Kabinett bringt Ausbildungsmission im Nord-Irak auf den Weg
Das Bundeskabinett hat am (heutigen) Mittwoch wie geplant die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Nordirak auf den Weg gebracht. Die Minister verabschiedeten das Mandat für bis zu 100 Soldatinnen und Soldaten, die in Erbil im Nord-Irak kurdische Kämpfer für das Zurückdrängen der islamistischen ISIS-Terrormilizen ausbilden sollen. Hier geht es nicht um einen Kapmfauftrag, hier geht es um Ausbildungsleistungen, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach der Kabinettsentscheidung.
Der Beschluss geht jetzt an den Bundestag und wird voraussichtlich Ende Januar verabschiedet.
Zum Mandat (und seiner interessanten rechtlichen Grundlage) hatte ich hier schon einiges geschrieben, außerdem hier zur Einschätzung Steinmeiers.
Zur Ergänzung:
Mitteilung der Bundesregierung
Mitteilung des Verteidigungsministeriums
O-Ton (Audio) von Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
(Foto: Beginn der theoretischen Einweisung in die von Deutschland an die Peschmerga gelieferten Waffen in einer Ausbildungsstätte nahe Erbil, Nordirak am 01.10.2014 – Bundeswehr/Sebastian Wilke)
Als Hintergrund zur Entstehungsgeschichte des IS hier nochmal die n.m.B. bisher beste Zusammenfassung: http://video.pbs.org/video/2365356572/
Ist man sich im Kabinett und Parlament klar, was hier auf uns zu kommen kann?
Mit der Kabinettsentscheidung sind wir einen Schritt weiter engagiert im Kampf gegen IS (der nach optimistischen Schätzungen mind. 3 Jahre lang sein wird).
Es wird nicht der letzte Schritt sein. Erneute Ausrüstungshilfe steht schon bevor.
Weitere Beteiligungen sind mit Blick auf die absehbare Länge und Dynamik des Krieges (!) nun noch schwieriger abzulehnen.
Ist das durchdacht?
Sehr lesenwerte Analyse zu einer notwendigen Strategie gegen IS:
http://warontherocks.com/2014/12/can-political-struggle-against-isil-succeed-where-violence-cannot/
Auch nach meinem Eindruck kommen nicht-kinetische Elemente (u.a. InfoOps) deutlich zu kurz.
Leider wiederholt man im Irak die Fehler aus AFG vor 10 Jahren (siehe auch: http://www.usni.org/store/books/history/afghanistan-and-troubled-future-unconventional-warfare).
Die Operationsführung wird einmal mehr von konventionellen Kräften geprägt (die CJTF wird vorallem von konventionellen Divisions- und Korspstäben bemannt).
Die Stärke von IS ist seine Radikalität. Dies ist jedoch gleichzeitig seine Schwäche (wie allzu viele extreme Bewegungen zuvor in der Geschichte), da es die extremen Positionen zu wenig Pragmatismus zulassen.
Vielleicht hat IS den Kulminationspunkt bereits überschritten.
Oder IS gelingt es die „hearts and minds“-Kampagne weiterzuentwickeln.
Notwendig wäre eine umfassende Unconventional Warfare-Kampagne.
Nur leider haben die USA die hierfür notwendigen Fähigkeiten seit 2002 verkümmern lassen. Es gibt zwar bei SOCOM (insbes. unter McRaven) und USARSOC Bemühungen diese Fähigkeiten wieder in den Fokus zu nehmen. Dies braucht jedoch Zeit und im Irak dominiert die „big army“.
Aber ist der militärische Führung in Deutschland in der Lage die Bundesregierung und das Parlament mit einem größeren Blickfeld zu beraten und die notwendigen Konsequenzen für die Bundeswehr zu entwickeln?
Hier noch der Mandatstext in der Vollversion:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/035/1803561.pdf
Die Beschränkungen beim Personal in den internationalen Stäben (nur für Ausbildungsunterstützung!) ist mal wieder der Gipfel der Peinlichkeit.
„Die Beschränkungen beim Personal in den internationalen Stäben (nur für Ausbildungsunterstützung!)“
“ Wir (Deutschland) sind teil der breiten Koalition im Kampf gegen IS“
sic!
(Dabei sein , im Sinne von sich im gleichen Raum aufhalten, ist eben nicht alles)
Müsste eigentlich eine spezielle Verwendungszulage für Stabsoffiziere geben die politisch derart eunuchisiert werden und die Folgen der politischen Feigheit ertragen müssen.
