von der Leyen im Irak: Schnellkurs Realität
Abflug #vonderleyen aus #Erbil. Viele Pannen, Chaos. Beim De-Briefing der Reise möchte ich nicht dabei sein. pic.twitter.com/ojoTiZaHGo
— Gordon Repinski (@GordonRepinski) 25. September 2014
Politiker, vor allem Spitzenpolitiker wie Minister(innen), werden meist vor der harten Realität abgeschirmt. (Nun gut, mit Ausnahme innerparteilichen Streits.) Was in ihrem Apparat nicht funktioniert, wissen sie allenfalls aus Akten und Lagevorträgen. Deshalb wird’s interessant zu beobachten, ob und wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihren Schnellkurs Realität am (heutigen) Donnerstag im Nordirak reagiert.
Eigentlich flog die Ministerin in die Kurdenhauptstadt Erbil, um öffentlichkeitswirksam sowohl die erste deutsche Waffenlieferung an die kurdischen Peshmerga-Milizen als auch die deutschen Einweiser für diese Waffen zu begrüßen. Dumm gelaufen: Beide Transporte blieben hängen – weil bei den Deutschen gleich drei defekte Transall-Flugzeuge für eine mehrträgige Verzögerung sorgten. Und bei den Niederländern, die die Waffen zunächst nach Zypern bringen sollten, fiel ebenfalls eine Maschine mit technischem Defekt aus.
Also erlebte von der Leyen das, was die Soldaten öfter erleben. Die dann eben auch entweder irgendwo hängen bleiben oder ihr Material nicht bekommen.
Das würde vielleicht alles noch nicht so sehr öffentlich wahrgenommen, wenn nicht zeitgleich eine Debatte über die Fähigkeiten der Bundeswehr toben würde – ausgelöst eben durch nicht verfügbares, weil kaputtes Gerät. Hubschrauber und Flugzeuge, die am Boden bleiben, und eine Ministerin, die das dann auch mal selbst erleben muss – ob das zu politischen Folgerungen führt?
Der Ministerinnen-Tag in Erbil aus Bericht und Tweets des Spiegel-Kollegen Gordon Repinski (ich war ja nicht dabei):
Verteidigungsministerin bei den Peschmerga – Von der Leyens Pannenmission im Irak
Immerhin eine #Transall, die noch fliegt. #vonderleyen landet zu Kurzbesuch in #Erbil, #Irak. pic.twitter.com/O2BFvDjPYs
— Gordon Repinski (@GordonRepinski) 25. September 2014
45 Minuten nach Abflug #vonderleyen landen die sieben #Bundeswehr-Ausbilder in #Erbil. „Froh, hier zu sein.“ #Timing pic.twitter.com/agut9yje5H
— Gordon Repinski (@GordonRepinski) 25. September 2014
Und da ist die #Transall wieder voll. 32 Peshmerga auf d. Weg nach D. Diese Jungs bedienen bald Milan-Abwehrraketen. pic.twitter.com/QUiltrd9BA
— Gordon Repinski (@GordonRepinski) 25. September 2014
25.9.2014, 22.13 Uhr: Deutsche Sturmgewehre und Panzerfäuste im #Irak gelandet. pic.twitter.com/2luv7RpGaV
— Gordon Repinski (@GordonRepinski) 25. September 2014
Was sonst noch von dem Besuch zu berichten ist, hat der Kollege Christian Thiels von der Tagesschau aufgeschrieben: Gratwanderung im Nordirak
Lustig, wie da im Moment alles „passend“ zusammenfällt.
Könnte schon fast choreographiert sein.
Ursula von der Leyen hat ihre ersten Maßnahmen in dem Bereich ergriffen,in dem sie ihre Stärken hat:Gleichstellung,Vereinbarkeit von Dienst und Familie-das wird der Nachwuchswerbung nutzen. Das ist okay als Maßnahme und auch in der Reihenfolge, dass sie damit anfing-nicht zuletzt machen es auch viele Vorgesetzte so:zuerst Dinge verbessern in denen man selbst gut ist.
Wie zu erwarten:das reicht nicht. Nun kommt es wohl (auch) darauf an,dass sie die strategischen Pflöcke einschlägt:was wollen wir womit in welchem Umfang können?,sehe ich dabei als mögliche Leitfrage. Ja,Weißbuch,Verteidigungspolitische Richtlinien und Konzeption der Bundeswehr gibt es.Man kann also erstmal Quellen studieren und die Inspekteure daran messen.
