Rüstungsindustrie mobilisiert gegen Gabriel

Eurofighter_400_20131204

Die Rüstungsindustrie wehrt sich jetzt auch öffentlich gegen eine von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vertretene restriktivere Politik der Rüstungsexporte aus Deutschland. Bernhard Gerwert, der Chef von Airbus Defense and Space, der Militärsparte Airbus-Konzerns, wandte sich in einem Reuters-Interview gegen Exportbeschränkungen, die sich entweder gegen ganze Kunden-Regionen richteten oder europäische Zusammenarbeit für deutsche Zulieferer unmöglich machen würden:

Abgesehen von den unmittelbaren Auswirkungen würden deutsche Konzerne auch als Partner bei multinationalen Projekten ins Aus geraten. Französische oder britische Unternehmen würden kaum eine Kooperation eingehen, wenn die Gefahr bestehe, dass sie ein gemeinsames Produkt wegen eines verschärften deutschen Ausfuhrregimes nicht exportieren könnten, warnte Gerwert. (…)
Sollte die Bundesregierung Waffenexporte in ganze Regionen wie etwa an den Golf verbieten, werde dies aber auch anderen deutschen Unternehmen schaden, prognostizierte Gerwert. „Wenn man ganze Regionen ausschließt, dann hat das erhebliche Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft – diese Länder unterscheiden nicht zwischen Verteidigungs- und anderen Produkten“, warnte der Manager.

Der Airbus-Manager gibt damit eine Stimmung in der deutschen Rüstungsindustrie wieder, die schon von etlichen Unternehmen inoffiziell zu hören ist – aber Gerwert ist der erste, der damit an die Öffentlichkeit geht. Für ihn ist es auch einfacher als für andere Unternehmen, die mit ihrer Produktion weitgehend an deutsche Betriebsstätten gebunden sind: Airbus kann vergleichsweise einfach auf Standorte in Frankreich oder, beim Eurofighter, in Großbritannien ausweichen.

Hintergrund sind Berichte über mögliche Pläne des Wirtschaftsministers, Exporte zum Beispiel in die Golfstaaten oder nach Saudi-Arabien künftig nicht zu genehmigen. Unter anderem hatte das Handelsblatt berichtet, die geplante Lieferung von Panzerspähwagen des Typs Fennek an Katar oder Zielerfassungsgeräten der Airbus-Defense-Tochter Optronics, des früheren Zeiss- Tochterunternehmens, stünden auf der Kippe. (Allerdings soll es sich bei der Lieferung an Katar um einen Demonstrations-Fennek handeln…) Gabriel hatte auch deutlich gemacht, er könnte sich vorstellen, bereits die Voranfragen von Unternehmen für Genehmigungen öffentlich zu machen – aus Sicht der Industrie eine Gefahr für noch nicht abgeschlossene Verträge.

Der Wirtschaftsminister, zugleich SPD-Vorsitzender, steht vor allem aus der eigenen Partei unter Druck, deutlich restriktiver als sein FDP-Vorgänger mit Rüstungsexporten umzugehen – vor allem in Regionen mit problematischer Menschenrechtssituation. Dass vor kurzem Angaben über einen stark gestiegenen Export deutscher Kleinwaffen vor allem in arabische Länder publik wurden, dürfte diesen Druck noch erhöhen.

Die deutsche Rüstungsindustrie kommt damit in ein mehrfaches Dilemma – ein direktes Exportverbot an den Golf träfe vor allem Unternehmen wie Kraus-Maffei Wegmann mit ihren Panzerfahrzeugen, größer dürfte allerdings die Auswirkung auf etliche andere, auch mittelständische Unternehmen sein, die Teile an andere europäische Hersteller von Rüstungsgütern liefern. Eine solche Regelung, wie sie Airbus-Manager Gerwert befürchtet, wäre allerdings auch ein politisches europäisches Problem – und der Wirtscahftsminister müsste den Partnerländern erläutern, warum er von ihnen genehigte Ausfuhren durch Verbot des Exports der deutschen Zulieferung stoppt.
In der vergangenen Woche, so ist zu hören, hat der für die Exporterlaubnisse maßgebliche Bundessicherheitsrat zum ersten Mal in der Amtszeit dieser großen Koalition getagt. Heikle Entscheidungen seien dabei aber aufgeschoben worden – kein Ja, kein Nein zu politisch strittigen Anträgen der Industrie.

Nachtrag: Aus einem Spiegel-Bericht (via Spiegel Online vom 17. Mai):

Berlin – Sigmar Gabriel ist für seine Kritik am Waffenhandel mit umstrittenen Empfängerländern bekannt. Doch nach SPIEGEL-Informationen hat der SPD-Wirtschaftsminister in den ersten Monaten seiner Amtszeit selbst umfassende Rüstungsexporte in diese Länder vorbereitet.
Zwischen Januar und April dieses Jahres erteilte der Vizekanzler demnach Ausfuhrgenehmigungen im Gesamtwert von knapp 1,2 Milliarden Euro. Dies geht aus einem Schreiben seines Ministeriums an den Linken-Abgeordneten Jan van Aken vom 15. Mai hervor.
(…)
Das Wirtschaftsministerium verweist nun nach SPIEGEL-Informationen darauf, dass ein beträchtlicher Teil der Entscheidungen bereits durch Vorgängerregierungen getroffen worden sei.

 

(Foto: The 400th Eurofighter Typhoon has been delivered to the Programme’s worldwide customer base. The German Air Force took delivery of the 400th aircraft on Wednesday 4th December 2013 during special ceremony at Manching, Southern Germany – © Cassidian / A. Zeitler)