Opium 46 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Anbaufläche für Schlafmohn stieg seit der Beseitigung des Taliban-Regimes kontinuierlich, im Jahr 2006 erneut um 59 Prozent auf rund 193.000 Hektar. Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) wurden im Jahr 2006 über 6000 Tonnen Opium geerntet, das entspricht 92 Prozent der gesamten Weltproduktion. Der Exportwert dieses Opiums liegt nach Angaben des Außenministeriums der Vereinigten Staaten bei 3,1 Milliarden US-Dollar, dagegen liegt der Straßenpreis bei rund 38 Milliarden US-Dollar. Im Herbst 2007 wurden in Afghanistan rund 8200 Tonnen Opium geerntet, davon mehr als die Hälfte in der afghanischen Provinz Helmand. Das übersteigt den weltweiten Verbrauch um 3000 Tonnen.
Der einzelne Opiumfarmer erzielt hierbei etwa 122 US-Dollar pro Kilogramm Opium („farm gate price“). Somit ist für diesen der Schlafmohnanbau um etwa das Zehnfache lukrativer als der Weizenanbau.“
Man kann also schnell erkennen, dass Drogenhändler und Taliban nicht natürliche Freunde sind. Seit Einmarsch der US-Truppen hat sich die Situation für die Drogenhändler stetig verbessert. Der Drogenhandel kann also gar kein Interesse an einer Unterstützung der Taliban haben. Traditionell gilt Drogen-Anbau und -Handel in weiten Teilen Afghanistans als eine Art Kavaliersdelikt, man tut es nicht gerne, aber anders kann man seine Familie nicht übers Jahr ernähren, weil Weizen u.ä. in diesen Höhen nicht ausreichend gedeiht. Nun gibt es aber auf westlichen Druck hin ein Vernichtungsprogramm von Drogenanbauflächen der afghanischen Polizei, was diese nicht sonderlich beliebt macht und insgesamt eher kontraproduktiv ist. Nochmal Wikipedia dazu:
„Nachteil dieser von westlichen Geberländern geforderten Maßnahme ist, dass zahlreiche Bauern, deren Lebensgrundlage zerstört wurde, zu Anhängern lokaler Kriegsherren (nicht der Taliban) wurden, ein Grund für die Verschlechterung der Sicherheitslage seit dieser Zeit. Ein wirtschaftlich negativer Effekt ist, dass Marktverknappung der derzeitigen Überschussproduktion den Drogenhändlern in die Hände spielt, weil er die Preise steigen lässt.“
Es ist wahr, das Wissen über Afghanistan ist bei den Ami’s und der ISAF nicht so feinkörnig, Ich habe mich hier zwar auf Wikipedia gestützt, wusste das aber alles schon vorher, man muss einfach mal mit Afghanen darüber reden.
Aus einem Kommentar der Südwest-Presse von morgen:
„Zwar erlaubt das Völkerrecht in solchen Konflikten auch das planmäßige Töten feindlicher Kämpfer. Doch das Isaf-Mandat des Bundestages deckt keine gezielte Exekution von Personen, die auf sogenannten Todeslisten stehen.“
Nach 13 Jahren immer noch solcher Unfug.
Aber immerhin den völkerrechtlichen Rahmen klar erkannt, dann aber falsch abgebogen.
@ TW: Danke für das Herausstellen des wirklich Wichtigen und für das Einordnen in die längst bekannten Einsätze der BW in AFG.
@Eule, Miles. C. : Danke für das Erklären der Unschärfe solcher Kriterien aus praktischer Sicht.
@Ironie: Dass deutsche Soldaten im Rahmen eines Kampfeinsatzes feindliche Talibankämpfer bei auftragsgemäßen Offensivaktionen zur Befriedung der ihr zugewiesenen Region natürlich auch töten müssen scheint für namhafte Medien nach 13 Jahren AFG-Einsatz genauso unwahrscheinlich und abwegig zu sein, wie der derzeitige Wintereinbruch mitten im Dezember. Und genauso aufgeregt berichten sie auch darüber.
Dass Politiker mit pazifistischer Grundeinstellung nun lautstark auf den Entsetztenszug aufsteigen, sind sie ihren Wählern schuldig. Dass aber die Parteien und Politiker, die alle Jahre und besonders 2009, 2010 und 2011 wieder für das ISAF-Mandat gestimmt haben nun eher stillhalten und zulassen, dass das Kind ( die von uns beauftragten Soldaten der BW) mit dem Bade ( den mageren Ergebnissen von 13 Jahren ISAF-Einsatz) ausgeschüttet wird, anstatt sich vor die Leistungen der Truppe zu stellen bzw. die eigene Fehlbarkeit bei der Mandatserteilung für solche asymmetrischen Konflikte offen einzuräumen, ist sehr schade und leider recht vertraut.