MMn zeigt aber gerade ISIS deutlich auf,dass sich die Bundeswehr deutlicher als Element einer ganzheitlichen Außen- und Sicherheitspolitik wird bewähren müssen. Und das Dilemma,welches Herr Wiegold hier wiederholt auf den Punkt bringt,muss uns zum Neudenken der dt. Außen- und Sicherheitspolitik und damit der Rolle der Bundeswehr zwingen.
Ich wünsche der Ministerin dabei keine Häme,sondern Standhaftigkeit beim Festlegen der Ziele und bei der Gestaltung des Truppenkörpers. So wie jetzt scheint es ja nicht weiterzugehen.
Da die KC 10 mit den Waffen vor der Ministerin abgeflogen ist und es sich um das schnellere Flugzeug handelt, warum macht dieses eine Zwischenlandung in Zypern? Hat die Türkei ihren Luftraum gesperrt oder wollte man nicht mehr riskieren über die Türkei zu fliegen? VDL ist über Jordanien geflogen laut dem Spiegelbericht, was auch für ein umfliegen der Türkei sprechen könnte?
Nachdem die KC 10 eine Reichweite von ca. 7.000 km hat müsste diese eigentlich ohne Zwischenladung in Zypern nach Erbil fliegen können und dann wäre die Maschine mit den Waffen vor der Ministerin in Erbil gewesen oder gab es wieder Einflugprobleme in den Irak?
Leider habe ich den Eindruck, daß es der Ministerin mehr um PR geht, deshalb einfliegt, weil sie den Kurden selbst ein paar Waffen Kamerawirksam übergeben wollte, als darum Sicherheitspolitik zu machen oder sich um die Materialprobleme der BW zu kümmern. Von den Franzosen usw. ist kein Minister eingeflogen um selbst ein paar Waffen zu übergeben!
Im Moment wäre die Lage für die Ministerin ideal gewesen, um mehr Geld bzw. zur Mängelbeseitigung, ein paar Transportflugzeuge oder Hubschrauber als Sofortbedarf durchzusetzen!
Tja, was soll man da sagen wenn auch schon wieder die Truppen nicht von AFG nach Hause können weil der AirBus der LW ausgefallen ist, alles traurig.
@Closius
Von FRA war sogar Präsident Hollande unten und der Außenminister.Fabius in Erbil. Und, ja, show gehört dazu.
Zustand den eine Armee eines Demokratischen Landes haben sollte: Nicht einsatzfähig!
Übrigens nicht selten kommen Soldaten und ganze Kontingente irgendwo zu spät hin oder zurück, weil Politiker ihre Maschinen mal eben brauchen. Will gar nicht sagen, dass Politiker nicht über einen geeigneten Lufttransport verfügen dürfen aber Soldaten im Einsatz eben auch. Wenn wir uns das nicht leisten können, wer sonst?
Sie hat die Soldaten ja mit einer Transall überholt, aber sie mitnehmen ging nicht?
….und der Ministerin blieb in Jordanien die Luft weg.
@Sachlicher
Das aktuell immer noch gültige Weißbuch mal gelesen?
Wir sollten uns den Realitäten stellen.
Gestern im Bundestag war es deutlich zu sehen: Nach der Debatte über „die Pille danach“ verließ mindestens die Hälfte der Abgeordneten das Plenum. Zur Aussprache über den nachfolgenden Bericht des Wehrbeauftragten waren bestenfalls noch 50 Parlamentarier anwesend. Und das bei den Themen der letzten Tage!!!
Das zeigt: Bundeswehr, Verteidigungspolitik, Ausrüstung und letztlich auch die Soldaten interessieren nur eine Handvoll Auserwählter. Allen anderen ist es nicht sexy genug. Damit lassen sich eben kaum Wählerstimmen gewinnen, denn gerade die Wähler interessiert es ebenfalls nicht.
Bei solchem Desinteresse haben wir nichts anderes verdient.
Leider floppte die PR Aktion. Klar gehört Show zum Geschäft. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sie mit dem Thema „Einsatzbereitschaft“ und „Mangelverwaltung“ umgeht. Aktuell geht es „nur“ um Großgerät. Wir sind noch nicht bei Nachtsehtgeräten oder „durchgeschossenen“ Gewehren etc. angekommen. Ich erwarte nicht, dass vdL sofort alle Mängel in den Griff bekommt, doch sollte sie langsam in der „Wirklichkeit“ der Bundeswehr ankommen. Oder erzeugt der Apparat eine Scheinrealität? DBwV, Wehrbeauftragter, u.v.m. zeigen regelmäßig die wahren Mängel auf. Und auch hier im Blog kann man viel erfahren. Bin gespannt, wann die fragile Scheinwelt bricht und welche Konsequenzen folgen.
