Passend zu den Koalitionsverhandlungen: Weiter in der Kampfdrohnen-Debatte

Es passt, aus welchem Grund auch immer, zeitlich zu den beginnenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD: Die Forderungen aus der Bundeswehr nach der Beschaffung von Kampfdrohnen hat der deutsche Kommandeur im Norden Afghanistans, Generalmajor Jörg Vollmer, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erneuert. Mit der bewaffneten Drohne können wir zeitgerecht reagieren, sagte Vollmer der dpa in Masar-i-Scharif. (Eine Reportage des dpa-Kollegen Can Merey zum Einsatz der – unbewaffneten – Heron-Drohnen gibt es hier.)

Die Forderung aus den Streitkräften und die Begründung ist nicht neu – sie kommt vom deutschen Regionalkommandeur in Nordafghanistan allerdings zu einem delikaten Zeitpunkt. Denn auch wenn sicherheits- und verteidigungspolitische Fragen in den anstehenden Koalitionsverhandlungen (noch?) keine große Rolle spielen: Die bislang gegensätzlichen Positionen beider Seiten mit einem CDU-Verteidigungsminister für die Beschaffung von bewaffneten Drohnen gegenüber einer deutlich zurückhaltenderen Position der SPD werden in diesen Gesprächen in irgendeiner Form gelöst werden müssen. Und sehr wahrscheinlich wird dieses Thema in der einen oder anderen Form im Koalitionsvertrag auftauchen – eine interessante Aufgabe für die beiden Ko-Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Auswärtiges, Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit, den Verteidigungsminister Thomas de Maizière und den SPF-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.,

Das wissen natürlich auch die Vertreter der – voraussichtlich – deutlich geschrumpften Opposition. Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnes Brugger reagierte auch sofort auf Vollmers Äußerungen:

Die Forderung nach bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr in Nordafghanistan steht im Widerspruch zu den Beteuerungen der Bundesregierung, dass der Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan 2014 beendet sein soll. Der Verweis auf den ISAF-Einsatz als Begründung für die Beschaffung bewaffneter Drohnen ist daher absolut unverständlich und unglaubwürdig. Auch angesichts des Berichts von Amnesty International muss eine deutsche Bundesregierung der Aushöhlung des Völkerrechts durch den praktizierten Einsatz von Kampfdrohnen glaubwürdig und entschieden entgegentreten. Auch die humanitären Folgen des Einsatzes von autonomen Kampfdrohnen werden häufig ausgeblendet und verharmlost. Gerade das Beispiel Pakistan zeigt, dass dort unschuldige Zivilistinnen und Zivilsten Opfer der Drohnenangriffe werden. Die Folgen für die Bevölkerung sind verheerend und führen im Fall Pakistans zu verstärkten Radikalisierung. Statt immer wieder nach der Beschaffung bewaffneter Drohnen zu rufen, sollte sich eine deutsche Bundesregierung angesichts des großen Risikos einer weltweiten Rüstungsspirale und der Gefahr der Autonomisierung der Drohnentechnologie mit Nachdruck für Rüstungskontrolle einsetzen. Angesichts der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen wird sich die SPD daran messen lassen müssen, ob sie zu ihrer ablehnenden Haltung in Bezug auf die Anschaffung von Kampfdrohnen steht oder Wortbruch begeht.

Nun weiß vermutlich auch Brugger, dass zwischen Kampfdrohnen und autonomen Kampfdrohnen – über die noch nicht mal die USA verfügen – ein Unterschied besteht und auch das Einsatzszenario der vom US-Geheimdienst gesteuerten unbemannten Luftfahrzeuge und das von Vollmer geschilderte Szenario sich deutlich voneinander unterscheiden. In der öffentlichen Debatte dürften solche Feinheiten allerdings verloren gehen; das Thema wird noch mal richtig schön emotional diskutiert werden – und weniger sachlich, als es nötig wäre (es soll ja auch rationale Argumente gegen den Einsatz bewaffneter Drohnen geben).

Der für die Beschaffung zuständige Militär, der Inspekteur der Luftwaffe, hatte übrigens kürzlich skizziert, welchen Zeitrahmen er sich für eine Beschaffungsentscheidung vorstellt: Wir werden natürlich überlegen müssen, wie wir das in der Zukunft machen, und deswegen strebe ich jetzt auch eine Auswahlentscheidung für ein zukünftiges System für möglichst für Frühsommer nächsten Jahres an, damit wir die Zeitlinien erfüllen können, nach 2017 den Auftrag weiterhin erfüllen zu können.

(Archivbild: MQ-9 Reaper – Primary function: Unmanned hunter/killer weapon system. Speed: 230 mph. Dimensions: Wingspan 66 ft.; length 36 ft.; height 12.5 ft. Range: 3,682 miles. Armament: AGM-114 Hellfire missiles; GBU-12, GBU-38 JDAM. Crew: Pilot and sensor operator on the ground – U.S. Air Force photo/Staff Sgt. Brian Ferguson)