Es wäre den über 130000 eingesetzten Soldatinnen und Soldaten wirklich zu gönnen gewesen, dass ihr persönlicher Einsatz am Ende der Mission nicht auch noch mit den alten Klischees in der Öffentlichkeit niedergetrampelt wird, so wichtig eine differenzierte Aufarbeitung auch sein mag.
Genau diese wird m.E. mit dieser Grundsatzdiskussion einmal mehr unterbunden, wozu die ganzen Beschönigungsstatements von Regierungsseite leider auch noch beitragen.
Wirklich sehr schade!
Während im Spiegel-Bericht das Targeting im Regionalkommando Südwest in 2011 thematisiert wird, heben die Kommentare hier im Blog auf die deutsche Vorgehensweise im Regionalkommando Nord ab. Das passt nicht zusammen, da die Lage in den beiden Regionalkommandos nicht vergleichbar war und die Soldaten der dort eingesetzten Nationen nicht den gleichen nationalen Auflagen/Einschränkungen unterlagen. Selbst wenn US-Dokumente das Wort „ISAF“ beinhalten, dann heißt das nicht einmal dass es darin auch tatsächlich um Targeting im Rahmen des ISAF-Mandates geht. Es kann auch Targeting im Rahmen der Operation Enduring Freedom sein, die nach meiner Kenntnis durch die USA noch nicht beendet wurde. Die ISAF-Mission, das Regionalkommando Nord und das Handeln deutscher Streitkräfte sind jedenfalls allenfalls eine „Randnotiz“, wenn man sich mit dem Thema Targeting in Afghanistan befasst. Zur Kernfrage, wie (die meisten) Personen dort auf irgendwelche Ziellisten gekommen sind, können deutsche Kommentatoren nur wenig beitragen, da sie allenfalls die ehemaligen ISAF-SOPs kennen, nicht aber deren Anwendungspraxis im Regionalkommando Südwest und die konkreten Intelligence-Erkenntnisse, die dort zu einer Nominierung geführt haben.
Die Problematik der Veröffentlichung der genauen Kriterien für die Nominierung auf eine Zielliste dürfte im Übrigen nicht in rechtlichen Fragen, sondern im Bereich des Militärischen Nachrichtenwesens liegen. Würde man diese offen kommunizieren, so wäre es für jeden organisierten, bewaffneten und legal zu bekämpfenden Gegner vermutlich ein Leichtes seinen Kampf fortzusetzen und zugleich seine Nominierung zu verhindern. Wer in einem bewaffneten Konflikt seinem Gegner den eigenen Targetingprozess transparent macht, der kann den Krieg nicht gewinnen. Insofern finde ich alleine schon die Forderung nach Offenlegung der Nominierungsverfahren recht befremdlich. Vermutlich liegt dieses aber auch daran, dass es in Deutschland zwar jede Menge Juristen bzw. rechtlich interessierte Bürger gibt, aber kaum MilNW-Experten und Juristen mit militärischem Sachverstand.
@ Jörg Backhaus
Und hierzu tritt nun noch das Desinteresse der deutschen Bürger an ihren Streitkräften.
Jeglicher Versuch der vergangenen Monate dies zu ändern (und jetzt nehmen wir bitte nur mal positiv, dass es hier seitens Frau Ministerin eine Bestrebung gibt und ergießen uns nicht in Kritik über Einzelmaßnahmen) wird durch solche Kampagnen ins Nirvana getrieben.
@Nordlicht
Woher nehmen Sie denn die Information, dass nur auf die JPEL des RC SW abgehoben wird?
Übereinstimmend berichten die Medien, Generalmajor Kneip (jetzt mit drei Sternen Leiter der Abteilung Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung und als „enger Vertrauter der Ministerin von der Leyen geltend“) habe 2011 in Afghanistan „Personenziele“ persönlich (sic!) ausgewählt
Als Beispiel wird genannt, Kneip habe angeordnet, ein bestimmter Aufständischer namens Qari Hafiz müsse entweder „festgenommen oder neutralisiert“ werden. Das sei als „Priorität“ zu behandeln.
Im Mai 2011 war Kneip bei einem Anschlag der Taliban selbst verwundet worden.
Der jetzige U.S.-amerikanische Präsident Obama verfuhr und verfährt ähnlich, indem er persönlich die „Zielpersonen“ der U.S.-Drohnenangriffe festlegte/festlegt.
Ob Kneip nach dieser Enthüllung noch Kandidat für noch höhere Weihen bleibt?
