Neues vom Hubschrauber-Deal: Mehr Helis, mit Hilfe der Verbündeten
Seitdem der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière und sein Staatssekretär Stéphane Beemelmans im Frühjahr vergangenen Jahres mit der damaligen Firma Eurocopter, heute Airbus Helicopters, ein Memorandum of Understanding über die Lieferung von Hubschraubern aushandelten, blieb letztlich die Frage offen: Wie viele Helikopter dieser Firma wird die Bundeswehr in den nächsten Jahren in welcher Konfiguration abnehmen? Der damalige Deal schien klar: Die Bundeswehr bekommt statt der bestellten 122 NH90-Transporthubschrauber nun 82 Stück, statt der georderten 80 Tiger-Kampfhubschrauber 57 Exemplare – und gibt beim Hersteller dieser beiden Hubschraubertypen einen neuen Marinehubschrauber, den NH90 in der maritimen Variante, mit 18 Stück in Auftrag.
Das inzwischen German Deal oder auch Global Deal getaufte Abkommen wurde zwar vom Bundestags-Haushaltsausschuss im Grunde abgesegnet, aber endgültige Verträge oder eine endgültige Billigung des Parlaments gibt es nach wie vor nicht. Und da inzwischen die beiden aushandelnden Personen auf Regierungsseite nicht mehr im Amt sind, ist wieder alles offen – gelten ursprüngliche Bestellungen oder beabsichtigte Änderungen? Klar ist nur die Ansage von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass die endgültige Fassung einer wie auch immer gearteten Hubschrauberbestellung noch mal dem Bundestag vorgelegt werden soll.
Und da zeichnet sich ab, dass einiges anders aussieht als noch im Frühjahr 2013. Die offensichtlich aktuellste Änderung: Zusätzlich zu den 82 NH90-Transporthubschrauber soll eine Option genutzt werden, die die Bestellung von 22 weiteren NH 90 vorsieht – die dann zwar von der Bundeswehr bestellt, aber unter finanzieller wie personeller Beteiligung von Partnern in NATO und EU bezahlt und betrieben werden. Das Ziel: ein multinationaler Hubschrauberverband, stationiert in Deutschland, ausgestattet von Airbus Helicopters, getragen von mehreren Partnernationen.
Die Zukunft dieser Idee hängt natürlich daran, diese Partner zu finden. Und Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker hat sich schon auf die Suche gemacht. Anfang Oktober schickte er einen gleichlautenden Brief an seine Kollegen, die Generalstabschefs der europäischen NATO- und der EU-Mitgliedsnationen. Das Schreiben im Wortlaut:
Helicopters – especially in their role as the mainstay of the Forward Air MedEvac capability and the associated air escort operations – are a critical asset in the European member states of NATO as well as in the European Union. This has been experienced by us in our current operations and remains valid for future missions.
At the Wales summit Heads of States and Government discussed the transnational and multi-dimensional threads challenging the Euro-Atlantic security. It was agreed that these challenges will require strategic adaptation in order to enhance our responsiveness and to underline unity and credibility. Furthermore, it was understood that the NATO EU strategic partnership needs to be further strenghtened and the joint efforts need to be reinforced. In this context, Germany has taken a leading role within the Framework Nations Concept by establishing a Cluster „Medical Support“ to strenghten these capabilities in Europe and thereby fostering both NATO and European capaiblities complementary. The initiative is not restricted to NATO members.
In addition, Germany now considers exercising its option of procuring 22 NH 90 in order to form a new Multionational Aviation Formation. If enough interested partners can be found, I intend to establish under the framework of a European cooperation an international unit in Germany, which assumes the role of escorted air medical evacuation thus reducing this mission criticial capability gap.
It is with this in mind that I would like to offer you the opportunity for your armed forces to participate in such a unit. The unit’s capabilities would be available both for multionational operations and for direct access by the respective nations.
A significant and qualified participation is fundamental. It would be desirable, therefore, that participating nations contribute pilots, technicians and support personnel as well as medical staff and should share the procurement and running costs for the above mentioned 22 NH 90. Ideally, the nations contributions would be provided in the form of operational modules that could be used separately – i.e. for national access . or up to unit level.
