DroneWatch: Die von-der-Leyen-Klatsche in 52 Sekunden

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Seit Amtsantritt hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen deutlich gemacht, dass sie ein, nun, distanziertes Verhältnis zu Waffensystemen wie auch zur Rüstungsindustrie pflegt. Erst recht, wenn es um umstrittene Systeme wie Drohnen oder gar Kampfdrohnen unbemannte und gar noch bewaffnete Flugsysteme geht, aktueller offizieller Begriff ferngesteuerte Flugzeuge (Remotely Piloted Aircraft, RPA) – schon bei ihrem ersten Truppenbesuch in Afghanistan vergangenes Jahr machte sie um die Heron-Drohne dort einen Bogen. Am (heutigen) Montag hat die Ministerin die Industrie klar und knapp abgewatscht. In 52 Sekunden:

Es hat ja heute Presseberichte gegeben über ein angebliches Gespräch am letzten Donnerstag, wo mir die Industrie angeblich ein Angebot über eine Entwicklung einer Aufklärungsdrohne gemacht hat. Dieses Gespräch hat so nicht stattgefunden, denn am Donnerstag habe ich mich nachweislich im Kosovo befunden und nicht hier in Berlin. Im Grundsatz möchte ich dazu sagen: Wir haben hier eine ganz klare Linie. Es gibt zur Zeit keinen Entscheidungsdruck. Es steht im Koalitionsvertrag, dass wir eine europäische Entwicklungslösung prüfen sollen, wenn vorher eine gesellschaftliche Debatte auch stattgefunden hat. Diese gesellschaftliche Debatte wird im Parlament in diesem Sommer stattfinden. Und genau diese einzelnen Schritte werden wir auch so einhalten.

Das Statement im Original ist auf der Webseite des Verteidigungsministerums nachzuhören.

Der deutliche Ton, der eher an eine Juristin erinnert – habe ich mich nachweislich im Kosovo befunden – ist eine Reaktion auf Meldungen von tagesschau.de und der Welt (Link aus bekannten Gründen nicht), die Industrie habe der Ministerin pünktlich zur Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin ein abgestimmtes Angebot für eine eigene Drohnen-Entwicklung präsentiert. Während tagesschau.de eher allgemein von einem Angebot an das Ministerium redet, wurde die Welt konkreter:

Lange hatte Bernhard Gerwert, Vorstandschef von Airbus Defence and Space, auf einen Termin bei der Bundesministerin der Verteidigung warten müssen. Am vorigen Donnerstag war es dann so weit: Ursula von der Leyen (CDU) empfing Gerwert und weitere Vertreter der Rüstungsindustrie zum Gespräch. Der Airbus-Manager freilich beließ es nicht beim unverbindlichen Gedankenaustausch. Nach Informationen der „Welt“ legte er der Ministerin eine konkrete Offerte auf den Schreibtisch. Es geht um die Entwicklung eines europäischen unbemannten Flugsystems, im Fachjargon UAS genannt.

Nun ist diese Absicht der drei beteiligten Unternehmen nicht neu – eine entsprechende Absichtserklärung hatten sie bereits im Juni vergangenen Jahres abgegeben. Dass die Unternehmen im Umfeld der ILA diesen Vorstoß erneut präsentieren, ist verständlich. Und es gab wohl in der vergangenen Woche in der Tat ein Gespräch mit Industrievertretern – wenn auch wohl nicht über dieses Thema.

Allerdings ist offensichtlich, dass von der Leyen sich mit diesem Thema nicht ohne Not öffentlich identifizieren will  – auch wenn in absehbarer Zeit eine Entscheidung fallen muss, wie die deutschen Streitkräfte weiter mit dem Thema Remotely Piloted Aircraft umgehen. Die Anhörung im Bundestags-Verteidigungsausschuss am 30. Juni ist da ein weiterer Schritt. Aber eigentlich keine gesellschaftliche Debatte. Und schon gar kein Ersatz für eine Entscheidung.

Neben der Tatsache, dass die Ministerin die Industrie zurückweist, ist bemerkenswert, wie sie es tut. Mit dem oben zitierten Statement, zu dem Journalisten am Montagmorgen kurz vorher eiligst ins Ministerium eingeladen wurden. Und mit einer Wiedergabe auf der Ministeriums-Webseite, die in der Bildunterschrift knallhart den Begriff Klarstellung enthält (siehe Screenshot oben). Zu große Freundlichkeit gegenüber den Unternehmen kann man von der Leyen da nicht vorwerfen.

Nachtrag: Die Industrie kommuniziert das noch etwas anders:

Proposed European MALE Takes Step Forward

One day ahead of the Berlin air show, Airbus Defence and Space, Dassault Aviation and Alenia Aermacchi announced they had agreed on further details for a joint approach to develop a next-generation advanced European unmanned aerial system (UAS).
They said they had delivered a proposal for further defining a European UAS to the French, German and Italian ministries of defense. After calling for development of a European drone at last year’s Paris Air Show, the three aeronautical companies said Europe’s industry would be ready.

[Ich hoffe, jetzt sind alle Tipp/Schreibfehler der ersten Fassung raus.]