Aus der Kriegsgeschichte in kein Beispiel bekannt – auch nicht aus dem Partisanenkrieg resp. Bandenkampf im Zweiten Weltkrieg (mit dem Geschehen in Afghanistan cum grano salis vergleichbar) -, daß ein deutscher Truppenführer höchstpersönlich einen zu tötenden Gegner namentlich befohlen hätte.
Das wäre nämlich mit dem deutschen soldatischen Ethos nicht vereinbar gewesen.
@Jörg
„Dass deutsche Soldaten im Rahmen eines Kampfeinsatzes feindliche Talibankämpfer bei auftragsgemäßen Offensivaktionen zur Befriedung der ihr zugewiesenen Region natürlich auch töten müssen scheint für namhafte Medien nach 13 Jahren AFG-Einsatz genauso unwahrscheinlich und abwegig zu sein, wie der derzeitige Wintereinbruch mitten im Dezember.“
Mir scheint immer noch, dass die Mehrheit der Politiker Bundeswehreinsätze eher als „Polizeieinsätze“ wahrhaben möchten und dies dementsprechend dann auch dem Wähler so verkaufen. Da wird niemand ‚“getötet“ (das machen dann doch bitte die bösen Amerikaner, Engländer, etc.), Deutschland verhaftet die bösen Jungs und gibt diese dann weiter. Nur nicht schmutzig machen, lautet die Devise aus Deutschland. Und immer schön lächeln…
4 Tage im November
steht unter anderem das ein Dorfbewohner die ISAF gewarnt hatte nicht an den Friedhof zu gehen , einer tat es immer wieder von einer anderen Einheit oder Zug und wurde dafür auch Angesprengt
da ging es auch um ein Drogen Versteck
@Jörg Backhaus u. Eule:
Ich finde es auch bezeichnend wie sehr van Aken, Ströbele u. Co die Diskussion dominieren.
Immerhin geben Arnold und Kiesewetter Contra (wenn auch Arnold mit sehr ungeschickten Formulierungen).
Ich bin mal gespannt, inwieweit sich die Kanzlerin, die Ministerin und auch der GI noch in die Diskussion einbringen.
Aber da ist meine Hoffnung bei allen drei gering.
Die Ministerin hat sicher viel Wahrnehmung auf die Bundeswehr gezogen. Aber sobald es um „harte Themen“ ging, duckte sie sich ja meistens weg. Allein schon die Dramen um Bilder mit Waffen und Drohnen.
Besonders bezeichnend aus meiner Sicht der Drohnenkompromiß: Über eine Befaffnung soll das Parlament entscheiden und dazu eigene Einsatzregeln verfassen.
Formaler und inhaltlicher Unfug.
Sie hat sich schlichtweg hinter dem Parlament versteckt, anstatt zu erläutern wofür wir Streitkräfte haben und was das dies für die Ausrüstung bedeutet.
Dieses andauernde Wegducken führt dazu, dass Politik, Medien, Wissenschaft, Kultur und somit die Gesellschaft eine völlig verzerrte Vorstellung von der Rolle von Streitkräften haben.
Ich kann nicht erkennen, dass hier jemand vehement gegen die Agitatoren à la Aken ankämpft.
So werden Minderheitsmeinungen (Todeslisten! Beihilfe zum Totschlag!) schleichend dominierend in der Debatte und somit meinungsbildend für breite Bevölkerungsteile.
Daher auch von mir an Herrn Wiegold meinen besten Dank für den Zwischenruf. Der Zwischenruf sollte Pflichtlektüre für jeden Kommentator dieser Tage sein. Denn da gilt ja allzu oft:
Keine Ahnung, aber schon ne Meinung.
@ T.W.:
Eine kleine Korrektur: Sie schreiben das gem. Völkerstrafrecht die Tötung von Mitgliedern organisierter bewaffneter Gruppen rechtmäßig sei. Dies stimmt nicht ganz. Das Völkerstrafrecht sagt darüber nichts aus, was Sie meinen ist „humanitäres Völkerrecht“ (ehemals Kriegsvölkerrecht). Völkerstrafrecht behandelt (etwas salop formuliert) die Strafbarkeit von Individuen durch Völkerrecht und sagt nichts darüber aus welche Tötungen im Krieg rechtmäßig sind ( was dann die Aufgabe des HVR wäre).
Gruß,
Arian
@Arian
Danke für den Hinweis; ist korrigiert.