Specific modalities would need to be discusses once you have voiced your interest in this matter, but should be established based in the principle of burden-sharing. Germany would be willing to provide certain inital contribution to make this project a success. I am thinking of associating the unit in Germany with an existing unit and providing an airfield as well as infrastructure and support services, to include a cintribution for training and exercise purposes.
For Germany these 22 NH 90 would be an addition to those new helicopters we will gradually field during the next years in order to meet our national requirements.
If you should be interested in participating in such a Multinational Aviation Formation, I suggest that bilateral talks and negotiations should be taken up as a next step to determine the necessary parameters.
Das ähnelt ein wenig der Vorstellung, die der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, im April vorgelegt hatte: Mehr NH90 als im German Deal vereinbart abnehmen, und die zusätzlichen Hubschrauber gemeinsam mit Partnerländern betreiben.
Damit man nicht den Überblick verliert, wie eigentlich die Vertragslage mit dem NH90 derzeit so aussieht… kurz das, was die KPMG-Prüfer der Ministerin in ihrem am 6. Oktober offiziell übergebenen Gutachten dazu aufgeschrieben haben:
Heutiger Projektgegenstand und Umfang beinhalten die Lieferung von 122 NH 90 TTH [Taktischer Transporthubschrauber] auf Basis der bestehenden Verträge für das Heer. Bis Ende August 2014 sind 35 NH 90 TTH in den drei verschiedenen Vorserienmodellen IOC (8 Stück), IOC+ (8 Stück) und FOC mit Einschränkungen (18 Stück) seit 2006 ausgeliefert. Die ersten Seriomodelle mit Full Opeational Capability („FOC“) sollen Ende 2016 ausgeliefert werden. Die Vorserienmodelle sollen in den kommenden Jahren zur Erlangung der FOC einen sogenannten Retrofit erhalten. Die ausgelieferten NH 90 TTH sind in der Ausbildung, in der Verwendung für das Heer und in der aufgerüsteten Variante FwdAirMedEvac als Rettungs- und Begleithubschrauber in Afghanistan im Einsatz.
Aktuell wird die Stückzahlreduzierung auf 82 NH 90 TTH (+ 20 optional) verbunden mit der Anschaffung von 18 NH 90 NTH „Sea Lion“ vorbereitet. Dieses Vorhaben ist im so genannten German Deal vom 15. März 2013, der auch den Unterstützungshubschrauber Tiger mit einbezieht, dokumentiert. Der Haushaltsausschuss nahm die Vorgehensweise im Juni 2013 billigend zur Kenntnis, die rechtsverbindliche Umsetzung setzt voraus, dass das Parlament der für das 4. Quartal 2014 vorgesehenen 25-Millionen-Euro-Vorlage zustimmt.
Über den Tiger reden wir dann ein anderes Mal…
(Das NH90-Foto oben habe ich bei dem Thema schon mehrfach verwendet, ich weiß. Aber es passt immer so schön…)
@ Closius
Das hatten wir schon mehrmals hier thematisiert, auch bei den TIGER-Besatzungen. Die Lösung des BMVg waren Krafträume fürs Muskeltraining…
@ Closius
Ist bekannt und die Geräuschabschirmung ist nicht ausreichend. 2016 gibt es neue. Also Helm IOC, dann IOC +, IOC ++, FOC Complement, FOC Complement +..usw :-)
@ Voodoo
Gibt es im BMVg auch Krafträume für’s Hirntraining?
@Münchhausen
„Ist ja schön, dass man damit jetzt ANFANGEN will, aber eigentlich wäre es hilfreicher, wenn mögliche LÖSUNGEN zu diesem Zeitpunkt wenigstens in Sichtweite wären.“
In Sichtweise ist DEMAR und leider müssen wir Schritt für Schritt gehen.
Ja, besser wäre wenn wir schon alles perfektioniert hätten.
