Schwarz-rot verständigt sich auf schnellere Info über Rüstungsexporte

Der Streit zwischen den Wunsch-Koalitionspartnern Union und SPD über den Umgang mit deutschen Rüstungsexporten scheint abgeräumt. Die Arbeitsgruppe Außen, Verteidigung, Entwicklung der Koalitions-Unterhändler verständigte sich am (gestrigen) Mittwochabend auf eine Formulierung für den Koalitionsvertrag, die allerdings noch von der Gesamtrunde gebilligt werden muss. Der Textvorschlag hat zwei wesentliche Punkte: Zum einen wird noch einmal die Verbindlichkeit der Rüstungsexportregeln aus dem Jahr 2000 betont, zum anderen sollen abschließende Genehmigungsentscheidungen des Bundessicherheitsrats sofort dem Bundestag mitgeteilt (und damit faktisch öffentlich) werden.

Der Wortlaut des Textes  (in der von der SPD veröffentlichten Form):

In der gestrigen dritten Sitzung der Koalitionsarbeitsgruppe „Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik“ haben sich CDU/CSU und SPD auf einen gemeinsamen Textvorschlag zum Thema Rüstungsexporte für den Koalitionsvertrag verständigt.
Der Textentwurf lautet:
„Bei Rüstungsexportentscheidungen in sogenannte Drittstaaten gelten die im Jahr 2000 beschlossenen strengen „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“, die für unser Regierungshandeln verbindlich sind. Über ihre abschließenden Genehmigungsentscheidungen im Bundessicherheitsrat wird die Bundesregierung den Deutschen Bundestag unverzüglich unterrichten.
Die Entscheidung darüber, wem gegenüber die Unterrichtung erfolgt, liegt beim Deutschen Bundestag. Darüber hinaus werden wir die Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit durch Vorlage des jährlichen Rüstungsexportberichtes noch vor der Sommerpause des Folgejahres und eines zusätzlichen Zwischenberichts verbessern.
Wir setzen uns für eine Angleichung der Rüstungsexportrichtlinien innerhalb der EU ein. Europäische Harmonisierungen müssen so umgesetzt werden, dass sie die Mindestanforderungen des Gemeinsamen Standpunkts der EU aus dem Jahr 2008 nicht unterschreiten.

Nun wird das nicht ganz ausreichen, die Kritiker deutscher Rüstungsexporte zu besänftigen – so wird es die angekündigte unverzügliche Information des Bundestages nur für abschließende Entscheidungen über diese Exporte geben; positiv beschiedene Voranfragen (im Wording der Verhandlungspartner bloße Voranfragen, siehe unten)  bleiben weiterhin geheim. Allerdings ist die Sofort-Information zusammen mit der geplanten Beschleunigung der Rüstungsexportberichte und dem zusätzlichen Zwischenbericht, also praktisch zwei solcher Berichte pro Jahr, eine deutliche Verbesserung.

Dass die Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern verbindlich sind, scheint nicht direkt neu – denn das waren sie bisher auch schon. Da gilt wie im Fußball entscheidend ist auf’m Platz, also der praktische Umgang mit Rüstungsexporten in Länder außerhalb von EU und NATO (und denen gleichgestellte Nationen wie Australien). Also konkret: Wäre eine Lieferung von Kampfpanzern an Saudi-Arabien nach der jetzt gefundenen Neuregelung in Ordnung oder nicht? Da wird erst die Praxis zeigen, ob ein solcher Koalitionsbeschluss anderes Regierungshandeln bedeutet als bisher.

Zu dem Formulierungsvorschlag gibt’s eine gemeinsame Erklärung der beiden Arbeitsgruppen-Vorsitzenden Thomas de Maizière (CDU, Verteidigungsminister) und Frank Walter Steinmeier (SPD, Fraktionsvorsitzender):

Wir haben das Thema Rüstungsexporte in unserer Arbeitsgruppe und auch in der Großen Runde sehr intensiv diskutiert. Dabei ist es uns gelungen, in dieser auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Frage zu einem  wichtigen Kompromiss zu kommen. Beide Verhandlungsseiten haben sich deutlich aufeinander zu bewegt. Wir unterstreichen, dass für unser Regierungshandeln die Grundsätze aus dem Jahr 2000 verbindlich sind. Künftig wird es bei Rüstungsexporten außerdem deutlich mehr Transparenz und demokratische Kontrolle geben. Bisher wurden Rüstungsexporte mit großer zeitlicher Verzögerung im Rüstungsexportbericht öffentlich gemacht. Künftig werden Genehmigungsentscheidungen des Bundessicherheitsrates dem Deutschen Bundestag und damit auch der Öffentlichkeit unmittelbar bekanntgegeben. Mit Blick auf die schutzwürdigen Interessen Dritter sind bloße Voranfragen davon nicht betroffen. Auch der Rüstungsexportbericht wird deutlich aktueller gestaltet und künftig zweimal im Jahr vorgelegt.

Wie oben schon erwähnt: bloße Voranfragen ist natürlich ein bewusstes Abschwächen der Bedeutung. Denn erst aufgrund der Entscheidung des Bundessicherheitsrats über eine solche Voranfrage entscheidet sich, ob ein Unternehmen überhaupt einen möglichen Export weiter verfolgen kann. Aber das sind vielleicht Kleinigkeiten…

Mit dem gefundenen Kompromiss haben Union und SPD einen großen Brocken im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik abgeräumt, aber es bleiben noch einige. Zum Beispiel das Thema bewaffnete Drohnen. Oder der Umgang mit der Bundeswehrreform – aus SPD-Sicht vor allem bei den Zivilbeschäftigten. Die nächsten Sitzungen hat die Arbeitsgruppe für kommenden Freitag und für Dienstag nächster Woche angesetzt.

(Foto: Exportschlager Kampfpanzer Leopard – hier bei der Informationslehrübung 2013 in Bergen)