@ Eule
Der Spiegel-Bericht ist im Kern auf Dokumente zum Targeting in Helmand aus dem Jahr 2011 aufgebaut. Helmand gehörte damals zum Regionalkommando Südwest. Die im Bericht angesprochene JPEL wird sich wohl auf ISAF insgesamt beziehen. Hierzu beinhaltet der Bericht aber mehr „Stochern im Nebel“ als Substanz – was darauf schließen lässt, dass die Redakteure dazu nicht allzu viel Detailwissen haben. Das Targeting in Afghanistan wurde – historisch, organisatorisch und durch nationale Besonderheiten bedingt – in den Regionalkommandos sehr unterschiedlich praktiziert. Natürlich ist man in den deutschen Medien besonders interessiert aus den verratenen Informationen zum Targeting in Helmand einen Bezug zum Regionalkommando Nord und zur Beteiligung Deutschlands zu konstruieren. Auch hier ist der Spiegel-Bericht aber eher „dünn“. Hätten die Redakteure dazu mehr Dokumente gehabt, so hätten sie diese wohl veröffentlicht. Schließlich hatte der Spiegel auch in der Vergangenheit wenig Skrupel, wenn es um den Verrat militärischer Geheimnisse ging. Die Unterstützung generischer, bewaffneter Kräfte in ihrem Kampf gegen die westliche Wertegemeinschaft wurde als Kollateralschaden der Sensationsberichterstattung regelmäßig zumindest in Kauf genommen. Wer in Afghanistan treu und tapfer gedient hat, der sollte sich hier zurückhalten. Das dort im Targeting erworbene Wissen wird für die Verhinderung der Ausbereitung und des Fortbestandes des Islamischen Staates noch benötigt werden und hat nicht dadurch an Geheimschutzbedürftigkeit verloren, weil der ISAF-Einsatz nun zu Ende ist.
@ Zeitzeuge
Mit dem ‚deutschen soldatischen Ethos -193901945-‚ sollten wir nach Oradour(FRA) besser nicht argumentieren.
Herr Wiegold, mein ausdrücklicher Dank für diesen Beitrag.
Mir drängt sich die Frage auf wie diese Fakten im Rahmen der BW-Nachwuchswerbung vermittelt / erklärt werden?
„Hierzulande gibt es offensichtlich nicht das Bedürfnis, zu klären, wer eigentlich auf dieser Liste stand, obwohl er nicht Partei in dem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt in Afghanistan war, also fälschlich oder irrtümlich auf diese Liste geriet (ein aufrüttelndes Beispiel hier.) Wichtiger scheint die Frage, ob deutsche Soldaten in einem Kriegseinsatz tödliche Gewalt anwenden dürfen. Grundsätzliches halt. Damit man nicht über möglicherweise verstörende Details reden muss.“
Kein Wunder – zumindest nicht für mich. Diese Grundsatz“diskussion“ (ich verwende den Begriff hier nur sehr ungern) ist doch so viel praktischer als die andere … hier gibt es zwei miteinander unvereinbare Gegenpole und keiner wird den anderen von seiner Position überzeugen können. Das Ganze Karussell dreht sich dann eine zeitlang um die eigene Achse, bis die Diskutanten irgendwann der ewig gleichen Argumente müde werden und sich anderen Themen zuwenden. Das ist aber keine echte Debatte, das ist eine Scheindebatte mit dem einzigen Zweck die öffentliche Erregung zu kanalisieren, zu ermatten und möglichst ohne politische Folgen abzubügeln. Es ist ein taktisches Manöver, um die feige Verantwortungs- und Führungsverweigerung der politischen Entscheidungsträger vor dem Wähler zu verbergen.
@Zeitzeuge
General Kneip dürfte bei seiner Nominierung des Ziels nicht einer persönlichen Idee gefolgt sein, sondern eine Empfehlung seiner zuständigen Stabsabteilung freigegeben
haben.
Im Kampf gegen irreguläre Kräfte verfuhren die entsprechenden deutschen Stellen übrigens auch im Zweiten Weltkrieg vom Prinzip her nicht wesentlich anders, wobei hier auch aus technologischen Gründen nicht einzelne Anführer innerhalb von Aufstandsbewegungen, sondern deren Zellen Ziele waren, die mehr oder weniger gezielt bekämpft wurden.
Von dieser Parallele abgesehen eigenet sich aber ausgerechnet der „Bandenkampf “ nicht als Beispiel für das deutsche soldatische Ethos. Dafür muß man gar nicht auf die Extremfälle wie die „SS-Sondereinheit Dirlewanger“ zurückgreifen, die zum Kampf gegen irreguläre Kräfte gezielt aus Schwerverbrechern rekrutiert wurde die sich dann auch entsprechend gegenüber der Zivilbevölkerung verhielten. Die Wehrmachtsführung lebte nur marginal höhere Standards vor und gab etwa die Anweisung, dass Gefangene „auf der Flucht schonungslos zu erledigen“ seien. Allerdings zeigten andere Konfliktparteien damals auch kein höheres Ethos.