@all: Offizielles „inoffizielle“ Ergebnis zum Thema war gestern (laut einer Fraktion der Koalition), daß man sich unter Anträge / Sonstiges entschlossen hat, den Beibehalt der Stückzahlen für NH90 TTH und UH-TIGER sowie damit auch das MoU bzw. den „German Deal“ als eigenständigen Tagesordnungs- und B_e_s_c_h_l_u_ß_p_u_n_k_t_ auf die nächste Tagesordnung zu setzen.
Damit bleibt es spannend, denn offensichtlich nimmt der Verteidigungsausschus das Problem MoU nicht auf die leichte Schulter.
Rest siehe im Drehflügler-Thread.
„Damit man nicht den Überblick verliert, wie eigentlich die Vertragslage mit dem NH90 derzeit so aussieht… kurz das, was die KPMG-Prüfer der Ministerin in ihrem am 6. Oktober offiziell übergebenen Gutachten dazu aufgeschrieben haben:“
Dieser Satz von AG verleitet mich zu einer kurzen Nachlese zum KPMG Bericht:
1.) UVDL hatte Fragen an ihr Haus in Sachen Problemen bei Großprojekten
2.) Das Haus war nach ihren Angaben nicht dazu in der Lage
3.) UVDL veranlasste die Untersuchung durch eine neutrale Untersuchungskommission
4.) Für rund 1,4 Mio € bekam sie nach eigenen Angaben nun die Antwort auf 1511 Seiten.
Nun wir wissen hier nicht, welche Fragen UVDL konkret hatte, aber man kann Folgendes sagen:
1.) Der KPMG Bericht gibt keinen vollständigen Überblick der Probleme wieder, viel mehr heißt es: Wir können nicht ausschließen, dass wir bei Kenntnis weiterer Informationen und Dokumente zu einem anderen Ergebnis für das Teilgutachten gekommen wären. Oder
Demzufolge erteilen wir kein Testat und geben auch keine andere Form der Bescheinigung oder Zusicherung.
Also schön dass wir mal drüber gesprochen haben
2.) Die genannten Problem sind allesamt bekannt und wie gesagt unvollständig
3.) Nach heutigem Stand erfüllt der NH 90 die grundsätzliche Anforderung an einen Mehrzweckhubschrauber der 10-11t-Klasse. Zitat KPMG und weiteres Zitat Ein Hubschrauber der letzten Entwicklungsstufe „Full Operational Capability“ (im Folgenden „FOC“) ist bisher noch nicht ausgeliefert worden und ist nicht vor Ende des 2. Quartals 2016 avisiert. Ah Ja muss man jetzt nicht verstehen oder?
4.) In diesem Zusammenhang bitten wir zu berücksichtigen, dass angesichts der Fülle an Verträgen (140 national), Änderungsverträgen, Anlagen zu den Verträgen sowie Einzelaufträgen aus Rahmenverträgen eine Sichtung sämtlicher Vertragswerke in dem vorgegebenen Zeitraum nicht realisierbar war – ja dann
5.) Der Bericht kann zwar mit dem Daumenkino durchgeblättert werden, kann aber wegen seiner Unvollkommenheit schlecht als Beratung für UVDL dienen und ist als Information des Parlamentes denkbar ungeeignet.
6.) Und wenn du mal nicht weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis (Task Force) um die bekannten Probleme nochmal in eine Excel Tabelle zu fassen. – Ich glaube da hilft nur noch ein Untersuchungsausschuss, um wenigsten einmal ein klares Lagebild zu haben und dann sollte Entscheidungen getroffen werden, aber doch nicht auf der Basis dieses KPMG Berichtes
7.) Und immer wieder heißt es: Eine Übersicht zur aktuellen ….lage lag uns bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Teilgutachtens nicht vor. – Ja Jungs da müsst ihr dann noch mal ran, natürlich gegen eine kleine Unkostenerstattung ist klar.
Zusammenfassung: Viel heiße Luft und das Problemchen mit dem Helm wird von echten Problemen überlagert. Aber wenn man die Leute nicht richtig füttert, können sie natürlich auch nichts Richtiges schreiben. Also viel Erfolg in der Drehflügel Task Force und im Untersuchungsausschuss.