@OMG
Ich denke, es muß genau angemeldet werden, wer mit welchem Flieger kommt – einfach ‚mal schnell umdisponieren geht da wohl eher nicht.
@ Schorsch: gültig ja, zu gebrauchen nein ;-)
Weißbuch, VPR etc. passen nicht mehr in die Zeit. Das wissen alle, die dien
Dokumente mal gelesen haben.
und in der Folge geht der GI oder Inspekteur Lw?
@Viva:
Die Scheinwelt will man wohl bis 2017 aufrechterhalten.
Die ganze Diskussion gibt es ja nur wegen der Berichterstattung.
Die militärische Führung und die politische Leitung blenden die Probleme fortlaufend aus.
Das BMVg wird wohl auch dieses Jahr Geld an den Finanzminister zurückgeben und derzeit laufen die Haushalts Beratungen für 2015. Ich bezweifle sehr, dass man bereits für 2015 erhebliche Zuwächse bei MatErh eingeplant hat.
Daher wohl auch die Aussage des GI an der aktuellen Situation werde sich über Jahre nichts ändern.
Dadurch wird doch mehr als offensichtlich:
Diese Organisation wird nicht geführt, sondern anspruchslos verwaltet. Das gilt für die politische, militärische und zivile Spitze.
Alleine die Tatsache, dass die Inspekteure sich vor dem VA erklären müssen ist ein Witz. Das BMVg ist verantwortlich und müsste einen Überblick über die tatsächliche Einsatzbereitschaft/Fähigkeiten/Vermögen haben.
@Viva
Weder Weißbuch noch die VPR sind Ursache oder Lösung des Missmanagementes durch das BMVg und der pol Verantwortlichen.
ES ist ja nicht nur das Großgerät.
Was würde denn passieren, wenn auf einmal alle Verbände 100% Klarstand hätten? Wäre mehr Geld im Übungstitel?
Wären mehr Vorgesetzte bereit, länger Dienst zu machen, insb in der AGA, wenn fast alle Ausbilder außerhalb wohnen?
Nur das fokussieren auf das Großgerät bringt doch nix.
@Closius | 26. September 2014 – 1:10
Es war von Anfang an geplant, dass die Waffen auf Zypern in eine britische Transall umgeladen werden. Und wie man auf dem eingebundenen Tweet sehen kann, wurde dies auch so praktiziert.
knox | 26. September 2014 – 8:16
Das ist nicht ungewöhnlich; war ja keine Generaldebatte. Die „Fachabgeordneten“ sind dort geblieben und diese berichten dann der eigenen Fraktion. Schließlich gibt es auch noch andere Themen, die der Bundestag zu behandeln hat und es gab ja auch keine Abstimmung bei der die Anwesenheit nötig gewesen wäre. So funktioniert halt die Arbeit im Bundestag.
@Tom: Es handelt sich allerdings um eine britische C-130 Herkules, Transen fliegt die RAF nicht. ;-)
@T.W.: Mir entgeht nicht, dass man Sie (Sie weisen ja auch wiederholt darauf hin) wieder einmal nicht mitgenommen hat. Haben Sie mal irgendein Statement dazu von den zuständigen Stellen bekommen?
Die BW hat gerade den Lufttransportweg für die deutschen Waffenlieferungen veröffentlicht, der sieht nach einem Überflug Österreichs aus.
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/NYtNC8IwEET_UbZBQevNUARvxYvWS9k2SwnmoyQbC-KPNzk4A-_yZuAJpR7fZkE2waOFBwyzOU2bmDZNAl-cyVpKAnMaNbmRjE_IH7jXZ1nMwRNXMnk2hUtEDlGsIbKtJsdYjDAahkZ2Sh6af-S37VulLrv9sbuqG6zOnX9ouPi0/
DIe österreichische Regierung, so hört man, macht gerade den „Neutralen“ und will militärischen Überfluggenehmigungen untersagen. Gilt das auch für diese Transporte?
Art. 87a GG: „Der Bund stellt Srreitkräfte zur Verteidigung auf.“
Von „einsatzbereiten Streitkräften“ ist dort nicht die Rede.