@Zeitzeuge
Der Vergleich ist nicht haltbar. Die Formulierung der Berichte auch nicht treffend. General Kneip kann eine Nominierung empfehlen, aber er genehmigt sie nicht ohne vorher eine Genehmigung aus dem BMVg.
@Nordlicht
Das ist eine vage Ableitung. Sicherlich nachvollziehbar wenn nur der Spiegelartikel existieren würde, aber in der Gesamtschau und gerade im Hinblick auf die Vorwürfe gegenüber General Kneip meines Erachtens nach falsch.
Ich leite hier eher ab, dass durchaus Informationen aus unterschiedlichen Bereichen, eben auch brisante Teile aus dem RC North (vgl. Folie die das „Protokoll“ zeigt, das General Kneips Forderung nach der Nominierung einer bestimmten Person belegen soll), vorliegen und der Spiegelartikel ganz bewusst auf die USA abgebogen ist, um das Theam Drohnen und Black Ops in einen vermeintlichen Gesamtzusammenhang zu bringen. Um dann wiederum eine entsprechende Kampagne anderer Blätter zu katalysieren.
Bezüglich auf die Geheimhaltung gebe ich Ihnen volle Zustimmung. Jedoch sollten wir mal vorsichtig formulieren, wo das wichtig werden könnte. Denn sonst haben wir hier gleich eine ganze Horde an Trollen am Hals, die uns unterstellen die Bw würde schonmal was für den Kampf gegen IS vorbereiten.
@Oliver
„Mir scheint immer noch, dass die Mehrheit der Politiker Bundeswehreinsätze eher als “Polizeieinsätze” wahrhaben möchten und dies dementsprechend dann auch dem Wähler so verkaufen.“
Es glauben eben wenige dass die Sicherheit der BRD am Hindukusch verteidigt wird.
Es geht nicht darum ob jemand „getötet” wird sondern unter welchen Umständen.
Es war doch gerade der Fehler nach 2002 die Polizei und Kriminalkräfte nicht zu stärken und weiter, unter Inkaufnahme von ziv Opfern, Soldaten einzusetzen.
Die Bundeswehr wurde auf Bitten der AFG Regierung in AFG eingesetzt um den Terrorismus zu bekämpfen. Rechtlich betrachtet, kann man das Vergleichen mit der Bekämpfung der RAF in der BRD, wenn diese damals aus einer größeren Anzahl von Terroristen bestanden und die Regierung Unterstützung aus dem Ausland angefordert hätte.
Was wäre den ausländischen Truppen erlaubt/was würden wir für tragbar halten?
Wenn die Ukraine einen Staat zur Aufstandsbekämpfung zur hilfe rufen würden, was dürften die Sodaten und was wäre nach unserem Rechtsverständnis angemessen?
So läuft es eben, wenn man ein Land zuerst angreift (innerhalb eines Verteidigungskrieges in der Folge 9/11), dann die militärischen Anstrengungen nicht konsequent beendet und der Bevölkerung in DEU die Wirklichen Umstände im Land verschweigt. Die USA hatten einen Krieg mit aller Härte (gerechtfertigt oder nicht) gegen einen Staat geführt, wir meldeten Solidarität und wollten Entwicklungshilfe leisten.
@Nordlicht
Es ist zugegeben OT, aber so eine merkwürdig pauschale Formulierung
klingt verdächtig nach: Eine freie Presse mögen wir nicht, weil die dem Gegner nutzt. Wenn das Ihre Ansicht sein sollte, sind Sie auf diesem (journalistischen) Blog nicht gut aufgehoben.
@Elahan:
„Rechtlich betrachtet, kann man das Vergleichen mit der Bekämpfung der RAF in der BRD, wenn diese damals aus einer größeren Anzahl von Terroristen bestanden und die Regierung Unterstützung aus dem Ausland angefordert hätte.“
Widerspruch. Genau damit war der Einsatz von Anfang – rechtlich – nicht vergleichbar, da es sich nicht um Strafverfolgungsmaßnahmen handelt(e).
Vergleichbar wäre es mit einem Einsatz der Bundeswehr im Inland gem. GG Art. 87b IV.
Das man dies in der BReg bis 2009/ 2010 nicht wahrhaben wollte steht auf einem anderen Blatt.
@Zeitzeuge:
Ohne hier eine Wehrmachtsdiskussion vom Zaun brechen zu wollen, nur ein Hinweis auf eine capture-/kill-Operation der Wehrmacht. Im Rahmen des Unternehmens „Rösselsprung“ sollte Tito festgesetzt oder getötet werden. Hierfür wurde an alle eingeteilten Kräfte ein Bild von Tito ausgegeben – verbunden mit dem Auftrag ihn gefangen zu nehmen oder ggf. zu töten.