@ Memoria
Ist das Grundgesetz wirklich peinlich? Finde ich eigentlich nicht.
Aber davon abgesehen: Mit dem Antrag begibt man sich m.E. auf ein extrem dünnes Eis. Einerseits soll es sich um einen „Einsatz“ handeln, was man bei einer Ausbildungsunterstützung nicht unbedingt so sehen muss (dann dürften wir z.B. auch nicht seit Jahrzehnten Beratergruppen in diversen afrikanischen Ländern haben oder auch Angehörige fremder Streitkräfte bei uns ausbilden). Und andererseits wird indirekt die These aufgestellt, es handele sich hier um ein System kollektiver Sicherheit, nur weil die Anstrengung internationaler Art ist. Nicht sehr überzeugende Argumentation.
Irgendwie könnte man den Eindruck gewinnen, diese konkrete Angelegenheit soll rechtlich bewusst gegen die Wand gefahren werden, um einen triftigen und nachvollziehbaren Grund für eine Grundgesetzänderung in einer Legislaturperiode zu erhalten, in der sich Zweidrittelmehrheiten leichter als sonst erreichen lassen.
Qu 4. Einzusetzende Fähigkeiten
Für die an der Ausbildungsunterstützung beteiligten Kräfte der Bundeswehr
werden folgende militärischen Fähigkeiten bereitgestellt:
Führung und Führungsunterstützung,
Beratung und Ausbildung,
Militärisches Nachrichtenwesen,
Eigensicherung und Schutz,
logistische, sanitätsdienstliche und sonstige Unterstützung,
strategischer Lufttransport,
strategischer luftgestützter Verwundetentransport. uqu
Wenn man sich den ersten Satz auf der Zunge zergehen laesst, :‘ Für die an der Ausbildungsunterstützung beteiligten Kräfte der Bundeswehr‘
werden folgende militärischen Fähigkeiten bereitgestellt, versteht man welch ein Eiertanz die ganze Aktion sein wird.
Wer und wie will man fuer die Kraefte, also die Soldaten, Faehigkeiten bereitstellen wollen?
jeder BT-Abgeordnete muesste derartigen Schwachsinn ablehnen.
@KeLaBe.
„Ist das Grundgesetz wirklich peinlich? Finde ich eigentlich nicht.“
Was haben die offensichtlichen Widersprüche in der Argumentation mit dem Grundgesetz zu tun?
Wenn man die Einleitung liest, dann ergibt sich dort keine rechtliche Grenze zu einer weitergehenden Beteiligung – zumal in den Stäben.
Man will politisch nicht mehr tun – das hat aber mit dem Grundgesetz nichts zu tun.
@ Memoria
Ja, das stimmt. Hab mich mit meiner Argumentation selbst überholt. Sorry.
Hier nochmal ein schöner Vergleich zu Dänemark:
– 30 Ausbilder
– 7 F-16 mit bis jetzt 60 Bombenabwürfen bei 74 Flügen
http://www.aina.org/news/20141206143500.htm
Ein solcher Beitrag würde uns wohl politisch und militärisch deutlich überfordern.
Wenn wir wollten könnten wir auch.
@Thomas Melber:
Wissen sie das oder hoffen sie das einmal mehr?
Allein die notwendigen Flugstunden für die Ausbildung und Inübunghaltung der 6-10 Besatzungen auf dem Niveau „combat ready“ wären sicher eine „Herausforderung“ – insbesondere ohne Vorlaufzeit. Über die Munition reden wir besser gar nicht.
Unmögliches erledigen wir sofort, Wunder dauern etwas länger …
Im Ernst: wenn es denn sein muß geht das auch. Aber: es muß politisch – dann gesellschaftlich – gewollt sein, und man muß auch Geld in die Hand nehmen.
@Thomas Melber:
Wenn es dann mal politisch gewollt ist, dann ist es zu spät mit den Hausaufgaben anzufangen.
Man sollte zumindest erkennen, dass wir auch im Vergleich zu Dänemark und Belgien eine unzureichende Einsatzbereitschaft haben.
Optimismus ist ein Mangel an Information…
Optimismus >> Zweckoptimismus.
Ich nenne das Einsatzfreude, oder: Humor ist wenn man trotzdem lacht.
Ansonsten haben Sie natürlich recht, Si vis pacem para bellum. Nur „verkauft“ sich das heutzutage eher schlecht.