Ich bin daher optimistisch, daß sich trotz dieses sicherheitspolitischen Offenbarungseides, den wir gerade erleben, nichts ändern wird.
Man könnte ja denken, Herr Wiegold fragt zu eifrig nach oder Augen geradeaus wird als zu BW kritisch angesehen und deshalb Herr Wiegold nicht mitgenommen, was man natürlich nie öffentlich zugeben wird.
Denn sonst könnte ich mir nur vorstellen, daß er als freier Journalist übergangen wird, weil als solchem nicht die Macht von Spiegel oder Bild hinter einem steht!
@Tom: Das Umladen auf halber Strecke von einer KC 10 in eine Hercules scheint mir nicht effektiv zu sein.
@J-P-W
Zur Verteidigung der Ehre und des Ansehens der Deutschen Nation genügt dann vielleicht das (natürlich reduzierte) Wachbataillon und ein Musikkorps.
@Schorsch | 26. September 2014 – 8:14
@Sachlicher
Das aktuell immer noch gültige Weißbuch mal gelesen?
Ja.
Thomas Melber | 26. September 2014 – 12:25
„Zur Verteidigung der Ehre und des Ansehens der Deutschen Nation genügt dann vielleicht das (natürlich reduzierte) Wachbataillon und ein Musikkorps.“
nicht ganz, für die Kieler Woche brauchen wir noch die Gorch Fock. Für die bayerische Folklore dann vielleicht noch eine Handvoll Gebirgsschützen. Das sollte dann aber auch reichen („der Sack ist zu!“).
Bisher hatte ich überall gelesen, daß die BW Panzerfäuste, G 3 und 20 Maschinengewehre nebst Munition als erste Lieferung in den Irak gebracht hätte.
Der Linke Abgeordnete Jan van Aken behauptet jetzt in seinem Bericht(siehe Twitter Meldung auf AG), daß gar keine Munition bei der Lieferung dabei sei?
Wenn dies so wäre könnten die BW-Ausbilder ja nur Däumchen drehen, denn wie sollen diese denn die Kurden richtig einweisen, wenn tatsächlich die Munition für G 33 und MG 3 nicht dabei war? Bis das nächste Flugzeug tatsächlich ankäme mit Munition könnte schließlich länger dauern. Zumal der Abgeordnete angibt, wegen der Begründung Munition an Bord hätte er nicht mitfliegen dürfen bei dem Flug.
Weiß jemand genau, ob jetzt Munition an Bord war oder nicht?
Vermutlich melden sich auch deshalb wo viele Freiwillige für den Ebola-Einsatz, weil sie hoffen, endlich mal mit professionellem Material arbeiten zu können.
@Closius
Zuerst machen wir mit den Peschmerga Waffendrill und Teilepuzzle. Das beschäftigt sie für ein paar Tage.
Und nSAK (oder wie es jetzt heißt) geht ja auch zuerst ohne scharfen Schuß.
@ FNU SNU
Warum in der AGA? Dort bilden in der Regel die ausgesonderten SaZ 12 alle drei Monate neues Firschfleisch aus. Egal wie gut, egal wie schlecht. In drei Monaten sind neue Typen da, das Hamsterrad dreht sich erneut. Es gibt also keinen einzigen Grund da länger am Standort zu bleiben als nötig. Besonders nicht in der AGA.
Mi ist aufgefallen:
Solange durch die Ukraine-Krise russische Soldaten tief auf ausserrussischem Territorium standen hat der Westen keinen Handgriff gegen IS unternommen. Wenige Tage nachdem die Russen sich insgesamt von ausserrussischem Territorium und den russischen Aussengrenzen zurückgezogen haben und die Alarmstufe gesenkt haben erfolgt ein wahrer Grosseinsatz gegen IS. Ein militärstrategischer Hintergrund darf wohl angenommen werden. Einzig das Henne-Ei Problem stellt sich, haben sich die Russen zurückgezogen damit die NATO die Hände für Syrien freibekommt oder hat die NATO gewartet bis die Russen sich zurückziehen damit die Ostgrenze sicher ist?
Die Beteiligung zahlreicher NATO-Mitglieder lässt auch eine Machtdemonstration erkennen die sicher auch Richtung Osten gerichtet ist. Die Luftüberlegenheit gegenüber IS dürfte sich in den letzten 14 Tagen verfünfzigfacht haben.
Zur Kritik an deutscher Beteiligung angesichts der kürzlichen Mängel bei der Bundeswehr: Man tut was man kann mit dem was man hat:. Nichts.