Der Gesamtansatz war übrigens schon vergleichbar mit heutigen Spezialoperationen.
Ein ausführlicher Bericht hierzu:
http://www.bundesheer.at/omz/ausgaben/artikel.php?id=455
In Österreich gibt es hierzu wenigstens noch eine Plattform zur Information. Auf das Unternehmen wird natürlich auch in amerikanischer Fachliteratur heutzutage noch Bezug genommen
Für uns der overkill an Empörung:
Targeting und Wehrmacht in einem!
Deswegen belasse ich es jetzt auch dabei.
@Memoria
Zustimmung, deshalb schrieb ich ja:
…… wenn diese damals aus einer größeren Anzahl von Terroristen bestanden
Hätte denn die Bundeswehr bei einem Einsatz im Inland gem. GG Art. 87b IV andere rechtliche Befugnisse als die BP?
Wäre es Soldaten erlaubt gezielt Verbrecher, ohne vorhergehenden Gerichtsbeschluss, zu töten?
Was dürfen Bw Soldaten, wenn sie für andere Staaten in deren Land dienen?
Was dürfen Soldaten anderer Nationen in der BRD wenn sie von unserer Regierung zur Hilfe gerufen werden?
……evtl ist es ja in der Zukunft besser, wenn unsere Soldaten Urlaub nehmen um in anderen Staaten zu dienen (Modell Neurussland). Vorher aber nicht vergessen im Einsatzland eine neue Regierung zu installieren.
@Memoria
M e. können Ströbele und von Aken die Diskussion nur deshalb dominieren, weil sie glasklare Positionen vertreten und militärisches Handeln als Mittel der Politik grundsätzlich ablehnen, während die entsendenden Regierungen und Bundestagsmehrheiten der letzen Jahre aus Angst vor der vermeintlichen Mehrheitsmeinung sich um das schonungslose Aussprechen entsprechender Gegenpositionen mit beschämender Feigheit herumdrücken.
für die nachfolgenden OT – Ausführungen bitte ich schon mal vorsorglich um Entschuldigung aber sie gehören m. E. zu der Fragestellung dazu.
Als Bürger erwarte ich aber, dass ich nicht wie ein kleines Kind behandelt werde, dem man die Wahrheit über die schreckliche Welt da draußen vorenthält und seinen Kinderglauben vom blutfreien Kampf des Guten gegen das Böse aufrechterhält.
Nur weil die Politik in der Frühphase sich und uns nicht eingestehen wollte, dass Bündnistreue nach dem heimtückischen Angriff auf unseren Hauptbündnispartner einen Kriegseinsatz gegen den den Hauptgegner unterstützenden und beherbergenden Staat erforderte, wurde der Einsatz so dermaßen Richtung Entwicklungshilfe verklärt, dass pazifistische Meinungsführer völlig zu Recht die schleichende Militarisierung beklagen konnten. Hätte man gleich zu Anfang unumwunden erklärt, dass man nun mit den USA Krieg gegen die AQ und die Taliban führe, so wäre jedem Bürger von Anfang an klar gewesen, dass als Feinde identifizierte Kriegsteilnehmer dabei getötet werden sollten. Und dass dabei eigene Verluste vorprogrammiert waren aber durch kriegstaugliche Ausrüstung und Panzerung minimiert hätte werden können. Natürlich wären dann die deutschen Kriegsgegner völlig zu Recht zum Verfassungsgericht gegangen und die Regierung hätte ggf. das Grundgesetz ändern müssen oder aber keine Soldaten in diesen Konflikt schicken dürfen. Man hätte dann sehr ernste Fragen beantworten müssen:
Wozu haben wir eine Armee?
Für welche politischen Ziele darf mit ihren Waffen getötet werden?
Welche Ziele sind es wert, dass deutsche Soldaten dafür sterben?
Welche humanitären Katastrophen erfordern den Einsatz tödlicher Gewalt?
Mit welchen Kennzahlen kann man den Erfolg oder Misserfolg des militärischen Handelns belegen.
Weil dieser Debatte seit 20 Jahren aus dem Weg gegangen wird, haben es die pazifistischen Meinungsführer IMHO so leicht, die deutsche Militärpolitik vorzuführen und dabei die ausführenden Soldaten dieser Politik gleich mit, deren Opferbereitschaft und selbstgewählter Verzicht auf individuelle Freiheiten für das größere Ganze ihnen sowieso suspekt ja geradezu verdächtig vorzukommen scheint.
Es stimmt, das „ständige Wegducken“ lässt die Minderheitsmeinung umso greller im Medienlicht erscheinen. Ich würde mir wünschen, dass einige Politiker endlich einmal sagen, was sie wollen bzw. was zu tun ist und nicht welches Gesetz, Charta oder Konvention ihnen genau das verbietet. Mehr Mut in 2015 – Bitte!
@Zimdarsen oder Elahan (?):
Ob die Bw im Falle des Inneren Notstandes mehr Befugnisse als die Polizei hätte, ist unter Juristen – natürlich – umstritten.
Soweit ich es richtig im Kopf habe, legt die herrschende Meinung (Mauz/ Dürig) den Art. 87a Abs. 4 so aus. Denn die Alternative wäre das Ende der FDGO. Als Grenze wurde bewusst ein “ Rückholrecht“ des Parlamentes eingefügt.
Was darf die Bw in anderen Staaten?
Das haben wir hier glaube hier in den letzten Jahren (auch bereits wir beide) und letzten Tagen (siehe Targeting-Threads) zu genüge diskutiert. Der Handlungsrahmen bei einem bewaffneten Konflikt ist nicht das Strafrecht, sondern das Völkerrecht.
Im Falle eines inneren Notstandes – analog zum GG – kann man also auch Führer einer militärisch geprägten Aufstandsbewegung gezielt töten.
Wenn in der Debatte dann immer wieder behauptet wird, dies sei verfassungswidrig zeugt dies von bemerkenswerten Wissenslücken bei Vertretern der Legislative.
@Jörg Backhaus:
Volle Zustimmung.
Zumal die Angst der Politik auf einer durch Presse und Wissenschaft verengte Sichtweise aufbaut.
Die Bevölkerung würde in der Mehrheit deutlich robusteres Vorgehen nicht zu kritisch sehen.
Das zeigte sich in versch. Fällen in den letzten Jahren (ROE ISAF, Piraterie). Große Teile der Bevölkerung – insbesondere im ländlichen, süddeutschen Raum – hat eine recht pragmatisch, positive Einstellung zur Bundeswehr (Die töten Menschen? Aber dafür sind sie doch da!?!). Nur leider hat diese Sichtweise im politischen Diskurs keine Stimme (mehr).
Ich bin auch skeptisch, dass sich dies bessert. Es gibt immer mehr Berufspolitiker, die gar nicht gegen den medial-polit. Strom schwimmen können. Schon gar nicht bei einem so heißen Thema.
Nicht von ungefähr meiden junge Abgeordnete mittlerweile den Verteidigungsausschuss.
@Jörg Backhaus
Zustimmung
Doch was ist, wenn man dann zum Entschluss kommt, dass die BRD Streitkräfte nur zur Verteidigung aufstellt und es besser ist sich in die innere Angelegenheiten anderer Staaten nicht einzumischen?
Verteidung des Landes und des Bündnisses im engeren Sinn könnte 2015 wieder mehr in den Focus rücken. Doch wer sagt es unserem Parlament? Für zu viele ist die vermeintliche Entwicklungshilfe der Bw dort zur Lebenslüge geworden.
Zu Ihrer Frage
„Für welche politischen Ziele darf mit ihren Waffen getötet werden?“
gibt es doch schon verbindliche Antworten. Wie können Sie die in Frage stellen?
@Memoria
Die Soldaten sind nicht da um zu töten, sowenig wie Polizisten im Inneren zum Töten da sind und dies wird auch in Süddeutschland so gesehen, im Besonderen von den Soldaten.
Wir verteidigen das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes und das unter Umständen auch mit Waffengewalt, nicht töten ist das ziel, sondern Abschrecken und ggf den Gegner am erreichen seiner Ziele zu hindern.
Die Klarstellung von @Zimdarsen ist wohltuend.
@Zimdarsen
„Doch was ist, wenn man dann zum Entschluss kommt, dass die BRD Streitkräfte nur zur Verteidigung aufstellt und es besser ist sich in die innere Angelegenheiten anderer Staaten nicht einzumischen?“
Dann ist es eben so – dann wissen wenigstens alle, woran wir sind.
Ich würde aber empfehlen, erstmal die Herausforderung anzunehmen und sich die Errungenschaften dieses Einsatzes nicht einfach so schlecht reden zu lassen.
Aber genauso wenig den Verklärern und politischen Schönfärbern das Feld zu überlassen, die an einer ernsthaften Aufarbeitung genauso wenig interessiert zu sein scheinen, wie die Friedensfreunde die jetzt die Chance wittern, die moralische Deutungshoheit wieder ganz auf ihre Seite zu ziehen, in dem sie das Entsetzten über die Konsequenzen militärischen Handelns entfachen bzw. es zum wiederholten mal mit den Maßstäben des demokratischen mitteleuropäischen Rechtsstaats messen.
„Errungenschaften dieses Einsatzes nicht einfach so schlecht reden zu lassen.“
Was sind die Errungenschaften des Einsatzes?
Eine offenbar aufs falsche Gleis geratene verteidigungspolitische Debatte würde ich jedenfalls nicht zu den Errungenschaften des Afghanistan-Einsatzes zählen.
@ Zimdarsen @ Reservist122 – Mit diesem Mentalität werden wir auch in Zukunft dem Feind unterliegen, welcher den Krieg als das rohe Handwerk sieht, welcher der Krieg schon immer war und immer sein wird. Ihre Einstellung ist in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet und hat sich in Form des bekannten Spruchs “Kämpfen können um nicht kämpfen zu müssen“ bis heute in der BW gehalten. Es handelt sich dabei aber um eine Form von liebgewonnen bundesdeutschen Selbstbetrug. Die Metaphern vom Schutz und der Abschreckung dienen nur dazu, die Angst vor der echten Konfrontation zu verbergen. Man sagt eigentlich damit, dass man innerlich nicht bereit ist für das was da kommt.
Dieses psychologische Muster konnte man im Afg. Einsatz der BW sehr schön nachvollziehen. Der Einsatz begann mit naiven Vorstellungen über den Sinn und Zweck von Soldaten, mündete in einer Form des Schutzes bzw. dem Mythos vom menschliebenden Soldaten mit der weisen Weste und endete in mehreren Katastrophen einer mental nicht gerüsteten Armee. Das bisschen „warrior spirit“ welches sich die BW danach zugelegt hatte, wurde inzwischen wieder gründlich bürokratisch entfernt. Die nächste Konfrontation wird daher wieder einen unnötigen Blutzoll fordern. Krieg sollte man als das sehen was er ist und nicht als das was man gerne hätte: Ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.
Ich wünsche allen Lesern, Kommentatoren und Administratoren einen guten Rutsch in ein hoffentlich gewaltfreies Jahr 2015.
@Zimdarsen:
Dies ist eine zugegeben Zuspitzung der Tätigkeit, sozusagen der manchmal notwendige Weg zum Ziel. Ich wollte damit veranschaulichen, dass es durchaus nicht marginale Bevölkerungsanteile gibt, die nicht pazifistisch durchdrungen sind und daher auch für manche Berliner Empörungskampagne nicht empfänglich sind. Leider fehlt jedoch eine entsprechende Gegenstimme im politischen Diskurs. Dann natürlich etwas diplomatischer (Streitkräfte drohen oder wenden ggf. Gewalt an, um politisch vorgegebene Ziele zu erreichen).
@Bang50
BZ, auch ihnen eine guten Rutsch.
@Ban50 schrieb: “ Krieg sollte man als das sehen was er ist und nicht als das was man gerne hätte: Ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.“
Das war der Auftrag der Reichswehr, und ist gewiss nicht (!) der Auftrag der Bundeswehr.
Was ist die Bw? Ein Pfadfinderlager oder ein Verein für den Bau von Brunnen? Oder vielleicht doch eine Armee? Wie auch immer, die Bw ist der ein Instrument der Politik. Nicht mehr und nicht weniger. Also auch dazu da um im Kriegsfall dem Gegner unseren Willen aufzuzwingen.
Es ist mir klar, dass Clausewitz kein populärer oder auch auch nur einfach schreibender Autor war, aber er beschreibt dieses Dilemma hervorragend.
@ Reservist122
Das ist ja wohl mehr als Blödsinn! Dieses Zitat ist wenn nicht worttreu, so aber sinngemäß aus Clausewitz und stellt in jeder Theorie zum Krieg eine Grundmaxime dar.
Vom Wesen des Krieges dann auf den Auftrag der Wehrmacht zu kaprizieren und dann den Auftrag der Bundeswehr konträr zu lagern, ist schlichtweg ganz schlechter Populismus!
Wir sollten dem low ops Aufruf von Herrn Wiegold folgen und uns einen gemütliche Abend machen und anschließend wohlbehalten ins nächste Jahr rutschen ;-)
Keine Streitereien zum Jahreswechsel
@Reservist122: Mit „Das war der Auftrag der Reichswehr, und ist gewiss nicht (!) der Auftrag der Bundeswehr.“ setzen Sie das Schauspiel fort: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß“.
Wollen wir denn im Kreise unserer Verbündeten und Partner noch ernst genommen werden? Wenn ja, werden wir von Zeit zu Zeit naß werden. Oder glaubt jemand ernsthaft, daß ein unbewaffnetes Deutschland eine friedlichere Zukunft haben würde?